Phobie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 11. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Phobien sind ein weit verbreitetes Problem. Etwa 7% der Menschen leiden an einer leichten Phobie, jedoch nur weniger als 1% der Bevölkerung sind von einer schweren Phobie betroffen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Phobie?

Eine Phobie äußert sich mit typischen vegetativen Symptomen und kann auch auf die Psyche übergreifen. Sie kann aufgrund eines konkreten Auslösers Symptome auslösen (etwa bei einer Arachnophobie oder einer Klaustrophobie) oder zu einem dauerhaften Angstzustand führen.
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Eine übertriebene Angst vor speziellen Situationen oder Dingen wird als Phobie bezeichnet. Es gibt drei Arten von Phobien. Bei der Agoraphobie besteht eine Angst vor öffentlichen Plätzen oder vor Menschansammlungen. Bei einer sozialen Phobie liegt eine generelle Angst vor anderen Menschen vor.

Bei einer spezifischen Phobie bezieht sich die Angst auf spezielle Dinge, wie Spinnen oder Krankheiten. Den Betroffenen ist meist bewusst, dass ihr Verhalten unsinnig ist. Jedoch können sie sich gegen ihr eigenes Verhalten nicht wehren, da die Angst zwanghaft ist und nicht kontrolliert werden kann.

Ursachen

Es gibt drei Gruppen von Erklärungsmodellen zu den Ursachen von Phobien. Der lerntheoretische Ansatz geht davon aus, dass die Angst „erlernt“ wird. Dabei wird in einer ursprünglich neutralen Situation Angst empfunden. Dadurch, dass die Betroffen zukünftig diese und ähnliche angstbesetzten Situationen meiden, wird Angst verstärkt und die Betroffenen geraten in einen Teufelskreis, aus dem sie ohne Hilfe nicht mehr herauskommen.

Der neurobilogische Ansatz geht davon aus, dass Phobien eine biologische Ursache haben. Es wird vermutet, dass Phobiker ein labileres autonomes Nervensystem haben, welches schneller gereizt werden kann und sich auf Grund dessen Ängste schneller entwickeln.

Der tiefenpsychologische Ansatz geht davon aus, dass die normale Konfliktlösung durch Kompromissfindung bei Phobikern in bestimmten Situationen misslingt und dadurch die Angst entsteht.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Eine Phobie äußert sich mit typischen vegetativen Symptomen und kann auch auf die Psyche übergreifen. Sie kann aufgrund eines konkreten Auslösers Symptome auslösen (etwa bei einer Arachnophobie oder einer Klaustrophobie) oder zu einem dauerhaften Angstzustand führen. Dies ist abhängig davon, welche Form der Angststörung vorliegt.

Angststörungen mit nicht alltäglichen Triggern (Flugzeuge, Clowns oder dergleichen) führen nicht zu lang anhaltenden Angstattacken. Phobien, die sich auf Allgegenwärtiges beziehen, können dies hingegen.

Die vegetativen Symptome umfassen dabei das starke Schwitzen, Herzrasen, Übelkeit, Stuhldrang, Harndrang und Zittern. Es kommt insgesamt zu einem Aktivieren des Fluchtinstinktes und die Betroffenen wollen entsprechend schnell aus der Situation hinausgelangen. Desto länger sie mit dem Auslöser ihrer Angst konfrontiert sind, desto mehr verstärken sich auch die Symptome. Sie umfassen in einigen Fällen auch einen Ohnmachtsanfall.

Auf der psychischen Ebene dominiert die Angst vor einem Kontrollverlust. Außerdem kommt es gelegentlich zum Gefühl, neben sich zu stehen (Depersonalisierung) oder zur Angst vor einer sich (ins Negative) verändernden Umwelt. Eine Phobie kann entsprechend zu einem starken Vermeidungsverhalten beim Betroffenen führen. Er setzt dann alles daran, dem Auslöser seiner Angst nicht zu begegnen. Das Vermeidungsverhalten ist unterschiedlich stark beeinträchtigend, führt aber nicht selten zu negativen Verstimmungen.

Diagnose & Verlauf

Um eine sichere Diagnose einer Phobie zu stellen müssen zunächst einmal andere psychische und auch einige physische Erkrankungen ausgeschlossen werden. Dazu gehören Depressionen, Schizophrenie, bipolare Störungen und Zwangserkrankungen.

