Opioidmissbrauch

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Opioide sind sowohl körpereigene als auch natürliche sowie synthetisch hergestellte Substanzen die an den Opioidrezeptoren wirken. Es handelt sich dabei um eine morphinartige Wirkung, die schnell zur Sucht führen kann. Unter Opioidmissbrauch ist deshalb die zur Sucht führende oder eine Sucht unterstützende Verwendung derartiger Substanzen zu verstehen. Zur Vorbeugung sollte jeder Arzt vorsichtig mit dem Verschreiben von Opioiden sein. Die Behandlung und Therapie muss durch den Entzug der Opioide vorgenommen werden.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Opioidmissbrauch?

Die schmerzstillende Wirkung von Opioiden wird mit zunehmender Gewöhnung immer weniger wahrgenommen, die Dosis immer weiter erhöht. Unter Umständen ist die Ursache für den im Ursprung einmal vorhanden gewesenen Schmerz gar nicht mehr da.
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Es gibt viele verschiedene Opioide auf dem Markt. Die meisten davon werden gegen starke Schmerzen verschrieben. Nur gelegentlich werden Opioide auch als Brechmittel oder aber zur Bekämpfung von Durchfall eingesetzt. Eine Gruppe von Patienten, die von der guten schmerzbekämpfenden Wirkung der verabreichten Opioide profitieren kann, sind Krebspatienten mit krankheitsbedingt chronischen Schmerzen.

Wenn ein Arzt ordnungsgemäß mit den verschriebenen Opioiden umgeht, sind keine gefährlichen Nebenwirkungen oder gar Todesfälle durch Opioidmissbrauch zu befürchten. Von einem Opioidmissbrauch wird dann gesprochen, wenn die Dosierung dieser Medikamente nicht mehr dem tatsächlichen Bedarf des Patienten entspricht. Das kann dann zu schweren gesundheitlichen Schäden führen. Im schlimmsten Fall können Betroffene daran sterben.

Ursachen

Die Ursachen für einen Opioidmissbrauch können unterschiedlich sein. Da die meisten Opioide aufgrund der von ihnen ausgehenden Gefahren zu den verschreibungspflichtigen Medikamenten gehören, kommt es häufig nur durch die mangelnde Vorsicht seitens der behandelnden Ärzte bei vielen Patienten erst zum Opioidmissbrauch. Es gibt aber auch einige frei in der Apotheke erhältliche leichter wirkende Opioide.

In diesen Fällen ist es sehr schwierig, den Missbrauch zu verhindern, weil abhängige Patienten jederzeit in eine andere Apotheke wechseln können, um dort ihre Suchtmittel zu kaufen. Neben den häufig durch Ärzte fahrlässig verschriebenen Opioiden gibt es aber auch einen Schwarzmarkt dafür, der dazu beiträgt, dass der Opioidmissbrauch immer wieder zu schweren gesundheitlichen Schäden bis hin zum Tod vieler Menschen führen kann.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Die schmerzstillende Wirkung von Opioiden wird mit zunehmender Gewöhnung immer weniger wahrgenommen, die Dosis immer weiter erhöht. Unter Umständen ist die Ursache für den im Ursprung einmal vorhanden gewesenen Schmerz gar nicht mehr da. Aufgrund der Suchtwirkung von Opioiden empfinden die Menschen, die diesen Missbrauch betreiben, den Schmerz aber weiterhin als vorhanden und brauchen immer mehr von diesem Suchtmittel.

Mit der Überdosierung kann es zu lebensgefährlichen Komplikationen kommen. Wird das Medikament gespritzt, kommt es zu Vernarbungen und Entzündungen der Einstichstellen. Harnverhaltung, starke Verstopfung, Atemdepression bis hin zum Ersticken, extremer Juckreiz, Pulsverlangsamung sowie starker Blutdruckabfall.

