Syndrom des zyklischen Erbrechens

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 6. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Patienten mit dem Syndrom des zyklischen Erbrechens leiden an wiederkehrenden Anfällen, die sie mehrmals die Stunde erbrechen lassen. Die Ursachen sind nicht abschließend geklärt. Die Therapie gestaltet sich schwierig und ist vorwiegend supportiv.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Syndrom des zyklischen Erbrechens?

Patienten mit dem Syndrom des zyklischen Erbrechens übergeben sich in kurzen Zeitabständen. Der Höhepunkt eines Anfalls ist durch Erbrechen mit Frequenzen von sechs- bis zwölfmal die Stunde gekennzeichnet.
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Viele Erkrankungen sind durch zyklisch auftretende Beschwerden gekennzeichnet. Eine solche Krankheit ist das Syndrom des zyklischen Erbrechens, das auch als Cyclical Vomiting Syndrome (CVS) bekannt ist. Die meisten Patienten des Krankheitsbildes sind Kinder. Insbesondere im Alter von drei bis sieben Jahren tritt das Syndrom auf.

Das Krankheitsbild ist von wiederkehrenden und anfallsartigen Beschwerden des Magen-Darm-Trakts gekennzeichnet. Neben Übelkeit und Erbrechen treten Störungen des Allgemeinbefindens auf. Die Anfälle sind einander im Verlauf, in der Schwere und in der Dauer ähnlich. Ein Anfall dauert zwischen wenigen Stunden und mehreren Tagen. Zwischen den einzelnen Anfällen hat der Betroffene in der Regel keinerlei Beschwerden.

Da die Symptome des CVS auch im Rahmen anderer Erkrankungen eintreten können, ist die Diagnostik des Syndroms vor allem bei Erwachsenen relativ schwierig. Die genaue Prävalenz ist nicht bekannt. Die Dunkelziffer dürfte wegen der Schwierigkeit der Diagnostik relativ hoch liegen. Das mittlere Alter des Auftretens beträgt für das Syndrom des zyklischen Erbrechens 35 Jahre.

Ursachen

Eine genaue Entstehungsursache zum Syndrom des zyklischen Erbrechens ist bisher nicht bekannt. Allerdings existieren eine Reihe von Spekulationen. Ein familiärer Hintergrund steht zur Diskussion. In bis zu 83 Prozent aller Fälle wurde Migräne bei der Familienanamnese entdeckt. Nichtsdestotrotz gibt es für viele Patienten keinen erkennbaren Auslöser der Anfälle.

Neben Migräne wurden bislang physischer Stress, leichtere Viruserkrankungen wie die Grippe, Entzündungen im Brust- oder Halsbereich und schmerzende Verletzungen mit dem Syndrom in Verbindung gebracht. Auch langes Fasten oder Schlaflosigkeit wurden in einigen Fällen des Syndroms dokumentiert. Darüber hinaus berichteten einige Patienten mit dem Syndrom des zyklischen Erbrechens von Anästhetika, die sie in der jüngsten Vergangenheit erhalten hatten.

Auch Kälte- und Nahrungsmittelempfindlichkeit, Angstzustände und familiäre Probleme können unter Umständen eine Rolle für die Ätiologie des CVS spielen. Für eine kleinere Untergruppe von CVS-Betroffenen scheinen mitochondriale DNA-Mutationen ursächlich zu sein.

Symptome, Beschwerden & Anzeichnen

Patienten mit dem Syndrom des zyklischen Erbrechens übergeben sich in kurzen Zeitabständen. Der Höhepunkt eines Anfalls ist durch Erbrechen mit Frequenzen von sechs- bis zwölfmal die Stunde gekennzeichnet. Ein Anfall kann wenige Stunden andauern. Ebenso gut kann sich der Anfall aber über bis zu zehn Tage erstrecken. Die durchschnittliche Dauer beträgt ein bis vier Tage.

Das Ende der Anfälle tritt spontan ein und lässt sich kaum vorhersehen. Einzelne Anfälle der Patienten sind sich im Verlauf und in der Dauer extrem ähnlich. Zwischen den Anfällen stabilisiert sich der Betroffene zu gutem Allgemeinbefinden. Zu den wichtigsten Symptomen in der Akutphase zählen neben Übelkeit und Bauchschmerzen vor allem Kopfschmerzen, Bewegungsempfindlichkeit, Lichtempfindlichkeit und Fieber.

Auch allgemeine Blässe, Durchfall und Wasserverluste können vorkommen. Begleitsymptomatisch liegen außerdem oft starker Speichelfluss oder sozialer Rückzug vor. Speziell erwachsene Patienten leiden während eines Anfalls so gut wie immer unter mehr oder weniger starken Bauchschmerzen oder Magenkrämpfen. In der Regel treten bei Erwachsenen mit dem Syndrom mindestens drei zeitlich voneinander abgegrenzte Anfälle pro Jahr ein.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Beim Syndrom des zyklischen Erbrechens gestaltet sich die Diagnose schwierig. Erbrechen kann im Rahmen vieler Erkrankungen auftreten. Aus diesem Grund wird die Diagnose CVS meist ausschließlich mittels Ausschlusskriterien gestellt. Diagnostische Testverfahren zur Diagnosesicherung stehen nicht zur Verfügung. Oft dauert es mehrere Jahre, bis einem Patienten die Diagnose gestellt werden kann. Fehldiagnosen kommen häufig vor.