Physisch sollten Schilddrüsenüberfunktion oder Herzerkrankungen als Ursache ausgeschlossen werden. Bei der Diagnosestellung helfen spezielle Fragbögen. Dabei wird zwischen Fremd- und Selbstbeurteilungsbögen unterschieden. Eine Agoraphobie tritt meist in Situationen und an Orten auf, an denen die Betroffenen befürchten, nicht flüchten zu können.

Eine Agoraphobie ist eine Art Platzangst und bedeutet eine immer weitere Einschränkung der Bewegungsfreiheit, die letztendlich einen normalen Lebensablauf unmöglich machen kann. Eine Agoraphobie wird häufig von Panikstörungen begleitet.

Bei einer sozialen Phobie befürchten die Betroffenen in Anwesenheit anderer Menschen zu versagen. Die Ängste haben teilweise schwere Auswirkungen auf das soziale Leben und gehen weit über eine normale Schüchternheit hinaus. Häufig wird eine soziale Phobie von weiteren psychischen Problemen, wie Depressionen, anderen Phobien oder Suchterkrankungen begleitet. Männer sind von sozialen Phobien seltener betroffen als Frauen.

Die Ängste bei spezifischen Phobien treten nur in bestimmten Situationen oder bei bestimmten Objekten auf. Typische Situationen für spezifische Phobien können enge Räume, Flugreisen, Tunnel, Autobahnfahrten oder Zahnarztbehandlungen (siehe Angst vorm Zahnarzt) sein. Typische Objekte, die spezifische Phobien auslösen sind Tiere, wie Spinnen, Schlangen oder Mäuse, Blut, Spritzen und Verletzungen.

Menschen mit einer spezifischen Phobie wissen genau, dass ihre Angst eigentlich unbegründet ist. Sie können diese aber nicht kontrollieren und arrangieren sich deshalb mit ihrer Phobie, indem sie die angstauslösenden Situationen oder Objekte meiden. Einen tatsächlichen Krankheitswert erreicht eine spezifische Phobie erst dann, wenn das Alltagsleben dadurch sehr stark eingeschränkt oder beeinträchtig wird.

Komplikationen

Phobien treten häufig gemeinsam mit anderen Phobien und weiteren Angststörungen auf. Viele Betroffene leiden unter mehr als einer spezifischen Phobie und haben zum Beispiel Angst vor Hunden (Canophobie) und Spinnen (Arachnophobie).

Eine mögliche Komplikation ist die Agoraphobie, bei der sich Betroffene zunehmend zurückziehen und Situationen meiden, in denen sie sich bloßstellen könnten. Die Agoraphobie kann bis zur vollständigen sozialen Isolation führen: Einige Agoraphobiker verlassen kaum noch ihre Wohnung.

Alle Arten von Phobien zeigen sich zudem häufig gemeinsam mit depressiven Störungen. Um die Angst zu regulieren, greifen einige Phobiker zu Medikamenten, Alkohol, Tabak oder Drogen. Andere üben selbstschädigende Verhaltensweisen aus oder entwickeln ein auffälliges Essverhalten. Phobien und andere Angststörungen können darüber hinaus körperliche Krankheiten begünstigen.

Durch den erhöhten Stresspegel steigt das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Phobiker, die Angst vor Ärzten, Nadeln oder Blut haben, vermeiden zudem häufig medizinische Untersuchungen. Dadurch sind weitere Komplikationen möglich: Menschen mit Dentalphobie gehen häufig erst dann zum Zahnarzt, wenn sie starke Schmerzen haben. Infolgedessen leiden sie nicht nur körperlich länger und stärker als notwendig, sondern auch der Zustand der Zähne verschlechtert sich in der Regel.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Menschen, die unter starken Ängsten leiden, die weit über ein natürliches Angstempfinden hinaus gehen, sollten einen Arzt oder Therapeuten aufsuchen. Kommt es zu einem Stresserleben in verschiedenen Situationen, nimmt die Anzahl der Angstauslöser zu oder können alltägliche Verpflichtungen nicht mehr erfüllt werden, ist ein Arztbesuch notwendig. Einschränkungen der Lebensführung, soziale Isolation sowie Wandlungen der Persönlichkeit weisen auf eine Behandlungsnotwendigkeit hin.

