Rotor-Syndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 21. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das Rotor-Syndrom ist eine Störung des Bilirubinstoffwechsels, die den Erberkrankungen zugeordnet wird. Die Leitsymptome sind Gelbsucht und ein erhöhter Blutspiegel an direktem Bilirubin. Eine Behandlung der Erkrankung findet in der Regel nicht statt, da die Patienten bis auf Ikterus meist keinerlei Symptome zeigen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Rotor-Syndrom?

Das Rotor-Syndrom ist vor allem durch Ikterus gekennzeichnet. Die Patienten leiden demnach an einer Gelbsucht, die sich auf der Haut, in den Augen oder sogar in den inneren Organen manifestieren kann.
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Als Bilirubin ist ein Abbauprodukt von Hämoglobin bekannt, das bei der Zersetzung von alten Erythrozyten in der Milz und der Leber frei wird. Das Häm wird durch die Hämoxygenase und die Biliverdinreduktase zu Bilirubin, das im Bilirubin wird an Albumin gebunden wird. Diese Vorgänge werden auch unter dem Begriff des Bilirubinstoffwechsels zusammengefasst.

Das ICD-10 kennt unterschiedliche Störungen des Porphyrin- und Bilirubinstoffwechsels. Eine davon ist das Rotor-Syndrom, das auch als Rotor-Manahan-Florentin-Syndrom betitelt wird. Dabei handelt es sich um eine seltene, gutartige und autosomal-rezessive Erkrankung, die den Bilirubinstoffwechsel betrifft. Als Leitsymptome der Erkrankung gelten ein ungewöhnlich hoher Bilirubinspiegel und eine Gelbsucht.

Bislang ist das Syndrom aufgrund seiner Seltenheit und weitest gehenden Irrelevanz in der westlichen Gesellschaft nur wenig erforscht. Nichtsdestotrotz melden immer mehr westliche Wissenschaftler Interesse an der Störung an, da sie sich von der Untersuchung einen Einblick in Transportvorgänge der Leber erhoffen.

Die philippinischen Ärzte Florentin, Manahan und Rotor haben die Störung erstmals beschrieben und sie zunächst mit dem Dubin-Johnson-Syndrom gleichgesetzt. Wolkoff und Kollegen bewiesen in den 70er Jahren, dass es sich bei Rotor- und Dubin-Johnson-Sydrom um verschiedene Krankheitsbilder handelt.

Ursachen

Die Hyperbilirubinämie und die daraus entstehende Gelbsucht des Rotor-Syndroms werden von einer intrazellulären Speicherstörung des konjugierten sowie unkonjugierten Bilirubins bedingt. Beide Geschlechter können vom Rotor-Syndrom betroffen sein. Das Syndrom tritt vorwiegend auf den Philippinen auf und hat erbliche Basis. Familiäre Häufung wurde an den bisher dokumentierten Fällen beobachtet.

Damit ist eine vorwiegend genetische Ursache naheliegend. Dass das Rotor-Syndrom fast ausschließlich die Philippinen betrifft, kann allerdings auch mit exogenen Faktoren in Zusammenhang stehen, die den Ausbruch des Syndroms unter Umständen begünstigen könnten. Als genetische Ursache wird vor allem über einen Defekt spekuliert, der den Transport von konjugiertem Bilirubin erschwert und die Abführung des Stoffes aus der Leberzelle in den Bereich der Gallenkanälchen erschweren könnte.

Vermutlich liegt dem Syndrom dementsprechend ein erblicher MRP-2-Kanal-Defekt aufgrund von Mutationen zugrunde. Die ursprüngliche Mutation wurde bislang nicht identifiziert und könnte damit alle Gene betreffen, die an der Codierung von Kanalbestandteilen beteiligt sind. Welche exogenen Faktoren den Ausbruch der Krankheit noch begünstigen könnten, ist bisher ebenso unklar. Vermutlich wird das kommende Jahrzehnt für mehr Klarheit sorgen, nachdem die westliche Wissenschaft aktuell großes Interesse an der Erforschung der Erkrankung zeigt.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Das Rotor-Syndrom ist vor allem durch Ikterus gekennzeichnet. Die Patienten leiden demnach an einer Gelbsucht, die sich auf der Haut, in den Augen oder sogar in den inneren Organen manifestieren kann. Zusätzlich liegt eine Hyperbilirubinämie vor. Von einer solchen ist bei etwaiger Erhöhung der Bilirubin-Konzentration über 1,1 mg/dl die Rede.

Diese Symptome können mit weiteren Beschwerden vergesellschaftet sein, die allerdings eher unspezifisch sind und nicht zwingend vorhanden sein müssen. Zusätzlich unspezifische Beschwerden und Schmerzen im rechten Oberbauchbereich werden von einigen Patienten beklagt. Die Schmerzsymptomatik im Oberbauch liegt vergleichsweise nur selten vor, sodass sie nicht als Diagnosekriterium heranzuziehen ist.

