Rektumprolaps (Mastdarmvorfall)

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 2. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Ein Rektumprolaps bzw. Mastdarmvorfall tritt auf, wenn ein Teil des Dickdarms aus dem untersten Abschnitt (Rektum) aus der muskulösen Öffnung am Ende des Verdauungstraktes (Anus) rutscht. In der Regel wird eine Operation erforderlich, um einen Rektumprolaps zu behandeln.

Inhaltsverzeichnis

Was ist ein Rektumprolaps?

Ein Rektumprolaps zeigt sich durch mehrere Symptome, wobei ein leichter und unvollständiger Prolaps schnell mit Hämorrhoidalleiden verwechselt werden kann. Das Hauptsymptom eines Rektumprolapses stellt dabei der nach außen gelangte und nach außen gestülpte Mastdarm dar.
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Ein Rektumprolaps ist eine seltene Erkrankung und betrifft vor allem ältere Menschen. Die Krankheit ist bei Kindern eher selten, betroffene Kinder sind in der Regel jünger als 3 Jahre. Männer entwickeln viel seltener ein Rektumprolaps als Frauen (80 - 90 % Wahrscheinlichkeit).

Die Erkrankung befällt den Enddarm, d.h. die letzten 12-15 Zentimeter des Dickdarms knapp oberhalb des Analkanals. Normalerweise ist das Rektum anhand von Bändern und Muskeln sicher am Becken befestigt. Verschiedene Faktoren wie Alter, langfristige Verstopfung oder Belastung unter der Geburt, können diese schwächen. Dies bewirkt, dass das Rektum prolabiert, d.h. aus seiner natürlichen Körperöffnung herausfällt (Rektumprolaps).

Zu unterscheiden ist ein Rektumprolaps von einer Rektozele, die eine Ausstülpung des Rektrums in die Scheidenwände bezeichnet. Eine weitere Form des Rektumprolaps wird als Intussuszeption bezeichnet. Hierbei stülpt sich ein Darmabschnitt in einen anderen, wodurch ein Darmverschluss entstehen kann.

Ursachen

Ein Rektumprolaps wird durch eine Schwächung der Muskulatur verursacht, die das Rektum in Position hält. Bei den meisten Menschen mit einem Rektumprolaps ist zudem der anale Schließmuskel schwach ausgeprägt.

Die genaue Ursache dieser Abschwächung ist unbekannt, aber Risikofaktoren für einen Rektumprolaps sind in der Regel ein fortgeschrittenes Alter, länger anhaltende Verstopfung oder andauernder Durchfall, Anstrengung beim Stuhlgang, Schwangerschaft sowie Belastungen bei der Geburt. Ursachen für einen Rektumprolaps können ebenfalls Voroperationen, eine zystische Fibrose oder chronische Erkrankungen sein.

Dazu zählen Lungenerkrankungen, Keuchhusten, Multiple Sklerose sowie lang anhaltende Hämorrhoidalleiden. Kinder mit einem Rektumprolaps sollten zusätzlich auf Mukoviszidose untersucht werden, da dieser ein Symptom dieser Krankheit sein kann.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Ein Rektumprolaps zeigt sich durch mehrere Symptome, wobei ein leichter und unvollständiger Prolaps schnell mit Hämorrhoidalleiden verwechselt werden kann. Das Hauptsymptom eines Rektumprolapses stellt dabei der nach außen gelangte und nach außen gestülpte Mastdarm dar. Dabei wird zwischen einem rein nach außen getretenen Mastdarm und dem Vorhandensein einer Invagination unterschieden. Letzteres meint eine Einstülpung in sich selbst, wobei eine Einstülpung des Darms in sich selbst auch zu einem Prolaps führen kann.

