Nussknacker-Syndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das Nußknacker-Syndrom ist eine Venenkompression der linken Nierenvene, die meist mit Schmerzsymptomatik und Blut oder Eiweiß im Urin einhergeht. Die Behandlung erfolgt oft in Form eines Stent-Eingriffs. Die Prognose ist exzellent.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Nußknacker-Syndrom?

Das Nußknacker-Syndrom manifestiert sich meist in urologischen oder gynäkologischen Symptomen. Als urologische Symptome kommen linksseitige Lendenschmerzen infrage.
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Die Krankheitsgruppe der Venenkompressionen umfasst verschiedene Erkrankungen, die symptomatisch mit komprimierten Venen in Zusammenhang stehen. Eine solche Erkrankung ist das Nußknacker-Syndrom. Beim Nussknacker-Phänomen handelt es sich um die häufigste Gefäßkompression überhaupt. Die exakte Prävalenz des Symptomkomplexes ist nicht bekannt.

Alle Symptome des Syndroms gehen auf eine Verklemmung der linken Nierenvene zurück. In den meisten Fällen verklemmt sich die Vene zwischen der Aorta abdominalis und der Arteria mesenterica superior. In einer Folge dessen steigt der Druckgradient zwischen Vena cava inferior und LRV auf etwa das Dreifache des Normalwerts an. Die dünnen Venen-Septen reißen und eine Hämaturie tritt auf.

Drei verschiedene Typen des Syndroms werden unterschieden: neben einem vorderen kennt die Medizin ein hinteres und ein kombiniertes Nußknacker-Phänomen. Die meisten der bisher beschriebenen Fälle sind im Fernen Osten aufgetreten. Häufig manifestiert sich die Erkrankung zwischen dem dritten und vierten Lebensjahrzehnt. Das weibliche Geschlecht ist häufiger von dem Syndrom betroffen als das männliche Geschlecht.

Ursachen

Das Nußknacker-Syndrom wird durch die menschliche Anatomie begünstigt und geht damit auf eine allgemeine Disposition der menschlichen Rasse zurück. Genetische Dispositionen oder familiäre Häufungen scheinen nicht zu bestehen. So ist eine Verklemmung der linken Nierenvene zwischen der Aorta abdominalis und der Arteria mesenterica superior anatomisch gesehen ein Risiko für jeden Menschen.

Die Wissenschaft geht davon aus, dass der menschlichen Evolution dieses Risiko geschuldet ist. So hat der aufrechten Gang des Menschen eine Lordose oder charakteristische Krümmung der Lendenwirbelsäule hervorgerufen. Diese Krümmung wird mittlerweile als eigentliche Ursache eines Nußknacker-Syndroms angenommen. Die Erkrankung scheint nicht mit der Größe oder dahingehenden Parametern in Zusammenhang zu stehen. In den meisten Fällen handelt es sich bei den Patienten um asthenische und normal gewachsene Menschen mit einer durchschnittlichen Größe.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Das Nußknacker-Syndrom manifestiert sich meist in urologischen oder gynäkologischen Symptomen. Als urologische Symptome kommen linksseitige Lendenschmerzen infrage. Linksseitig kann außerdem eine makroskopisch oder mikroskopisch angelegte Hämaturie oder Proteinurie entstehen. Häufig bilden sich Varikozele oder Varizen in den unteren Extremitäten.

Die gynäkologischen Manifestationen des Syndroms sind mit dem Begriff des Becken-Stauungssyndroms assoziiert. Sie können als Unterleibsschmerzen, Dysmenorrhoe, Koitusabneigung, Dysurie oder Varizen im Bereich des Beckens, der Vulva oder der Oberschenkel in Erscheinung treten. Auch emotionale Störungen sind denkbar.

Neben den Bauchschmerzen, den linksseitigen Flankenschmerzen und der linkskonvexen Lordose im Lendenbereich können bei Frauen mit Nußknacker-Syndrom linksseitge Eierstockschmerzen, starke und Schmerzen beim Geschlechtsverkehr auftreten.