Für erwachsene müssen zur Diagnosestellung zumindest drei verschiedene Kriterien erfüllt sein. Das zyklische Erbrechen muss in wiederholten und schweren Anfällen aufgetreten sein, so zum Beispiel zu mindestens drei Anfällen in sechs Monaten. Ein Zeitabstand von mindestens einer Woche muss zwischen den Anfällen liegen. Bei einem Akutanfall wird mindestens viermal die Stunde und über mindestens eine Stunde erbrochen.

Zwischen den Anfällen muss sich der Patient wohlgefühlt haben und alle anderen Ursachen für Erbrechen müssen ausgeschlossen werden. Um andere Ursachen auszuschließen, werden im Rahmen der Diagnostik zum Beispiel Bildgebungen von Darm und Magen erforderlich. Kinder mit CVS haben eine bessere Prognose als Erwachsene. Meist erledigen sich die Schübe in ihrem Fall, sobald sie das Erwachsenenalter erreichen.

Komplikationen

Das Syndrom des zyklischen Erbrechens stellt für den Patienten eine erhebliche körperliche Belastung dar. Im Verlauf der Anfälle kommt es meist zu einem massiven Flüssigkeits- und Nährstoffverlust. Wird dem nicht ausreichend entgegengewirkt, kann es zu schwerwiegenden Ausfallerscheinungen bis hin zur Austrocknung kommen. Bei Kindern, älteren Menschen und Kranken besteht unter Umständen Lebensgefahr.

Aufgrund des ständigen Erbrechens erodiert außerdem der Zahnschmelz, wodurch Karies und andere Erkrankungen der Zähne und des Zahnfleisches begünstigt werden. Des Weiteren können Verletzungen der Speiseröhre auftreten. Eine Blutung im Rachenraum begünstigt wiederum Entzündungen und kann in der Folge weitere Komplikationen hervorrufen. Im Allgemeinen wirkt sich das Syndrom des zyklischen Erbrechens negativ auf das Wohlbefinden aus und schränkt die Lebensqualität des Betroffenen stark ein.

Chronische Erkrankungen bergen dementsprechend das Risiko von seelischen Leiden wie Depressionen oder Ängsten. Bei der intravenösen Behandlung der Erkrankung besteht die Gefahr, dass sich an der Einstichstelle Bakterien ansiedeln und eine Sepsis hervorrufen. Auch die Bildung von Abszessen, Blutgerinnseln oder Hämatomen ist möglich. Gelangt das Medikament in das umliegende Gewebe, kann dies eine Gewebsnekrose hervorrufen.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Kommt es nach einer Nahrungsaufnahme zu einem einmaligen Erbrechen, wird in den meisten Fällen kein Arzt benötigt. Es kann eine Unverträglichkeit oder Stress sein, was zu dem Erbrechen geführt hat. Bei einer anschließenden anhaltenden Beschwerdefreiheit liegt kein weiterer Behandlungsbedarf vor.

Leidet der Betroffene unter einem wiederholten Erbrechen, sollte grundsätzlich ein Arzt konsultiert werden. Unabhängig davon, ob das Erbrechen wöchentlich oder täglich stattfindet, ist eine Abklärung der Ursache notwendig. Ein akuter Handlungsbedarf besteht, wenn das Erbrechen mehrmals in einer Stunde stattfindet. Ein Arzt sollte unverzüglich aufgesucht werden, da Folgebeschwerden und Komplikationen drohen.

Eine innere Schwäche, diffuse Mangelerscheinungen, eine Gereiztheit sowie ein allgemeines Krankheitsgefühl sind untersuchen und behandeln zu lassen. Fieber, Bauchschmerzen, Störungen des vegetativen Nervensystems sowie Krämpfe müssen einem Arzt vorgestellt werden. Eine Empfindlichkeit gegenüber Lichtreizen, Einschränkungen der Bewegungsmöglichkeiten, oder Kopfschmerzen sind Anzeichen einer gesundheitlichen Beeinträchtigung. Der Betroffene benötigt eine medizinische Versorgung, damit eine Verbesserung stattfinden kann.

Übelkeit, ein Rückzug aus dem gesellschaftlichen Leben sowie emotionale und psychische Probleme sind ebenfalls mit einem Arzt zu besprechen. Da es in schweren Fällen zu einer Dehydration kommen kann, wird bei einem Gefühl der inneren Trockenheit ein Notarzt benötigt. Es liegt ein lebensbedrohlicher Zustand vor, bei dem ein sofortiger Handlungsbedarf besteht.

