Nikotinsucht (Nikotinabhängigkeit)

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 4. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Nikotinsucht oder Nikotinabhänigkeit ist sowohl eine körperliche als auch psychische Krankheit, die theoretisch jeden Menschen befallen kann, so er denn mit dem Rauchen anfangen sollte. Leider gibt es auch immer mehr Menschen, die durch Passivrauchen in die Nikotinabhänigkeit geraten und schlussendlich selbst zu Rauchen anfangen. Von der Nikotinsucht wegzukommen, ist kein leichtes Unterfangen und sollte daher vom Arzt medizinisch begleitet werden. Trotz alledem: Jeder kann es schaffen nicht mehr zu rauchen!

Inhaltsverzeichnis

Was ist Nikotinsucht (Nikotinabhängigkeit)?

Die Sucht wird schließlich dadurch definiert, dass es zu Entzugserscheinungen kommt, wenn nicht weiter Nikotin konsumiert wird.
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Unter Nikotinsucht versteht man die körperliche oder psychische Abhängigkeit von Nikotin, einem Stoff, der in der Tabakpflanze vorkommt. Oft reichen bereits wenige Zigaretten aus, um in die Nikotinabhängigkeit zu geraten.

Die Betroffenen der Nikotinsucht verspüren Entzugserscheinungen, wenn sie ihre tägliche Nikotindosis nicht erhalten, und versuchen oft vergeblich, mit dem Rauchen wieder aufzuhören. Im Unterschied zu vielen anderen Drogen bewirkt Nikotin keine Persönlichkeitsveränderung. Nikotinsucht vereint in den meisten Fällen eine körperliche und psychische Abhängigkeit.

Ursachen

Eine körperliche Nikotinabhängigkeit entsteht, da Nikotin über die Lunge oder die Mundschleimhäute ins Blut und von dort aus ins Gehirn gelangt. Im Gegensatz zu vielen anderen Giften kann Nikotin die Blut-Hirn-Schranke überwinden. Bereits wenige Sekunden nach der Aufnahme des Nervengifts erreicht es die Nervenzellen im Gehirn und nimmt dort Einfluss auf deren Aktivität.

Nikotin veranlasst das Gehirn z. B. zur Ausschüttung verschiedener Botenstoffe wie Dopamin, Serotonin und Endorphine, die alle mit dem Belohnungssystem im Gehirn zusammenwirken. Daher ist es nicht verwunderlich, dass eine Nikotinsucht bereits sehr früh eintritt. Der Nikotinkomsum führt zu einem angenehmen Gefühl und sorgt z. B. in einer stressigen Situation dafür, dass der Mensch wieder ruhiger wird. Es kann kurzzeitig zu einer erhöhten Aufmerksamkeit und Lernfähigkeit führen.

Eine psychische Nikotinabhängigkeit stellt sich ein, wenn der Konsument in bestimmten Situationen durch die Aufnahme von Nikotin positive Wirkungen erlebt. Wieder spielt hier das Belohnungszentrum eine wichtige Rolle bei der Nikotinabhängigkeit. Nikotin verschafft innere Ruhe und Zufriedenheit. Kommt der Komsument erneut in eine ähnliche Situation, wird er wieder zu Nikotin greifen, um die gleiche Wirkung wie beim ersten Mal hervorzurufen. Auf diese Weise gerät er bereits nach kurzer Zeit in eine psychische Nikotinabhängigkeit.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Die Nikotinsucht lässt sich anhand unterschiedlicher Symptome feststellen. Diese stimmen mit den Symptomen sonstiger Suchterkrankungen überein. Symptome für die Nikotinsucht umfassen vor allem das Verlangen nach Tabakerzeugnissen und die Bereitschaft, trotz der gesundheitlichen Folgen weiterhin Tabak zu konsumieren.

Die Sucht wird schließlich dadurch definiert, dass es zu Entzugserscheinungen kommt, wenn nicht weiter Nikotin konsumiert wird. Zudem neigen die meisten Menschen zu einer Toleranzentwicklung und müssen entsprechend die Menge an zugeführtem Nikotin erhöhen, um die gleiche Wirkung zu erleben.

