Γ-Aminobuttersäure

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 21. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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γ-Aminobuttersäure, kurz auch als GABA (gamma-Aminobutyric acid) bezeichnet, ist ein biogenes Amin der Glutaminsäure. Zugleich ist GABA der wichtigste hemmende Neurotransmitter im zentralen Nervensystem (ZNS).

Inhaltsverzeichnis

Was ist γ-Aminobuttersäure?

In der Bauchspeicheldrüse entsteht GABA in den insulinbildenden Betazellen der Langerhans-Inseln. Aus Glutamat entsteht durch das Enzym GAD65 GABA.
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Die γ-Aminobuttersäure ist ein Abkömmling der Glutaminsäure und ein Amin der Buttersäure. Amine sind organische Abkömmlinge des Ammoniaks, bei denen ein oder mehrere Wasserstoffatome durch Alkylgruppen oder durch Arylgruppen ersetzt sind.

Chemisch betrachtet ist die γ-Aminobuttersäure eine nichtproteinogene Aminosäure. Nichtproteinogene Aminosäuren sind Aminosäuren, die nicht im Rahmen der Translation in Eiweiße (Proteine) eingebaut werden. Sie wirken im Körper im Enzymstoffwechsel als Aminosäureantagonisten. Die γ-Aminobuttersäure unterscheidet sich von den anderen proteinogenen α-Aminosäuren durch ihre Stellung der Aminogruppe. Die GABA ist eine Aminosäure der γ-Gruppe, da ihre Aminogruppe am dritten Kohlenstoffatom nach dem Carboxyl-Kohlenstoffatom liegt. GABA bindet sich im Körper an spezifische Rezeptoren. Sie wirkt im Körper als inhibitorischer (hemmender) Neurotransmitter.

Funktion, Wirkung & Aufgaben

GABA entfaltet ihre Wirkung an verschiedenen Rezeptoren im Körper. GABAa-Rezeptoren sind ligandengesteuerte Cloridionenkanäle. Wenn GABA sich an den Rezeptor bindet, strömt Chlorid ein. Dies hat eine hemmende Wirkung auf die betroffene Nervenzelle.

GABAa-Rezeptoren sind im Gehirn weit verbreitet. Sie spielen eine wichtige Rolle für das Gleichgewicht zwischen Dämpfung und Erregung im Zentralnervensystem. Verschiedene Arzneistoffe, die eine dämpfende Wirkung haben, greifen am GABAa-Rezeptor. Zu diesen Wirkstoffen gehören Benzodiazepine, Antiepileptika, Propofol und Barbiturate.

GABAa-ρ-Rezeptoren haben eine ähnliche Wirkung wie GABAa-Rezeptoren. Sie können jedoch nicht von den oben genannten Wirkstoffen beeinflusst werden. GABAb-Rezeptoren sind sogenannte G-Protein-gekoppelte Rezeptoren. Wenn sich die γ-Aminobuttersäure an diese Rezeptoren bindet, strömt verstärkt Kalium in die Nervenzelle ein. Zeitgleich kommt es zu einem verringerten Ausstrom von Kalzium. So entstehen präsynaptisch eine Hyperpolarisation und eine Hemmung der Transmitterfreisetzung. Hinter dem synaptischen Spalt kommt es hingegen zu einem verstärkten Kaliumeinstrom. In der Folge entsteht ein inhibitorisches postsynaptisches Potenzial (IPSP).

Das Muskelrelaxans Baclofen wirkt genau an diesem Rezeptor. Allgemein betrachtet hat GABA eine angstlösende, schmerzstillende, relaxierende, antikonvulsive und blutdruckstabilisierende Wirkung. Zudem besitzt GABA eine schlaffördernde Wirkung.

GABA wirkt aber nicht nur als inhibitorischer Neurotransmitter. GABA hemmt auch die Hormonsekretion in verschiedenen endokrinen Drüsen. Eine bedeutende Wirkung hat die γ-Aminobuttersäure in der Bauchspeicheldrüse. Dort hemmt die Säure die Sekretion von Glukagon in den Alphazellen der Langerhans-Inseln. GABA wirkt aber auch zentral auf den Hypothalamus und damit auf die Sekretion von Releasing-Hormonen. GABAerge Nervenzellen versorgen zudem die Hypophyse, sodass auch die hypophysäre Produktion von Prolaktin, ACTH, TSH und LH durch GABA beeinflusst wird.

