Summation

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Körperprozesse Summation

Die Summation ist ein Körperprozess innerhalb des Sehvorgangs. Der folgende Artikel beschäftigt sich mit der Begriffsklärung sowie der Funktion der Summation und geht der Frage nach, was Betroffene wahrnehmen, bei denen der Ablauf der Summation gestört ist? Welche Krankheitsbilder gibt es in diesem Rahmen?

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Summation?

Die Summation ist ein Verrechnungsvorgang in der (menschlichen) optischen Wahrnehmung. Sie ist eine der Anpassungsmöglichkeiten der Netzhaut des Auges an veränderte Lichtbedingungen.

Funktion & Aufgabe

Die Summation ist eine der Anpassungsmöglichkeiten der Netzhaut des Auges an veränderte Lichtbedingungen.

Um zu verstehen, welche Rolle die Summation spielt, sei zunächst der Aufbau der Netzhaut erklärt. Die menschliche Netzhaut besteht schätzungsweise aus 120 Millionen Stäbchen und 6 Millionen Zapfen. Die Stäbchen sind für das Dämmerungs-, Nacht- und Bewegungssehen zuständig. Die Zapfen werden erst bei höheren Lichtstärken gereizt und sind für das Farbsehen zuständig.

Ein Netzhautquerschnitt zeigt in der obersten Schicht die Ganglienzellen, die sich im Blinden Fleck zum Sehnerven vereinigen. Darunter folgt eine Schicht von Schaltzellen, die für verschiedene Verrechnungsvorgänge in der Netzhaut, die rezeptiven Felder und den Vorgang der Summation eine Rolle spielen. Diese Schicht besteht aus drei verschiedenen Zelltypen. Die Bipolarzellen verbinden die Stäbchen und Zapfen mit den Ganglienzellen. Die Horizontalzellen verbinden Lichtsinneszellen untereinander, während die Amakrinen Zellen Ganglienzellen untereinander verbinden. Nach der Schaltzellenschicht folgt die Schicht der Lichtsinneszellen, der Stäbchen und Zapfen. Sie sind somit nicht direkt dem einfallenden Licht ausgesetzt.

Die Anteile der Sehsinneszellen, die fortwährend mit dem Sehprozess beschäftigt sind, stecken nach außen im schwarzen retinalen Pigmentepithel - das durch die Pupillenöffnung sichtbar ist - und werden von ihm ernährt. Die Makula ist der stoffwechselaktivste Bereich im menschlichen Körper.

Die Verteilung der Stäbchen und Zapfen ist unterschiedlich und abhängig von ihrer Funktion in der Netzhaut. In der Mitte der Netzhaut, in der optischen Achse, befindet sich die Sehgrube, auch Fovea centralis genannt. Hier sind nur Zapfen anzutreffen, Stäbchen sind keine vorhanden. Im daran angrenzenden Bereich der Macula, des Gelben Flecks, nimmt die Sehschärfe bereits rapide ab. Hier sind in Abhängigkeit von der Entfernung zum Zentrum immer weniger Zapfen und mehr Stäbchen miteinander verschaltet. Außerhalb der Macula kommen zu einer überwiegenden Mehrheit die Stäbchen vor.

Nachdem "nur" etwa 1 Million Ganglienzellen zur Verfügung stehen, werden diese in Clustern - rezeptiven Feldern - mit den 126 Millionen Sinneszellen verschaltet. In der Fovea centralis sind für die höchste Sehschärfe jeweils eine Zapfenzelle mit einer Ganglienzelle verschaltet. In dem angrenzenden Gebiet der Macula kommen kleinere rezeptive Felder vor, bei denen sich etwa 20-100 Zapfen mit 3 -15 Bipolaren Zellen und 1 Ganglienzelle in einem rezeptiven Feld vernetzen. Grundlage ist die Erkenntnis, dass sich eine Bipolare Zelle mit einer Ganglienzelle vernetzt: So liegt für ein rezeptives Feld der Zapfen etwa das Verhältnis 1:6 vor. Etwa 15-30 Stäbchen bilden dagegen mit einer Bipolaren Zelle ein rezeptives Feld.

Nun kommt die Summation ins Spiel. Die Summation ist neben der Dunkeladaptation und der Helladaptation ein weiterer Anpassungsprozess der menschlichen Netzhaut, die Lichtempfindlichkeit der Stäbchen und Zapfen abhängig von der Beleuchtungsstärke zu regeln.

Es wird unterschieden zwischen räumlicher und zeitlicher Summation. In der räumlichen Summation wird, für die Stäbchen, ein eingehendes schwaches Lichtsignal durch die Konvergenz in das rezeptive Feld verstärkt. Viele Stäbchen müssen gleichzeitig aktiv sein. Der elektrische Impuls muss in den größeren rezeptiven Feldern groß genug sein, um in der nachgeschalteten Ganglienzelle einen Reiz auszulösen.

