Zwischenwirbelgelenk

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 11. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Zwischenwirbelgelenke verbinden Wirbel miteinander. Abhängig von ihrer Lokalisation geben sie der Wirbelsäule verschiedene Grade der Beweglichkeit und stabilisieren gleichzeitig die Wirbel. Das Facettensyndrom ist eine schmerzhafte Erkrankung der Zwischenwirbelgelenke, die mit der Arthrose verwandt ist.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Zwischenwirbelgelenk?

Die jeweilige Stellung der beteiligten Gelenkflächen unterscheidet sich in den einzelnen Abschnitten der Wirbelsäule, woraus sich ein unterschiedlicher Beweglichkeitsgrad der Zwischenwirbelgelenke ergibt.
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Gelenke stellen zwischen zwei oder mehreren Knochen eine bewegliche Verbindung her. Der menschliche Körper besitzt mehr als 140 Gelenke. Die Knochenverbindungen zählen abhängig von ihrer Lokalisation und den so an sie gestellten Funktionsanforderungen zu einer von mehreren Gelenkarten.

Als Zwischenwirbelgelenk, Facettengelenk oder Wirbelgelenk wird die paarig angelegte Gelenkverbindung zwischen Gelenkfortsätzen benachbarter Wirbel bezeichnet. Wirbelbogengelenk und kleines Wirbelgelenk gelten als synonyme Bezeichnungen. Wie jedes Gelenk stellt auch das Wirbelgelenk Beweglichkeit her. Im Fall des Zwischenwirbelgelenks geht es um die Beweglichkeit der Wirbelsäule. Die Gelenkverbindungen werden zuweilen auch als Geleitgelenke bezeichnet. Anders als andere Gelenkarten besitzt das Gleitgelenk keine Schlüssel-in-Schloss-Anatomie.

Die Verbindungen sind also nicht nach dem Form-in-Gegenform-Prinzip aufgebaut und greifen dementsprechend nicht ineinander, sondern bestehen aus relativ glatten Gelenkflächen. Diese Gelenkflächen bilden mit den Bandscheiben und den Bändern eine funktionale Einheit, die in geringem Maß Gleitbewegungen zulässt.

Anatomie & Aufbau

Zwischenwirbelgelenken sind plane Gelenke mit flachen Gelenkflächen und relativ weiter Gelenkkapsel, die den sogenannten Diarthrosen zuzuordnen sind. Die Knorpelflächen der Processus articulares superiores von jedem Wirbel treffen im Zwischenwirbelgelenk mit den Processus articulares inferiores des jeweils höhergelegenen Wirbels zusammen.

Die jeweilige Stellung der beteiligten Gelenkflächen unterscheidet sich in den einzelnen Abschnitten der Wirbelsäule, woraus sich ein unterschiedlicher Beweglichkeitsgrad der Zwischenwirbelgelenke ergibt. Die Wirbelgelenke sitzen je an den Fortsätzen von benachbarten Wirbeln der Lenden- und Halswirbelsäule. In der Halswirbelsäule stehen die Gelenkflächen bei Nullstellung annähernd in Transversalebene, wobei die Processus articulares superiores des Gelenks in dorsal-kraniale Richtung weisen.

Innerhalb der Brustwirbelsäule stehen die Gelenkflächen der Wirbelgelenke ebenfalls in dorsal-kraniale Richtung, wobei zusätzlich eine seitliche Neigung besteht. Die Lendenwirbelsäule trägt die Gelenkflächen wiederum in der Sagittalebene. Neben den Bandscheiben und Bändern tragen auch meniskoide Synovialfalten zur funktionalen Gesamtheit des Zwischenwirbelgelenks bei. Sie ragen sichelartig in den Gelenkspalt hinein und sind aus gefäßreich lockerem oder straffem Bindegewebe aufgebaut, das aus der Gelenkkapsel stammt und von einer Intima ummantelt ist.

Funktion & Aufgaben

Zwischenwirbelgelenke verbinden die Wirbel der Lenden-, Brust- und Halswirbelsäule gelenkig und geben den Strukturen damit einen gewissen Bewegungsgrad. Ohne die Wirbelgelenke könnte sich der Mensch zum Beispiel nicht nach etwas hinabbeugen oder sich zur Seite drehen. Besonders in der Halswirbelsäule ist Beweglichkeit durch die Wirbelbogengelenke erforderlich, da der Kopf ansonsten nicht gedreht werden könnte.

