Steißbein

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 4. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Als Steißbein wird der unterste Abschnitt der Wirbelsäule unterhalb des Kreuzbeins bezeichnet. Er besteht aus 4 bis 5 kleinen Wirbeln, deren ursprüngliche Gelenke meist zu einem Gesamtknochengebilde zusammengewachsen sind. Das Steißbein dient hauptsächlich als Ansatzpunkt für Sehnen und Bänder des Beckenbodens und der Hüfte.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Steißbein?

Schmerzen am Steißbein sollten medizinisch untersucht werden. Langes und ergonomisch falsches Sitzen könnten die Ursache sein.

Das Steißbein (Coccyx) ist der unterste Teil der Wirbelsäule, direkt anschließend an das Kreuzbein. Es besteht aus 4 bis 5 ein wenig verkümmert erscheinender Wirbel, deren Wirbelgelenke in der Regel vom Körper selbst durch Verknöcherungen versteift wurden und meist zu einem Gesamtknochengebilde zusammengewachsen sind.

Es handelt sich mit großer Wahrscheinlichkeit um eine stammesgeschichtliche Rückbildung (Rudiment) des Schwanzes, der aufgrund der spezifischen Lebensweise des Menschen und seiner Vorfahren nicht mehr von Nutzen war. Die Rückbildung ist nicht vollständig, weil das Steißbein als Gegenlager für die Kraftaufnahme von Sehnen, Bändern und Muskeln des Beckenbodens, des Beckens und der Hüften eine für die Statik des Körpers wichtige Funktion übernimmt. Ein totaler Rückbau des Steißbeins hätte Probleme mit der Festigkeit und Statik im Bereich der Hüften und des Beckens zur Folge.

Zu evolutionären Rückbildungen kann es kommen, wenn sich durch zufällige Genmutationen bestimmte Körpermerkmale oder auch physiologische Umsetzungen verändern. Falls die Veränderungen eine günstige Anpassung an neue Umwelt- oder Lebensbedingungen beinhalten, setzen sie sich populationsgenetisch durch. Im gegenteiligen Fall würde sich die Genmutation populationsgenetisch nicht durchsetzen und allmählich wieder verlorengehen.

Anatomie & Aufbau

Charakteristisch für das Steißbein ist das Zusammenwachsen der 4 bis 5 Steißwirbel zu einem einzigen Knochenkörper. Dieser Vorgang wird Synostose genannt. Die ursprünglich vorhandenen Bandscheiben und Zwischenknorpel verloren ihre Funktion und wurden durch Knochengewebe ersetzt.

Nur am obersten Steißbeinwirbel sind ansatzweise noch die Strukturen eines Wirbelkörpers zu erkennen, während die übrigen – nach unten hin – sich verjüngenden Wirbel so miteinander verwachsen sind, dass sich ein kegelförmiges, knöchernes Gebilde ergibt. Das Ende des Steißbeins wird durch ein kleines, knopfartiges Knochenstückchen gebildet.

Der oberste Steißbeinwirbel ist mit dem darüber liegenden Kreuzbein verbunden, das ebenfalls aus zusammengewachsenen 5 Wirbel besteht und über das ziemlich feste und wenig bewegliche Iliosakralgelenk (Kreuzbein-Darmbein-Gelenk) mit dem Darmbein des Beckens verbunden ist. Das Kreuzbein bildet somit gleichzeitig einen Teil der Wirbelsäule und des Darmbeins.

Funktion & Aufgaben

Die Hauptfunktion des Steißbeins liegt darin, Kräfte der angewachsenen Muskeln, Bänder und Sehnen des Beckenbodens, des Beckens und der Hüften aufzunehmen.

Es erfüllt damit eine wichtige Rolle in der Statik des Körpers. Die Verwachsung zu einem zusammenhängenden Knochen begünstigt seine Eignung als Haltelager für Sehnen und Bänder des Beckenbodens und der Hüften.

Während der Embryonalphase steht das Steißbein zwischenzeitlich heraus und wird bei der weiteren Entwicklung noch weit vor der Geburt wieder von Gewebe umschlossen.

Eine weitere Rückbildung des Steißbeins im Zuge der Evolution würde eine stark veränderte Lösung für die Ansatzpunkte der Bänder und Sehnen erfordern, die sich momentan noch des Coccyx bedienen.


Krankheiten & Beschwerden

Die exponierte Lage des Steißbeins macht es anfällig für Verletzungen durch Stürze auf das Gesäß oder durch direkte Stoßeinwirkungen. Es kann zu Verstauchungen, Prellungen oder sogar zu einer schmerzhaften klassischen Fraktur führen oder seltener zu einer Luxation.

Die notwendige Ruhigstellung des Steißbeins zur Ausheilung des Bruchs ist praktisch nicht möglich, so dass weitere Schmerzen nicht verhinderbar sind und nur symptomatisch behandelt werden können. Zur Entlastung der Bruchstelle kann ein Ringkissen für Sitzpositionen genutzt werden, das die auftretenden Druckkräfte teilweise auf die Gesäßmuskulatur ableitet. Die seltenere Luxation, die nicht immer einfach zu diagnostizieren ist, kann ein erfahrener Arzt oder Therapeut mittels Daumen und Mittelfinger wieder einrenken. Der Mittelfinger wird in den Enddarm eingeführt, um das Steißbein wieder in die richtige Lage zu drücken, unterstützt vom Daumen, der gleichzeitig von außen Druck auf den Coccyx ausüben muss.

Falls die „Einrenkung“ gelingt, stellt sich zügig eine Schmerzlinderung ein. Unspezifische Schmerzen im Steißbein können auch ohne Behandlung wieder verschwinden. Sollten die Schmerzen allerdings länger anhalten und chronisch werden, handelt es sich um eine Kokzygodynie oder Coccygodynia mit sehr unterschiedlichen Ursachen. Eine häufige Ursache der langanhaltenden Schmerzen am Steißbein sind Entzündungen der Sehnen, Bänder oder Muskeln an der Ansatzstelle an der Coccyx oder Mikrotraumen, die durch Überbelastung infolge ungünstiger Sitzhaltung oder durch ungewohnte ständig wiederkehrende Bewegungsmuster begünstigt werden.

Sie können eine – meist langwierige - Therapie mit entzündungshemmenden und schmerzstillenden Mitteln erforderlich machen. Eine Nervenreizung infolge eines Bandscheibenvorfalls im unteren Bereich der Lendenwirbelsäule kann ebenfalls Verursacher der Kokzygodynie sein. In seltenen Fällen wird die Krankheit durch Tumore verursacht.

Quellen

  • Benninghoff/Drenckhahn: Anatomie. Urban & Fischer, München 2008
  • Faller, A. et al.: Der Körper des Menschen. Thieme, Stuttgart 2008
  • Gerok, W., Huber, C., Meinertz, T., Zeidler, H. (Hrsg.): Die innere Medizin – Referenzwerk für den Facharzt. Schattauer, Stuttgart 2007

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