Die Entzugserscheinungen, die sich bei einer Nikotinabhängigkeit zeigen, sind in den ersten zwei oder drei Tagen des Entzugs am stärksten. Es kommt vor allem zu einer depressiven Verstimmung, Gereiztheit und Schlafproblemen. Bei einigen Menschen kommt es auch infolge des Entzugs zu Verdauungsveränderungen und erhöhtem Appetit.

Der Puls kann verlangsamt werden und die Konzentrationsfähigkeit sinkt. Bei den meisten Menschen, die das Rauchen aufgeben, kommt es zu einer geringeren oder mittleren Erhöhung des Körpergewichtes. Die psychischen und vegetativen Symptome klingen nach wenigen Tagen oder Wochen meist ab. Bei vielen Betroffenen kommt es auch Wochen und Monate später noch zum starken Verlangen, dem Körper Nikotin zuzuführen. Dieses Verlangen kann vor allem dann sehr stark sein, wenn die Situation stressig ist oder der Betroffene Alkohol konsumiert hat.

Krankheitsverlauf

Eine Nikotinsucht entsteht durch die besondere Wirkung des Nikotins auf das menschliche Gehirn. Sie stellt sich bei den meisten Betroffenen der Nikotinabhängigkeit bereits nach wenigen Zigaretten ein. In vielen Fällen greifen die Konsumenten mit der Zeit zu immer höheren Mengen des Nervengifts bzw. rauchen in kürzeren Abständen, um die gleiche angenehme Wirkung wie zu Beginn der Nikotinsucht zu erreichen.

Bereits nach kurzer Zeit ohne Nikotin stellen sich bei Nikotinabhängigkeit erste Entzugserscheinungen wie innere Unruhe, Gereiztheit oder gelegentlich auch Kopfschmerzen ein, die die Abhängigen erneut zur Zigarette greifen lassen. Es ist daher sehr schwer, sich wieder aus einer Nikotinabhängigkeit zu befreien.

Komplikationen

Ein Großteil der Raucher entwickelt eine Nikotinsucht. Diese liegt vor, wenn mehr als drei der sechs folgenden Kriterien erfüllt sind: Konsumzwang, fehlende/geringe Kontrolle des Rauchverhaltens, sich erweiternde Toleranzgrenzen, Zurückstellen anderer Interessen zugunsten des Zigarettenkonsums, fortführender Konsum trotz bereits vorhandener physischer/psychischer Folgeschäden, körperliche Entzugserscheinungen wie Aggressivität, Reizbarkeit, Konzentrationsstörungen.

Bereits am frühen Morgen – meist vor dem Frühstück – wird die erste Zigarette fällig; der Tageskonsum steigt. Ein eigenständig durchgeführter Versuch, das Rauchen zu reduzieren oder ganz einzustellen, führt häufig zu Schlafstörungen, Reizbarkeit, Aggressivität, Unruhe, Konzentrationsstörungen, Angst, Depressionen, steigendem Appetit und Gewichtszunahme.

Das Rauchen führt zu Schädigungen/Störungen des Atem- und Herz-Kreislaufsystems(Raucherbein), im Gehirn, der Knochen/Gelenke, der Augen, der Haut, der Mundflora, des Immunsystems, des Stoffwechsels, der Wundheilung, in der Fortpflanzungsfähigkeit und verursacht gegebenenfalls Fehlbildungen und Fehlgeburten (erhöhtes Risiko). Die bleibenden Schäden schränken auch nach einer erfolgreichen Entwöhnung die Lebensqualität erheblich ein. Einige jedoch können sich zunehmend verbessern.

Die Entwöhnung selbst braucht oft mehrere Anläufe, bis sie möglicherweise zum Erfolg führt. Schließlich spielt auch die psychische Abhängigkeit eine immens große Rolle. Zahlreiche Raucherentwöhnungsprogramme und -angebote ersparen auch nicht das Durchhalten. Je nach Intensität der Abhängigkeit werden die Folgen noch viele Jahre zu spüren sein. Nikotin selbst wird von der Leber innerhalb weniger Tage abgebaut.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Mit einer Nikotinsucht muss nicht unbedingt sofort zum Arzt gegangen werden. Viele Menschen, die das Rauchen aufgeben möchten, schaffen dies ohne die Unterstützung eines Arztes. Ein Mediziner kann allerdings über die Risiken des Rauchens aufklären und dadurch als Motivator dienen. Zudem kann im Rahmen einer umfassenden körperlichen Untersuchung festgestellt werden, welche körperlichen Schäden der Zigarettenkonsum bereits verursacht hat. Vor allem Lunge und Blutgefäße müssen kontrolliert werden, damit gegen etwaige Erkrankungen vorgegangen werden kann.