Da die Schleimhäute des Darms nach außen gelangen, kommt es bei den Betroffenen zu einem dauerhaften Feuchtigkeitsgefühl. Zuweilen kommt es zu Blutungen, weil der ausgetretene Mastdarm durch Kleidung oder manuelle Manipulation verletzt wird. Ein Fremdkörpergefühl am Anus wird häufig von den Betroffenen beschrieben. Es entsteht oftmals Juckreiz, der manchmal durch entstehende Entzündungen zu erklären ist.

Ein Mastdarmvorfall führt fast immer zu Inkontinenzerscheinungen. So kann es zum unkontrollierten Abgang von Kot oder Schleim kommen. Die Inkontinenz ist umso ausgeprägter, desto schwerer der Vorfall ist. Ein vollständiger Rektumprolaps bedeutet fast immer eine Stuhlinkontinenz. Ein nur teilweise bestehender Prolaps bedeutet hingegen nicht zwingend eine Stuhlinkontinenz, führt aber sehr wohl zum Abgang von Schleim. Ein Rektumprolaps ist zudem optisch sehr eindeutig zu erkennen.

Diagnose & Verlauf

In den frühen Stadien eines Rektumprolaps löst sich das Rektum schleichend, verbleibt jedoch im Körper. Dieses Stadium eines Rektumprolaps, wenn das Bindegewebe der rektalen Schleimhaut sich löst und aus dem Anus ragt, wird als Mukosaprolaps bezeichnet.

Je weiter das Rektum prolabiert, umso stärker drückt ein Teil des Enddarms auf den Anus und schwächt diesen. Diese Stufe wird kompletter Rektumprolaps bezeichnet und ist das häufigste Diagnosestadium der Erkrankung. Die Symptome eines Rektumprolaps sind ähnlich denen von Hämorrhoiden und reichen von Schmerzen beim Stuhlgang, Schleim oder Blut aus dem vorstehenden Gewebe bis zu Stuhlinkontinenz oder dem Verlust des Stuhldrangs.

Zur Diagnose eines früheren Stadiums, in dem das Rektrum noch nicht aus dem Anus vorsteht, kann der Arzt einen Phosphat-Einlauf verabreichen, um einen Rektumprolaps von hervorstehenden Hämorrhoiden zu unterscheiden. Mittels eines dynamischen MRT kann das gesamte Becken samt Beckenbodenmuskulatur und Beckenorgane beim Stuhlgang gescannt werden.

Komplikationen

Ein Rektumprolaps oder Mastdarmvorfall muss fast immer operativ behandelt werden, um Komplikationen zu vermeiden. Nur bei Kindern sind Operationen in der Regel nicht notwendig. Meist leiden jedoch ältere Personen an einem Rektumprolaps. Aufgrund der fortschreitend zunehmenden Schwäche des Bindegewebes findet hier keine Selbstheilung mehr statt.

Wenn der Mastdarmvorfall bei Kindern auftritt, steckt dahinter meist eine andere schwerwiegende Erkrankung, die auch die Entstehung von Komplikationen begünstigt. Betroffene Kinder sollten unter anderem auf Mukoviszidose untersucht werden. Bei den sehr viel häufigeren Fällen von Rektumprolaps älterer Menschen kommt es im Laufe der Zeit immer zu Komplikationen, wenn die Erkrankung unbehandelt bleibt.

Dabei sind jedoch lebensgefährliche Komplikationen die Ausnahme. Eine Abklemmung des Enddarms kommt in aller Regel nicht vor, weil sich der Darm immer wieder zurückdrücken lässt. Allerdings kann dies in Ausnahmefällen doch mal passieren. Dabei handelt es sich dann um einen lebensbedrohlichen Notfall, der ein sofortiges operatives Eingreifen erfordert, um das Absterben des entsprechenden Enddarmabschnittes zu vermeiden.

