Streptococcus salivarius

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Bakterien der Art Streptococcus salivarius zählen zur Gattung Streptokokken, zur Abteilung Firmicutes, der Klasse Bacilli und Ordnung der Milchsäurebakterien. Sie kommen physiologischerweise in der Mundflora vor. Vor allem für immungeschwächte Menschen besteht durch die Besiedelung aber immer auch das Risiko einer Infektion.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Streptococcus salivarius?

Die Gattung Streptococcus umfasst verschiedene Bakterien-Spezies, die annähernd kugelförmige Gestalt aufweisen und meist in Ketten angeordnet sind. Die Vertreter der Art Streptococcus salivarius gelten als aerotolerant.
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Streptokokken werden in der Bakterien-Domäne unter die Abteilung Firmicutes gefasst und der Klasse Bacilli zugeordnet. Sie zählen zur Ordnung der Milchsäurebakterien oder Lactobacillales und fallen darunter in die Familie der Streptococcaceae. Die Gattung Streptococcus umfasst verschiedene Bakterien-Spezies. Alle Spezies der Gattung zeigen grampositives Färbeverhalten.

Eine Spezies der Streptokokken ist die kurzkettige Art Streptococcus salivarius, die sich aktiv nicht fortbewegen kann. Früher wurde als Unterart dieser Spezies das Bakterium Streptococcus thermophilus angeführt, das damals als Streptococcus salivarius subsp. thermophilus bezeichnet wurde.

Die Bakterien der Art Streptococcus salivarius besiedeln in Form von Saprophyten wenige Stunden nach der Geburt den menschlichen Mundraum, wo sie dem Menschen mehr nutzen, als ihm zu schaden. Wie die meisten anderen Bakterien können sie bei der Verschleppung ins Blut allerdings eine Neutropenie verursachen und damit eine Sepsis (Blutvergiftung) auslösen.

Vorkommen, Verbreitung & Eigenschaften

Die Gattung Streptococcus umfasst verschiedene Bakterien-Spezies, die annähernd kugelförmige Gestalt aufweisen und meist in Ketten angeordnet sind. Die Vertreter der Art Streptococcus salivarius gelten als aerotolerant. Das heißt, dass sie Sauerstoff für ihren Stoffwechsel benutzen können, aber grundsätzlich nicht auf ihn angewiesen sind. Ihr Stoffwechsel ist fakultativ anaerob und sie können im Energiestoffwechsel anstelle von Sauerstoff auch alternative Oxidationsmittel verwenden.

Die kokkenförmigen Bakterien wachsen, wie viele anderen [[Kokken],] in kurzen Ketten. Es handelt sich um Saprophyte, die keine Chemo- oder Photosynthese betreiben. Sie ernähren sich ausschließlich heterotroph und verwerten demzufolge organische, tote Stoffe zur Energiegewinnung und zum Aufbau körpereigener Stoffe. Energiereiche Stoffe werden von ihnen abgebaut und in anorganische Stoffe umgewandelt.

Beim Menschen besiedeln Saprophyten wie Streptococcus typischerweise innere und äußere Körperoberflächen. Bakterien der Art Streptococcus salivarius besiedeln unmittelbar nach der Geburt den menschlichen Mundraum.

Bedeutung & Funktion

Zusammen mit der verwandten Spezies Streptococcus sanguis setzen sich die Bakterien der Art Streptococcus salivarius kurz nach der Geburt auf dem Plaque der Zähne fest, wo sie eine optimale Umgebung für andere Kokken herstellen. Diese anderen Kokken bilden die sogenannte Mundflora oder bakterielle Primärflora des Mundraums.

Sämtliche Kokken-Arten halten miteinander Kontakt und sind zu symbiotischen Beziehungen fähig. Der Streptococcus mutans gewinnt zum Beispiel Glykoproteine aus Speisesubstanzen innerhalb des Speichels, die anderen Bakterien als Nahrungsmittel dienen können. Gemeinsam mit dem Streptococcus sobrinus bildet er eine Matrix mit anaerobem Milieu, die artfremd aerobe Bakterien von der Besiedelung des Mund-Rachen-Raums abhält.