Sollte die Nikotinsucht bereits erhebliche körperliche Probleme hervorgerufen haben, muss umgehend ein Arzt konsultiert werden. Je nach Art der Beschwerden können weitere Fachärzte wie der Pneumologe oder der Gastroenterologe hinzugezogen werden. Begleitend zur Behandlung der körperlichen Leiden ist eine therapeutische Beratung sinnvoll. Insofern der Erkrankte das Rauchen aufgeben möchte, sollten außerdem Selbsthilfegruppen und Suchtberater in die Therapie involviert werden. Wer bereits mehrere Entzüge und Rückfälle hinter sich hat, sollte den Arzt und Apotheker aufsuchen. Fachmänner können zum einen mit praktischen Tipps helfen und Rauchentwöhnungsprogramme empfehlen. Zum anderen kann der Arzt Nikotinpflaster oder ähnliche Präparate verschreiben, die den Rauchstopp erleichtern. Während des Entzugs sollte der Arzt regelmäßig kontaktiert werden, insbesondere bei starken Entzugserscheinungen wie Herzrasen oder Migräne.

Behandlung & Therapie

Es gibt verschiedene Behandlungsansätze für Nikotinsucht. Die erfolgversprechendste Methode zur Behandlung einer Nikotinabhägigkeit ist eine Verhaltenstherapie in Kombination mit Hilfsmitteln wie Nikotinkaugummis oder Nikotinpflastern, die die Entzugserscheinungen lindern. Auch Selbsthilfegruppen können vielen Betroffenen auf ihrem Weg aus der Nikotinucht helfen, da sie eine gewisse Kontrolle bieten.

Es ist wichtig, dass die Gruppe von einer sachkundigen und ausgebildeten Person geleitet wird. Die Hypnosetherapie bietet ebenfalls einen Weg aus der Nikotinsucht, der jedoch nicht bei jedem Betroffenen wirkt. Viele weitere Therapieformen helfen vereinzelten Personen. Die Anzahl der erfolgreichen Behandlungen reichen aber nicht aus, um eine Wirkung nachzuweisen.

Stattdessen können die Behandlungserfolge ebenso auf den Placebo-Effekt zurückzuführen sein. Zu diesen Therapieformen für die Nikotinsucht zählen unter anderem der Umstieg auf Kräuteretten, die Aversionstherapie oder die Akupunktur. Selbst nach zunächst erfolgreicher Behandlung werden viele Betroffene wieder rückfällig.

Nachsorge

Viele Nikotinsüchtige nehmen sowohl die Nikotinentwöhnung als auch die anschließende Nachsorge selbst in die Hand. Die zentrale Herausforderung besteht in der Nachsorge oft darin, der Versuchung eines Rückfalls zu widerstehen. Wenn Nikotinabhängige wieder zu Zigaretten und anderen nikotinhaltigen Mitteln greifen, spielen dabei oft Stress, sozialer Druck und Motivationsprobleme eine Rolle. Da Rückfälle insbesondere bei jüngeren Rauchern häufig auftreten, sollten sich Nikotinsüchtige dieses Risikos bewusst sein.

Spezielle psychologische Programme, die Zigarettenabhängige beim Rauchstopp unterstützen sollen, schließen deshalb häufig mit einer Aufrechterhaltungs- oder Stabilisierungsphase ab. In dieser Phase entwickeln die Nikotinabhängigen zum Beispiel Strategien, wie sie besser mit Stress umgehen können. Auch können sie sich Gedanken darüber machen, welche Unterstützung sie durch Freunde, Familienmitglieder, Kollegen und andere Personen erhalten können, wenn ein Rückfall droht – oder wie sie ihr Umfeld ganz allgemein nichtraucherfreundlich gestalten können, um die Versuchung zu verringern.