Sowohl Frauen, als auch Männer mit dem Syndrom klagen außerdem oft über starke Rückenschmerzen, Kopfschmerzen oder Schmerzen im Bereich der Genitalien. Hämorrhoiden können ebenso gut ein Begleitsymptom der Erscheinung sein, da sie von einem Durchblutungsanstieg gekennzeichnet sind. Bei Männern ist die Spermienproduktion unter Umständen eingeschränkt.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Dia Diagnose auf das Nußknacker-Syndrom lässt sich durch funktionelle Farbdopplersonografie eindeutig stellen. Andere Instrumente zur Diagnostik können die Computertomographie oder die Magnetresonanztomographie sein. Die Sicherung einer Verdachtsdiagnose findet oft durch eine Kontrastmitteldarstellung der Nierenvene statt, die auch als Phlebographie bekannt ist.

Auch eine Druckmessung in der Nierenvene oder der Vena cava inferior kann diagnosesichernde Qualitäten zeigen. Die Prognose für Menschen mit Nußknacker-Syndrom ist relativ günstig. Zahlreiche therapeutische Schritte stehen zur Linderung der Symptome zur Verfügung. Patienten in der Wachstumsphase werden häufig nur beobachtet und nicht behandelt.

Ihre körperliche Entwicklung kann eine spontane Remission aller Symptome begünstigen. Insgesamt ist die Prognose für alle Patienten exzellent. Betroffene mit ausgeprägter Symptomatik wie schweren Schmerzen oder schwerer Hämaturie sind auf eine aktiv chirurgische Intervention angewiesen, wobei die prognostischen Voraussagen nach der Intervention hervorragend sind.

Komplikationen

In den meisten Fällen können die Beschwerden und Kompilationen des Nussknacker-Syndroms relativ gut vermieden und eingeschränkt werden. Es kommt stets zu einem positiven Krankheitsverlauf. Die Betroffenen leiden durch das Nussknacker-Syndrom an starken Schmerzen. Weiterhin kann es auch zu einem blutigen Urin kommen.

Auch Schmerzen im Bauch oder im Unterleib können durch das Nussknacker-Syndrom und zu einer deutlich verringerten Lebensqualität führen. Ebenso treten starke Bauchschmerzen und Flankenschmerzen auf, die vor allem zu einer Abneigung des Geschlechtsverkehrs führen können. Diese Schmerzen breiten sich dabei nicht selten auch in den Kopf oder in den Rücken aus und können dabei zu einer Gereiztheit des Betroffenen führen.

Die Verweigerung des Geschlechtsverkehrs kann unter anderem auch zu Störungen in einer Beziehung führen. In der Regel wird beim Nussknacker-Syndrom ein operativer Eingriff ausgeführt, der die Beschwerden lindern soll. Auch das Einbauen eines Stents kann die Beschwerden verringern. Dabei treten in der Regel keine Komplikationen auf. Allerdings wird die Belastbarkeit des Patienten aufgrund des Eingriffs in den meisten Fällen verringert.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Das Nussknacker-Syndrom ruft nicht immer Beschwerden hervor und muss dementsprechend auch nicht zwingend behandelt werden. Ärztlicher Rat ist gefragt, wenn die typischen Beschwerden auftreten. Wer Blut im Urin, Schmerzen im Bereich der Flanken oder im Hoden sowie eine gestörte Spermienbildung bemerkt, sollte in jedem Fall den Arzt konsultierten. Auch Schmerzen im Becken oder im Bereich der Eierstöcke bedürfen einer ärztlichen Abklärung. Der Arzt wird den Patienten körperlich untersuchen und anschließend eine Diagnose stellen. Erfolgt die Diagnose frühzeitig, können Komplikationen wie Funktionsstörungen von Hoden und Eierstöcken meist vermieden werden.

