Nierenversagen mit Harnvergiftung (Urämie)

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 1. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Akutes Nierenversagen kann eine sogenannte Urämie auslösen, eine Harnvergiftung. Diese entsteht, wenn sich Urin in den Harnwegen staut und löst verschiedene Symptome aus. Die Behandlung der zu Grunde liegenden Erkrankung vespricht gute Heilungschanchen, dennoch kann eine Dialyse nötig werden.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Urämie?

Die Dialyse ist ein Blutreinigungsverfahren im Rahmen der Nierenersatztherapie bei Nierenversagen.

Das akute oder chronische Nierenversagen mit Harnvergiftung, medizinisch Urämie genannt, ist das Endstadium des Nierenversagens. Die Nieren sind nicht mehr in der Lage, ihre Aufgabe der Reinigung des Blutes von körpereigenen, harnpflichtigen Stoffen, beispielsweise Harnstoff, und körperfremden Giftstoffen, wie Medikamenten, zu erfüllen.

Diese Stoffe könne nicht mehr gefiltert und ausgeschieden werden. Die konkreten Merkmale einer Urämie sind gestörte Ausscheidung von Wasser und Elektrolyten, verbunden mit einer Störung des Säure-Basen-Haushaltes. Die lebensbedrohlichen Auswirkungen einer solchen Störung sind beispielsweise Schwindel oder Komazustände.

Weiter ist der Abbau von Harnstoff und Kreatinin gestört. Kreatinin ist ein Abbauprodukt von Muskelstoffen, Harnstoff ein Abfallstoff der Verwandlung von Harnstoff und Eiweiß. Eine Störung des Hormonhaushalts ist das dritte Merkmal, das Blutdruck, Kochen- und Blutbildung beeinträchtigt.

Ursachen

Der Unterschied zwischen akuter und chronischer Urämie liegt im Zeitpunkt des Auftretens: Die chronische Urämie entwickelt sich über Jahre, die akute tritt fünf bis maximal zehn Tage nach dem akuten Nierenversagen auf.

Die Ursachen des Nierenversagens mit Harnvergiftung liegen demzufolge in eine unzureichenden oder ausbleibenden Therapie des Nierenversagens. Das vollständige oder teilweise Nierenversagen wird ausgelöst durch [[Vergiftung]en, Entzündungen, unzureichende Durchblutung der Nieren oder Harnstauungen. Das Nienversagen selbst ist zumeist die Folge einer unzureichend behandelten Nierenerkrankung.

Diese werden ausgelöst durch verschiedene Faktoren, darunter ein schlecht eingestellter Diabetes, jahrelanger Bluthochdruck, wiederholte Nierenentzündungen, angeborene Zysten und Erkrankungen der Nierenblutgefäße. Auch der Missbrauch von Alkohol und Medikamenten kann eine Nierenerkrankung und in der Folge eine Urämie verursachen.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Die Urämie ist eine sehr ernste Erkrankung der Nieren, die zu vielfältigen Symptomen führt. Es handelt sich um ein akutes oder chronisches Nierenversagen durch Harnvergiftung. Als Hauptsymptome treten neben therapieresistentem Juckreiz am ganzen Körper auch Darmentzündungen auf. Daher kommt es zu Übelkeit, Erbrechen und oft auch zu Blutungen aus dem Magen- und Darmbereich.

Des Weiteren kann sich eine Herzbeutelentzündung entwickeln, die später oft zu einer schweren Herzinsuffizienz führt. Außerdem sind Herzrhythmusstörungen möglich, die wiederum auf der Basis einer Hyperkaliämie entstehen. Manchmal wird auch ein Lungenödem mit schweren Atemproblemen und Zyanose beobachtet. Auch eine Ansammlung von Wasser im Bauchraum (Aszites oder Bauchwassersucht) kann vorkommen.

Des Weiteren treten auch Störungen des Immunsystems und Blutarmut auf. Der Atem kann nach Urin (Ammoniak) riechen. Das ist aber nur dann der Fall, wenn sich im Mund des Patienten Harnstoff abbauende Bakterien befinden. Die erhöhte Harnstoffkonzentration im Blut führt auch zu neurologischen Beschwerden, weil Harnstoff in Abhängigkeit von der Konzentration Nerven schädigend wirken kann.