Auch lebensgefährlicher Sauerstoffmangel, kolikartige Schmerzen im Gallensystem, Versteifung der Muskulatur oder ständiges Erbrechen sind nur einige der möglichen Nebenwirkungen bei einem Opioidmissbrauch.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Eine gute Möglichkeit für den behandelnden Arzt, einen Opioidmissbrauch zu erkennen, ist die genaue Beobachtung der Pupillen des Patienten. Normalerweise sind die Pupillen in diesem Fall stark verengt. Das muss aber nicht grundsätzlich der Fall sein.

Wenn es durch den Opioidmissbrauch bereits zu einem sehr starken Sauerstoffmangel im Körper des Patienten gekommen sein sollte, können aus diesem Grund die Pupillen auch bereits sehr stark erweitert sein, da es dann schon zu einer Opioid-Vergiftung gekommen ist. Hat der Arzt den Verdacht des Opioidmissbrauchs und ist der Patient bereit, Auskunft zu erteilen, ist es zunächst wichtig herauszufinden, wie dieser Patient an die Opioide heran kommt.

Falls er sie von einem anderen Arzt verschrieben bekommt, ist das abzuklären. Ansonsten ist abzuklären, ob er frei verkäufliche Opioide erwirbt oder aber welche auf illegale Weise erwerben kann. Der Krankheitsverlauf hängt dann auch davon ab, inwiefern der behandelnde Arzt den Patienten zur Einsicht in sein beginnendes Suchtverhalten bewegen kann.

Komplikationen

Ein chronischer Opioidmissbrauch führt oft zur psychischen und körperlichen Abhängigkeit. Aufgrund des ständig steigenden Bedarfes an Opioiden erhöht sich bei regelmäßiger Einnahme in überhöhten Mengen das Risiko auftretender Komplikationen, die von ständiger Müdigkeit über Schlafstörungen bis hin zum verlangsamten Herzschlag und Blutdruckabfall reichen können. Weitere mögliche Folgeschäden sind Impotenz, Verstopfung, starker Gewichtsverlust, Karies und Haarausfall, auch Sprach- und Bewegungsstörungen kommen vor.

Wird das Opiat unsachgemäß intravenös verabreicht, besteht die Gefahr einer Krankheitsübertragung durch verunreinigte Spritzen: An der Einstichstelle können Bakterien eindringen und lokale Entzündungen verursachen, beim mehrmaligen Gebrauch des Spritzbestecks kommt es in vielen Fällen zu einer Infektion mit HIV oder Hepatitis C. In der Schwangerschaft kann Opioidmissbrauch eine Fehlgeburt auslösen: Wird das Kind ausgetragen, besteht die Gefahr von Missbildungen oder Entwicklungsverzögerungen.

Besteht bereits eine Abhängigkeit, macht sich das Absetzen der Opioide durch quälende Entzugserscheinungen wie Schweißausbrüche, Krämpfe, Durchfall, Übelkeit, Erbrechen, Angstzustände und Unruhe bemerkbar, auch Selbstmordideen können auftauchen. Eine akut lebensbedrohliche Komplikation stellt eine Überdosierung dar: Eine verminderte Atemfrequenz und Atemtiefe kann dabei zu einem tödlichen Sauerstoffmangel führen.

Im psychosozialen Bereich zieht ein Opioidmissbrauch oft das Vernachlässigen der eigenen Bedürfnisse abseits des Opiatkonsums sowie der zwischenmenschlichen Beziehungen nach sich, das Aufbrauchen der finanziellen Reserven kann schließlich in Beschaffungskriminalität enden.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Bei einem vorliegenden Opioidmissbrauch ist es grundsätzlich empfehlenswert, kurzfristig einen Arzt aufzusuchen, auch wenn sich akut keine Symptome ergeben. In einem vertrauensvollen Gespräch mit dem Arzt sollten die Gründe für den Missbrauch besprochen werden. Der Besuch bei einem Arzt ist insbesondere dann angeraten, wenn es sich bei dem Missbrauch von Opioiden nicht um ein einmaliges Ereignis handelt und der Patient schon öfter Probleme mit Opioiden hatte. Das bezieht sich nicht nur auf illegale Substanzen, sondern auch auf verschreibungspflichtige Medikamente, die Opioide enthalten.