Ein Arztbesuch ist anzuraten, damit ein Behandlungsplan erstellt werden kann und eine schrittweise Verbesserung der Gesundheit eintritt. Eine eingeschränkte Lebensqualität, ein vermindertes Wohlbefinden sowie ein Verlust der Lebensfreude sind Anzeichen einer psychischen Störung. Schweißausbrüche, Herzrasen, Unsicherheiten oder eine körperliche Erstarrung in einer angstauslösenden Situation sollten mit einem Therapeuten besprochen werden. Bei Hyperventilation, Weinerlichkeit sowie innerer Unruhe, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Typisch für eine Phobie ist ein Vermeidungsverhalten.

Die Lebensführung schränkt sich kontinuierlich ein und das innere Unwohlsein nimmt zu. Charakteristisch für die Erkrankung ist eine stete Zunahme der Beschwerden über mehrere Jahre. Oftmals können berufliche Tätigkeiten nicht mehr erfüllt werden und die Teilhabe an Freizeitaktivitäten findet kaum noch statt. Verlässt der Betroffene das eigene Zuhause nicht mehr, benötigt er Hilfe. Nehmen zwischenmenschliche Konflikte zu oder stellen sich vegetative Funktionsstörungen ein, sollte ein Arzt konsultiert werden.

Behandlung & Therapie

Meist wird eine Phobie durch eine Verhaltenstherapie behandelt. In einigen Fällen ist die zusätzliche Behandlung durch Medikamente notwendig. Besonders wirkungsvoll sind die systematische Desensibilisierung und die Flooding Therapie. Bei der systematischen Desensibilisierung wird zunächst für völlige Entspannung beim Patienten gesorgt. Danach folgt eine schrittweise Heranführung an den Angstauslöser.

Dieses Vorgehen sorgt dafür, dass der Phobiker schrittweise seine Angst verliert und sich nach erfolgreicher Therapie dem Angstauslöser stellen kann, ohne davor zu fliehen. Die Flooding Therapie „überflutet“ den Patienten mit dem Angstauslöser. Während der Therapie lernt der Phobiker mit Unterstützung des Therapeuten, dass die größte Angst irgendwann abflaut, wenn er die Furcht machende Situation erträgt und ausharrt.

Nach einer solchen Erfahrung hat der Auslöser der Phobie so gut wie keine Macht mehr über den Betroffenen. Besonders bei sozialen Phobien werden manchmal Medikamente zur Behandlung eingesetzt. Vorwiegend handelt es sich dabei um Antidepressiva. Aber auch Beruhigungsmittel und Betablocker werden eingesetzt.

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Aussicht & Prognose

Eine Phobie im Erwachsenenalter heilt selten vollständig aus. Die Krankheit begleitet den Betroffenen über Jahre hinweg. Ist sich der Betroffene über seine Ängste bewusst und hat er bei einer Verhaltenstherapie den angemessenem Umgang mit der Phobie erlernt, sind die Prognosen meistens günstig. Die Aussicht hängt dennoch vom Schweregrad der Krankheit ab und kann nicht verallgemeinert werden.

Bei einer leicht ausgeprägten Phobie ist dem (therapierten) Patienten ein weitgehend beschwerdefreies Leben möglich. Schwere Angststörungen werden den Betroffenen selbst nach abgeschlossener Behandlung noch beeinflussen. Sie werden meistens chronisch. Bei einer schwerwiegenden Sozialphobie kann der Betroffene oftmals nicht an seinen Arbeitsplatz zurückkehren. Die Konsequenzen sind ein Stellenwechsel oder sogar eine Erwerbsunfähigkeit. Dieser Verlauf kann zusätzlich Depressionen verursachen. Eine weitere Psychotherapie wird notwendig. Folgeerkrankungen wirken sich immer negativ auf die Prognose aus.

Der Patient kann selber seinen Teil beitragen, indem er die Ratschläge seines Psychotherapeuten im Alltag anwendet. Er ist sich darüber bewusst geworden, welche Situationen bei ihm Angst auslösen und aus welchem Grund. Ein Agoraphobiker wird freie Plätze gezielt umgehen. Solches Verhalten ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von einem bewussten Umgang mit der Erkrankung.

