Sella turcica

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Anatomie Sella turcica

Als Teil des Os sphenoidale bildet die Sella turcica eine knöcherne Struktur an der Schädelbasis. In der sattelförmigen Vertiefung sitzt die Hypophyse, welche über den Hypophysenstiel mit dem Thalamus verbunden ist. Von hier aus werden hormonelle Prozesse im menschlichen Körper gesteuert.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Sella turcica?

Anatomisch wird die Sella turcica dem Os sphenoidale zugeordnet. Dieser Schädelknochen liegt frontal der Ossa temporalia und des Os occipitale an der Schädelbasis.
© eveleen007 – stock.adobe.com

Der Begriff „Sella turcica“ setzt sich aus den lateinischen Wörtern für „Sitz“ und „türkisch“ zusammen. Im Deutschen wird synonym auch die Bezeichnung „Türkensattel“ verwendet.

Die Sella turcica ist ein Knochenvorsprung des Os sphenoidale (Keilbein) an der inneren Schädelbasis. Sie teilt die mittlere Schädelgrube in der Mediaebene in eine rechte und eine linke Hälfte.

Die Namensgebung geht auf den belgischen Anatomen und Professor für Anatomie und Chirurgie Adriaan van den Spieghel (1578 – 1625) zurück. Er verglich die Einbuchtung dieser Knochenstruktur mit einem Sattel mit hoher Rückenlehne, wie ihn die Türken früher verwendeten. Die Sella turcica ist die einzige Struktur im menschlichen Körper, welche nach einem gesamten Volk benannt ist.

Van den Spieghel prägte den Begriff des Türkensattels erstmals in seinem Werk „De humani corporis fabrica libri decem“, welches 1627 veröffentlicht wurde. Eine ausführliche Diskussion über die Bezeichnung „Sella turcica“ findet sich beim österreichischen Anatom Joseph Hyrtl (1810 – 1894). Er behandelt diese in seinen Werken „Onomatologia Anatomica“ und „Das Arabische und Hebräische in der Anatomie“.

Anatomie & Aufbau

Anatomisch wird die Sella turcica dem Os sphenoidale zugeordnet. Dieser Schädelknochen liegt frontal der Ossa temporalia und des Os occipitale an der Schädelbasis. Es lässt sich in einen Körper (Corpus ossis sphenoidalis) und zwei Flügel (Alae majores und minores) sowie die nach hinten ragenden Processus pterygoidei einteilen. Dieser Knochen ist der komplexeste im menschlichen Körper und wird wegen seiner Form auch Wespenbein genannt.

Die Sella turcica sitzt an der Oberseite des Os sphenoidale. An zwei Seiten sind die für den Türkensattel charakteristischen Erhebungen erkennbar. Vorne ist dies das Tuberculum sellae (der Sattelknopf) mit zwei seitlichen Höckern, den Processus clinoidei anteriores. Die rückseitige Begrenzung wird vom Dorsum sellae (der Sattellehne) mit den Processus clinoidei posteriores gebildet. Zwischen diesen beiden Vorsprüngen liegt eine zum Hirn hin offene Grube, die Fossa hypophysialis. Hier sitzt die Hypophyse (Hirnanhangdrüse). Die Sella turcica wird von einem Teil der Dura mater, dem sogenannten Diaphragma sellae, überspannt. Dadurch wird die Hypophyse von den basalen Teilen des Gehirns sowie der Sehnervkreuzung getrennt.

Funktion & Aufgaben

Die Sella turcica ist eine knöcherne Struktur. Damit ist sie Teil des etwa 200 Knochen umfassenden passiven Bewegungsapparates. Als Teil des Os sphenoidale ist der Türkensattel ein unpaarer, unregelmäßiger Knochen. Diese können aufgrund ihres komplizierten Aufbaus keinen anderen Knochenformen zugeordnet werden.