Aus evolutionsbiologischer Sicht ist die Drehung des Kopfes nicht unwesentlich am Überleben beteiligt. Menschen nehmen Geräusche wahr, die sie auf Gefahren aufmerksam machen und richten die Augen relativ automatisch in Richtung des Geräuschs. So erhalten sie in kürzester Zeit ein vollumfängliches Bild von Situationen. Ohne die Wirbelgelenke wäre Fixation und der schnelle Wechsel von Fixationspunkten immer an das aktuelle Blickfeld gebunden. In ihrer Gesamtheit geben die Zwischenwirbelgelenke den unterschiedlichen Abschnitten der Wirbelsäule drei Freiheitsgrade, die ideal auf die funktionellen Anforderungen an die einzelnen Wirbelsäulenabschnitte ausgerichtet sind. Eine Flexion und Extension ist beispielsweise in der Sagittalebene möglich, damit also eine Vor- und Rückbeugung der Wirbelsäule.

Die Lateralflexion entspricht einer seitlichen Neigung, die in der Frontalebene möglich ist. Auch die Rotationsfähigkeit erhält die Wirbelsäule erst durch ihre Zwischenwirbelgelenke. Im Bereich der Halswirbelsäule ermöglichen die Gelenke durch ihre spezielle Anatomie eine ausgeprägte Rotationsbewegung, die die Halswirbelsäule aufgrund der weiter oben beschriebenen Anforderungen zum beweglichsten Abschnitt der Wirbelsäule macht. Die Rotationsmöglichkeiten in der Lendenwirbelsäule sind aufgrund von geringeren Anforderungen geringer als in der Halswirbelsäule.

Die meniskoide Synovialfalten gleichen bei Bewegung je die Inkongruenz der artikulierenden Gelenkflächen aus. Neben der Beweglichkeit garantieren Zwischenwirbelgelenke außerdem für Stabilität und sorgen dafür, dass sich die Wirbelsäule nicht verdreht.


Krankheiten

Neben dem Bandscheibenvorfall ist das sogenannte Facettensyndrom die mitunter bekannteste Funktionsbeeinträchtigung der Zwischenwirbelgelenke. In einem gesunden Rücken kooperieren Wirbel, Gelenke, Bänder und Bandscheiben ideal miteinander.

Der Rücken erhält so Elastizität, Stabilität und funktionale Belastbarkeit. Im Alter weist die Wirbelsäule allerdings oft Verschleißerscheinungen auf. Mangelnde Bewegung, Übergewicht und genetische Disposition sind Risikofaktoren für einen erhöhten Verschleiß oder gar Arthrose der Facettengelenke, wie sie bereits Mitte 30 eintreten kann. Die Bandscheiben verlieren im Alter an Wassergehalt, verlieren an Höhe und versteifen. Die geringere Elastizität dieser Strukturen beeinflusst die Rückenwirbel, die langsam den Abstand zueinander verlieren. Wenn außerdem die Bänder ausleiern verliert die Wirbelsäule ihre Stabilität.

In einer Folge dessen sind die Facettengelenke wachsenden Belastungen ausgesetzt, die Ergüssen und Entzündungsreaktionen hervorrufen könne. Das Facettensyndrom entspricht im Grunde einer belastungsbedingten Arthrose der Zwischenwirbelgelenke, die mit starken Rücken- und Nackenschmerzen einhergeht. Da den Facettengelenken außerordentlich viele Nerven innewohnen, entstehen vor allem tiefliegend ausstrahlende Rückenschmerzen, die mit der Belastung zunehmen.

Am Morgen fühlen sich die Patienten meist besonders in der Lendenwirbelsäule steif und leiden den Tag über unter einem Schmerz, der beim Zurücklehnen stärker wird. Neben Muskelverspannungen kann das Facettensyndrom auch diffuse Schmerzen des Gesäßes oder der Beine hervorrufen. Abhängig von den durch die Entzündungsreaktionen geschädigten Rückensegmente treten mit der Zeit unter Umständen Taubheitsgefühle oder andere Missempfindungen und sogar motorische Defizite auf.

Quellen

  • Benninghoff/Drenckhahn: Anatomie. Urban & Fischer, München 2008
  • Hochschild, J.: Strukturen und Funktionen begreifen, Funktionelle Anatomie. Band 1: Wirbelsäule und obere Extremität. Thieme, Stuttgart 2019
  • Schünke, M.: Topografie und Funktion des Bewegungssystems. Funktionelle Anatomie für Physiotherapeuten. Thieme, Stuttgart 2018

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