Promyelozytenleukämie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 10. April 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Bei der Promyelozytenleukämie handelt es sich um eine akute Form der Leukämie durch eine Neoplasie im roten Knochenmark. Es kommt dabei zu einer ungesteuerten Vermehrung von Promyelozyten, einer unreifen Vorstufe von weißen Blutkörperchen, Leukozyten. Behandlungs- und mittlere Überlebenschancen der Promyelozytenleukämie gelten immer noch als schlecht.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Promyelozytenleukämie?

Die sichere Diagnose einer Promyelozytenleukämie muss im hämatologischen Laboratorium unter Hinzuziehung eines Facharztes gestellt werden.
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Die Promyelozytenleukämie, PML, stellt eine Sonderform einer akut-myeloischen-Leukämie, AML, dar. Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass sich unreife weiße Blutzellen vermehrt im Blutstrom nachweisen lassen. Bei Promyelozyten handelt es sich um Knochenmarkszellen, die normalerweise nicht im Blut vorkommen.

Bei der PML wird dieser Zelltyp jedoch aus bisher ungeklärten Gründen übermäßig im Knochenmark gebildet und in den freien Blutstrom entlassen. Diese Form der Neoplasie ist durch eine ganz bestimmte, charakteristische Form der unreifen weißen Blutzellen, auch Blasten genannt, gekennzeichnet.

Innerhalb aller Neudiagnosen von akut-myeloischen Leukämien macht die Promyelozytenleukämie nur einen Anteil von etwa fünf Prozentaus, diese Leukämieform ist also selten. Beim Ausbruch der PML können ethnische und regionale Häufigkeiten festgestellt werden, für die es allerdings bis heute keine plausible Erklärung gibt.

Betroffen sind überwiegend Jugendliche und junge Erwachsene, denn nach Vollendung des 60. Lebensjahres nimmt die Erkrankungsrate deutlich ab. Frauen und Männer sind von der Promyelozytenleukämie etwa gleichermaßen betroffen.

Ursachen

Eine eindeutige Ursachenzuordnung für das Entstehen und den Ausbruch einer Promyelozytenleukämie ist bis heute nicht bekannt. In Mittel- und Südamerika, in Italien sowie in Spanien kann eine höhere Inzidenz beobachtet werden, für die der Grund allerdings ebenfalls unbekannt ist. Es ergeben sich jedoch Hinweise auf sogenannte Chromosomenaberrationen, die unmittelbar an der Entstehung einer Promyelozytenleukämie beteiligt sein könnten.

Als diagnostisch beweisend gilt das Vorhandensein einer bestimmten Chromosomentranslokation beziehungsweise des damit korrespondierenden Fusionsgens. Darüber hinaus wurden auch andere molekulare Varianten festgestellt, welche allerdings noch seltener auftreten. Allerdings treten diese typischen Chromosomenveränderungen längst nicht bei allen Patienten auf, die an einer Promyelozytenleukämie erkrankt sind.

Deshalb ist dies auch als alleiniges Kriterium zur Festlegung der Ursache unzureichend. Auch die Theorie einer vermehrten familiären Häufung des Krankheitsbildes wurde inzwischen wieder verworfen. Die Krankheitsentstehung einer PML beginnt stets im roten Knochenmark, wo sich eigenständige, autonome Klone entwickeln, welche ungesteuert, also einer bösartigen Tumorzelle typisch, unreife weiße Blutkörperchen produzieren.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Es handelt sich bei der Promyelozytenleukämie um eine Form einer akut auftreten Leukämie und deshalb auch stets um einen hämatologischen Notfall, welcher der sofortigen medizinischen Intervention bedarf. Durch die Neoplasie unreifer weißer Blutzellen im Knochenmark wird die Produktion der Thrombozyten, Blutplättchen, weitgehend verdrängt.

