Tinnitus

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 4. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Unter Tinnitus versteht man krankhafte Ohrgeräusche, die entweder immer wiederkehrend sind oder gar durchgehend, also chronisch, auftreten. Dabei hören die Betroffenen einen unangenehmen Ton oder Geräusche, die sich zumeist als Pfeifen, Klingeln oder Brummen wahrnehmen lassen. Die Hauptgründe für Tinnitus können zum einen psychische Ursachen, als auch krankhafte und physische Ursachen sein.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Tinnitus?

Ein Hörtest bzw. die Audiometrie dient der Diagnose von Krankheiten der Hörorgane. Typische Anwendungsfelder sind eine beginnende Schwerhörigkeit aber auch Hörgeräusche wie der Tinnitus.

Unter einem Tinnitus (Tinnitus auriumfg) versteht man Ohrgeräusche verschiedenster Art. Dies können anhaltendende oder auch wiederkehrende Geräusche und Töne sein, welche, ohne dass eine akustische Stimulation von außen vorliegt, nur subjektiv durch den Betroffenen wahrgenommen werden können. Die Auslöser für einen Tinnitus können im Ohr oder im Gehirn liegen.

Es wird in drei unterschiedliche Typen unterschieden. Bei einem akuten Tinnitus halten die Beschwerden erst bis zu drei Monaten an. Liegt ein subakuter Tinnitus vor, so dauern die Beschwerden drei Monate bis zu zwölf Monate an. Von einem chronischen Tinnitus wird gesprochen, wenn die Ohrgeräusche bereits länger als zwölf Monate vorliegen.

Des Weiteren erfolgt eine Einstufung in vier verschiedene Schweregrade. Unter einen kompensierten Tinnitus fallen der Grad I und II. Diese Art erzeugt noch keine gesundheitlichen Probleme. Bei den Graden III und IV spricht man von einem dekompensierten Tinnitus. Er hat bereits schwere Auswirkungen auf die Gesundheit.

Ursachen

Die Ursachen für einen Tinnitus können in den verschiedensten Bereichen liegen. Innerhalb des Gehörganges können Verschlüsse durch Ohrenschmalz, vorspringende Knochen (Exostoxen) oder auch Fremdkörper zu einem Tinnitus führen. Im Bereich des Mittelohrs kann dies durch einen Defekt im Trommelfell hervorgerufen werden. Aber auch eine Tubenfunktionsstörung, ein Paukenerguss, eine Trommelfellunbeweglichkeit oder eine Mittelohrentzündung können zu einem Tinnitus führen.

Das Innenohr kann durch eine lärm- oder altersbedingte Gehörstörung ebenso wie durch Medikamente oder starken Blutdruckabfall ein Auslöser für Tinnitus sein. Des Weiteren können Hirnhautentzündungen, Blutarmut, falscher Blutdruck, Multiple Sklerose oder ein Hirntumor zu einem Tinnitus führen. Ohrengeräusche bzw. Tinnitus kann aber auch als Symptom im Rahmen eines Hörsturzes auftreten.

Typische Symptome & Anzeichen

Das Leitsymptom eines Tinnitus sind Geräuschempfindungen im Ohr. Diese können sich wie Rauschen, Brummen, Summen, Knistern, Klingeln, Zischen oder Pfeifen anhören. Je nach Ausprägungsgrad und Intensität können Tinnitus-Symptome sehr stark belasten.

Nur bei einem objektiven Tinnitus kann auch eine andere Person die Geräusche im Ohr des Betroffenen wahrnehmen. In den meisten Fällen handelt es sich um Ohrgeräusche, die als subjektiver Tinnitus beschrieben werden. Nur der Betroffene ist damit belastet. Andere können die Ohrgeräusche nicht wahrnehmen, auch wenn diese als laut und beeinträchtigend wahrgenommen werden.

Eingebildet sind die Tinnitus-Geräusche jedoch nicht. Sie können durch verspannte Nackenmuskulatur, Dauerstress, einen Gehörschaden oder andere Auslöser entstanden sein und sind somit real. Bei einem entsprechenden Intensitätsgrad können sie die Betroffenen so belasten, dass diese an Folgebeschwerden leiden.

Oftmals werden die Auslöser eines Tinnitus nicht ermittelt, sodass die Symptome bestehen bleiben. Dadurch kann es zu Folgesymptomen wie Depressionen, Gereiztheit, Konzentrationsstörungen, Kopfschmerzen, Schwindel, Schreckhaftigkeit bei hohen Tönen, Schlafstörungen oder Arbeitsunfähigkeit kommen. Bei starken Beschwerden ist die Teilnahme an sozialen Aktivitäten gestört. Es erfolgt manchmal ein sozialer Rückzug, weil das Hören durch den Tinnitus erschwert wird.

