Skin Picking Disorder

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 24. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Bei einer Skin Picking Disorder handelt es sich um eine Impulskontrollstörung. Die Erkrankung ist durch häufiges Kratzen, Berühren oder Quetschen bestimmter Stellen der Haut gekennzeichnet. Dabei ist ein unwiderstehlicher Drang zur Berührung der Haut typisch. In Folge der Skin Picking Disorder sind deutliche Schäden am Hautgewebe möglich, die ihrerseits in vielen Fällen Scham bei den betroffenen Personen hervorrufen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Skin Picking Disorder?

Die Ursache der Störung besteht in einem notorischen Zwangsverhalten. Dabei bearbeitet die betroffene Person bestimmte Hautstellen, die in vielen Fällen im Grunde gesund sind.
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Die Skin Picking Disorder wird im deutschen Sprachraum oft mit dem Begriff Dermatillomanie bezeichnet. In der Selbsthilfeszene kommt jedoch auch die Bezeichnung Skin Picking zum Einsatz. Grundsätzlich wird unter Skin Picking Disorder die zwanghafte Selbstschädigung der eigenen Haut verstanden. Damit zählt die Erkrankung zu den sogenannten Dysmorphophobien.

Die Krankheit wurde 1875 zum ersten Mal von einem britischen Arzt erwähnt. Derzeit ist die Skin Picking Disorder noch nicht intensiv erforscht und statistische Daten sind kaum vorhanden. Die Häufigkeit der Erkrankung kann aus diesem Grund lediglich geschätzt werden. Zudem existieren bisher keine verbindlichen Kriterien für die Zuordnung zur Skin Picking Disorder.

Jedoch sind nach derzeitigem Stand der Forschung in erster Linie Frauen von der Störung betroffen. Dabei liegt der Anteil an Frauen meist zwischen 60 und 90 Prozent. Allerdings wird der Männeranteil womöglich unterschätzt, weil sich Männer seltener als Frauen psychologische Hilfe suchen. Die Skin Picking Disorder kann sich prinzipiell in jedem Alter entwickeln. Häufig entsteht sie jedoch in später Kindheit oder der Phase der frühen Jugend.

Dabei zeigt sich in zahlreichen Fällen ein Zusammenhang zum Auftreten von Akne. Neben den jüngeren Betroffenen existiert eine weitere Altersgruppe, bei der die Skin Picking Disorder gehäuft auftritt. Dabei handelt es sich um Personen im Alter von 30 bis 45 Jahren.

Ursachen

Die Skin Picking Disorder stellt eine psychische Zwangshandlung dar und zählt daher nicht vorrangig zu den Hautkrankheiten. Die wiederholte Schädigung und Bearbeitung der Haut erfolgt in den meisten Fällen zwanghaft. Daher lässt sich die Skin Picking Disorder am ehesten den Zwangsstörungen und Neurosen zuordnen.

Dennoch berührt das Krankheitsbild sowohl die Psychiatrie als auch die Dermatologie. Die Schädigungen des Hautgewebes treten in der Folge von zwanghaftem Kratzen, Ausdrücken und Knibbeln auf. Grundsätzlich gehört die Skin Picking Disorder jedoch nicht zu den sogenannten autoaggressiven Verhaltensmustern.

In den meisten Fällen beschränkt sich die Skin Picking Disorder auf die Lebensspanne zwischen der pubertären Phase und dem 40. Lebensjahr, wobei Frauen ein besonderes Risiko zur Entwicklung der Skin Picking Disorder aufweisen.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Die Symptome einer Skin Picking Disorder sind verschieden und variieren je nach Form und Ausprägung der Erkrankung. Die Ursache der Störung besteht in einem notorischen Zwangsverhalten. Dabei bearbeitet die betroffene Person bestimmte Hautstellen, die in vielen Fällen im Grunde gesund sind. Mitunter werden Stellen mit Akne oder Pickel berührt und beschädigt. Dies findet regelmäßig etwa vor dem Spiegel in ritualisierter Form statt.

Die Stellen werden durch Kratzen, Ausdrücken oder ständiges Berühren manipuliert. Während sich die betroffenen Personen eine Verbesserung des Hautzustandes erhoffen, erreichen sie das Gegenteil. Durch die Beschädigung der Haut entstehen Wunden und in der Folge Narben, die ihrerseits wieder bearbeitet werden. Akne etwa kann sich durch die Skin Picking Disorder wesentlich verschlechtern.