Deshalb kommt es schon frühzeitig zu einer verstärkten Blutungsneigung als wichtigstes diagnostisches Kriterium. Diese Blutungsneigung geht ebenfalls regelmäßig einher mit einer ausgeprägten Blutgerinnungsstörung. Äußerlich sind diese Krankheitszeichen bereits erkennbar an feinsten, punktförmigen Einblutungen der Haut und Schleimhäute, auch bezeichnet als Petechien.

Deshalb besteht Lebensgefahr, auch bei kleinsten Verletzungen, durch unstillbare Blutungen. Die größere Gefahr für Patienten mit Promyelozytenleukämie geht aber aus von inneren, vor allem intracerebralen Blutungen, die ebenfalls direkte Folge der erhöhten Blutungsneigung sind.

Erfolgen nicht umgehend spezifische Therapiemaßnahmen, kann das Leben der Betroffenen meist nicht gerettet werden. Im Frühstadium der Erkrankung, lange bevor es zu einer sichtbaren Blutungsneigung kommt, stehen eher unspezifische Symptome im Vordergrund. Dazu gehören beispielsweise ausgeprägte Blässe aufgrund einer Anämie, Leistungsabfall und Müdigkeit.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Die sichere Diagnose einer Promyelozytenleukämie muss im hämatologischen Laboratorium unter Hinzuziehung eines Facharztes gestellt werden. Unter dem Lichtmikroskop zeigt sich ein charakteristisch leukämisches Bild mit massenhaften Vorkommen von Promyelozyten im peripheren Blut.

Biopsate des Knochenmarks sowie humangenetische und gerinnungsphysiologische Untersuchungen können die Diagnose bereits frühzeitig erhärten. Der Krankheitsverlauf gilt als infaust, da sich um ein schweres Krankheitsbild mit deutlich reduziertem Allgemeinzustand handelt.

Komplikationen

In erster Linie führt die Promyelozytenleukämie zu einer deutlich erhöhten Blutungsneigung bei den Betroffenen. Schon bei nur kleinen Unfällen oder Schnitten kommt es zu starken Blutungen. Auch die Blutgerinnung selbst ist durch die Promyelozytenleukämie in den meisten Fällen deutlich gestört, sodass die Blutungen nicht leicht zu stoppen sind. In der Regel kommt es daher schon bei kleineren Blutungen zu einer Lebensgefahr, falls die Blutungen nicht gestoppt werden können.

Auch innere Blutungen können durch die Promyelozytenleukämie auftreten und zu schwerwiegenden Komplikationen und Beschwerden führen. Die Betroffenen selbst leiden dabei oft an einer Abgeschlagenheit und an einer Müdigkeit, die allerdings nicht mit Hilfe von Schlaf ausgeglichen werden kann. Auch eine dauerhafte Blässe tritt durch die Promyelozytenleukämie auf und die Belastbarkeit der Betroffenen sinkt durch die Krankheit deutlich ab.

Die Behandlung der Promyelozytenleukämie erfolgt in der Regel mit Hilfe von Medikamenten. Dabei kommt es nicht zu Komplikationen, falls keine Überdosierung des Medikamentes erfolgt. Weiterhin kommt es auch zu einem positiven Krankheitsverlauf. Ob allerdings die Lebenserwartung des Betroffenen durch die Promyelozytenleukämie verringert ist, kann in der Regel nicht vorausgesagt werden.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Eine erhöhte Blutungsneigung ist als Alarmsignal des Organismus zu verstehen. Können selbst kleine Verletzungen nicht mit den gängigen Methoden der Blutstillung gestoppt werden, ist eine erhöhte Wachsamkeit gefragt. Es sollte schnellstmöglich ein Arztbesuch erfolgen, da bei einem ungünstigen Krankheitsverlauf die Promyelozytenleukämie zu einem vorzeitigen Ableben des Patienten führt. Eine rechtzeitige und umfassende medizinische Versorgung ist im Umgang mit der Erkrankung essentiell. Dazu zählen auch die frühzeitige Diagnosestellung und ein Arztbesuch bei den ersten Anzeichen einer gesundheitlichen Beeinträchtigung.

