Schwann-Zelle

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 5. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Schwann-Zellen sind eine Art von Gliazellen, wie sie im peripheren Nervensystem der Stabilisierung und Ernährung von Nervenfasern dienen. Sie wickeln sich außerdem um die Axone von markhaltigen Nervenfasern und versorgen sie so mit isolierendem Myelin. Bei entzündlichen Entmarkungserkrankungen im peripheren Nervensystem wird das Myelin der Zellen zerstört und neurologische Ausfälle treten ein.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Schwann-Zelle?

Die periphernervensystemischen Schwann-Zellen übernehmen insbesondere Stützfunktionen und stabilisieren Nerven.
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Unter den Schwann-Zellen versteht der Mediziner eine von rund zehn speziellen Formen der Gliazelle. Alle Gliazellen liegen im Nervengewebe. Sie nehmen Längenausdehnungen von bis zu 100 µm an und umhüllen das Axon von Nervenfasern. Schwann-Zellen bedecken ausschließlich periphere Nervenfasern.

Bei Wirbeltieren wickeln sie sich dazu sogar mehrmals um das Axon einer Nervenzelle. Wie alle anderen Gliazellen erfüllen auch Schwann-Zellen vor allem stützende und isolierende Funktionen. Der deutsche Physiologe und Anatom Theodor Schwann hat den Zellen im 19. Jahrhundert ihren Namen gegeben. Die Schwann-Stützzellen sind ausschließlich ein Teil des peripheren Nervensystems und kommen nicht im zentralen Nervensystem vor. Dasselbe gilt auch für die peripheren Gliazellarten der Mantelzellen, der motorischen Teloglia und der Müllerzellen.

Von peripheren Gliastützzellen wie den Schwann-Zellen sind so die Gliastützzellen des zentralen Nervensystems zu unterscheiden. In diese Gruppe fallen beispielsweise die Neuroglia und die Radialglia. Die exakt gleiche Funktion wie die Schwann-Zellen im peripheren Nervensystem erfüllen innerhalb des zentralen Nervensystems die Oligodendrozyten. Anders als die des Zentralnervensystems können sich die Gliazellen des peripheren Nervensystems unter Umständen von Verletzungen erholen.

Anatomie & Aufbau

Schwannzellen bestehen vorwiegend aus Zytoplasma und einem Zellkern. Der Zellkern und das Zytoplasma der Schwann-Zelle liegen in ihrem äußeren Bereich. Dieser äußere Bereich nennt sich auch Neurolemm oder Schwann'sche Scheide. Um den Neurolemm herum liegt die sogenannte Basallamina. Dabei handelt es sich um eine scheinbar homogene Schicht aus Proteinen, die die Basis von Epithelzellen bildet.

Diese Basallamina verbindet das Neurolemm mit dem Bindegewebe einer umliegenden Nervenfaser. Im peripheren Nervensystem liegen die Schwann-Zellen extrem eng zueinander. Zwischen zwei benachbarten Schwann-Zellen besteht aber dennoch immer eine Unterbrechung, die eine saltatorische Reizleitung herstellt und der Optimierung von Reizleitungsgeschwindigkeiten dient. Diese Unterbrechungen heißen Ranvier-Schürringe.

Diese Schürringe sind in einem Abstand zwischen 0,2 und 1,5 Millimetern angeordnet. Den Abstand zwischen den Schürringen nennt der Neurologe auch Internodium oder internodales Segment. Manche Unterbrechungen der Myelinschicht verlaufen auch schräg und werden dann als so genannte Schmidt-Lantermann-Einkerbungen bezeichnet.

Funktion & Aufgaben

Die periphernervensystemischen Schwann-Zellen übernehmen insbesondere Stützfunktionen und stabilisieren Nerven. Abgesehen davon ernähren sie wie alle andere Gliazellen außerdem die Nervenfasern - in diesem Fall die des peripheren Nervensystems. Diese lebenswichtigen Aufgaben sind aber nicht ihre einzigen. Neben den Stütz- und Ernährungsfunktionen erfüllen sie in Zusammenhang mit markhaltigen Fasern auch isolierende Funktionen. Sie produzieren Scheiben des isolierenden Myelins.