GABA stimuliert auch das hypothalamische HGH-Releasing-Hormon. Zudem wird der γ-Aminobuttersäure eine immunmodulierende Wirkung zugesprochen. Über GABA-Rezeptoren, die auf den T-Zellen sitzen, blockiert γ-Aminobuttersäure die Sekretion von entzündungsfördernden Zytokinen und hemmt gleichzeitig die Aktivierung und Proliferation von T-Zellen.

Bildung, Vorkommen, Eigenschaften & optimale Werte

γ-Aminobuttersäure wird aus Glutamat gebildet. Dafür ist das Enzym Glutamat-Decarboxylase (GAD) erforderlich. Glutamat ist der wichtigste exzitatorische Neurotransmitter. Durch nur einen einzigen Schritt wird die Wirkung nahezu umgekehrt und es entsteht ein inhibitorischer Neurotransmitter. Direkt nach der Bildung wird ein Teil der γ-Aminobuttersäure in die benachbarten Gliazellen transportiert. Dort kann GABA durch die GABA-Transaminase zu Succinat-Semialdehyd umgeformt werden. Sie kann somit in den Citratzyklus eingebaut und abgebaut werden.

In der Bauchspeicheldrüse entsteht GABA in den insulinbildenden Betazellen der Langerhans-Inseln. Aus Glutamat entsteht durch das Enzym GAD65 GABA. Die Sezernierung erfolgt zum einen über SLMV. SLMV sind synaptic-like-microvesicles, die den synaptischen Vesikeln ähneln. Über einen geringen Teil wird GABA in der Bauchspeicheldrüse aber auch über LDCV, die sogenannten large dense core vesicles, sezerniert. Diese Vesikel enthalten einen typischen Komplex aus Insulin und Zink. Die jeweiligen Vesikel haben einen GABA-Transporter. Die GABA-Sekretion in der Bauchspeicheldrüse erfolgt alle vier Stunden. Zusätzlich erfolgt eine vesikuläre Sekretion.


Krankheiten & Störungen

Niedrige Spiegel von γ-Aminobuttersäure werden regelmäßig bei verschiedenen Erkrankungen gefunden. Dazu gehören zum Beispiel chronische Schmerzen, Bluthochdruck, Colon irritable (Reizdarm), prämenstruelles Syndrom (PMS), Depressionen, Schizophrenie und Epilepsie. Bei einem Mangel an γ-Aminobuttersäure kann es zu nächtlichem Schwitzen, Impulsivität, Angst und Gedächtniseinbußen kommen.

Auch Ungeduld, schneller Herzschlag, Ohrgeräusche (Tinnitus), Heißhunger auf Süßes und Muskelverspannungen sind Symptome eines GABA-Mangels. Ein GABA-Defizit kann auf unterschiedlichen Wegen behandelt werden. So können die Betroffenen die GABA-Vorstufe Glutamin einnehmen. Ebenso kann eine Behandlung in Kombination mit der kleinen Aminosäure Glycin erfolgen. Die orale Gabe von GABA wirkt sich allerdings hauptsächlich auf die Peripherie, also auf die endokrinen Organe und Gewebe aus. Eine zentrale Wirkung kann nicht erreicht werden, da die Blut-Hirn-Schranke die Aufnahme der γ-Aminobuttersäure behindert.

γ-Aminobuttersäure kann aber auch überdosiert werden. Besonders gefährlich ist eine Kombination mit Benzodiazepinen, Alkohol, Antipsychotika, Hypnotika, Anästhetika, trizyklischen Antidepressiva, Opioiden und Muskelrelaxantien. Sie können die Wirkung und die Nebenwirkungen von γ-Aminobuttersäure verstärken. Bei einer Überdosierung von γ-Aminobuttersäure kann es zu Schwindel und Muskelschwäche kommen. Die Betroffenen leiden unter Somnolenz und verlangsamtem Herzschlag. Sie fühlen sich schwach, haben Atemdepressionen, Krampfanfälle und leiden unter Gedächtnisverlust.

Wenn γ-Aminobuttersäure mit anderen zentralnervös wirkenden Substanzen kombiniert wird, kann es zu einem lebensbedrohenden Herzstillstand kommen. GABA scheint auch eine Rolle bei der Pathophysiologie des Diabetes mellitus zu spielen. So wird vermutet, dass die erhöhte Glukagonbildung beim Diabetiker durch einen GABA-Mangel hervorgerufen wird. Zudem scheint die Aktivität der T-Lymphozyten vermittelt durch GABA vermindert zu sein.

Quellen

  • Dormann, A., Luley, C., Heer, C.: Laborwerte. Urban & Fischer, München 2005
  • Horn, F.: Biochemie des Menschen. Das Lehrbuch für das Medizinstudium. Thieme, Stuttgart 2018
  • Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013

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