Personen, die bereits an Venenerkrankungen leiden, sollten umgehend mit dem zuständigen Mediziner sprechen, wenn die genannten Symptome auftreten. Auch Menschen mit arteriellen Beschwerden oder Fehlbildungen im Genitalbereich gehören zu den Risikogruppen und sollten mit genannten Beschwerden in jedem Fall zum Arzt gehen. Notwendig ist dies vor allem dann, wenn die Symptome stärker werden oder sich durch Dehnübungen und Bettruhe nicht lindern lassen. Dann muss ein Arzt die Ursache ermitteln und eine Therapie einleiten. Neben dem Hausarzt sind der Urologe bzw. Gynäkologe die richtigen Anlaufstellen. Begleitend dazu sollten Physiotherapeuten in die Behandlung einbezogen werden.

Behandlung & Therapie

Nicht in allen Fällen ist eine Therapie des Nußknacker-Syndroms indiziert. Wie bei Menschen in der Pubertät ist auch bei Patienten mit lediglich geringen Symptomen und minimaler Hämaturie eher eine Überwachung der Symptome angezeigt. Auch bei schmerzfreien und intermittierenden Hämaturien mit normalem Blutbild ist eine Überwachung einer Therapie vorerst zu bevorzugen. In allen anderen Fällen sind Gefäßtranspositionen angezeigt.

Als Behandlungsmaßnahmen wurden früher häufig Autotransplantationen der Niere angedacht. Dabei handelt es sich um offen chirurgische Verfahren, die gute Ergebnisse zeigen. Da diese Eingriffe allerdings mit signifikanter Morbidität assoziiert sind, finden sie mittlerweile kaum mehr Anwendung. Heutzutage wird das Nußknacker-Syndrom eher mit extravaskulären Stents behandelt. In den Umkreis der linken Nierenvene wird bei diesem Verfahren ab der Mündung in die Vena cava inferior bis hin zur Einmündung der linken gonadal adrenalen Vene ein Transplantat gelegt, das meist aus PTFE besteht.

Die Setzung der Stents kann offen chirurgisch oder im Rahmen eines laparoskopischen Eingriffs erfolgen. Ein intravasal und selbst entfaltender Stent aus Metall wird besonders häufig gewählt. Dieser Stent wandert unter Lokalanästhesie und der Führung einer digitalen Subtraktionsangiographie in den Bereich der der linken Nierenvene. Das mediale Stent-Ende wird in die Vena cava inferior verlegt.


Aussicht & Prognose

Das Nussknacker-Syndrom hat eine günstige Prognose. Der Krankheitsverlauf wird in der Literatur zumeist als positiv beschrieben. Sobald Schmerzen, Störungen der Durchblutung oder Einschränkungen der Bewegungsmöglichkeiten auftreten, sollte die Zusammenarbeit mit einem Arzt gesucht werden. Dies sichert eine schnelle Diagnosestellung und führt zu der Einleitung notwendiger medizinische Eingriffe. Innerhalb kurzer Zeit kommt es zu einer erheblichen Linderung der Beschwerden. Eine Genesung wird im Anschluss an die Wundheilung bei nahezu allen Betroffenen erreicht.

Wird keine medizinische Hilfe in Anspruch genommen, ist mit einer Zunahme der Beschwerden und gesundheitlichen Unregelmäßigkeiten zu rechnen. Gleiches gilt, wenn über Naturheilverfahren oder anderen alternativen Heilmethoden eine Verbesserung der Gesamtsituation erreicht werden soll. Die Möglichkeiten dieser therapeutischen Ansätze genügen nicht, um eine Heilung bei diesem Syndrom zu erreichen. Vielmehr ist mit Komplikationen zu rechnen und die Bewältigung des Alltags wird zunehmend schwieriger.

Für eine langfristige Beschwerdefreiheit wird bei einigen Patienten der Einbau eines Stents empfohlen. Dieser soll einen Rückfall der Erkrankung verhindern und eine lebenslange stabile Gefäßtätigkeit garantieren. Dennoch ist anzuraten, in regelmäßigen Abständen Kontrolluntersuchungen vornehmen zu lassen, damit bei möglichen Komplikationen oder Veränderungen im Organismus unverzüglich reagiert werden kann. Vor allem nach Stürzen oder Unfällen ist die Abklärung der Funktionstätigkeit zu empfehlen.

