Ritonavir

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Als Ritonavir wird ein HIV-Proteaseinhibitor bezeichnet. Der Arzneistoff dient zur Therapie von HIV-Infektionen wie AIDS.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Ritonavir?

Als Ritonavir wird ein HIV-Proteaseinhibitor bezeichnet. Der Arzneistoff dient zur Therapie von HIV-Infektionen wie AIDS.

Ritonavir ist ein Wirkstoff, der zu den Proteaseinhibitoren zählt. Als Kombinationspräpararat wird das Mittel gegen HIV-Infektionen verabreicht. Die Entwicklung von Ritonavir fand in den 1990er Jahren in den Abbott Laboratories statt. Der weltweit agierende amerikanische Pharmakonzern brachte den Arzneistoff 1996 nach der Zulassung durch die Food und Drug Administration (FDA) auf den Markt.

Unter der Präparatbezeichnung Kaletra wurde Ritonavir mit dem Proteaseinhibitor Lopinavir kombiniert. Darüber hinaus zählte Ritonavir zu den ersten antiretroviralen Wirkstoffen aus dieser Klasse. Eine Kombination zwischen Ritonavir und Lopinavir ist nötig, da ohne Ritonavir ein zu rascher Abbau von Lopinavir stattfinden würde. Da somit eine höhere Dosierung erforderlich wäre, lässt sich durch die Einnahme von Ritonavir die Dosis absenken und gleichzeitig das Wirkprofil verstärken.

Ritonavir stellt ein weißliches Pulver dar, welches in Wasser nahezu unlöslich ist, während sich der Wirkstoff in Methanol und Dichlormethan leicht lösen lässt. Des Weiteren liegt bei Ritonavir Polymorphie vor. Wichtig ist, den Arzneistoff vor Licht zu schützen.

Pharmakologische Wirkung

Ritonavir zählt zur Gruppe der HIV-1-Proteasehemmer. So ist der Wirkstoff in der Lage, spezielle Viren-Enzyme, die die Bezeichnung HIV-Proteasen tragen, zu hemmen. Die HIV-Proteasen spalten Eiweißmoleküle und sorgen dafür, dass das HI-Virus seine Erbinformationen weitergeben kann. Durch den gemeinsamen Einsatz von Ritonavir und Lopinavir, das ebenfalls einen HIV-Proteasehemmer darstellt, ist es möglich, die HI-Viren an ihrer Weiterentwicklung zu hindern. Dadurch kommt es zur Bildung von unreifen Viren, deren Ansteckungskraft geringer ausfällt.

Die Wirkung von Ritonavir und Lopinavir verläuft ergänzend. Während sich Lopinavir gezielt gegen das HI-Virus richtet, wird das Immunschwächevirus von Ritonavir an den gleichen Stellen attackiert, die auch von Lopinavir angegriffen werden. Dadurch findet die Verdrängung Lopinavirs von diesen Stellen statt, sodass es sich länger im Körper des Patienten halten kann. Auf diese Weise kommt es zu einem nachhaltigeren Wirkungseffekt. So wird die positive Wirkung von Lopinavir von Ritonavir verstärkt. Darüber hinaus sorgt der Arzneistoff dafür, dass das Risiko einer Resistenzbildung gegen den Arzneistoff verringert wird.

Da Ritonavir das Leberenzym Cytochrom P-450 CYP 3A4 hemmt, erfolgt auch eine Beeinflussung des Metabolismus von anderen Arzneimitteln. Dadurch fällt deren Dosierung schwieriger aus.

Medizinische Anwendung & Verwendung

Zum Einsatz gelangt Ritonavir, um HIV-Infektionen bei erwachsenen Menschen, Jugendlichen und Kindern ab zwei Jahren zu behandeln. Dabei dient das Mittel dazu, das Vermehren der HI-Viren zu hemmen, wodurch sich wiederum dem Ausbruch von AIDS-Symptomen entgegenwirken lässt.