Der Behandelnde kann dann Maßnahmen ergreifen, um zu verhindern, dass sich aus dem Missbrauch von Opioiden eine schwer beherrschbare Sucht entwickelt. Zudem ist es unter Umständen erforderlich, eine bestehende Medikation mit verschreibungspflichtigen Medikamenten anzupassen.

Wenn jedoch akute Symptome auftreten, sollte im Fall eines Opioidmissbrauchs sofort ein Arzt aufgesucht werden, um Komplikationen zu vermeiden. Warnzeichen sind zum Beispiel Abszesse oder Entzündungen der Haut. Auch bei einem Verdacht auf eine bestehende Hepatitis-Erkrankung sollten sich Betroffene schnell an einen Arzt wenden, da eine Hepatitis die unerwünschten Wirkungen eines Missbrauchs von Opioiden erheblich verstärken kann.

Behandlung & Therapie

Wenn geklärt ist, wie es bei einem Patienten zu dem besagten Opioidmissbrauch gekommen ist und dieser Patient auch bereit ist, sich behandeln zu lassen, kann die weitere Vorgehensweise besprochen werden. Liegt bereits eine starke Sucht vor, wird es nicht ohne eine Behandlung in einer Suchtklinik möglich sein, dem Patienten zu helfen.

Der Arzt muss dann dabei behilflich sein, einen Platz in so einer Klinik zu finden. Häufig ist dabei eine mehr oder weniger lange Wartezeit möglich, die überbrückt werden muss. Hier ist der Arzt gefragt dafür zu sorgen, dass die Motivation des Patienten, sich behandeln zu lassen, auch bis zur Einweisung in die Suchtklinik erhalten bleibt. In leichten Fällen und auch zur Überbrückung solcher Wartezeiten ist es möglich, eine begleitende ambulante Therapie anzustreben.

Wenn es möglich sein sollte, ist es anzuraten, den Patienten dazu zu motivieren, bereits vor der Einweisung in die Suchtklinik diese Medikamente sofort abzusetzen. Auch wenn das geschafft ist, sollte die Therapie gemacht werden, damit die Ursachen für dieses Verhalten in einer Tiefenanalyse aufgearbeitet werden können. Das hilft dabei, dass es später nicht zu einem Rückfall kommt.


Aussicht & Prognose

Nur wenige Betroffene können nach einem einmaligen schädlichen Opioidmissbrauch von einem weiteren Gebrauch ablassen. Dabei handelt es sich in der Regel um medizinisch aufklärte Patienten mit einer gefestigten Lebensperspektive und ohne psychische Vorerkrankungen. In sehr vielen Fällen führt der Missbrauch von Opioiden zu einer lebensgefährlichen Sucht. Ob und wie schnell es zu einer Abhängigkeit kommt, hängt von der allgemeinen psychischen Verfassung, dem familiären Umfeld sowie der Vorgeschichte des Patienten, aber auch von der vorliegenden Primärerkrankung ab.

Die Prognose der Betroffenen verbessert sich, wenn diese medizinisch betreut werden. Am aussichtsreichsten ist bei einer Abhängigkeit von Opioiden eine stationäre Entzugstherapie oder eine Substitutionstherapie. Welche Therapieform die günstigste Prognose erzielen kann, hängt von der jeweiligen Situation des Patienten ab. Ohne das Hinzuziehen eines Arztes sind die Aussichten für den Betroffenen sehr schlecht.

Eine unbehandelte Opioidabhängigkeit führt im weiteren Verlauf zudem zu einer Verschlechterung der zugrundeliegenden Primärerkrankung und somit erneut zu starken Schmerzen. Die betroffenen Patienten greifen deshalb noch häufiger zu Opioiden. Bei regelmäßigem Konsum ist das Bewältigen alltäglicher Aufgaben oder das Ausüben eines Berufes zumeist kaum noch möglich. Oftmals führt der wiederholte Opioidmissbrauch durch Überdosierung zum Tod des Betroffenen.

