Pseudomykose

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Pseudomykosen zeigen das klinische Bild von Mykosen. Anders als eine Mykose liegt einer Pseudomykose allerdings keine Pilzinfektion, sondern eine bakterielle Infektion zugrunde. Die Therapie hängt vom Erreger und dem Muster des Befalls ab, umgreift aber meist Antibiotika-Gabe.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Pseudomykose?

Patienten mit Nokardiose zeigen die Symptome einer granulomatösen Infektionskrankheit und sind häufig von Pneumonien, Hirnabszessen, Endokarditis oder einem Empyem betroffen.
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Mykosen sind mit Mikroorganismen assoziiert. Es handelt sich um Pilzerkrankungen, die einer Infektionskrankheit entsprechen. Die Erreger der Infektion sind Myzelpilze und Hefen. Der Vorgang der Infektion muss nicht zwingend zur Erkrankung führen. Parasitär breiten sich die Erreger einer Mykose im lebenden Gewebe aus.

Das klinische Bild von Mykosen ist relativ typisch. Meist manifestiert sich der Befall in rot ovalen oder runden Läsionen der Haut oder Schleimhäute, die randständig Schuppen und subjektiv mit Juckreiz oder Brennen assoziiert sind. Eine Pseudomykose zeigt das klinische Bild einer Mykose, wird allerdings nicht von Pilzen hervorgerufen. Die Besiedelung kann die Haut, die Lunge oder das zentrale Nervensystem betreffen.

In den meisten Fällen handelt es sich bei Pseudomykosen um Reaktionen auf bakterielle Krankheitserreger verschiedener Art. Neben Nokardien können Aktinomyzeten und Bakterien der Spezies Corynebacterium minutissimum zu einem Mykose-ähnlichen Krankheitsbild führen. Vor allem bei Aktinomyzeten entspricht die Infektion oftmals einer endogenen Infektion.

Dabei dringen die Bakterien der normalen Haut- oder Mundflora in tiefere Gewebeschichten ein. Pseudomykosen können in Extremfällen eine Bakteriämie und die damit assoziierte Sepsis hervorrufen. Abhängig vom Erreger unterscheiden sich die Symptome und das vorwiegend betroffene Gewebe.

Ursachen

In Abhängigkeit von ihrer Ursache wird die Pseudomykose in verschiedene Untergruppen eingeteilt. Infektionen mit Nokardien und insbesondere dem Bakterium Nocardia asteroides rufen die sogenannte Nokardiose hervor, die sich als Pseuomykose im zentralen Nervensystem und in den Lungen manifestiert.

Ein weiterer Erreger von Pseudomykosen sind bakterielle Aktinomyzeten, die eine sogenannte Aktinomykose oder Strahlenpilzkrankheit hervorrufen können und sich in Form einer Pseudomykose verschiedener Körperregionen manifestieren. Aktinomykosen werden abhängig vom betroffenen Gewebe und damit dem Verlauf in zerviko-faziale, thorakale und intestinale Formen unterteilt.

Gerade Aktinomyzeten gleichen in ihrer Morphologie der Gestalt von Pilzen und werden eben deswegen häufig als Strahlenpilz bezeichnet. Der häufigste Erreger dieser Pseudomykosen ist die Spezies Actinomyces israelii, die als Kommensale natürlicherweise den menschlichen Mund bewohnt. Infektionen mit dem Corynebacterium minutissimum, das die normale Hautflora bewohnt und vorwiegend Mykose-ähnliche Hautsymptome hervorruft.

Mit dieser Ursache wird die Pseudomykose auch als Erythrasma bezeichnet. Die Gemeinsamkeit aller Pseudomykosen ist ihr bakterieller Ursprung, der als oberstes Abgrenzungskriterium von echten Mykosen gilt. In der Regel sind vor allem immunsupprimierte oder anderweitig immundefizite Patienten für Pseudomykosen gefährdet.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Patienten mit Nokardiose zeigen die Symptome einer granulomatösen Infektionskrankheit und sind häufig von Pneumonien, Hirnabszessen, Endokarditis oder einem Empyem betroffen. Aktinomykosen sind ebenfalls mit Abszessbildung assoziiert. Die Eiteransammlungen aus Bakterien und abgestorbenen Zellen breiten sich auf das umliegende Gewebe aus, wobei die derben konsistenten Läsionen von Bindegewebe und Granulationsgewebe gerahmt sind.

Diese Pseudomykosen können neben der Haut die Lunge, den Brustkorbbereich, die Bauchorgane und Schleimhäute, das zentrale Nervensystem oder den Gesichts-, Hals- und Mundbereich betreffen. Das Erythrasma manifestiert sich typischerweise wiederum in Form von Hautsymptomen, die als scharf abgegrenzte, bräunlich-rote, ebene Hautareale mit feinen Falten und Schuppen in Erscheinung treten. Gerade diese Pseudomykose kann von Juckreiz begleitet werden.