Die genannten Begleitsymptome nennen Mediziner auch Sekundärsymtome. Diese können zu einem regelrechten Tinnitus-Teufelskreis führen. Dieser gipfelt in Depressionen, sozialem Rückzug und Arbeitsunfähigkeit.

Komplikationen

Die Komplikationen im Zusammenhang mit einem Tinnitus können in zwei Kategorien unterteilt werden: Zum einen in Komplikationen, die mit einer zugrunde liegenden Erkrankungen zusammenhängen und zum anderen in Komplikationen, die aufgrund eines Tinnitus an sich ausgelöst werden können.

Erstere Komplikationen reichen von Folgeschäden aufgrund von Nervenschäden bis hin zu den Komplikationen, die bei Entzündungen, Morbus Menière, Gefäßverengungen oder Thrombosen im entsprechenden Bereich auftreten können. Es ist in Fällen, in denen die zugrunde liegende Erkrankung bekannt ist, diese zu betrachten.

In den meisten Fällen bleibt ein allerdings Tinnitus auch unbehandelt komplikationslos. So kommt es nur bei wenigen Prozent aller Betroffenen zu ernsthaften oder dauerhaften Beschwerden. Selten kann es aufgrund des Tinnitus selbst (durch eine Gefäßverengung, die diesen auslöst) zu einem verminderten Hörvermögen und Taubheit kommen.

Eine Überreizung des Hörsinnes (Hyperakusis) ist möglich: Betroffene leiden unter einer enorm verstärkten Wahrnehmung von Geräuschen, die Schmerzen verursacht. Ein chronischer Tinnitus kann sich ebenfalls einrichten und führt zu einer dauernden Belastung der Betroffenen. Dabei wird ein chronischer Tinnitus nicht selten von psychischen Problemen begleitet, die über Depressionen bis hin zum Suizid reichen können. Eine adäquate Tinnitus-Therapie kann dies allerdings verhindern.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Wenn das typische Ohrensausen oder Piepen auftritt, sollte ein Arzt konsultiert werden. Konstante oder wiederholt auftretende Ohrengeräusche deuten auf einen Tinnitus hin, welcher ärztlich untersucht werden muss. Ein Arzt sollte innerhalb einer Woche aufgesucht werden, insofern die Beschwerden in der Zwischenzeit nicht abgeklungen sind. In 50 Prozent der Fälle bleibt der Tinnitus nur wenige Stunden bis Tage bestehen. Verschwindet er von selbst, ist keine medizinische Abklärung vonnöten. Bei wiederholten Beschwerden sollte der Ohrenarzt eingeschaltet werden. Begleitsymptome wie Kopfschmerzen, Schwindel oder Fieber deuten auf eine ernste Ursache hin.

Der Betroffene muss zügig einen Facharzt aufsuchen und die Beschwerden abklären lassen. Andernfalls kann der Tinnitus zunehmen oder sogar dauerhaft bestehen bleiben. Im schlimmsten Fall droht der Gehörverlust. Patienten, die an einem chronischen Tinnitus leiden, sollten den Arzt über zunehmende Beschwerden informieren. Tinnitus wird von einem Ohrenarzt behandelt. Eine erste Verdachtsdiagnose kann meist auch der Hausarzt stellen. Bei einem stressbedingten Tinnitus muss der Patient gegebenenfalls einen Therapeuten aufsuchen, damit die Ursachen für den Stress aufgeschlüsselt und behoben werden können. Je früher der Tinnitus behandelt wird, desto besser sind die Heilungschancen.

Behandlung & Therapie

Eine erfolgreiche Therapie von Tinnitus richtet sich ebenso nach den Ursachen wie nach der Dauer der Erkrankung, Daher gibt es auch die bereist erwähnte Einstufung. Der Erfolg einer Behandlung ist um so wahrscheinlicher, je früher die Behandlung begonnen wird. Bei einem akuten Tinnitus im Bereich des Innenohr oder mit unbekannter Ursache wird eine Zuckerlösungsinfusion oder eine Kombination von Kochsalzlösung mit Glukokortikoiden verabreicht. Dies soll zu einer erneuten Aktivierung der Sinneszellen führen.