Bei ansteigender Leuchtdichte werden zunehmend die Zapfen gereizt. Hier werden die kleineren rezeptiven Felder angesprochen. Es greift das Prinzip der lateralen Inhibition: Umgekehrt können sich die Signale abhängig vom Entstehungsort auch gegenseitig abschwächen - gesetzt den Fall, benachbarte Sinneszellen würden mit unterschiedlichen Lichtintensitäten gereizt werden.

Dieses Prinzip gilt der Kontrasterhöhung: Betrachtet man ein Gitter aus schwarzen gefüllten Quadraten auf weißem Grund, so erscheint in den Kreuzungspunkten der weißen Linien ein leicht dunkles Trugbild, nur im Fixationspunkt nicht. Die Kreuzungspunkte sind von mehr Weiß umgeben als die weißen Flächen, die an die schwarzen Quadrate angrenzen. Die von den Kreuzungspunkten ausgehenden Erregungen werden letztlich stärker gehemmt als die der weißen Linien zwischen den schwarzen Quadraten.

Die zeitliche Summation ist ein Vorgang, bei dem die Einwirkungsdauer des Lichtreizes bei geringen Lichtintensitäten auf die Netzhaut erhöht wird, so durch Verlangsamung der Augenbewegungen oder verlängerte Fixation.


Krankheiten & Beschwerden

Bei einigen Erkrankungen können diese Steuerungsvorgänge in der Netzhaut nicht mehr in der vorgesehenen Qualität oder vollständig ausgeführt werden. Der Betroffene wird etwa massiv geblendet, weil Steuerungsvorgänge in der Netzhaut nicht mehr funktionieren. Die Kontrastverarbeitung läuft nicht wie gewohnt ab, wie in dem Test mit den schwarzen Quadraten auf weißem Grund geschildert: Die Trugbilder der schwarzen Flächen treten weniger intensiv auf. Der Betroffene dürfte auch große Probleme in der Anpassung haben, wenn er von einem hellen Raum in einen dunklen gelangt oder umgekehrt. Oder wenn er an einem sonnigen Tag eine Kreuzung mit einer Baumallee überquert. Oder er ist dabei, die Kreuzung zu überqueren und steht auf einmal im Schlagschatten eines Hauses.

Erkrankungen, die den Steuerungsvorgang der Netzhaut betreffen, sind diejenigen, bei denen die im Netzhautquerschnitt gerichtet aufgestellten Schichten von Ganglienzellen, Schaltzellen, Sehsinneszellen und retinalem Pigmentepithel in dieser Form nicht mehr vorhanden sind.

In der Regel sollte der Augenarzt bei der Betrachtung des Augenhintergrundes mit dem Augenspiegel diese Unregelmäßigkeiten im Netzhautaufbau in Form von Hyper- oder Depigmentierungen sehen. Diese können lokal auf die Makula, oder lokal auf die Netzhautperipherie beschränkt sein. Manche Netzhautdystrophien schreiten von der Peripherie beginnend zum Gesichtsfeldzentrum fort oder umgekehrt. Genaueren Aufschluss sollte auch die optische Kohärenztomographie geben können, die für einen großen Teil der Netzhaut einen Querschnitt darstellt. Die Fundusautofluoreszenz (FAF) ist in der Lage, normal funktionierende von abseits der Norm funktionierenden Netzhautarealen darzustellen. Damit stellt die FAF letztlich auch die Gesichtsfeldgrenzen oder kleinere Ausfälle, die Skotome, dar. Mit dieser Untersuchung wird die Ansammlung von Lipofuszin in der Netzhaut erfasst, das normalerweise entsorgt werden sollte.

Bei Verdacht auf eine Erkrankung, die im Zusammenhang mit der Verarbeitung der Sinnesreize in der Netzhaut steht, wird der Patient im Netzhautlabor untersucht. Hier kommen zur Anwendung: Dunkel-Adaptation nach Goldmann-Weekers, um zu überprüfen, wie die Stäbchen auf niedrige Lichtintensitäten reagieren. Bei Verdacht darauf, dass Prozesse von Schaltzellen und Ganglienzellen in Mitleidenschaft gezogen wurden, bietet sich das VEP an. Der Patient betrachtet dabei ein immer schneller wechselndes schwarz-weißes Wabenmuster auf einem Monitor. Das multifokale ERG (mfERG) überprüft die Summenantwort oder Zellenantwort in der Macula. Das ERG ist eine Ableitung der Summenantwort der Netzhaut der Stäbchen und der Zapfen anhand von skotopischer und photopischer Reizung der Sinneszellen und Ableitung der Potenziale.

In manchen Fällen von Infantiler Cerebralparese verhält sich die Netzhaut, als wenn sie eine Retinitis pigmentosa hätte und ahmt den Verlauf nach.

Quellen

  • Augustin, A.J.: Augenheilkunde. Springer, Berlin 2007
  • Burk, A. et al.: Checkliste Augenheilkunde. Thieme, Stuttgart 2011
  • Lang, G. K.: Augenheilkunde. Thieme, Stuttgart 2014

Das könnte Sie auch interessieren