So können Persönlichkeitsveränderungen, Erregtheitszustände, Amnesie, abnorme Schläfrigkeit oder gar Koma auftreten. Des Weiteren werden oft auch periphere Nerven geschädigt. In der Folge können sich eine Polyneuropathie mit sich verstärkenden Sensibilitätsstörungen, Gangstörungen, Lähmungserscheinungen und Hautveränderungen entwickeln. Außerdem sind auch Muskelzuckungen in ganzen Muskeln oder Muskelgruppen wie der Rumpf- und Extremitätenmuskulatur möglich.

Diagnose & Verlauf

Die ärztliche Diagnose beinhaltet bei Urämie-Verdacht eine ausführlichen Anamnese und die eingehende körperliche Untersuchung. Zu dieser gehört die Analyse von Urin und Blut auf Auffälligkeiten, beispielsweise der Menge oder der enthaltenen Stoffe.

Ein Nierenultraschall gehört ebenfalls zu den Standardmethoden. Bildgebende Verfahren mit Kontrastmittelgabe werden zur Schonung der Nieren nur in Ausnahmefällen durchgeführt. In einigen Fällen kann die Punktion der Niere nötig sein.

Unbehandelt ist das Nierenversagen mit Harnvergiftung tödlich. Die Prognose einer akuten Urämie ist gut, wenn rechtzeitig ärztliche Hilfe gesucht wird und die auslösende Grunderkrankung gut therapierbar ist. Die chronische Urämie erfordert dagegen eine dauerhafte Nierenersatztherapie. Komplikationen, wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und eine hohe Infektionsanfälligkeit, sind häufig.

Komplikationen

Unbehandelt führt das Nierenversagen mit Harnvergiftung zum Tod des Patienten. Eine chronische Urämie macht eine Nierenersatztherapie mittels Dialyse erforderlich. Diese Behandlungsmethode wird von den Patienten meist als sehr belastend empfunden. Die Dialyse beinhaltet in der Regel drei Behandlungen pro Woche, die jeweils vier bis fünf Stunden dauern.

Im Rahmen der Behandlung wird das Blut von giftigen Stoffen und überschüssigen Flüssigkeiten gereinigt und der Säure-Basen- und Elektrolythaushalte wieder normalisiert. Während oder infolge der Dialyse kann es zu einer Reihe von Komplikationen kommen. Besonders verbreitet sind Kreislaufprobleme. Durch den Wasserentzug im Rahmen der Blutwäsche verringert sich das Blutvolumen, der Blutdruck, also der Flüssigkeitsdruck in den Gefäßen, sinkt.

Kann der Flüssigkeitsmangel im Blutkreislauf nicht mehr ausgeglichen werden, hat dies meist einen sehr starken Abfall des Blutdrucks zur Folge, der bis zur Bewusstlosigkeit führen kann. Selbst bei weniger extremen Reaktionen ist der Blutdruckabfall für den Patienten mit einer Reihe unangenehmer Symptome verbunden, dazu zählen insbesondere Übelkeit, Erbrechen, starke Schwindelgefühle und vorübergehende Sehstörungen.

Darüber hinaus kommt es bei Dialysepatienten häufig zu Infektionen des Shunts, also des operativ gelegten Gefäßzugangs, oder zu Tunnelinfektionen am permanent in der Bauchwand verankerten Katheter.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Leidet der Betroffene unter Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen oder einem starken Krankheitsgefühl, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Bei Blutungen, Schmerzen oder einem allgemeinen Unwohlsein, wird ärztliche Hilfe benötigt. Da ohne eine ausreichende medizinische Versorgung das vorzeitige Ableben des Betroffenen droht, ist ein Arztbesuch bereits bei den ersten Unregelmäßigkeiten zu empfehlen. Entzündungen, Fieber, ein Verlust des Leistungsniveaus oder ein anhaltender Juckreiz müssen untersucht und behandelt werden. Breiten sich die Beschwerden aus oder nehmen sie an Intensität zu, ist ein Arzt aufzusuchen.

Störungen der Herztätigkeit, Schwindel oder Empfindungsauffälligkeiten müssen abgeklärt werden. Übermäßige Sensibilität, Taubheitsgefühle oder eine innere Unruhe geben Anlass zur Besorgnis. Eine erhöhte Müdigkeit, Unterbrechungen des Schlafs oder Gangunsicherheiten sind weitere Hinweise einer vorliegenden Erkrankung. Ein Arzt muss aufgesucht werden, da die Beschwerden auf einen Krankheitsfortschritt hindeuten, der behandelt werden muss. Bei Lähmungen oder unaufhaltsamen Zuckungen der Muskelfasern besteht Handlungsbedarf.