Die Schwann-Zellen lagern sich an die Axone markhaltiger Nervenfasern an und lassen durch das dabei generierte Myelin schnell leitende Nerven entstehen. Bei Myelin handelt es sich um eine fettige Eiweiß-Substanz, die das Abwandern elektrischer Erregungen verhindert. Die Bioelektrik des Nervensystems würde ohne isolierendes Myelin nicht funktionieren, denn die Erregungspotenziale würden sich je in die Umgebung der Nervenfasern auflösen. Mit dem Myelin schützen die Schwann-Zellen Nervenleitungen auch vor Erregungen, die sie nicht betreffen. Durch die Isolierung steigt die Kapazität und Leitgeschwindigkeit von Axonen.

Damit sorgen Gliazellen über die Produktion von Myelin letztlich für einen reibungslosen Ablauf der körpereigenen Reizübertragungen. Die Reibungslosigkeit der Reizübertragung ist für zahlreiche Körperfunktionen unabkömmlich. Die Reflexe des Körpers wären ohne schnell leitende Nervenfasern beispielsweise nicht vorstellbar. Dasselbe gilt auch für die Wahrnehmungsverarbeitung des Sinnessystems. Würde eine Sinneswahrnehmung über schnell leitende Nervenfasern nicht rasant das Gehirn erreichen, dann wären jeder Eindruck von der eigenen Umwelt zeitverzögert.

Das Nervensystem umgreift neben den markhaltigen, schnell arbeitenden Fasern aber auch marklose, langsamer arbeitende Nervenfasern. Diese marklosen Nervenfasern versorgen die Schwann-Zellen wiederum mit Zytoplasma.

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Krankheiten

In Zusammenhang mit den Schwann-Zellen spielen insbesondere demyelinisierende Erkrankungen eine Rolle. Diese Erkrankungen werden von der Neurologie auch Entmarkungskrankheiten genannt und zerstören das Myelin des Nervensystems. Wenn mehrere Nervenzellen von Demyelinisation betroffen sind, dann zeigt sich im MRT ein herdförmiges Bild.

Die bekannteste Entmarkungskrankheit ist die entzündliche Autoimmunerkrankung Multiple Sklerose. Das Immunsystem erkennt bei dieser Krankheit körpereigenes und gesundes Gewebe des Nervensystems fälschlicherweise als Bedrohung und greift dieses Gewebe an. Dabei entstehen Entzündungen, die die Myelinscheide des Nervensystems zerstören. Im peripheren Nervensystem entspricht diese Zerstörung einer Entmarkung der Schwann-Zellen, die die peripheren Axone umwickeln. Auch das Miller-Fisher-Syndrom ist eine entzündliche Entmarkungskrankheit. Sie betrifft ausschließlich das periphere Nervensystem.

Neben fehlenden Reflexen treten symptomatisch oft Lähmungen und Bewegungsstörungen auf. Andere Entmarkungserkrankungen sind die Balo-Krankheit, die funikuläre Myelose und die Neuromyelitis optica. Neben entmarkenden und entzündlichen Erkrankungen können allerdings auch toxische Vorgänge Myelin verletzen oder zerstören. Nach jeder Demyelinisation ist die Reizübertragung gestört. Je nachdem, wie viele Axone betroffen sind und wo die betroffenen Axone liegen, kann es so zu neurologisch mehr oder weniger schweren Ausfällen kommen. Auch die Verletzung eines Axons oder einer Nervenfaser selbst kann Demyelinisation bewirken.

Quellen

  • Braun, J., Dormann, A .J.: Klinikleitfaden Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2013
  • Frotscher, M., et al.: Taschenatlas Anatomie, Band 3: Nervensystem und Sinnesorgane. Thieme, Stuttgart 2018
  • Klingelhöfer, J., Berthele, A.: Klinikleitfaden Neurologie. Urban & Fischer, München 2009

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