Darüber hinaus besteht bei offenen Wunden die Gefahr einer Sepsis und damit einer Blutvergiftung. Ein blasses Hautbild, eine schnelle Erschöpfung und erhöhte Müdigkeit sind Anzeichen einer Störung. Treten die Beschwerden plötzlich auf oder entwickeln sie sich schleichend, wird ein Arzt benötigt. Bei einem zunehmenden Schlafbedarf, einer Apathie sowie einer Teilnahmslosigkeit besteht Handlungsbedarf. Kommt es zu Veränderungen des Verhaltens, werden Freizeitaktivitäten reduziert oder zeigt sich eine Interesselosigkeit, sollte ein Arzt konsultiert werden.

Störungen der Aufmerksamkeit oder Konzentration sind besorgniserregend. Sie weisen auf eine gesundheitliche Unregelmäßigkeit hin, die untersucht und behandelt werden muss. Ein geistiger wie körperlicher Abfall des üblichen Leistungsniveaus muss mit einem Arzt besprochen werden. Eine Abnahme der Belastbarkeit oder eine Zunahme des Stresserlebens sind Hinweise, denen nachgegangen werden sollte.

Behandlung & Therapie

Eine kausale, also ursachenbezogene Behandlung der Promyelozytenleukämie ist bis heute noch nicht möglich. Alle Therapieelemente konzentrieren sich darauf, die autonome Neoplasie von unreifen weißen Blutzellen im Knochenmark zu stoppen. Dazu werden Hochdosis Chemotherapien mit sogenannten Anthrazyklinen initial durchgeführt.

Da sich die Patienten aber durch die erhöhte Blutungsneigung in Lebensgefahr befinden, muss parallel dazu eine Substitutionstherapie mit Gerinnungsfaktoren stattfinden. Zur Erhöhung der Thrombozytenzahl werden zusätzlich selektive Thrombozytenkonzentrate intravenös verabreicht. Neuere Behandlungsstrategien ergeben sich aus der Gabe von All-Trans-Retinsäure, ATRA, es handelt sich dabei um ein Derivat der Vitamin A Säure.

Diese Substanz, welche kein Chemotherapeutikum ist, wirkt auf molekularer Ebene und induziert die Ausreifung von unreifen Blasten in reife und funktionsfähige weiße Blutkörperchen, neutrophile Granulozyten. Neben der Hochdosis Chemotherapie sowie der Behandlung mit ATRA werden stets auch Arsenverbindungen in das Behandlungskonzept mit einbezogen.

Die antileukämische Effizienz bestimmter Arsenmoleküle in der Behandlung akuter Leukämien ist gut dokumentiert. Wegen der enormen Toxizität von Arsen als Schwermetall muss jede Form einer Überdosierung jedoch strengstens vermieden werden.


Vorbeugung

Wenn ein Patient nach erfolgter Erstdiagnose einer Promyelozytenleukämie fünf Jahre überlebt hat, ist die Rezidivrate gegenüber anderen Knochenmarks- Neoplasien erstaunlich niedrig. Engmaschige Kontrollen von Blutbild und Gerinnungswerten sind unabdingbar. Eine direkte Vorbeugung gegen das Auftreten einer Promyelozytenleukämie existiert nicht.

Gesunden Patienten im mittleren Lebensalter kann jedoch angeraten werden, im Rahmen von Vorsorgeuntersuchungen beim Hausarzt regelmäßig auch eine Blutbildkontrolle durchzuführen. Leukämische Veränderungen würden so frühzeitig auffallen, auch wenn noch keine Symptome vorhanden wären.