Vorbeugung

Die beste Vorbeugung vor einem Opioidmissbrauch ist es grundsätzlich, dass behandelnde Hausärzte sich ihrer Verantwortung darüber bewusst sind, wenn sie ihren Patienten zur Schmerzbekämpfung Opioide verschreiben. Das sollte immer gut überlegt werden und nur getan werden, wenn es wirklich notwendig ist und auch dann nicht, ohne zu vergessen, die Patienten über die süchtig machende Wirkung dieser Medikamente gründlich aufzuklären.

Nachsorge

Ein längerer Missbrauch von Substanzen führt regelmäßig zu einer Gewöhnung. Erhält der Körper dann nicht mehr seine berauschenden Mittel, zeigt er klare Entzugserscheinungen. Diesen kann ein Patient nur mit starkem Willen und einem helfenden Umfeld begegnen. Deshalb schließt sich an einen Opioidmissbrauch auch meist eine längere Nachsorge an.

Ein mehrwöchiger Aufenthalt in einer Suchtklinik ist ratsam. In vielen Fällen geht es nämlich darum, einen Alltag ohne Schmerzmittel zu erleben. Patienten müssen ihr Empfinden und Handeln unter Wegfall eines Opioids als angenehm wahrnehmen. Mögliche Komplikationen können insbesondere dann auftreten, wenn der Patient nicht mehr lückenlos überwacht wird.

Viele fallen dann in alte Muster zurück, indem etwa Stress mit Schmerzmitteln bekämpft wird. Eine punktuelle Nachsorge in der Form von Gesprächen mit einem Psychotherapeuten oder einem Allgemeinmediziner vermag den Weg in ein gesundes Leben zu ebnen.

Sport und Entspannungstechniken stärken die Willenskraft und helfen erfahrungsgemäß vielen Patienten, ohne Schmerzmittel auszukommen. Auch der Kontakt zu Gleichgesinnten kann zu einer Willensstärkung beitragen. Grundsätzlich muss festgehalten werden, dass der Erfolg einer Nachsorge hauptsächlich von den Entscheidungen des Patienten abhängt. Hieraus resultiert die zum Teil hohe Anzahl an Rückfällen.

Das können Sie selbst tun

Personen, die Opioide missbrauchen, sind oftmals schwieriger von einer therapeutischen Behandlung zu überzeugen als alkoholkranke Menschen. Die Angehörigen sollten dem Betroffenen die Folgen der Sucht sowie Möglichkeiten aus der Sucht heraus aufzeigen, um die Chance für einen Entzug zu erhöhen. Jedoch muss der Erkrankte selbst den Willen haben, den Opioidmissbrauch einzustellen.

Wenn dieser Wille vorhanden ist, bietet sich ein stationärer oder ein ambulanter Entzug an. Zunächst gilt es, das Medikament abzusetzen oder durch ein weniger schädliches Arzneimittel zu ersetzen. Die Opioide sollten unter ärztlicher Anleitung schrittweise reduziert werden, um psychische und körperliche Entzugserscheinungen zu minimieren. Nach dem Entzug muss der Betroffenen lernen, Stress und Anspannung auf natürliche Weise abzubauen. Dies gelingt durch sportliche Betätigung, Yoga, autosuggestive Methoden und viele weitere Maßnahmen.

Um einen langfristigen Erfolg zu erreichen, müssen der Entzug und die anschließende Therapie professionell angeleitet werden. Begleitend dazu müssen etwaige psychische Begleiterkrankungen wie Depressionen oder Angsterkrankungen behandelt werden. Im Rahmen einer Psychotherapie erlernt der Suchtkranke Bewältigungsmechanismen und kann außerdem mit anderen Betroffenen in Kontakt treten. Einzel- und Gruppentherapien sind eine wichtige Unterstützung nach einem überwundenen Opioidmissbrauch.

Quellen

  • Arolt, V., Reimer, C., Dilling, H.: Basiswissen Psychiatrie und Psychotherapie. Springer, Heidelberg 2007
  • Lieb, K., Frauenknecht, S., Brunnhuber, S.: Intensivkurs Psychiatrie und Psychotherapie. Urban & Fischer, München 2015
  • Möller, H.-J., Laux, G., Deister, A.: Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie. Thieme, Stuttgart 2015

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