Am häufigsten tritt diese Variante in den Achselhöhlen, in der Leistenregion, am Skrotum oder in den Zehenzwischenräumen auf, wobei sich die Infektion in andere Regionen der Haut ausbreitet. Alle bakteriellen Infektionen können von allgemeinen Infektionszeichen wie Abgeschlagenheit, Müdigkeit, Fieber und Schüttelfrost begleitet sein.

Falls eine Beteiligung des Zentralnervensystems vorliegt, stellen sich unter Umständen funktionale Beeinträchtigung der Sensibilität oder Motorik ein. Wenn die Bakterien die Blutbahnen erreichen, kann sich bei Patienten mit schlechtem Abwehrsystem eine Blutvergiftung einstellen.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Die Diagnose einer Pseudomykose stellt sich meist durch kulturellen Nachweis der typischen Erreger. Allerdings nimmt dieser Nachweis vor allem bei Aktinomyces einige Zeit in Anspruch, sodass häufig die mikroskopische Ansicht als Diagnosekriterium dienen muss. Die Beteiligung von Organen und Schleimhäuten wird mittels bildgebender Verfahren näher eingeschätzt.

Die Prognose der Patienten unterscheidet sich mit der Erregerart und dem Muster des Befalls. Mit einer Sepsis kann eine lebensbedrohliche Situation vorliegen. Unbehandelte Nokardiosen verlaufen meist tödlich. Erythrasmen sind mit den besten Heilungsaussichten assoziiert.

Komplikationen

Pseudomykosen können in schweren Fällen eine Bakteriämie und infolge eine Sepsis hervorrufen. Bei einer Bakteriämie dringen Bakterien in die Blutbahn vor. Die Krankheitserreger werden bei gesunden Erwachsenen meist problemlos vom Immunsystem vernichtet. Bei Kindern, deren Immunsystem noch nicht voll entwickelt ist, sowie bei Senioren und Erwachsenen mit geschwächten Abwehrkräften gelingt die Eliminierung der der Krankheitserreger aber nicht immer.

Diese erreichen dann über die Blutbahn die Organe und befallen diese. Die Folge kann eine schwere Blutvergiftung oder ein septischer Schock sein, bei dem es zum Kreislaufzusammenbruch kommt. Sowohl die Sepsis als auch der durch sie verursachte Schock können im für den Patienten tödlich enden. Bei Diabetikern kann sich ein chronisches Erythrasma bilden.

Dabei handelt es sich um eine Form der Pseudomykose, die sich in den Körper- und Fettfalten übergewichtiger Personen ausbreitet, wobei Zuckerkranke besonders häufig betroffen sind. Die Infektion zeigt sich durch schuppige, bräunliche Hautläsionen, die unbehandelt einen unangenehmen Geruch absondern können. Eine Behandlung mit Antibiotika ist meist erfolgreich, bei einigen Patienten heilt die Krankheit aber nicht aus. Das Erythrasma klingt entweder nicht vollständig ab oder tritt in kurzen Abständen immer wieder auf.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Die typischen Hautveränderungen deuten auf eine Pseudomykose hin, die in jedem Fall ärztlich untersucht werden muss. Wenn im Bereich von Leiste, Achselhöhle oder Skrotum schuppige oder verhornte Hautareale bemerkt werden, die kaum jucken, empfiehlt sich ein Arztbesuch. Zu den Risikopatienten zählen Menschen mit Adipositas, Diabetes mellitus, Hyperhidrosis und Immunsuppression. Betroffene Personen sollten den Arzt einschalten, wenn die genannten Symptome auftreten und innerhalb einer Woche nicht von selbst abklingen bzw. sogar noch an Intensität zunehmen.

Die Pseudomykose wird von dem Hausarzt oder einem Dermatologen behandelt. Daneben kann mit den Beschwerden zu einem Internisten gegangen werden. Sollte sich das Leiden sehr negativ auf das Wohlbefinden auswirken, kann begleitend zur ärztlichen Behandlung eine therapeutische Beratung sinnvoll sein. Der Patient sollte mit dem Arzt über die notwendigen Maßnahmen sprechen und gegebenenfalls weitere Mediziner in die Behandlung involvieren. Kinder sollten dem Kinderarzt vorgestellt werden, wenn die gemannten Symptome auftreten und nicht von selbst wieder zurückgehen.

Behandlung & Therapie

Der Erreger bestimmt die Behandlung einer Pseudomykose. Nokardiosen werden mit Antibiotika wie Ceftriaxon in kombinierter Gabe mit Aminoglykosid behandelt. Bei Aktinomykosen reicht im Anfangsstadium eine Antibiotika-Gabe in Form von Aminopenicillin- oder Tetrazyklin-Behandlung aus, wobei im fortgeschrittenen Krankheitsstadium chirurgische Eingriffe zur Abszesseröffnung erforderlich sind.