Nachsorge

Nach der Behandlung der Promyelozytenleukämie ist eine Langzeitüberwachung der Patienten zu empfehlen. Die Nachsorge läuft über einen Zeitraum von mindestens zehn Jahre. Während dieser Zeit werden die Patienten einmal jährlich zur Kontrolle untersucht. Die Nachsorgeuntersuchungen konzentrieren sich auf die Feststellung eines Spätrezidives.

Der Begriff bezeichnet ein erneutes Auftreten der Erkrankung einige Jahre nach der Behandlung. Ein wiederholtes Aufleben einer Promyelozytenleukämie nach erfolgreicher Therapie ist im Zeitraum bis zu fünf Jahre sehr selten. Vereinzelt wurden jedoch späte Rezidive nach mehr als zehn Jahren beobachtet. Das erklärt den langen Zeitraum der Nachsorgeuntersuchungen.

Mit den regelmäßigen Kontrolluntersuchungen können Spätfolgen durch die Therapie erfasst werden und das Auftreten von sekundären Leukämien oder anderen bösartigen Tumoren festgestellt werden. Teil der Nachsorge bei Patienten mit Promyelozytenleukämie ist eine regelmäßige Untersuchung des Knochenmarks in Abständen von drei Monaten über einen Zeitraum von 12 bis 18 Monaten.

Die Dauer der Nachsorge richtet sich danach, ob die Patienten als Standardrisikopatienten oder Hochrisikopatienten eingestuft werden. Ziel dieser Nachsorgeuntersuchung ist das Aufspüren von eventuell im Körper verbliebenen Restleukämiezellen. Durch eine rechtzeitige Therapie bei positivem Befund kann ein Rückfall früh erkannt und behandelt werden.

Das können Sie selbst tun

Die Promyelozytenleukämie hat bei adäquater Behandlung eine gute Prognose. Dazu ist aber die Mithilfe der Patienten sehr wichtig. In Absprache mit dem Arzt sollte der Patient in einem spezialisierten Leukämiezentrum behandelt werden. Dort können alle bekannten Komplikationen durch bestimmte Maßnahmen entweder verhindert oder schnell behandelt werden. Um die Leukämie rechtzeitig zu erkennen, sollte der Patient bei unklaren Symptomen wie dauerhafter extremer Müdigkeit, Hautblässe, Fieber, ständigen Bauchschmerzen, gesteigerter Blutungsneigung, blauen Flecken, Lymphknotenschwellungen, Gelenkschmerzen und anderen merkwürdigen Veränderungen unbedingt den Arzt aufsuchen. So ist ein schneller Beginn der Therapie möglich.

Der Patient kann sich des Weiteren über Selbsthilfegruppen, die Deutsche Krebshilfe e.V. oder die Deutsche Leukämie- und Lymphom-Hilfe e. V. ausgiebig informieren und dadurch auch Ängste abbauen. Vielen Patienten hilft die Mitgliedschaft in einer Selbsthilfegruppe, wo verschiedene Erfahrungen im Umgang mit der Erkrankung ausgetauscht werden. Das stellt für viele Betroffene eine große Erleichterung dar. Die Gewissheit, dass eine Heilung möglich ist, kann den Heilungsprozess zusätzlich noch beschleunigen. Aber auch in schwereren Fällen kann dieser Austausch einen sehr positiven Einfluss auf die Lebensqualität ausüben.

Oft hilft auch die Inanspruchnahme einer psychologischen Beratung, um Depressionen und anderen psychischen Folgeerscheinungen der Leukämie vorzubeugen. Trotz schwerer Erkrankung unterstützt auch eine gesunde Lebensweise mit ausgewogener Ernährung und Aufenthalt an frischer Luft bei der Genesung.

Quellen

  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Pfeifer, B., Preiß, J., Unger, C. (Hrsg.): Onkologie integrativ. Urban & Fischer, München 2006
  • Preiß, J. et al.(Hrsg.): Taschenbuch Onkologie. Zuckschwerdt, München 2014

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