Procainamid

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 16. April 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Procainamid ist ein Arzneistoff aus der Gruppe der Antiarrhythmika. Die Substanz wird vor allem in der Therapie von Herzrhythmusstörungen eingesetzt.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Procainamid?

Das Antiarrhythmikum wurde zur Therapie von Herzrhythmusstörungen entwickelt. So gehören unter anderem therapieresistente ventrikuläre und supraventrikuläre Tachykardien zu den Indikationen für eine Behandlung mit Procainamid.
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Procainamid ist ein Antiarrhythmikum der Klasse Ia. Diese verschlechtern die Erregbarkeit der Herzzellen und führen so zu einer Verlängerung des Aktionspotentials. Infolge sind die Herzzellen nicht so gut erregbar und überflüssige Herzaktivitäten bleiben aus.

Die Klasse I der Antiarrhythmika entspricht der Gruppe der Natriumkanalblocker. Allerdings ist Procainamid kein Mittel der ersten Wahl, sondern wird im europäischen Raum fast ausschließlich als Reserveantiarrhythmikum genutzt.

Die Bioverfügbarkeit von Procainamid liegt bei 80 Prozent, nur 20 Prozent des Wirkstoffes sind an die sogenannten Plasmaproteine im Blut gebunden. Die Verstoffwechselung des Arzneistoffes findet überwiegend in der Leber durch das hepatische Cytochrom P450-System statt.

Die Plasmahalbwertszeit liegt bei durchschnittlich drei Stunden. Das bedeutet, dass innerhalb dieses Zeitraumes die Konzentration von Procainamid im Blutplasma auf die Hälfte des ursprünglichen Wertes abfällt. Die Ausscheidung von Procainamid erfolgt über die Nieren.

Pharmakologische Wirkung

Procainamid gehört zu den Natriumkanalblockern. Diese werden auch als Natriumkanalantagonisten bezeichnet. Sie binden sich an einen spannungsabhängigen Natriumkanal, der für die Depolarisation im Rahmen des Aktionspotentials verantwortlich ist. Das Aktionspotential ist eine vorübergehende Abweichung des Membranpotentials einer Zelle in den positiven Bereich. Ohne eine ausreichende Depolarisation ist kein Aktionspotential und damit auch keine Reizweiterleitung im Bereich der Nervenfasern und der Zellen möglich.

Die Natriumkanalblocker werden entsprechend ihrer Affinität zum Kanal und ihrer Wirkgeschwindigkeit in verschiedene Subklassen unterteilt. Procainamid gehört zur Klasse Ia. Diese blockieren die Natriumkanäle und verlangsamen die Depolarisationsgeschwindigkeit. Durch eine Hemmung der Kaliumkanäle bewirkt Procainamid zudem eine Verlängerung der Repolarisationsdauer und führt so zusammenfassend zu einer Verlängerung des Aktionspotentials.

Medizinische Anwendung & Verwendung

Das Antiarrhythmikum wurde zur Therapie von Herzrhythmusstörungen entwickelt. So gehören unter anderem therapieresistente ventrikuläre und supraventrikuläre Tachykardien zu den Indikationen für eine Behandlung mit Procainamid.

Die ventrikulären Rhythmusstörungen haben ihren Ursprung im Reizleitungssystem des Herzens in der Nähe des sogenannten His-Bündels, einem Teil des Reizleitungssystems. Bei einer ventrikulären Tachykardie schlägt das Herz bis zu 320 Mal pro Minute. Man spricht hier auch vom Kammerflimmern. Supraventrikuläre Tachykardien entstehen hingegen über den Kammern, im Bereich des Sinusknotens oder der Herzvorhöfe.

Auch bei Tachyarrhythmien kommt Procainamid zum Einsatz. Eine Tachyarrhythmie ist eine Kombination aus einer Herzrhythmusstörung (Arrhythmie) und einer Tachykardie, also einem zu schnellen Herzschlag.


Risiken & Nebenwirkungen

Zu den häufigen Nebenwirkungen von Procainamid gehören Störungen der Kreislaufregulation und ein zu niedriger Blutdruck (Hypotonie). Auch Fieber kann bei Einnahme des Antiarrhyhthmikums auftreten. In selteneren Fällen kann sich eine sogenannte Agranulozytose entwickeln. Dabei kommt es zu einem vollständigen Mangel an bestimmten weißen Blutkörperchen, den Granulozyten, im Blut. Die Patienten leiden unter einem ausgeprägten Krankheitsgefühl, bakteriellen Infektionen mit Schüttelfrost und Fieber sowie unter Schleimhautnekrosen im Bereich des Anus, der Genitalien und des Rachens.

Über eine Induktion von antinukleären Antikörpern kann Procainamid einen systemischen Lupus Erythematodes provozieren. Es handelt sich dabei um eine Systemerkrankung mit Symptomen wie Fieber, Muskelentzündungen, auffallenden Rötungen an Wangen und Nase, Nierenveränderungen, neurologischen Beschwerden oder deutlichen Veränderungen im Blutbild.

Zu den Nebenwirkungen, die unter der Einnahme von Procainamid auftreten können, gehören zudem Mundtrockenheit, Störungen der Geschmacksempfindung, Kopfschmerzen und Schwindel. Auch Übelkeit, Erbrechen und Verstopfung sind potenzielle unerwünschte Arzneimittelwirkungen.

Procainamid darf nicht bei bekannter Überempfindlichkeit eingesetzt werden. Zu den Kontraindikationen gehört neben einer Herzinsuffizienz auch ein verlangsamter Herzschlag. Ebenso ist Procainamid nicht für Patienten mit Störungen im Reizleitungssystem des Herzens wie beispielsweise dem Sick-Sinus-Syndrom geeignet.

Innerhalb der ersten drei Monate ist eine Einnahme von Procainamid genauso kontraindiziert wie bei niedrigem Blutdruck, Störungen des Elektrolythaushalts und schwerem Asthma bronchiale.

Die autoimmunbedingte Störung Myasthenia gravis, die mit Muskellähmungen einhergeht, gehört ebenfalls zu den Kontraindikationen. Zudem darf Procainamid nicht in der Schwangerschaft oder in der Stillzeit eingenommen werden.

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