Neben Pickeln werden mitunter auch Härchen oder Wundkrusten bearbeitet. Teilweise wird auch gesunde Haut manipuliert, wobei Pinzetten, spitze Gegenstände wie Nadeln oder die Fingernägel zum Einsatz kommen. Die betroffenen Personen unterliegen in den meisten Fällen einem unwiderstehlichen Impuls.

Daraus ergibt sich ein erheblicher Leidensdruck, der auch das alltägliche Leben beeinträchtigen kann. Wie oft und in welcher Form die Haut bearbeitet wird, ist von Person zu Person unterschiedlich. Viele Betroffene leiden jedoch unter zahlreichen Episoden des zwanghaften Skin Picking täglich. 

Diagnose & Krankheitsverlauf

Im Klassifikationsschlüssel des DSM-IV für psychische Störungen sind eine Reihe von Kriterien aufgeführt, die bei der Diagnose einer Skin Picking Disorder behilflich sind. Grundsätzlich besteht jedoch die Schwierigkeit, das Skin Pickung von noch gesundem Verhalten abzugrenzen. Mögliche Kriterien zur Diagnose der Skin Picking Disorder sind etwa das Vorliegen eines starken Impulses oder Triebs, die selbstschädigende Handlung an der eigenen Haut auszuführen.

Dabei ist die Versuchung zu groß, um ihr zu widerstehen. Somit liegt ein gewisser Kontrollverlust vor. Bei der Ausführung der Handlung tritt in vielen Fällen ein Gefühl von Erregung und Spannung auf. Das Verhalten selbst wird als befriedend, entspannend und vergnüglich erlebt. Nach Abschluss der Handlung sind Vorwürfe, Reue und Schuldgefühle nicht selten.

Komplikationen

Eine Skin Picking Disorder kann dauerhafte Hautschäden nach sich ziehen. Durch das ständige Kratzen und Zupfen an der Haut treten Entzündungen, Blutungen und ernste Verletzungen auf. Langfristig führt dies zu dauerhaften Vernarbungen, die ihrerseits wieder bearbeitet werden. Akne etwa kann sich durch die SPD wesentlich verschlechtern.

Die auffälligen Hautveränderungen und der Drang, diese immer wieder aufzukratzen, stellen für die Betroffenen häufig auch eine psychische Belastung dar. Meist kommen zu dem Kontrollzwang Scham- und Schuldgefühle hinzu. Langfristig findet eine Abschottung aus dem sozialen Leben statt – sei es durch die eigene Scham oder durch Ablehnung anderer Menschen, die das Picken an der Haut meist als unangenehm und abstoßend empfinden.

In der Folge wird die Skin Picking Disorder meist noch stärker – ein Teufelskreis entsteht, der nur mit therapeutischer Hilfe durchbrochen werden kann. Bei der kognitiven Verhaltenstherapie kommt es gelegentlich auch zu unerwünschten Nebenwirkungen. So kann die aktive Beschäftigung mit den eigenen Ängsten und Problemen eine Belastung für das Umfeld darstellen.

Die psychische Verfassung kann sich kurzzeitig verschlechtern, bevor sich Besserung einstellt. Werden begleitend zur Psychotherapie Medikamente verschrieben, kann dies ebenfalls mit Beschwerden verbunden sein.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Da es sich beim Skin Picking Disorder um eine ernsthafte Krankheit handelt, die das Leben des Betroffenen deutlich erschweren kann, sollte immer ein Arzt aufgesucht werden. Wird die Krankheit nicht behandelt, kann es zu erheblichen Komplikationen und zu irreversiblen Schäden auf der Haut kommen, die nicht mehr behandelt werden können. Je früher die Skin Picking Disorder erkannt und behandelt wird, desto besser ist die weitere Prognose der Krankheit. Ein Arzt sollte dann aufgesucht werden, wenn der Betroffene dauerhaft seine Haut anfassen möchte. Meistens wird die Haut dabei gezwickt und abgekratzt und damit natürlich auch beschädigt.

Treten diese Beschwerden permanent auf, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Bei dieser Krankheit müssen vor allem die Außenstehenden den Betroffenen auf die Skin Picking Disorder hinweisen und ihn zu einer Behandlung überreden. Dabei kann in schwerwiegenden Fällen auch eine Behandlung in einer geschlossenen Klinik notwendig sein. Bei der Skin Picking Disorder kann ein Hautarzt oder der Hausarzt aufgesucht werden, wobei die Behandlung bei einem Psychologen stattfindet. Ob die Krankheit vollständig geheilt werden kann, kann nicht universell vorhergesagt werden. Die Lebenserwartung des Betroffenen bleibt jedoch unverändert.