Der menschliche Schädel ist das Ergebnis einer langen Evolution, welche den Körper auf effiziente Weise formte. Als unregelmäßiger Knochen hat das Os sphenoidale eine Stütz- und Schutzfunktion. Außerdem ist es an der Formgebung des Schädels beteiligt.

Im Gegensatz zu den meisten anderen Knochen des menschlichen Körpers bildet das Os sphenoidale keine Ursprungs- oder Ansatzstelle eines oder mehrerer Muskeln. Wie jeder Knochen ist das Os sphenoidale markhaltig und hat damit eine Stoffwechselfunktion. Zwei Arten von Knochenmark werden unterschieden: das rote und das weiße. Die Aufgabe des roten Knochenmarks liegt in der Bildung undifferenzierter Stammzellen. Es wird als blutbildendes Knochenmark bezeichnet. Erythrozyten, Thrombozyten und Leukozyten werden dort produziert. Das weiße, auch als Fettmark bezeichnete Knochenmark, dient als Energiespeicher.

Bei großem Blutverlust wird weißes in rotes Knochenmark umgewandelt. Dieser Vorgang wird als Hämatopoese bezeichnet. Bei Säuglingen findet man in sämtlichen Knochen des Körpers rotes Knochenmark, im Erwachsenenalter nur noch in den platten und kurzen Knochen. Die Sella turcica beherbergt als Teil des Os sphenoidale die Hypophyse. Als Schnittstelle zwischen Nervensystem und Hormonhaushalt werden hier unter anderem Stoffwechsel, Wachstum und die Funktion anderer endokriner Organe gesteuert.


Krankheiten

Die Hypophyse wird durch die knöcherne Struktur der Sella turcica geschützt. Dennoch können an dieser Stelle Veränderungen des Gewebes oder Erkrankungen auftreten.

Tumore im Bereich der Hirnanhangdrüse werden oft erst nach Jahren erkannt. Betroffen leiden unter anderem an Übelkeit, Leistungsabfall, Stoffwechselstörungen oder Kopfschmerzen. Darüber hinaus können bei einer Beteiligung des Sehnervs Gesichtsfeldausfälle auftreten. In diesem Fall ist zusätzlich zur bildgebenden Diagnostik eine augenärztliche Prüfung des Gesichtsfeldes nötig. Die meisten Hypophysentumore können auf operativem Weg über die Nase entfernt werden.

Ist die Hirnanhangdrüse in Computer- oder Magnetresonanztomographien nicht sichtbar, liegt ein Empty Sella Syndrome oder Syndrom der leeren Sella vor. Der Grund dafür ist meist eine Ausstülpung der Hirnhäute in die Sella turcica. Diese Ausstülpung presst die Hypophyse an den Rand der Sella, wodurch in bildgebenden Verfahren der Eindruck einer leeren Sella entsteht. Eine weitere Ursache kann in einer Schädigung des Hypophysengewebes durch Infarkte, Operationen oder Bestrahlungen liegen. Zeigt die betroffene Person keine Klinik, sind keine weiteren Untersuchungen nötig.

Das Empty Sella Syndrome kann sich unter anderem in Kopfschmerzen, ständig laufender Nase und Sehstörungen äußern. Seltener kommt es zu einer Überproduktion des Botenstoffes Prolaktin. Dies führt zu einer milchigen Absonderung aus der Brust, Störungen des Menstruationszyklus, Potenzstörungen und Unfruchtbarkeit. Die Behandlung der Symptome kann je nach Ursache operativ oder medikamentös erfolgen.

Quellen

  • Braun, J., Dormann, A .J.: Klinikleitfaden Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2013
  • Lüttjen-Drecoll, Rohen, J.W.: Innenansichten des menschlichen Körpers. Schattauer, Stuttgart 2010
  • Silbernagl, S. et al.: Taschenatlas Physiologie. Thieme, Stuttgart 2007

Das könnte Sie auch interessieren