Da Bakterien der Spezies Streptococcus salivarius letztlich erst das Lebensmilieu für die Bakterien der gesunden Mundflora vorbereiten und mit diesen Bakterien in Wechselwirkung stehen, nutzen sie dem Menschen. Das gilt allerdings nur bis zu einem gewissen Grad. Aufgrund der fließenden Grenze zwischen Saprophyten und Parasiten kann ein Organismus der Art Streptococcus salivarius unter Umständen von einem harmlosen Mitbewohner zu einem pathogenen Parasiten werden, so vor allem für Menschen mit immunologischem Defizit.

Eine so entstehende Infektion wird als opportunistische Infektion bezeichnet. Da die Infektion in diesem Fall auf Bakterien aus der eigenen Körperflora zurückgeht, handelt es sich außerdem um eine endogene Infektion. Für gesunde Menschen mit starker Konstitution überwiegt demnach der Nutzen von Streptococcus salivarius, während ältere und anderweitig geschwächte Menschen durch die Besiedelung das Risiko einer Infektion tragen.

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Krankheiten & Beschwerden

Bakterien wie Streptococcus mutans sind vor allem als Kariesbakterium bekannt. Die Besiedelung mit Streptococcus salivarius fördert aufgrund der symbiotischen Beziehung von einzelnen Kokken-Arten untereinander auch die Besiedelung der Zähne mit dem Kariesbakterium. Zusammen mit dem Streptococcus sobrinus lagern sich diese Bakterien an die durch Streptococcus salivarius aufgebaute Primärflora auf den Zähnen an und finden sich in einer ökologischen Nische wieder.

Die Bakterien der Mundflora bilden durch die Aufnahme von Kohlenhydraten und Zuckern Laktat und andere Säuren. Durch die Azidität dieser Säuren senkt sich das pH-Milieu im Mundraum ab. Das so entstehende, saure Milieu löst aus dem Apatit-Gitter des Zahnschmelzes Stoffe heraus, so vor allem Carbonate, Fluor und Phosphate. Der Zahnschmelz verliert auf diese Weise Stück für Stück an Härte, sodass ein Befall der Zähne mit Initialkaries begünstigt wird. Wenn die Karies weiter fortschreitet, ist von Schmelzkaries, Pulpakaries oder Dentinkaries die Rede.

Noch weitaus schlimmer sind die Folgen einer tatsächlichen Infektion mit Streptococcus salivarius. Eine solche kann zum Beispiel bei der Verschleppung der Bakterien ins Blut vorliegen. Einer solchen Verschleppung gehen meist Zahnoperationen voraus, bei denen die Bakterien in die Blutbahnen übertreten und eine Bakteriämie hervorrufen können.

Für Patienten mit starkem Immunsystem ist die Bakteriämie nur kurzweilig, da ihr Abwehrsystem die Mikroorganismen bekämpft und eliminiert, bevor sie sich im Körper ausbreiten können. Bei immunologisch geschwächten Patienten bleibt eine Bakteriämie länger bestehen und kann unbehandelt in eine Sepsis münden, die oft von einer Abnahme der weißen Blutkörperchen begleitet wird. Die Sepsis ist ein lebensgefährlicher Zustand und entspricht einer systemischen Entzündungsreaktion des gesamten Körpers. Über die Blutbahnen erreichen die Bakterien außerdem lebenswichtige Organe. Sie können so zum Beispiel Entzündungen der Herzinnenhaut hervorrufen.

Quellen

  • Buselmaier, W.: Biologie für Mediziner. Springer, Berlin Heidelberg 2006
  • Chmiel, H.: Bioprozesstechnik. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2011
  • Groß, U.: Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie. Thieme, Stuttgart 2009

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