Nichtsdestotrotz kann der Schmerz im rechten Oberbauch eine auf Basis der restlichen Symptome gestellte Rotor-Syndrom-Diagnose noch erhärten. Dasselbe gilt für mögliche Begleitsymptome wie Fieberschübe. Typischerweise treten die Hyperbilirubinämie und der Ikterus als isolierte Erscheinungen auf. Enzymatische Unterfunktionen oder ein Mangel an abbaubeteiligten Enzymen zählen nicht zu den Symptomen des Rotor-Syndroms.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Die Hyperbilirubinämie gilt als diagnostisches Leitsymptom des Rotor-Syndroms. Die hohe Konzentration des Abbauprodukts lässt sich im Blut mittels Laboruntersuchung nachweisen. Es handelt sich um erhöht direktes Bilirubin zwischen drei und zehn mg/dl. Hämolyse-Anzeichen bestehen an den Patienten nicht. Dasselbe gilt für Hepatopathie mit Zellnekrose.

Die Transaminasen-Werte bewegen sich also immer im Normalbereich, wobei auch die alkalische Phosphatase normale Aktivität zeigt. Differenzialdiagnostisch muss der Arzt die Gelbsucht der Patienten von Ikterus im Neugeborenen- und Säuglingsalter unterscheiden und demzufolge von der hämolytischen Anämie, der Hepatitis und etwaigen Konjugationsstörungen des Bilirubins abgrenzen.

Über die differentialdiagnostische Abgrenzung vom Crigler-Najjar-Syndrom oder einem Morbus Gilbert-Meulengracht hinaus sind zur Diagnose des Rotor-Syndroms Fehlbildungen an den Gallenwegen als Ikterus-Ursache auszuschließen.

Komplikationen

In den meisten Fällen muss das Rotor-Syndrom nicht besonders behandelt werden, da es keine schwerwiegenden oder gesundheitsschädlichen Symptome zeigt. Dabei ist auch die Lebenserwartung des Patienten in der Regel nicht eingeschränkt oder verringert. Die Betroffenen leiden bei dieser Erkrankung in erster Linie an einer starken Gelbsucht. Dabei kann es vor allem bei Kindern oder bei Jugendlichen zu Mobbing oder Hänseleien aufgrund dieser Beschwerde kommen, sodass diese Altersgruppen häufig an Depressionen oder an anderen psychischen Beschwerden leiden.

Allerdings können auch Erwachsene an Minderwertigkeitskomplexen oder an einem verringerten Selbstwertgefühl erkranken. Im Oberbauch kann es zu Schmerzen kommen, wobei diese in der Regel nicht mit einer Nahrungsaufnahme verbunden werden. Auch Fieberschübe können bei diesem Syndrom auftreten und sich negativ auf die Lebensqualität des Betroffenen auswirken.

Weitere Komplikationen oder Beschwerden treten meist nicht auf. Die Beschwerden stellen keine Beeinträchtigung im Leben der Betroffenen dar und werden aus diesem Grund auch nicht behandelt. Nur die Fieberschübe können mit Hilfe von Medikamenten behandelt werden. Das Vorbeugen des Rotor-Syndroms ist leider ebenso nicht möglich.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Beim Rotor-Syndrom sollte in der Regel immer ein Arzt aufgesucht werden. Es kommt bei dieser Erkrankung nicht zu einer selbstständigen Heilung und in den meisten Fällen auch zu einer Verschlimmerung der Beschwerden, falls die Erkrankung nicht richtig behandelt wird. Eine medizinische Behandlung ist daher unabdingbar. Ein Arzt ist dann aufzusuchen, wenn der Betroffene an sehr starken Schmerzen im Bereich des oberen Bauches leidet. Dabei können sich die Schmerzen auch in benachbarte Regionen des Körpers ausbreiten und sich sehr negativ auf die Lebensqualität des Patienten auswirken.

In den meisten Fällen leiden die Betroffenen auch an starkem Fieber und an den gewöhnlichen Beschwerden einer Grippe oder einer Erkältung. Die Lebensqualität wird durch das Rotor-Syndrom deutlich eingeschränkt. Auch eine Gelbsucht kann dabei auf die Erkrankung hindeuten. Sollten diese Beschwerden über einen längeren Zeitraum auftreten und nicht wieder von alleine verschwinden, so muss auf jeden Fall ein Arzt aufgesucht werden. In der Regel kann das Rotor-Syndrom relativ leicht durch einen Allgemeinarzt erkannt und behandelt werden.

