Perichondrium

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das Perichondrium ist die Knorpelhaut aus straffem Bindegewebe, die sämtliche hyalinen und elastischen Knorpel mit Ausnahme der Gelenkknorpel umgibt, stabilisiert und ernährt. Das Perichondrium enthält die Blutversorgung des mit ihm verbundenen Knorpelgewebes. Verletzungen des Perichondriums können zu Knorpelschäden führen, da die Versorgung der Knorpel so gestört ist.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Perichondrium?

Das Perichondrium erfüllt mehrere Aufgaben im menschlichen Körper. All seine Funktionen beziehen sich auf das Knorpelgewebe, das die Hüllschicht bedeckt.
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Knorpelgewebe oder Knorpel besteht aus spezialisierten Chondrozyten und entspricht der extrazellulären Grundsubstanz aufgebauten Bindegewebes. Knorpelgewebe überzieht in Form des Gelenkknorpels die einzelnen Gelenkflächen von echten Gelenken oder Diarthrosen des Menschen, so zum Beispiel am Kniegelenks oder am Hüftgelenks.

Die Aufgabe des Knorpels ist in Gelenken die Herstellung von reibungsarmer Beweglichkeit. Über die Gelenkfunktionen hinaus ist Knorpel die Grundsubstanz der Bandscheiben und Menisken. Knorpelgewebe des menschlichen Körpers tragen außerhalb von Gelenken eine Hüllschicht, das sogenannte Perichondrium. Das Perichondrium bildet die oberflächlichste Schicht des Knorpelgewebes und ist selbst zweischichtig angelegt.

Seine einzelnen Schichten entsprechen dem Stratum fibrosum und dem Stratum cellulare. Die Hüllschicht erhält den Knorpel nicht nur am Leben, sondern unterstützt im Wachstumsalter auch die Regeneration von Knorpelschäden. Bis auf die Gelenkflächen tragen sämtliche hyaline und elastische Knorpel des Körpers ein Perichondrium. Dem Faserknorpel fehlt dagegen das Perichondrium.

Anatomie & Aufbau

Das Perichondrium entspricht einer straffen Schicht aus Bindegewebe und damit spezialisierten Chondrozyten. Über Kollagenfasern steht die Hüllschicht mit dem Knorpelgewebe in fester Verbindung. Der Aufbau des Perichondriums besteht aus zwei unterschiedlichen Schichten.

Das Stratum fibrosum bildet die äußere Faserschicht und besteht aus straffem Bindegewebe mit Kollagenfasern. Dank dieser Schicht besitzt der verbundene Knorpel hohe Formstabilität. Das Stratum cellulare entspricht der inneren Schicht des Perichondriums. Es handelt sich um eine zellreich chondrogene Schicht, die Fibroblasten und Mesenchymzellen der undifferenzierten Form enthält. Die undifferenzierten Mesenchymzellen können zu Chondroblasten werden, oder sich zu Chondrozyten entwickeln. Damit sind sie am appositionellen Wachstum des Knorpels beteiligt.

Im Perichondrium liegt außerdem ein Kapillarnetz zur Versorgung des gesamten Knorpelgewebes. Da die Hüllschicht der Knorpel dementsprechend viele Gefäße enthält und darüber hinaus mit Nervenendigungen versorgt ist, ist die Hüllschicht äußerst schmerzempfindlich.

Funktion & Aufgaben

Das Perichondrium erfüllt mehrere Aufgaben im menschlichen Körper. All seine Funktionen beziehen sich auf das Knorpelgewebe, das die Hüllschicht bedeckt. Zum einen wirkt das Perichondrium stabilisierend und wirkt durch seine Kollagenfasern und seine elastischen Fasern sämtlichen Zugkräften entgegen, die auf den Knorpel wirken. Darüber hinaus ist das Perichondrium für die Ernährung und die Sauerstoffversorgung des Knorpelgewebes zuständig. Diese Versorgungsfunktion erfüllt das Gewebe mittels des Gefäßapparats, den es in seinem Inneren trägt.