Behandlung & Therapie

Zur Behandlung der Skin Picking Disorder empfiehlt sich die Inanspruchnahme psychologischer Hilfe. Eine kognitive Verhaltenstherapie etwa ist in der Lage, den betroffenen Patienten bei der Kontrolle der eigenen Handlungen zu helfen. Ist die Skin Picking Disorder eingedämmt, folgt in der Regel eine Behandlung des vorliegenden Hautproblems, etwa von Akne vulgaris.

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Vorbeugung

Konkrete Maßnahmen zur Prävention einer Skin Picking Disorder sind der Forschung nicht bekannt. Personen mit neurotischem Charakter und einer Neigung zu Zwangsstörungen wird geraten, ihr Verhalten zu beobachten und sich bei Anzeichen der Störung professionelle Hilfe zu suchen.

Nachsorge

Die Nachsorge bei einer Dermatillomanie oder Skin Picking Disorder hängt von der Ausprägung des Leidens ab. Bei leichten Beschwerden schließen an die Verhaltenstherapie regelmäßige Gespräche mit einem Therapeuten an. Um Rückfälle zu vermeiden, muss die Verhaltenstherapie mitunter mehrmals wiederholt werden. Begleitend dazu müssen bereits verursachte Hautschäden behandelt und überwacht werden, insofern die Gefahr von Entzündungen oder Blutungen besteht.

Insbesondere bei einer ausgeprägten Skin Picking Disorder wird im Rahmen der Nachsorge wert auf eine körperliche Untersuchung gelegt. Die Nachsorge bei einer Dermatillomanie übernehmen Hausarzt, Dermatologe und Therapeuten. Da dem Leiden zumeist ernste psychische Beschwerden zugrunde liegen, ist eine Therapie fast immer notwendig. Haben sich durch die Skin Picking Disorder bereits Narben gebildet, stellt dies eine zusätzliche seelische Belastung für die Patienten dar.

Im Rahmen der psychologischen Nachsorge werden zum einen die Ursachen für die Dermatillomanie ermittelt. Zum anderen gibt der Therapeut Hinweise, wie mit den betroffenen Stellen zu verfahren ist. In einigen Fällen können die Narben operativ entfernt oder überschminkt werden. Der Therapeut gibt dem Patienten im Rahmen der Nachsorge eine Orientierung und leidet ihn bei Bedarf an einen Fachtherapeuten weiter.

Das können Sie selbst tun

Um die Skin Picking Disorder als psychische Erkrankung zu bekämpfen, gibt es einige nützliche Alltagstipps. Unter anderem soll es helfen, die Hände anderweitig zu beschäftigen, damit die Patienten nicht ständig dem Juckreiz nachgeben. Durch Ersatzhandlungen wie Basteln oder eine Bewegungstherapie sinkt das Risiko, sich selbst schwere Hautschäden zuzufügen.

In einer Selbsthilfegruppe lernen die Betroffenen, die eigentlichen Ursachen des Problems zu erkennen. Außerdem können sie zusammen mit Gleichgesinnten ihr Selbstbewusstsein stärken und fühlen sich nicht mehr als Außenstehende. Um ins soziale Leben zurückzukehren, ist auch eine psychologische Betreuung sinnvoll. Hier bietet sich beispielsweise die kognitive Verhaltenstherapie an. Die Besinnung auf die eigenen Wünsche spielt mit in die Entwicklung hinein, zudem sollten die Patienten ihre Disziplin und Selbstkontrolle trainieren. Das gelingt unter anderem dadurch, dass sich die Betroffenen nicht verschließen, sondern mit ihren Freunden sprechen.

Zu weiteren Hilfsmitteln im Alltag gehört beispielsweise ein Peeling oder das Kürzen der Fingernägel. Damit verringert sich die Gefahr, dass die Betroffenen immer wieder an ihren Hautunreinheiten drücken und kratzen. Eine Kombination aus alternativer Beschäftigung und der gezielten Selbsttherapie der emotionalen Schwierigkeiten führt häufig zum Erfolg, vor allem, wenn die Patienten über ihren Arzt zu Selbsthilfegruppen und Ratgebern finden.

Quellen

  • Arolt, V., Reimer, C., Dilling, H.: Basiswissen Psychiatrie und Psychotherapie. Springer, Heidelberg 2007
  • Lieb, K., Frauenknecht, S., Brunnhuber, S.: Intensivkurs Psychiatrie und Psychotherapie. Urban & Fischer, München 2015
  • Möller, H.-J., Laux, G., Deister, A.: Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie. Thieme, Stuttgart 2015

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