Kommt es zu einer Veränderung des Bewusstseinszustandes oder einer akuten gesundheitsbedrolichen Situation, ist ein Rettungsdienst zu alarmieren. Allgemeine Funktionsstörungen, Unregelmäßigkeiten des Magen-Darm-Trakts oder Krämpfe sind einem Arzt vorzustellen. Bei Veränderungen des Hautbildes, Auffälligkeiten des Verhaltens oder einer anhaltenden Erregung ist ein Arztbesuch vonnöten. Wird die Persönlichkeit des Betroffenen von Menschen des nahen Umfeldes als ungewöhnlich wahrgenommen, sollte ein Arzt hinzugezogen werden.

Behandlung & Therapie

Bei der Behandlung wird zwischen chronischer und akuter Urämie unterschieden. Die chronische Urämie erfordert die Nierenersatztherapie mittels Dialyse. Diese findet in der Regel drei Mal wöchentlich statt. Während der vier- bis fünfstündigen Behandlung werden Giftstoffe und überschüssige Flüssigkeit aus dem Blut gefiltert und Störungen der Säure-Basen- und Elektrolythaushalte ausgeglichen. Begleitende Erkrankungen müssen entsprechend behandelt werden.

Zusätzlich nutzt man die konservativen Maßnahmen, die bei einer akuten Urämie zum Einsatz kommen. Dazu gehört die Behandlung der Grunderkrankung der Nieren, beispielsweise also die bessere Einstellung des Blutzuckers bei Diabetikern. Auch eine regelmäßige ärztliche Kontrolle ist selbstverständlich. Die Einnahme von Diuretika, die der Unterstützung der Elektrolyt- und Harnstoffausscheidung dienen, erfolgt nach eingehender Abwägung der Risiken und Nebenwirkungen.

Patienten müssen ihre Trinkmenge an die Ausscheidefähigkeiten ihrer Nieren anpassen. Empfohlen wird zudem eine Ernährungsumstellung: Mit einer eiweiß- und kaliumarmen, aber kalorienreichen Diät wird die Harnstoffmenge reduziert. Auch der Verzicht auf Phosphate wird empfohlen. Zwar stellen aktuellen Studien in den USA den Erfolg einer Ernährungsumstellung in Frage, sie ist aber weiterhin Stand der Medizin.


Aussicht & Prognose

Das Nierenversagen mit einer Harnvergiftung stellt eine potentielle Gefährdung des menschlichen Lebens dar. Ohne eine sofortige professionelle medizinische Versorgung, droht daher das plötzliche Ableben des Betroffenen. Findet eine schnellstmögliche ärztliche Betreuung statt, kann das Überleben des Patienten gesichert werden. Es werden unverzüglich Therapien eingeleitet, die zu einer Stabilisierung der Funktionsfähigkeit des Organismus führen. Die Behandlungsansätze sind jedoch stark belastend für den Patienten sowie dessen soziales Umfeld. Zudem können Nebenwirkungen auftreten, die für viele schwer zu bewältigen sind.

In den meisten Fällen wird eine regelmäßige Dialyse benötigt, damit das Überleben gesichert wird. Diese Methode führt zu einer starken Einschränkung bei der Bewältigung des Alltags. Bei einem ungünstigen Verlauf droht aufgrund der erlebten emotionalen Belastungen eine psychische Folgeerkrankung. Diese verschlechtert das Wohlbefinden des Betroffenen maßgeblich und kann sich wiederum ebenso negativ auf die weitere körperliche Verfassung auswirken.

Bei einer Vielzahl der Patienten wird für eine dauerhafte Linderung der Beschwerden und Verbesserung der Lebensqualität ein Spenderorgan benötigt. Wenngleich eine Organtransplantation mit zahlreichen Komplikationen und Nebenwirkungen verbunden ist, stellt sie häufig den letzten und einzigen Ausweg dar. Kann der operative Eingriff ohne weitere Komplikationen durchgeführt werden, ist im Anschluss mit einer erheblich verbesserten gesundheitlichen Situation zu rechnen.