Behandlung & Therapie

Für Patienten mit Syndrom des zyklischen Erbrechens besteht keine standardisierte Therapie. Da die Ursache von CVS nicht abschließend geklärt ist, kann keine ursächliche Therapie erfolgen. Das steht der Heilung entgegen. Die Behandlung gestaltet sich so äußerst schwierig und ist mehr oder weniger supportiv. Bei einem akuten Anfall wird den Patienten zum Beispiel der Aufenthalt in dunkler, ruhiger Umgebung empfohlen.

Intravenös wird ihnen Flüssigkeit verabreicht, um Dehydrierung vorzubeugen. Idealerweise begeben sich die Betroffenen bei jedem Anfall frühzeitig in Behandlung, damit eine ausgiebige Überwachung der Allgemeinkonstitution erfolgen kann. Zur medikamentösen Therapie stehen anti-emetische und andere Medikamente zur Verfügung. Welches Medikament welchem Patienten besser hilft, muss ausgetestet werden. Daher erfolgt die Medikamentengabe beim ersten Anfall eher versuchsweise.

Zwischen einzelnen Anfällen erfolgt idealerweise eine Prophylaxe. Auch bei der Prophylaxe muss versuchsweise vorgegangen werden, da sich die Wirksamkeit von Patient zu Patient unterscheidet. Die Prophylaxe zielt darauf ab, die Anzahl, die Dauer und den Schweregrad einzelner Episode zu vermindern. Eine Möglichkeit ist in diesem Zusammenhang die regelmäßige Gabe von Namin.

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Vorbeugung

Zum Syndrom des zyklischen Erbrechens existiert bislang keine vollständige Ätiologie. Solange die Ursachen nicht abschließend geklärt sind, lässt sich dem Syndrom nicht vorbeugen.

Nachsorge

Das Syndrom des zyklischen Erbrechens geht mit Übelkeit, Erbrechen sowie allgemeiner Schwäche und Unwohlsein einher. Bei der Nachsorge sollen die Beschwerden langfristig gelindert werden. Ein vollständiges Beseitigen der Krankheit ist hingegen der Ausnahmefall. Der allgemeine Gesundheitszustand des Patienten muss stabilisiert werden, damit sich seine Lebensqualität verbessert.

Es gibt keine einheitliche Behandlungsform gegen das zyklische Erbrechen. Der Facharzt muss selbst herausfinden, welche Therapie für den jeweiligen Patienten am günstigsten ist. Beim wiederholten Erbrechen verliert der Betroffene Nährstoffe und Elektrolyten. In schweren Fällen kann er dehydrieren. In einer solchen Situation muss so früh wie möglich ärztliche Hilfe geleistet werden.

Flüssigkeitszufuhr, wenn nötig durch einen Tropf, wirkt dem Verlust entgegen. Bei lang anhaltenden Beschwerden oder einer Verschlimmerung der Symptome sind weitere Untersuchungen anzuraten. Die Nachsorgebehandlung sollte so lange durchgeführt werden, bis die genaue Ursache ermittelt werden konnte. Für das wiederkehrende Erbrechen kommen physische wie psychische Hintergründe infrage.

(Chronische) Schmerzen oder Migräne zählen zu den möglichen Risikofaktoren. Schmerzlindernde Medizin kann einen Anfall mitunter verhindern. Bei Stress als Auslöser müssen äußere Belastungen in Alltag und Beruf zukünftig verringert werden. Der Arzt kann den Erkrankten für diese Zeit krankschreiben.

Das können Sie selbst tun

Im Bereich der Selbsthilfe im Alltag können Betroffene vor allem dann etwas gegen das zyklische Erbrechen tun, wenn ihnen die Auslöser bekannt sind. Manche Betroffene wissen, dass der Konsum bestimmter Nahrungsmittel zu Anfällen von schwerem Erbrechen führt. Den Auslöser so gut es geht zu meiden, ist daher im Alltag sinnvoll, wenn der Leidensdruck groß ist.

Das zyklische Erbrechen steht oftmals im Zusammenhang mit Stress. Wer an zyklischem Erbrechen leidet, kann deswegen die individuelle Wirkung von Entspannungstechniken wie Yoga oder progressiver Muskelentspannung ausprobieren. Die Erfolgsquoten sind unterschiedlich. Bei vielen Betroffenen kann gar kein Auslöser für das Erbrechen festgemacht werden. Das macht es schwierig, im Bereich der Selbsthilfe vorbeugend gegen die Anfälle etwas zu tun. Manche Betroffene berichten, dass das Erbrechen im Zusammenhang mit unbehandelten Kopfschmerzen auftritt. Es kann deswegen sinnvoll sein, bei einsetzenden Schmerzen frühzeitig mit Schmerzmedikation zu beginnen, um das Erbrechen nicht auszulösen.

Tritt ein Anfall ein, kann der Aufenthalt in ruhigen, dunklen Räumen, abgeschirmt von äußeren Reizen, hilfreich sein. Homöopathische Mittel gegen Erbrechen lindern bei manchen Menschen die Anfälle.

Quellen

  • Braun, J., Dormann, A .J.: Klinikleitfaden Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2013
  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Steffen, H.-M. et al.: Internistische Differenzialdiagnostik. Schattauer, Stuttgart 2008

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