Vorbeugung

Wer nach Angst machenden Situationen oder Erfahrungen nicht vor diesen flieht und nicht in ein aktives Verhalten zur Vermeidung übergeht, kann sich bestmöglich vor dem Ausbruch einer Phobieschützen. Außerdem sollte man, bei Verdacht, rechtzeitig einen Arzt oder Psychologen aufsuchen, um die Phobie bereits in ihren Anfängen im Keim zu ersticken.

Nachsorge

Die Phobie ist eine psychische Erkrankung, bei der der Behandlungserfolg im Idealfall durch eine konsequente Nachsorge unterstützt wird. Wichtig ist es, wie es auch in der Regel in einer Verhaltenstherapie erlernt wird, den Kontakt mit Angst auslösenden Gegenständen oder Situationen nicht zu vermeiden. Für Betroffene ist es wichtig, auch nach der Behandlung immer wieder zu erfahren, dass diese Dinge harmlos und mit keinerlei Gefahr verbunden sind.

Je öfter dies geübt wird, umso stabiler ist der Therapieerfolg im Hinblick auf die jeweilige Phobie. Der Besuch einer Selbsthilfegruppe kann in diesem Zusammenhang wertvolle Unterstützung sein, da Gespräche einen guten Erfahrungsaustausch und hilfreiche Tipps mit sich bringen können. Oft sind bei Erkrankungen, die mit Ängsten verbunden sind, auch Entspannungsmethoden ein wirksames Element, das von den Betroffenen wirkungsvoll in die Nachsorge eingebunden werden kann.

Hier gibt es mehrere Methoden. So kommen zum Beispiel die Progressive Muskelerelaxation nach Jacobsen und das Autogene Training in Frage. Zudem bringt oft Yoga wieder ins Gleichgewicht und heilt durch eine Kombination aus Körperübungen (Asanas), Atemübungen (Pranayama), Meditation und Entspannung. Das Vertrauen in den eigenen Körper kommt zurück und Geist und Seele können sich regenerieren. Auch Spaziergänge und Ausdauertraining stärken die normale Körperwahrnehmung der Betroffenen wieder und ergänzen die Nachsorge sinnvoll.

Das können Sie selbst tun

Die Lebensqualität eines von einer Phobie betroffenen Menschen richtet sich nach dessen Art. Bezieht sich die Phobie beispielsweise auf Tiere, wie Spinnen oder Katzen, und Tätigkeiten wie das Auto oder Zug fahren oder dem Fliegen, lässt sich das Leben relativ gut gestalten, indem man diese Dinge meidet. Jedoch können andere Phobien den Alltag deutlich beeinflussen.

Bei Angst vor großen Menschenmengen, kleinen Räumen und bestimmten Geräuschen muss der Betroffene sich allein schon bei der Wohnungs- und Berufswahl einschränken. Die Menschen, mit denen man täglich verkehrt, sollten in Kenntnis über die Erkrankung gesetzt werden, damit es nicht zu peinlichen Zwischenfällen kommt, sondern sofort geholfen werden kann. Zeichnet sich eine Situation ab, in welcher die Phobie zutage kommt, sollte sich der Betroffene nicht scheuen, seine Mitmenschen zu informieren, dass er sich sofort aus dieser herausbegeben muss.

Es ist in jedem Fall hilfreich, mit einer Phobie bei einem Arzt oder Therapeuten vorzusprechen, um diese in den Griff zu bekommen oder zumindest mit ihr leben zu können. Betroffene müssen lernen, dass die Situationen, vor denen sie Angst haben, ungefährlich sind. Das können sie nur, wenn sie sich in diese Situationen begeben. Ein Therapeut, in leichteren Fällen auch ein naher Freund oder Verwandter, kann dies begleiten, damit sich der Betroffene nicht überfordert.

Quellen

  • Arolt, V., Reimer, C., Dilling, H.: Basiswissen Psychiatrie und Psychotherapie. Springer, Heidelberg 2007
  • Dilling, H., Mombour, W., Schmidt, M.H.(Hrsg.): Internationale Klassifikation psychischer Störungen – ICD 10, Kapitel V (F), klinisch-diagnostische Leitlinien. Huber, Bern 2011
  • Morschitzky, H.: Angststörungen – Diagnostik, Konzepte, Therapie, Selbsthilfe. Springer, Wien 2009

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