Liegt bereits eine AIDS-Erkrankung vor, wird Ritonavir zusammen mit Lopinavir verabreicht, um die Beschwerden des Patienten zu lindern und dessen Lebensqualität zu steigern. Des Weiteren wird auch die Lebenserwartung der Erkrankten verbessert. Ritonavir kommt zudem im Rahmen anderer Kombinationspräparate zur Anwendung. Es dient dabei zur Therapie der Infektionskrankheit Hepatitis C.

Die Darreichung von Ritonavir findet oral durch die Einnahme von Filmtabletten oder Sirup statt.


Risiken & Nebenwirkungen

Durch die Anwendung von Ritonavir sind zahlreiche Nebenwirkungen möglich, die jedoch nicht zwangsläufig bei jedem Patienten auftreten. So leiden die betroffenen Personen oftmals unter Durchfall, Übelkeit, Erbrechen, Blähungen, Bauchschmerzen, Verdauungsproblemen, allgemeinem Schwächegefühl, Störungen des Geschmacks, Kopfschmerzen, Hautausschlägen, Schweißausbrüchen, Schlafstörungen, Akne und der Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus).

Außerdem können sich die Blutzucker-, Blut-Cholesterin-, Blut-Triglycerid- und Blut-Amylase-Werte erhöhen. Weitere mögliche unerwünschte Nebeneffekte sind Schnupfen, eine Entzündung der Nasennebenhöhlen, das Cushing-Syndrom, Blutarmut, eine Unterfunktion der Schilddrüse, Austrocknung, die Zunahme von Gewicht, Unbeweglichkeit, Angstzustände, Bewegungsstörungen, Schwindelgefühle, Zittern, Denkstörungen, Magen-Darm-Entzündungen, nervliche Missempfindungen, Nervosität, Ekzeme, Juckreiz oder Gelenkschmerzen.

Mitunter rufen HIV-Proteasehemmer wie Ritonavir einen Anstieg der Blutfettwerte hervor. Aus diesem Grund muss sich der Patient regelmäßigen ärztlichen Kontrollen unterziehen. Auch erhöhte Blutneutralfettwerte sind durch die Einnahme des Mittels im Bereich des Möglichen. Daraus kann sich wiederum eine Entzündung der Bauchspeicheldrüse (Pankreatitis) entwickeln. Als besonders gefährdet gelten Patienten, bei denen die Immunschwächekrankheit AIDS bereits fortgeschritten ist. Im schlimmsten Fall droht durch eine akute Bauchspeicheldrüsenentzündung sogar der Tod.

Durch die Schwäche des Immunsystems, die durch AIDS hervorgerufen wird, können im Anfangsstadium der Therapie weitere schwere Erkrankungen wie eine CMV-Retinitis oder eine Lungenentzündung auftreten.

Nicht eingesetzt werden darf Ritonavir, wenn bei dem Patienten eine Überempfindlichkeit gegen den Arzneistoff besteht oder er unter einer Leberfunktionsschwäche bzw. schweren Leberschäden leidet. Bei Patienten, bei denen Hepatitis B oder C vorliegt, besteht die Gefahr von tödlichen Nebenwirkungen, sodass bei ihnen eine strikte medizinische Kontrolle erfolgen muss. Da es bei Tierversuchen zu Schäden bei der Behandlung mit Ritonavir kam, sollte das Mittel in der Schwangerschaft nur dann verabreicht werden, wenn keine andere Möglichkeit besteht. Das Stillen des Babys muss die erkrankte Mutter vermeiden.

Durch die Einnahme von Ritonavir besteht die Gefahr von Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, die wiederum Nebenwirkungen hervorrufen können. Als nicht geeignet gilt die gleichzeitige Darreichung von Mitteln wie Antihistaminika, Antidepressiva, Opioiden, Neuroleptika, Antimykotika, Calciumantagonisten oder Steroidhormonen. Ebenso ist von der Einnahme des Potenzmittels Sildenafil abzusehen, da unerwünschte Nebenwirkungen dadurch verstärkt werden.

Mitunter wirkt sich Ritonavir auf das Reaktionsvermögen des Patienten aus, sodass dieser nicht am Straßenverkehr teilnehmen oder komplizierte Maschinen bedienen sollte. Ebenso sind allergische Reaktionen möglich.

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