Saugen

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Was ist die Fähigkeit, etwas an- oder aufsaugen zu können? Worin liegen die Bedeutung und der Nutzen für den Menschen? Gibt es Krankheiten, infolge derer der Saugreflex unvollständig vorhanden ist? Diese Fragen bezüglich des Saugens und der Saugfähigkeit beantwortet der folgende Artikel.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Saugen?

Der Saugreflex ist dem Neugeborenen angeboren. Nur durch Saugen kann es effektiv in der Zeit Nahrung aufnehmen, diese schlucken und verdauen.

Die Fähigkeit, Flüssigkeiten durch Saugen in sich aufzunehmen, folgt physiologisch dem angeborenen Saugreflex, der sich im Alter von sechs bis zwölf Monaten verliert.

Dem Neugeborenen wohnt der Reflex inne, sofort nach der Geburt nach der Brust seiner Mutter zu suchen. Berührt etwas seine Wange, so dreht es den Kopf dort hin. Berührt dann die Brustwarze die Lippen oder die Zungenspitze, wird der Mund sich um die Brustwarze schließen und das Neugeborene wird anfangen, zu saugen. Diese Suchbewegungen mit dem Mund macht es nur, wenn es Hunger bekommt - kurz bevor der Hungerreiz zu stark wird und es aus Leibeskräften nach Nahrung schreit.

Genauso wie der Suchreflex ist dem Neugeborenen der Saugreflex angeboren. Nur durch Saugen kann es effektiv in der Zeit Nahrung aufnehmen, diese schlucken und verdauen. Im Alter von sechs bis zwölf Monaten ist das zentrale Nervensystem so weit entwickelt, dass der Reflex durch willentliches und willkürliches Saugen ersetzt wird.

Bleibt der Saugreflex als Reflex bestehen und verschwindet er nicht, kann das ein Zeichen einer Hirnschädigung sein – so wie bei einer Hirnschädigung auch andere angeborenen Reflexe bestehen bleiben können, die normalerweise verschwinden (beispielsweise bei Infantiler Cerebralparese).

Funktion & Aufgabe

Die Fähigkeiten, Flüssigkeiten in sich durch Saugen aufzunehmen, bleibt ein Leben lang bestehen. Dieser Vorgang findet in Abwechslung und Koordination mit der Atmung statt. Beim Atmen wird die Speiseröhre verschlossen. Nimmt der Mensch Nahrung oder Flüssigkeit zu sich, wird über einen Reflex durch den Kehlkopfdeckel die Luftröhre verschlossen, so dass Nahrung und Flüssigkeit nicht in die Lunge eingeatmet werden können.

Mit der Fähigkeit zu saugen ist eine funktionierende Motorik im Mundbereich verbunden: Hier sind Lippen, Zunge, Kiefer, Gaumensegel, Rachen- und Kehlkopfmuskeln zu nennen. Saug- und Schluckbewegung, Transport und Atmung müssen motorisch koordiniert sein, denn die Aspiration (das Verschlucken) von Flüssigkeiten und Nahrung können zu einer Lungenentzündung führen. Vor der Aspiration schützt der Hustenreflex.

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Krankheiten & Beschwerden

Die Fähigkeit, Flüssigkeit durch Saugen aufzunehmen, zu schlucken und zu verdauen, ist auch nach dem Säuglingsalter überlebenswichtig für den Menschen. Manchmal kann diese Funktion gestört sein.

Dies ist der Fall bei neurologischen Erkrankungen oder Erkrankungen im Hals-Nasen-Ohren-Bereich. Die Fähigkeit, Flüssigkeiten zu saugen und Nahrung aufzunehmen, kann auch infolge des menschlichen Alterungsprozesses beeinträchtigt sein.

Eine Störung der Fähigkeit zu saugen und zu schlucken, kann sich durch folgende Anzeichen bemerkbar machen, die häufig nicht ernst genommen werden: diese sind häufiges Verschlucken, Husten und Räuspern, eine heisere oder raue Stimme. Flüssigkeit, Nahrung und Speichel können dabei nicht im Mund behalten werden und fallen oder fließen heraus. Durch fehlende Aktivität der Muskeln und fehlende Koordination der Ansteuerung verbleibt Nahrung zu lange im Mund oder Rachen. Die Nahrungsaufnahme verbraucht zudem sehr viel Zeit. Mit der schlechten motorischen Aktivität und Koordination sind wenige oder keine Saug- oder Kaubewegungen sichtbar.

Als Folge der unzureichenden Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme sind Gewichtsverlust, Austrocknung und Bronchitis zu nennen. Es kann auch zum Auftreten eines plötzlichen Fiebers unklarer Ursache und zu einer Lungenentzündung kommen.

Um die Nahrungsaufnahme zu verbessern, muss darauf geachtet werden, beim Sitzen eine aufrechte Körperhaltung einzunehmen. Möglicherweise muss der Rücken angelehnt oder unterstützt werden. Auch gebeugte, auf dem Tisch liegende Arme helfen hierbei. Flüssigkeiten können mit einem Strohhalm oder einem speziellen Trinkbecher in kleinen Schlücken aufgesaugt werden.

Mit der Störung der Saug-, Kau- und Schluckfunktion sind meistens auch logopädische Probleme - Artikulation von Sprache - und Probleme der Atmung und Verdauung assoziiert. Um die Saugfunktion zu verbessern, sind logopädische Sprachübungen oder Übungen der lokalen Mundmotorik notwendig.

Krankheiten, die eine Beeinträchtigung der Saugfähigkeit und Schluckfähigkeit nach sich ziehen können, sind Parkinson, Verletzungen und Tumore der Schluckstraße (Zunge, Gaumenbogen, Gaumenmandel, Rachen, Speiseröhre) oder ein Schlaganfall. Nach einer Tumoroperation in dieser Region können die Probleme eventuell bestehen bleiben, wenn die Schädigungen so schwerwiegend sind, dass die Suagfähigkeit nicht wieder hergestellt werden kann.

Verschiedene neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer, Multiple Sklerose oder ein schwereres Schädel-Hirn-Trauma können Beeinträchtigungen der Saug- und Schluckfunktion zur Folge haben.

Bei Menschen mit infantiler Cerebralparese kann sich infolge des falschen Muskeltonus und nicht angepasster Innervation im Mund- und Rachenbereich ein gotischer Kiefer mit Zahnfehlstellung und kieferorthopädischer Problematik entwickeln. Auch hierbei sind Saugen, Schlucken und Sprache gestört.

Bei Menschen mit Behinderungen kann der Saugreflex und später die Möglichkeit, durch Saugen Flüssigkeiten aufzunehmen, gestört sein. Auslöser können alle Behinderungen sein, die das zentrale Nervensystem betreffen.

Quellen

  • Berlit, P.: Basiswissen Neurologie. Springer, Berlin 2007
  • Schneider, H., Husslein, P., Schneider, K.T.M.: Die Geburtshilfe. Springer, Berlin Heidelberg 2011
  • Stauber, M., Weyerstrahl, T.: Gynäkologie und Geburtshilfe. Thieme, Stuttgart 2013

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