Behandlung & Therapie

Die genauen Ursachen des Rotor-Syndroms sind bis zum aktuellen Zeitpunkt nicht abschließend gesichert und bewegen sich demzufolge noch immer in der Sphäre des Spekulativen. Schon aus diesem Grund kann keine ursächliche Behandlung der Krankheit stattfinden. In der Regel ist auch eine symptomatische Behandlung nicht erforderlich.

Falls starke Oberbauchschmerzen als Begleitsymptome vorliegen, kann dem mit schmerzstillenden Medikamenten symptomatische Abhilfe geschaffen werden. Bei begleitenden Fieberschüben können fiebersenkende Medikamente zum Einsatz kommen. In den meisten Fällen beeinträchtigt das Rotor-Syndrom die Patienten aber kaum, sodass keinerlei Therapieschritte erforderlich werden.


Vorbeugung

Da die Ursachen des Rotor-Syndroms nicht abschließend geklärt sind, lässt sich dem Phänomen bislang nicht vorbeugen. Wegen der offenbar erblichen Basis der Erkrankung können sich Betroffene theoretisch prophylaktisch gegen eigene Kinder entscheiden. Da das Rotor-Syndrom das Leben von Betroffenen allerdings nicht stark beeinträchtigt, wirkt ein derartiges Vorgehen eher zu radikal.

Nachsorge

Patienten mit einem Rotor-Syndrom benötigen in der Regel keine umfassende Nachsorge. Da die Erkrankung selten auftritt, existieren keine spezifischen Nachsorge-Methoden. Die Nachsorge orientiert sich daran, in welchem Umfang die Symptome auftreten. Die Symptome der Erkrankung sind meist harmlos und klingen ohne Folgen ab.

Nach der Genesung sollte ein Arzt den Gesundheitszustand des Patienten abklären. Die typischen Symptome wie Fieber, Bauchschmerzen und die Gelbfärbung der Haut sind unbedingt ärztlich zu untersuchen, damit Folgesymptome ausgeschlossen werden können. Nach starkem Fieber kann der Arzt über weitere Erholungsmaßnahmen aufklären. Sollten die Bauchschmerzen anhalten, kann eine Röntgenuntersuchung Klarheit schaffen über mögliche Ursachen.

Auf diese Weise etwa können innere Blutungen erkannt werden. Treten die Symptome eines Rotor-Syndroms auf, liegt womöglich ein nicht diagnostiziertes Leberleiden vor. Die Nachsorge erfolgt durch den Hausarzt oder den Internisten. Bei chronischen Leberbeschwerden sind regelmäßige Arztbesuche angezeigt.

Die Nachsorge findet je nach zugrunde liegender Erkrankung in der Arztpraxis oder in der Fachklinik statt. Sollte das Rotor-Syndrom erneut auftreten, muss der Arzt informiert werden. Gegebenenfalls ist auch eine ursächliche Behandlung notwendig. Der Facharzt kann die geeigneten Maßnahmen nennen und dem Patienten nach der Ausheilung des Ikterus ein geeignetes Schmerzmittel verordnen.

Das können Sie selbst tun

Patienten, die am Rotor-Syndrom leiden, müssen die regelmäßigen Arztbesuche einhalten. Die Funktion der Leber muss in Abständen von drei bis sechs Monaten kontrolliert werden, damit Komplikationen ausgeschlossen werden können. Aufgrund der Funktionsstörung der Leber muss die Diät umgestellt werden. Den Ernährungsplan gilt es strikt einzuhalten, damit keine Beschwerden auftreten.

Bei Bauchschmerzen helfen Hausmittel wie wärmende Auflagen und Schonkost. Auch Kräutertees mit Kamille oder Melisse lindern die typischen Beschwerden und tragen zu einer raschen Genesung bei. Bei anhaltenden Beschwerden wird am besten der zuständige Hausarzt oder Gastroenterologe konsultiert. Sollten Komplikationen wie starke Fieberattacken oder Schmerzreaktionen auftreten, empfiehlt sich ebenfalls ein Arztbesuch. Bei Anzeichen eines Leberinfarkt muss der Notarzt gerufen werden. Der Patient muss anschließend ruhig gelagert werden. Der eintreffende Rettungsdienst ist über das Leiden zu informieren, damit umgehend die notwendigen medizinischen Maßnahmen eingeleitet werden können.

Nach einem Krankenhausaufenthalt gelten allgemeine Maßnahmen wie Schonung und Ruhe. Eltern von betroffenen Kindern sollten die notwendigen Untersuchungen vornehmen lassen, falls erneut ein Kinderwunsch besteht. Dadurch kann das Risiko einer Erkrankung abgeschätzt werden und der Arzt kann gegebenenfalls weitere Maßnahmen vorschlagen.

Quellen

  • Arasteh, K., et. al.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Braun, J., Dormann, A .J.: Klinikleitfaden Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2013
  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013

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