Retter-Geschwister

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Als Retter-Geschwister werden Kinder bezeichnet, die einem erkrankten älteren Geschwisterkind helfen sollen. Sie fungieren wie eine Art Erzatzteillager, weshalb diese Methode sehr umstritten ist. Benötigt ein Kind Blut oder Gewebe, kann dies von dem "Retter-Geschwister", welches genetisch mit dem erkrankten Kind übereinstimmen muss, entnommen werden. Um die genetische Übereinstimmung zu sichern, wird eine künstliche Befruchtung durchgeführt und der Frau das "optimale" Embryo eingepflanzt.

Inhaltsverzeichnis

Was sind Retter-Geschwister?

Retter-Geschwister als medizinische Methode sind ethisch sehr umstritten und etwa in Deutschland verboten, in Großbritannien hingegen ist es erlaubt, weswegen betroffene Eltern sich Hilfe im Ausland suchen.

Ein Mensch, der etwa unter Leukämie leidet, ist auf fremdes Knochenmark und Blut angewiesen. Meist ist es schwierig einen passenden Spender zu finden. In so einem Fall ist es in einigen Ländern bereits erlaubt, ein Spenderkind zu "züchten". Ist die HLA-Kompatibilität der Eltern eines kranken Kindes ungenügend, kann ein Geschwisterchen mittels In-vitro-Fertilisation, also im Reagenzglas, gezeugt werden.

Die entstandenen Embryonen werden dann auf ihre genetische Übereinstimmung zu dem potentiellen Geschwisterkind hin untersucht, bei hoher Kompatibilität in die Gebärmutter der Frau eingepflanzt und während ein normalen Schwangerschaft ausgetragen. Das entstandene Baby dient dem älteren Bruder oder der älteren Schwester dann durch sein Nabelschnurblut oder Knochenmark als passender Spender. Retter-Geschwister als medizinische Methode sind ethisch sehr umstritten und etwa in Deutschland verboten, in Großbritannien hingegen ist es erlaubt, weswegen betroffene Eltern sich Hilfe im Ausland suchen.

Funktion, Wirkung & Ziele

Mithilfe der Präimplantationsdiagnostik (PID) wird die Kompatibilität der künstlich erzeugten Embryonen geprüft. Die PID dient eigentlich als Test, um Embryonen aus einer künstlichen Befruchtung auf Erbkrankheiten zu testen, wenn die Eltern des Kindes bereits vorbelastet sind. Im Falle der Retter-Geschwister wird sie genutzt, um einen möglichen Spender zu finden.

Aus dem Nabelschnurblut und dem Knochenmark des Retter-Geschwisterchens, auch Saviour-Sibling, können dann lebensnotwendige Zellen für das ältere Kind entnommen werden. Dafür werden Stammzellen aus dem blutbildenden Gewebe in den Leukämie-Patienten transplantiert, sodass sich bei diesem ein geregelte Blutbildung wiederherstellen kann.

Leider lassen sich bislang nur wenige Krankheiten auf diese Art und Weise behandeln. Auch für manche Formen von Blutarmut wird ein passender Knochenmarkspender gebraucht, bei denen Retter-Geschwister Bluttransfusionen von Fremden ersetzen können. Kritischer hingegen sind Organspenden von Retter-Geschwistern, da diese für das spendende Kind ein hohes Risiko bergen. Von solchen Spenden sehen Eltern von Retter-Geschwistern in der Regel ab, da so das eine Kind einer besonderen Gefahr ausgesetzt wird, um das andere zu retten.

2003 kam in Großbritannien das erste genetisch auserwählte Retter-Geschwisterchen europaweit auf die Welt. Die PID ist in ganz Europa bis auf Deutschland, Österreich und der Schweiz erlaubt.


Risiken, Nebenwirkungen & Gefahren

In Deutschland dürfen keine Retter-Geschwister erzeugt werden, besonders die bei der PID übliche Embryonen-Selektion ist prinzipiell verboten. Es ist nach dem deutschen Embryonenschutzgesetz untersagt, Embryonen für etwas anderes als die reine Schwangerschaft zu züchten. Besonders Besorgniserregend scheint die Möglichkeit der Erschaffung eines "Designer-Babys" zu sein.

Über Haar- und Augenfarbe seines Kindes bestimmen zu können, wessen Nase es hat oder wie groß es werden soll. Auch als medizinische Behandlungsmethode ist das Fischen nach den besten Genen fragwürdig, da das geschaffene Geschwisterchen sich mehr als Zweckkind denn als Wunschkind fühlen könnte. Dennoch ist zu beachten, dass auf diesem Weg einem anderen Kind das Leben gerettet werden kann. 2010 wurde im britischen Bristol mithilfe einer Stammzelltherapie ein kleines Mädchen von ihrer Fanconi-Anämie geheilt. Ihr kleiner Bruder wurde einige Monate zuvor aus diesem Grund aus mehreren Embryonen ausgewählt.

Doch nicht nur die psychischen Folgen für die Kinder müssen beachtet werden, auch die Risiken, die mit einer künstlichen Befruchtung einhergehen sollten überdacht werden. Die Eizelle wird der Frau operativ entnommen, weshalb sie den üblichen Risiken wie einer Infektion oder inneren Verletzungen ausgesetzt ist. Grundsätzlich folgt auf eine künstliche Befruchtung häufig eine Risikoschwangerschaft, bis hin zur Fehlgeburt.

Quellen

  • Bob, A., Bob, K.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2009
  • Keck C.: Kinderwunschbehandlung in der gynäkologischen Praxis. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2014
  • Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch. 266. Auflage. De Gruyter, Berlin 2015

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