In den anderen Fällen besteht zwar kein Notfall, aber ein operativer Eingriff ist trotzdem notwendig, denn ein unbehandelter Rektumprolaps führt langfristig neben zunehmenden Schmerzen beim Stuhlgang sowie Blut und Schleim auf dem Stuhl auch zu Stuhlinkontinenz. Dabei gilt, je später die Behandlung erfolgt, desto schwerwiegender sind die damit einhergehenden Komplikationen. Außerdem können sich Geschwüre im Enddarmbereich ausbilden.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Ein erfahrener Arzt kann einen Mastdarmvorfall mit einem Blick erkennen. Der Rektumprolaps, auch als erweiterter Analprolaps bekannt, ist oft bei älteren Frauen anzutreffen. Er verlangt unbedingt einen Arztbesuch, da Teile des Darms durch die Analöffnung ausgetreten sind.

Die Vorstufen dieses Phänomens wurden meistens ignoriert und durch zu starkes Pressen auf der Toilette ausgelöst. Möglicherweise werden sie nicht bemerkt, da oft nur einige Fältchen des Rektums vorgestülpt werden. Daher unterbleibt bei geringen Beschwerden der Arztbesuch oft. Der Mastdarmvorfall kann als fortgeschrittener Analprolaps aber keineswegs unbemerkt bleiben.

Ein Rektumprolaps kann schon durch schweres Heben oder einen Hustenanfall eintreten. Unbehandelt bleibt der Rektumprolaps auf Dauer bestehen. Er bedarf einer operativen Behandlung. Beim Mastdarmvorfall sind durch einen schwachen Beckenboden oder als Folge einer Erkrankung bereits größere Teile des End- und Mastdarms ausgetreten. Die Folge davon ist, dass der Stuhl nicht mehr im Darm gehalten werden kann. Es kommt zu einer Darminkontinenz.

Noch bevor ein Mastdarmvorfall eintritt, sollte der Arztbesuch erwogen werden. Die Behandlungsoptionen sind größer, je früher die Behandlung begonnen wird. Wenn immer wieder das Gefühl auftritt, dass der Anus nach dem Stuhlgang etwas vorgefallen ist, sollte der Arztbesuch nicht länger hinausgeschoben werden. Zur Prophylaxe sollten Frauen ab 40 mit Beckenbodentraining beginnen.

Behandlung & Therapie

Nahezu alle Fälle eines Rektumprolaps benötigen eine medizinische Versorgung. Gelegentlich löst eine erfolgreiche Behandlung der zugrunde liegenden Ursache eines Rektumprolaps das Problem, meistenteils wird sich ein Rektumprolaps ohne Operation verschlechtern.

Bei Säuglingen und Kleinkindern kann eine Verringerung oder die Verdünnung des Stuhlgangs unter ärztlicher Anleitung Abhilfe schaffen. Die medizinische Behandlung setzt ein, um die Symptome eines Rektumprolaps vorübergehend lindern oder die Person für die Operation vorzubereiten. Dazu werden Füllmittel (Kleie, Flohsamen, Methylcellulose oder Psyllium), Stuhlweichmacher oder Einläufe verwendet.

Ziel aller chirurgischen Techniken zur Korrektur eines Rektumprolaps ist es, das Rektum wieder am inneren Becken zu befestigen. Dieser Eingriff unter Vollnarkose wird bei gesunden und jüngeren Patienten eher durch die Bauchdecke, bei älteren Menschen bzw. angegriffener Gesundheit eher durch den Damm durchgeführt, was generell einen Krankenhausaufenthalt von drei bis sieben Tagen erforderlich macht.


Vorbeugung

Eine ballaststoffreiche Ernährung und die täglich ausreichende Versorgung mit Flüssigkeit kann das Risiko Verstopfung zu entwickeln und damit einen Risikofaktor für einen Rektumprolaps reduzieren. Biofeedback-Therapien trainieren die Beckenbodenmuskulatur und stärken den Schließmuskel. Menschen mit anhaltendem Durchfall, Verstopfung oder Hämorrhoiden sollten diese rechtzeitig behandeln, um die Gefahr eines Rektumprolaps auszuschließen.

