Westphal-Piltz-Phänomen

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das Westphal-Piltz-Phänomen ist eine Lidschlussreaktion, bei welcher sich die Pupillen der Augen verkleinern. Es tritt zusammen mit dem Bellschen Phänomen auf und wird zur Differenzialdiagnose bei Störungen der Pupillenmotorik genutzt.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Westphal-Piltz-Phänomen?

Das Westphal-Piltz-Phänomen ist eine Lidschlussreaktion, bei welcher sich die Pupillen der Augen verkleinern.

Das Westphal-Piltz-Phänomen kennzeichnet die Verkleinerung der Pupillen bei einem Lidschluss. Jedes Mal, wenn sich die Augenlider reflexartig schließen, nimmt auch die Größe der Pupillen ab.

Damit steht dieses Phänomen direkt im Zusammenhang mit dem sogenannten Lidschlussreflex. Der Lidschlussreflex stellt einen reflektorischen Schutzmechanismus der Augen dar. Es ist ein sogenannter Fremdreflex, welcher nicht in dem Organ ausgelöst wird, wo der Reiz stattfindet. Durch mechanische Einwirkung auf die Hornhaut und die nähere Augenumgebung kommt es zum schnellen Verschließen der Augenlider. Dieser Reflex soll die Augen vor Fremdkörpern, vor Austrocknung und vor Schädigungen des Augapfels schützen.

Auch bei starker Lichteinwirkung, akustischen Reizen sowie Schreckeinwirkung werden die Augenlider unwillkürlich geschlossen. Als Fremdreflex stellt sich nach einiger Zeit ein Gewöhnungseffekt ein. So können Kontaktlinsenträger durch Gewöhnung den Reflex abschalten und die Hornhaut berühren. Die taktilen, optischen und akustischen Reize werden über den affektiven Schenkel des Reflexbogens zum Reflexzentrum des Gehirns geleitet und lösen von dort über den efferenten Schenkel durch den Nervus facialis die Kontraktion des Musculus orbicularis oculi aus.

Funktion & Aufgabe

Parallel zum Lidschluss kommt es zu zwei Phänomenen. Diese sind das Bellsche Phänomen und das Westphal-Piltz-Phänomen. Das Westphal-Piltz-Phänomen kennzeichnet, wie bereits erwähnt, die Miosis (Verkleinerung) der Pupillen bei Lidschluss. Gleichzeitig wird im Rahmen des Bellschen Phänomens der Augapfel zum Schutz der empfindlichen Cornea nach oben gerollt.

Bei Gesichtslähmungen wurde festgestellt, dass trotz des ausfallenden Lidschlusses das Bellsche Phänomen auftritt. Wie der Lidschlussreflex wird der Pupillenreflex über den gleichen Weg ausgelöst. Beide sind konsensuelle Reflexe. Das heißt, selbst wenn nur ein Auge gereizt wird, treten die Reflexe an beiden Augen auf.

Ebenfalls unabhängig vom Lidschluss finden Erweiterungen und Verengungen der Pupillen statt. So reagieren die Pupillen bei Lichteinwirkung mit Verengung (Miosis) und bei schwachen Lichtverhältnissen mit Pupillenerweiterung (Mydriasis). Für die Verengung der Pupillen ist der Musculus sphincter pupillae und für die Weitstellung der Pupillen der Musculus dilatator pupillae verantwortlich.

Der Musculus sphincter pupillae wird über das parasympathische und der Musculus dilatator pupillae über das sympathische Nervensystem versorgt.

Es wurde festgestellt, dass die Kontraktion der Pupillen nach Lidschluss (Westphal-Piltz-Phänomen) andere Ursachen haben muss, als ihre Kontraktion bei Lichteinstrahlung. Dabei wird eine Mitbewegung der Pupillen bei Schließen der Augenlider angenommen. So werden bei bestimmten Erkrankungen zwar keine Reaktionen der Pupille auf Lichteinstrahlung, dafür aber auf den Lidschlussreflex registriert. Bestimmte mit Lähmungen verbundene Erkrankungen der Augen können daher mithilfe der Untersuchung des Westphal-Piltz-Phänomens diagnostiziert werden. Allerdings gestaltet sich dies nicht als unproblematisch, da neben dem Westphal-Piltz-Phänomen auch das Bellsche Phänomen auftritt. Durch das Hochrollen der Augen ist die Pupille oft nicht mehr zu sehen.

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Krankheiten & Beschwerden

Mithilfe des Westphal-Piltz-Phänomens können bei Störungen der Pupillenmotorik Hinweise auf die Ursache der Erkrankung gefunden werden. Zunächst soll noch einmal betont werden, dass Pupillenverengung und Pupillenerweiterung über zwei unterschiedliche Wege realisiert werden. Während die Pupillenerweiterung über sympathische Efferenzen reguliert wird, sind für die Pupillenverengung parasympathische Efferenzen verantwortlich.

Die meisten motorischen Störungen werden durch die Lähmung des Musculus sphincter pupillae hervorgerufen. Dabei liegt eine Pupillotonie vor, welche in der Mehrzahl der Fälle harmlose Ursachen besitzt. Bei starkem Lichteinfall sind die Pupillen auf Grund der Pupillotonie dennoch geweitet. In abgedunkelten Räumen werden sie jedoch kleiner als bei gesunden Personen unter vergleichbaren Bedingungen. Bei Naheinstellung kommt es zur Verengung der Pupillen. Eine Pupillotonie beginnt fast immer einseitig.

Manchmal führt eine Lähmung des Musculus sphincter pupillae auch zu einer absoluten Pupillenstarre. Ursachen für diese Lähmung können Aneurysmen, Hämatome oder Hirntumore sein. Dabei ist die Pupille weit und zeigt sowohl bei Lichteinfluss als auch bei einer Naheinstellung keine Reaktionen.

Beim sogenannten Horner-Syndrom handelt es sich wiederum um eine Schwäche des Musculus dilatator pupillae. In der Folge erweitern sich die Pupillen in der Dunkelheit kaum, woraus Sehschwierigkeiten im Dunkeln resultieren. Da jedoch Musculus dilatator pupillae und Musculus sphincter pupillae unabhängig voneinander arbeiten, funktioniert die Pupillenkontraktion bei Lichteinwirkung und beim Lidschluss perfekt.

Seltener kommt die sogenannte reflektorische Pupillenstarre vor. Hier sind sofort beide Augen betroffen. Nur die optischen Reflexe sind dabei gestört. Die Pupillen reagieren nicht auf den Lichtreiz. Allerdings sind die motorischen Reflexe (Naheinstellung und Konvergenzreaktion) intakt. Dieses Symptom wird als Argyll-Robertson-Zeichen bezeichnet. Bei der reflektorischen Pupillenstarre liegt eine Schädigung im Mittelhirn vor, welche oft bei Entzündungen und Tumoren, aber häufig auch bei der Syphilis entsteht.

Quellen

  • Berlit, P.: Basiswissen Neurologie. Springer, Berlin 2007
  • Mattle, H., Mumenthaler, M.: Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013

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