Des Weiteren kann eine hyperbare Sauerstofftherapie angewandt werden. Dadurch wird ein Sauerstoffmangel im Innenohr beseitigt. Liegt die Ursache für den Tinnitus in einem Verschluss des Gehörganges, kann der Grund hierfür häufig problemlos entfernt werden. Bei einem subakuten oder chronischen Tinnitus sind die Behandlungschancen sehr viel geringer. Es werden auch hier die bereits erwähnten Infusionen verabreicht. Dies wird in Verbindung mit Psychotherapie durchgeführt. Durch das Erlernen von Entspannungstechniken wie Yoga, Autogenes Training oder Progressive Muskelrelaxation sollen die Beschwerden durch den Tinnitus gelindert werden.

Konnte dies alles zu keiner Besserung der Beschwerden führen, wird eine Tinnitus-Retraining-Therapie nach Jastreboff angewandt. Hierbei soll der Tinnitus aus dem Bewusstsein verdrängt werden.

Nachsorge

Im Rahmen der Nachsorge geht es darum, die Lebensqualität des Patienten aufrechtzuerhalten und Möglichkeiten aufzuzeigen, mit dem Tinnitus umzugehen. Da Tinnitus in vielen Fällen chronisch wird und nicht heilbar ist, geht es nach abgeschlossener Diagnose und Behandlung um die Akzeptanz des Patienten. Bei depressiven Verstimmungen ist es ratsam, einen Psychotherapeuten aufzusuchen.

In einer Therapie können die Patienten lernen, mit dem Ohrgeräusch zu leben und sich wieder auf andere Lebensbereiche zu konzentrieren. Des Weiteren sollte ein Besuch beim Hörgeräteakustiker erfolgen. Da Tinnitus nicht selten mit einer Hörminderung einhergeht, können Hörgeräte hier helfen, das Hörvermögen zu verbessern und gleichzeitig die Aufmerksamkeit vom Tinnitus wegzulenken.

Sofern keine Schwerhörigkeit vorliegt, bietet sich die Möglichkeit eines sogenannten Noisers oder Maskers. Dabei handelt es sich um ein Hörgerät, welches ein angepasstes Rauschen produziert. Dies soll den Tinnitus überdecken und hilft vielen Betroffenen im Alltag. Manche benötigen ein solches Rauschen aber nicht dauerhaft. Bei vielen stört der Tinnitus nur in ruhigen Situationen.

Hier kann es hilfreich sein, ein Gegengeräusch, wie zum Beispiel leise Entspannungsmusik oder Meeresrauschen, einzuschalten. Nicht zuletzt sollten Betroffene darauf achten, Stress zu vermeiden und besser auf ihren Körper zu hören. Sofern die Ursache für die Entstehung des Tinnitus bekannt ist, sollte diese zukünftig gemieden werden.


Das können Sie selbst tun

Tinnitus ist eine Erkrankung des Gehörs, bei der Geduld und Stressreduzierung sehr wichtig sind. Patienten können daher im Alltag eine Menge für sich und ihre Gesundheit tun. Zunächst hilft der Gedanke, dass Tinitus spontan ausheilen oder sich zumindest deutlich bessern kann. Da Tinnitus oft ein Warnsigal des Körpers ist, mehr auf die eigene Gesundheit sowie vor allem auch auf die Bedürfnisse der Psyche zu achten, ist vor allem Entspannung wichtig. Diese kann durch Methoden wie die progressive Muskelrelaxation nach Jacobsen (PMR) oder Autogenes Training erfolgen. Auch Yoga mit der Mischung aus körperlichen Übungen, Atemübungen, Meditatiton und Entspannung kann Stress reduzieren und das innere Geichgewicht wiederherstellen.

Schonung ist bei Tinnitus hilfreich, aber keinesfalls mit sozialem Rückzug zu verwechseln. So ist die Bitte um Krankschreibung vor allem bei einem stressintensiven Beruf sicher hilfreich und auch laute Musik ist zumindest in der Akutphase zu vermeiden. Das Pflegen von sozialen Kontakten ist wichtig, um so verhindern, dass der Tinnitus keine Isolierung verursacht. Nikotin und Alkohol, auch Kaffee, sollten idealerweise deutlich eingeschränkt werden. Eine ausreichende Trinkmenge ist aber wichtig. Sie ist am besten durch Wasser oder auch Kräutertees zu decken. Selbsthilfegruppen, die auf das Thema Tinnitus spezialsiiert sind, bieten hilfreichen Erfahrungsaustausch und halten für Betroffene wertvolle Tipps bereit.

Quellen

  • Arnold, W.: Checkliste Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. Thieme, Stuttgart 2011
  • Boenninghaus, H. G., Lenarz, T.: Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. Springer, Heidelberg 2012
  • Reia, M.: Facharztwissen HNO-Heilkunde. Springer, Heidelberg 2009

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