Blut enthält neben Nährstoffen Sauerstoff in hämoglobingebundener sowie freier Form. Im menschlichen Körper handelt es sich bei Blut um das wichtigste Transportmedium. Neben Nährstoffen und O2 werden Wachstumsfaktoren und Botenstoffe zum Teil im Blut transportiert und erreichen über den Blutkreislauf ihre Zielgewebe. Im Falle des Perichondriums findet der Transport von Sauerstoff und Nährstoffen aus dem Blut zu den Knorpelzellen in Form von Diffusion innerhalb der Grundsubstanz statt. Diffusion basiert auf einer ungerichteten Zufallsbewegung von Molekülen aufgrund von thermischer Energie. Bei ungleichmäßiger Konzentration bewegen sich mehr Moleküle aus dem Bereichen der hohen Konzentration in den geringerer Konzentration hinein.

So erfolgt ein Stofftransport, der ohne Energieaufwand ablaufen kann und damit eine Form des passiven Stofftransport darstellt. Vom Perichondrium bewegen sich Nährstoffe und Sauerstoff entlang des Konzentrationsgradienten also in den Knorpel und versorgen das Gewebe. Dass Gelenkknorpel nicht auf ein Perichondrium angewiesen sind, liegt vor allem an der sogenannten Synovia in ihrer Gelenkkapsel. Diese Gelenkflüssigkeit stellt die Versorgung sicher, die in Knorpeln mit Perichondrium von der Hüllschicht geleistet wird. Über die genannten Funktionen hinaus kann das Perichondrium bei entsprechendem Bedarf im frühen Kindesalter regenerationsfähigen Knorpel bilden. In einem erwachsenen Organismus ist diese Funktion nur in sehr geringem bis annähernd keinem Ausmaß gegeben.


Krankheiten

Eine extrem schmerzhafte Erkrankung des Perichondriums ist die sogenannte Perichondritis. Bei dieser Krankheit handelt es sich um eine bakteriell bedingte Entzündung der Knorpelhaut, die meist die Ohrmuschel betrifft und sich von dort aus in den inneren oder äußeren Gehörgang ausbreiten kann.

Meist handelt es sich bei den Erregern der Infektion um Staphylokokken oder Pseudomonas. Die Erreger dringen über kleinste Verletzungen der Haut in die Knorpelhaut ein, wo sie sich vermehren. Oft reicht ein Insektenstich als Eintrittspforte aus. Typischerweise schwillt bei der Perichondritis das betroffene Gewebe stark an und rötet sich. Dermal kann es zu Hautblasenbildung kommen, die mit starken Schmerzen einhergeht. Unbehandelt führt eine Perichondritis zum Absterben des Gewebes. Auch Ohrmuschelverletzungen können bleibenden Schaden am dort gelegenen Perichondrium verursachen.

Dasselbe gilt für Verletzungen an allen anderen perichondrial umhüllten Knorpeln, so zum Beispiel im Bereich der Bandscheiben. Verletzungen des Perichondriums sind deshalb nicht zu unterschätzen, weil die Hüllschicht den Knorpel selbst ernährt. Aus diesem Grund besteht nach Knorpelverletzungen, perichondrialen Verletzungen oder gar Hämatomen zwischen Perichondrium und Knorpel immer die Gefahr, dass sich im Knorpelgewebe Nekrosen bilden. Solche Nekrosen sind nicht voll reversibel.

Außerdem liegen wegen der zahlreichen Nervenendigungen im perichondrialen Gewebe starke Schmerzen bei etwaigen Verletzungen des Perichondriums vor. Nicht zu verwechseln ist dieses Schmerzphänomen mit der Arthrose, die einer Abnutzungserscheinung von Gelenkknorpeln ohne Perichondrium entspricht.

Quellen

  • Grillparzer, M.: Körperwissen. Gräfe und Unzer, München 2007
  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Kapandji, A.: Funktionelle Anatomie der Gelenke. Thieme, Stuttgart 2016

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