Vorbeugung

Um einer Urämie vorzubeugen, sollten Patienten mit einer Nierenschwäche diese behandeln lassen. Bei bereits vorliegender Nierenschwäche sind regelmäßige ärztliche Untersuchungen und die Einhaltung besonderer Vorsichtsmaßnahmen, insbesondere die Selbstbeobachtung, unerlässlich. Risikopatienten sollten täglich ihr Gewicht kontrollieren, Urinausscheidungen und Urinmenge beobachten, die Nieren schädigende Medikamente und Stoffe vermeiden, das Immunsystem unterstützen und verordnete Maßnahmen einhalten.

Nachsorge

Im Bezug auf das Krankheitssymptom sollten Betroffene ihrer Nachsorge einen hohen Stellenwert schenken. Schließlich ist das Organversagen intensivmedizinisch zu betreuen. Mit einer konsequent auf den Patienten abgestimmten Nachsorge kann dieser lernen, mit den Begleitsymptomen umzugehen. Die eigenverantwortlichen Maßnahmen liegen a priori auf regelmäßig stattfindenden Untersuchungen, Dialyse-Terminen und den möglichst in Anspruch genommenen Reha-Maßnahmen sowie Selbsthilfe-Gruppen.

Der Austausch mit Gleichgesinnten oder im Rahmen psychotherapeutischer Sitzungen kann helfen, Mut zu finden sowie die Komplexität der Erkrankung zu verstehen und seinen Lebensstandard zu bewahren. Patienten mit Urämie erhalten in ihrer ärztlichen Behandlung einen intensiven Informationsaustausch und sollten sich nicht scheuen, offene Fragen und weitere Behandlungsmöglichkeiten neben der Medikation anzusprechen.

Speziell die Ernährungsumstellung empfinden viele Patienten als Einschnitt. Einigen Betroffenen fällt dieser lebenswichtige Umstand leichter als anderen. Doch in dem Wissen, sich einer kalorienreichen aber fett-, eiweiß- und kaliumarmen sowie phosphatfreien Diät zu unterziehen ist bereits ein großer Schritt zur Akzeptanz der Krankheit getan.

Gleichzeitig muss die Trinkmenge an die Fähigkeit der Nieren angepasst sowie das Körpergewicht täglich kontrolliert und aufgezeichnet werden. Im lebenslangen Nachsorge-Prozess sollte es dem Betroffenen selbst ein Anliegen sein, mit seinem Beschwerdebild möglichst positiv umzugehen, sich für schöne Hobbys zu begeistern, um dadurch ein stabiles Seelenleben zu bewahren.

Das können Sie selbst tun

Bei diesem gesundheitlichen Zustand gibt es kaum Möglichkeiten der Selbsthilfe. Das Organversagen muss intensivmedizinisch betreut werden. Daher sollte der Betroffene unter allen Umständen die Hilfe und Unterstützung von Medizinern annehmen. Eigenverantwortliche Maßnahmen, die eine Linderung der Beschwerden erwirken könnten, gibt es nicht. Es handelt sich um einen lebensbedrohlichen Zustand, bei dem der Betroffene meist keinen großen Handlungsspielraum hat.

Bereits im Vorfeld sollte ein ausreichender Informationsaustausch über die Möglichkeit eines Nierenversagens mit Harnvergiftung stattfinden. Im Normalfall befindet sich der Erkrankte aufgrund einer diagnostizierten Nierenerkrankung bereits in einer ärztlichen Behandlung. In dieser sollten offene Fragen, kommende Veränderungen und ein möglicher weiterer Krankheitsverlauf besprochen werden. Zusätzlich können über Recherchen in medizinischer Fachliteratur, spezielle Foren im Internet oder die Teilnahme an Selbsthilfegruppen offene Fragen beantwortet werden. Der Austausch mit anderen Betroffenen wird in vielen Fällen als unterstützend und stärkend wahrgenommen.

Hilfreich bei der Bewältigung der vorhandenen Beschwerden ist trotz aller Widrigkeiten eine grundsätzlich positive Einstellung dem Leben gegenüber. Im Rahmen der Möglichkeiten sollten Angehörige dem Erkrankten Mut zusprechen, für ihn da sein und die Lebensfreude fördern. Eine stabile und gesunde Psyche ist elementar im Umgang mit der Gesamtsituation. Gespräche, gemeinsames Lachen und Humor haben eine positive Wirkung.

Quellen

  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Hörl, W.H., Wanner, C. (Hrsg.): Dialyseverfahren in Klinik und Praxis. Thieme, Stuttgart 2004
  • Keller, C.K., Geberth, S.K.: Praxis der Nephrologie. Springer, Berlin 2010

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