Erythrasmen werden meist lokal mittels Miconazol- und Fusidinsäure-Creme behandelt. Außerdem kann Benzoesäure und ASS gegeben werden. Die systemische Therapie mit Erythromycin dauert in der Regel zwei Wochen und ist mit optimalen Heilungsaussichten assoziiert. Auch eine Ein-Dosis-Therapie mit Clarithromycin liegt bei dieser Variante der Pseudomykose im Bereich des Möglichen.

Unter Umständen stellt photodynamische Therapie eine Alternative zur pharmakologischen Behandlung dar. Diese Behandlung erfolgt mit Rotlicht und wird in der Regel mit der Trockenlegung der beteiligten Hautbezirke durch feuchtigkeitsabsorbierende Puder und luftdurchlässige Kleidung kombiniert.

Bei Pseudomykosen mit Befall des zentralen Nervensystems kann auch nach einer Abheilung eine Funktionsbeeinträchtigung bestehen bleiben, der meist mit physiotherapeutischen Maßnahmen begegnet wird.


Vorbeugung

Da gerade Pseudomykosen durch Aktinomyces häufig im Rahmen von Zahnoperationen eintreten, wird vor und nach größeren Zahnoperationen oft prophylaktisch Antibiotikum verabreicht. Da Pseudomykosen speziell immundefizite Patienten betreffen, gilt darüber hinaus eine Stärkung des Immunsystems als vorbeugender Schritt.


Nachsorge

Eine Pseudomykose wird von Bakterien ausgelöst. Der behandelnde Arzt wird daher in der Regel ein Antibiotikum verschreiben. Hier ist die unbedingte Mithilfe des Patienten gefragt. Das Antibiotikum muss regelmäßig und für eine bestimmte Zeitspanne eingenommen werden, damit es seine Wirkung voll entfalten kann. Wird das Medikament zu früh abgesetzt, kann es zu Komplikationen oder Rückfällen kommen.

Diabetiker und Menschen mit starkem Übergewicht haben häufig eine verzögerte Wundheilung. Wunde Stellen in Körperfalten heilen oftmals nur sehr schwer aus. Hier empfiehlt sich die Behandlung mit Rotlicht. Entsprechende Geräte sind über den Handel relativ preiswert zu beziehen. Die Bestrahlung mit Rotlicht trocknet die befallenen Hautstellen aus und verstärkt dadurch den Heilungsprozess. Medizinische Puder helfen ebenfalls dabei, die Feuchtigkeit zu absorbieren.

Um unnötiges Schwitzen zu vermeiden, sollte während der Infektion lockere, luftige Kleidung aus natürlichen Materialien getragen werden. Wie bei allen Infektionskrankheiten gilt es, das Immunsystem zu stärken und zu stabilisieren. Vitaminreiche Kost, Bewegung an der frischen Luft und moderate sportliche Betätigung beschleunigen den Heilungsprozess. Ein gestärktes Immunsystem hilft vor allem älteren Menschen und Menschen mit einer allgemeinen Abwehrschwäche, schneller mit der Pseudomykose fertig zu werden.

Das können Sie selbst tun

Da eine Pseudomykose von Bakterien ausgelöst wird, verschreibt der behandelnde Arzt in der Regel ein Antibiotikum. Hier ist eine gute „Compliance“ wichtig, das heißt, der Patient sollte unbedingt den ärztlichen Anweisungen folgen und das verschriebene Antibiotikum regelmäßig einnehmen. Nur so ist der Erfolg der Behandlung sicher. Das Medikament darf auch keinesfalls vorzeitig abgesetzt werden, weil es sonst zur Rückfällen oder Komplikationen kommen kann.

Bei Diabetikern oder Menschen mit Übergewicht kann es vorkommen, dass die wunden Stellen nicht ausheilen. Meist sind das Areale in Haut- oder Körperfalten. Hier empfehlen sich zusätzliche Behandlungen mit Rotlichtgeräten, wie man sie überall preiswert kaufen kann. Rotlichtbäder trocknen die befallenen Hautbezirke, was zu einer schnelleren Heilung beiträgt. Dieser Effekt kann mit Pudern verstärkt werden, die Feuchtigkeit absorbieren. Es empfiehlt sich weiterhin, natürliche, luftdurchlässige Kleidung zu tragen, damit die betroffenen Körperregionen nicht unnötig ins Schwitzen kommen.

Eine frische, vitaminreiche Kost, ein geregelter Tagesablauf und viel frische Luft tragen zur Stabilisierung des Immunsystems und damit auch zur Heilung bei. Das gilt auch für regelmäßige Bewegung und moderaten Sport. Besonders ältere Menschen oder Menschen mit einer allgemeinen Abwehrschwäche profitieren von einem verbesserten Immunsystem, weil bei ihnen die Pseudomykose sonst möglicherweise nicht ganz ausheilen kann.

Quellen

  • Hahn, H., et al.: Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie. Springer, Berlin 2012
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Suttorp et al.: Infektionskrankheiten verstehen, erkennen, behandeln. Thieme, Stuttgart 2003

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