Psychische Entwicklung

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 10. April 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Jeder mensch durchläuft im Laufe seines Lebens eine psychische Entwicklung. Seelische und geistige Fähigkeiten bilden sich umfangreicher heraus und Handlungsmöglichkeiten und Motive verändern sich.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die psychische Entwicklung?

Der psychologische Reifegrad ermöglicht es dem Individuum, sich in seiner Umwelt zurecht zu finden und sich angemessen zu verhalten, um so seine Bedürfnisse zu befriedigen.

Die Psyche eines Menschen entwickelt sich im Laufe seines Lebens in ähnlich festgelegten und allgemeingültigen Schritten weiter wie die Physis. Der Entwicklungsprozess beginnt schon im Alter von ein bis zwei Monaten. Der Säugling beginnt bereits dann, mit seiner Umwelt Kontakt aufzunehmen. Bis zum Alter von etwa sechs Jahren wird das Kind die Kontaktaufnahme zu seiner Umwelt laufend verändern, seine Persönlichkeit entwickeln und Erwachsenentätigkeiten durch Nachahmung erlernen.

Ein Säugling nimmt seine Umwelt noch sehr gegenstandsbezogen wahr. Das heißt, fast jeder Gegenstand in Sichtweite wird gegriffen und in den Mund gesteckt. Bereits im 9. Lebensmonat erfolgt dann ein wichtiger Schritt der psychologischen Entwicklung: Der Säugling registriert, dass es auch außerhalb seines unmittelbaren Umfeldes Gegenstände gibt und nimmt sich selbst als Teil einer Umwelt wahr.

Ab etwa dem 2. Lebensjahr beginnt die Entwicklung der Persönlichkeit. Es werden Abneigungen gebildet (z.B. gegen bestimmte Nahrungsmittel) und ein freier Wille bildet sich immer mehr heraus.

Das Spielverhalten eines Kindes entwickelt sich bis etwa zum 6. Lebensjahr kontinuierlich. Ein Säugling spielt weitestgehend allein und bezieht seine Umwelt nicht mit ein. Bis etwa zum dritten Lebensjahr verändert sich das Spielverhalten nicht wesentlich weiter. Mit 3,5 Jahren beginnt das Kind, andere Menschen oder Puppen in sein Spiel einzubeziehen. Das Kind spielt dabei auch erlebte Handlungen nach. Es imitiert beispielsweise die Interaktionen zwischen Mutter und Vater.

In der Interaktion mit anderen Menschen probiert das Kind außerdem aus, welche Handlung welche Reaktion bei seinem Gegenüber auslöst. Die Psyche des Kindes lernt so, welche Verhaltensweisen den gewünschten Erfolg bringen (z.B. der Wunsch nach Aufmerksamkeit) und welche nicht. Es ist daher wichtig, dass in dieser Phase die Verhaltensweisen der erwachsenen Bezugspersonen verlässlich sind.

Bis zum Erreichen der Schulreife ist ein Mensch nicht in der Lage, den Standpunkt eines anderen einzunehmen. Die Fähigkeit zur Empathie entwickelt sich erst ab etwa dem 7. Lebensjahr. Der Ausbildungsprozess hält dann etwa bis zum 14. Lebensjahr an.

Ca. ab dem 16. Lebensjahr ist ein Mensch in der Lage, sein konkretes Handeln auf die Folgen für die Zukunft zu beziehen: ein weiterer wichtiger Meilenstein in der psychologischen Entwicklung.

Während der Pubertät erfolgt eine weitreichende psychologische Entwicklung. Der Mensch lernt, Verantwortung für sich und für andere zu übernehmen. Gleichzeitig ist die Phase der Pubertät die störanfälligste Zeit in der psychologischen Entwicklung des Menschen, da psychische und physische Reife meist weit auseinanderliegen.

Im hohen Erwachsenenalter erfährt die Psyche einen Umbruch. Die Gerontopsychologie beschäftigt sich mit der Ausprägung bestimmter, auf das hohe Alter eines Menschen bezogener psychologischer Erscheinungen.

Funktion & Aufgabe

Die psychologische Entwicklung ist für einen Menschen eine genauso wichtige Entwicklung wie die der Physis. Sie findet, entgegen der weitläufigen Meinung, nicht automatisch statt, sondern Bedarf einer kontinuierlichen Begleitung durch äußere Anreize wie etwa durch Vorbilder und Lehrinhalte. Wichtig für die psychische Entwicklung ist ein stabiles und sicheres Umfeld, in dem die Grundbedürfnisse gestillt werden.

Der psychologische Reifegrad ermöglicht es dem Individuum, sich in seiner Umwelt zurecht zu finden und sich angemessen zu verhalten, um so seine Bedürfnisse zu befriedigen.


Krankheiten & Beschwerden

Verzögerungen in der psychologischen Entwicklung und damit einhergehende Probleme im Verhalten, sind in der Regel nicht physisch (etwa durch eine Hirnschädigung) erklärbar, sondern sie sind in den allermeisten Fällen erworben. Für eine gesunde psychologische Entwicklung ist es daher unabdingbar, dass Kinder eine Umwelt vorfinden, die ihre Entwicklung fördert und zugewandt begleitet.

Führende Psychologen gehen davon aus, dass bereits relativ geringe Störungen die psychologische Entwicklung eines Kindes nachhaltig negativ beeinflussen können. Beispielsweise scheint es für die Reifung der Psyche hinderlich zu sein, wenn Eltern ihre Kinder durch zu starkes Eingreifen daran hindern, eigene Erfahrungen zu machen. Kinder von sog. „Helikoptereltern“ neigen im späteren Erwachsenenleben dazu, sich nur schlecht an äußere Bedingungen anpassen zu können.

Tatsächliche physische Krankheiten lassen sich nur selten auf eine unterentwickelte Psyche zurückführen. Dennoch scheint es einen Zusammenhang zwischen einer unterentwickelten Psyche und dem Ausbilden einer Depression zu geben. Den Grund dafür sehen Ärzte und Psychologen darin, dass Menschen die dauerhaft Zurückweisungen aufgrund ihrer Verhaltensweisen erfahren haben, im Erwachsenenalter stärker dazu neigen, sich zurückzuziehen, weshalb sich depressive Schübe herausbilden können.

Quellen

  • Arolt, V., Reimer, C., Dilling, H.: Basiswissen Psychiatrie und Psychotherapie. Springer, Heidelberg 2007
  • Davison, G.C., Neale, J.M., Hautzinger, M.: Klinische Psychologie. Beltz PVU, München 2007
  • Möller, H.-J., Laux, G., Deister, A.: Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie. Thieme, Stuttgart 2015

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