Vorbeugung

Erfolgsversprechende Vorbeugemaßnahmen zum Nußknacker-Syndrom existieren nicht, da der Symptomkomplex durch die natürliche Krümmung der Lendenwirbelsäule begünstigt wird. Allerdings können gezielte Übungen zur Verminderung der Lordose das Risiko für das Syndrom unter Umständen verringern.

Nachsorge

Beim Nussknacker-Syndrom stehen dem Betroffenen in den meisten Fällen gar keine besonderen Maßnahmen oder Möglichkeiten einer Nachsorge zur Verfügung, wobei diese allerdings auch nicht immer notwendig sind. Bei einer richtigen und vor allem bei einer rechtzeitigen Behandlung kommt es nicht zu weiteren Komplikationen oder zu weiteren Beschwerden. Daher sollte der Betroffene idealerweise schon bei den ersten Anzeichen und Symptomen der Krankheit einen Arzt aufsuchen, um eine weitere Verschlechterung der Beschwerden zu verhindern.

Eine Selbstheilung kann sich beim Nussknacker-Syndrom in der Regel nicht einstellen. Nach dem Eingriff, welcher die Beschwerden des Nussknacker-Syndroms vollständig lindern kann, sollte der Betroffene regelmäßige Kontrollen von einem Urologen durchführen lassen. Dadurch kann der Zustand der Nieren dauerhaft überwacht werden, um weitere Beschwerden schon früh zu erkennen. Ebenso sind dabei in einigen Fällen die Maßnahmen einer Physiotherapie notwendig.

Hierbei kann der Betroffene viele Therapieübungen im eigenen Zuhause durchführen, um die Behandlung zu beschleunigen. Weitere Maßnahmen einer Nachsorge sind meistens nicht mehr notwendig. Das Nussknacker-Syndrom verringert dabei auch nicht die Lebenserwartung des Betroffenen. Je früher bei dieser Krankheit allerdings ein Arzt aufgesucht wird, desto besser ist auch der weitere Verlauf der Erkrankung.

Das können Sie selbst tun

Das Nussknacker-Syndrom ist ein Venenleiden, welches heutzutage gut behandelt werden kann. Die ärztliche Behandlung lässt sich in erster Linie durch moderate Bewegug und spezielle Dehnungsübungen unterstützen. Der Mediziner wird entsprechende Streck- und Dehnübungen beschreiben, welche zum einen etwaige Nervenbeschwerden lindern und zum anderen verhindern, dass erneut ein Nerv eingeklemmt wird.

Des Weiteren sollten die Patienten die Ursache des Nussknacker-Syndroms ermitteln. Es gibt unterschiedlichste Auslöser, die stark variieren können. Es empfiehlt sich deshalb, ein Beschwerdetagebuch anzulegen und darin etwaige Ursachen zu notieren. Dies empfiehlt sich insbesondere kurz nach der Therapie, da hier meist noch ein Zusammenhang zwischen dem Syndrom und möglichen Auslösern hergestellt werden kann. Eine medikamentöse Behandlung kann um natürliche Schmerzmittel ergänzt werden. Bewährt haben sich sowohl Tees als auch Salben und Lotionen, die äußerlich auf die betroffene Stelle aufgetragen werden können.

Wenn ein ungesunder Lebensstil für das Nussknacker-Syndrom ursächlich ist, muss ein Ernährungsberater hinzugezogen werden. Der Experte kann weitere Behandlungsmaßnahmen nennen und dadurch dazu beitragen, dass das schmerzhafte Venenleiden nicht erneut auftritt. Der Patient sollte zudem regelmäßig zur ärztlichen Vorsorge gehen und so das Risiko für Komplikationen senken.

Quellen

  • Encke, A., Breddin, H. K.: Die venöse Thrombose. Prophylaxe und Therapie. Schattauer, Stuttgart 2000
  • Luther, B. (Hrsg.): Kompaktwissen Gefäßchirurgie. Springer, Berlin 2011
  • Marshall, M., Loew, D.: Venenerkrankungen. Springer, Berlin 2003

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