Nachsorge

Der Rektumprolaps (Mastdarmvorfall) benötigt eine konsequente Nachsorge, ganz gleich, ob er konservativ oder operativ behandelt wurde. Im Wesentlichen ist es wichtig zu vermeiden, dass die Erkrankung erneute auftritt oder sich verschlimmert. Hierfür sind der Gastroenterologe und Proktologe, aber auch der Hausarzt die fachlichen Ansprechpartner. Zudem gibt es Selbsthilfegruppen für Menschen mit proktologischen Erkrankungen, die einfühlsamen Erfahrungsaustauch und hilfreiche Tipps bieten können.

In der Nachsorge von Mastdarmvorfall beziehungsweise Rektumprolaps ist insbesondere die Stuhlregulation sehr wichtig. Druck beim Stuhlgang ist in jedem Fall zu verhindern. Ein (nicht zu) weicher und voluminöser Stuhl ist ideal geeignet, das Pressen zu vermeiden. Hier eignen sich Obst und Gemüse, vor allem Ballaststoffe in der Ernährung.

Auf eine ausreichende Trinkmene (in der Regel etwa 1,5 bis 2 Liter Wasser oder Kräuteertee) ist unbedingt zu achten. Wenn diese Ernährung zur Stuhlregulierung nicht ausreichend sollte, können mit Flohsamenschalen natürliche Helfer eingesetzt werden. Auf stopfende Nahrungsmittel wie Schokolade oder Eier sollte lieber eine Zeit verzichtet werden.

Auch Bewegung ist wichtig zur Stuhlregulation. Leichter Ausdauersport und Spazieren gehen sind in diesem Zusammenhang empfehlenswert. Auch Gymnastik und Yoga können die Darmbewegungen aktivieren. Langes Sitzen auf der Toilette sollte vermieden werden ebenso wie zu aktives Pressen.

Das können Sie selbst tun

Der Rektumprolaps oder Mastdarmvorfall ist eine Erkrankung, deren Diagnostik und Therapie in professionelle Hände gehört. Dennoch ist Selbsthilfe durch Patienten im Alltag möglich und auch erwünscht. Die aktive Mitarbeit des Patienten kann den Rektumvorfall vorbeugen und sowohl Therapie als auch Nachsorge zielführend unterstützen.

Der Rektumprolaps kommt in vielen Fällen durch starkes Pressen beim Stuhlgang und eine Schwäche des Bindegewebes im Bereich des Beckenbodens zustande. Hier kann Selbsthilfe gezielt ansetzen. Unbedingt zu vermeiden ist Verstopfung, sodass der Stuhlregulierung eine wichtige Rolle im Alltag des Patienten zukommt. Dies wird durch eine ballaststoffreiche Ernährung in Verbindung mit einer ausreichenden Trinkmenge erzielt. Stopfende Nahrung ist bestmöglich vom Ernärungsplan zu streichen. Auch viel Bewegung ist wichtig, da körperliche Aktivität die Darmtätigkeit der Betroffenen anregen und damit einen Rektumprolaps günstig beeinflussen kann. Auch Massagen des Bauchbereichs und warme Bäder bei Verstopfung sind empfehlenswert, ebenso wie Flohsamenpräparate.

Der Beckenboden kann durch geeignete Übungen gut trainiert werden. Die Übungen werden vom Krankengymnasten oder dem behandelnden Arzt vermittelt und können zu Hause täglich durchgeführt werden. Auch regelmäßige Kontrollbesuche beim Arzt sind wichtig, wenn ein Mastdarmvorfall festgestellt und therapiert wurde. Scham ist hier ein großes Hindernis, einen Vorfall (auch ein Rezidiv) möglichst bald zu entdecken und zeitnah und effektiv behandlen zu lassen.

Quellen

  • Brühl, W., Wienert, V., Herold, A.: Aktuelle Proktologie. Uni-Med, Bremen 2011
  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Winkler, R., Otto, P., Schiedeck, T.: Proktologie. Thieme, Stuttgart 2011

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