In der Nachsorge beobachten sich ehemalige Raucher oft ganz genau, um einen bevorstehenden Rückfall möglichst früh zu erkennen. Wenn sie dann entsprechende Anzeichen wahrnehmen, versuchen sie, mithilfe der erarbeiteten Strategien gegenzusteuern, zum Beispiel mit Entspannungstechniken. Ein Rückfall kann dennoch vorkommen. Nikotinsüchtige sollten in einem solchen Fall selbstkritisch hinterfragen, warum sie nicht standhaft bleiben konnten und was sie beim nächsten Mal in einer solchen Situation besser machen können.


Aussicht & Prognose

Bei einer Nikotinabhängigkeit ist der weitere Krankheitsverlauf erheblich von der Mitarbeit des Patienten abhängig. Sein Wille und seine Durchsetzungskraft sowie die Bereitschaft für eine Veränderung seines Lebenswandels sind maßgeblich bei der Bewältigung der Erkrankung. Viele Betroffene benötigen keine ärztliche Konsultation, um den Konsum von Nikotin zu beenden.

Es kann jedoch als hilfreich und durchaus förderlich empfunden werden, wenn die Zusammenarbeit mit einem Mediziner oder einem Psychotherapeuten gesucht wird. Diese unterstützen auf körperlicher wie auch seelischer Ebene den Betroffenen und geben Rückmeldung über den aktuellen gesundheitlichen Zustand. Bei den meisten Nikotinabhängigen sind das Bewusstsein für die körperlichen Schäden sowie die gesundheitlichen Folgen vorhanden. Trotz allem benötigen sie oftmals einen Anreiz, um die Nikotinsucht erfolgreich zu bewältigen.

Eine besonders günstige Prognose erhalten Betroffene, die über mehrere Jahre den aktiven wie auch den passiven Konsum von Nikotin unterlassen. Der körpereigene Regenerierungsprozess führt dazu, dass bereits nach fünf Jahren die Lunge wieder einen normalen gesundheitlichen Stand hat und dadurch die Lebenserwartung dem Durchschnitt entspricht.

Ein ungünstiger Krankheitsverlauf führt dazu, dass der Betroffene die Nikotinsucht nicht bewältigt und dadurch das Risiko für Folgeerkrankungen erhöht. Es kann zu Krebserkrankungen kommen, die eine potentielle Gefährdung des menschlichen Lebens zur Folge haben.

Das können Sie selbst tun

Die Selbsthilfe geht beim Nikotinentzug mit der Behandlung oft Hand in Hand. Der eigentliche Entzug birgt nicht dasselbe Risiko wie bei anderen Substanzabhängigkeiten, obwohl er als unangenehm empfunden wird. Viele Raucher begeben sich deshalb nicht in Behandlung, sondern stützen sich ganz auf die Selbsthilfe.

Nicht jedem Raucher gelingt es, das Verlangen nach Nikotin auf Anhieb vollständig zu kontrollieren. In diesem Fall sollte der Betroffene zumindest versuchen, die Menge zu reduzieren. Ein typischer Stolperstein sind stressige Situationen. Hier ist es wichtig, standhaft zu bleiben und dem Verlangen nicht nachzugeben.

Einige Raucher steigen zunächst auf E-Zigaretten mit nikotinhaltigen Liquids um. Die eigentliche Nikotinsucht wird dadurch nicht bekämpft. Andere gesundheitliche Aspekte können jedoch davon profitieren, insbesondere die Gesundheit der Lunge.

Die Motivation spielt beim Rauchstopp eine wichtige Rolle. Um an der Motivation zu arbeiten, kann der Süchtige seine persönlichen Gründe auf einem Zettel notieren. Diesen Zettel hängt er anschließend an einem sichtbaren Ort auf – zum Beispiel über dem Schreibtisch oder am Rand eines Spiegels. Die Motivationsliste kann später noch ergänzt werden. Negativ formulierte Ziele sind oft ungünstiger, weshalb auch positive Gründe auf die Liste gehören. Darüber hinaus sollten die persönlichen Motive so konkret wie möglich formuliert sein.

Quellen

  • Arolt, V., Reimer, C., Dilling, H.: Basiswissen Psychiatrie und Psychotherapie. Springer, Heidelberg 2007
  • Lieb, K., Frauenknecht, S., Brunnhuber, S.: Intensivkurs Psychiatrie und Psychotherapie. Urban & Fischer, München 2015
  • Möller, H.-J., Laux, G., Deister, A.: Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie. Thieme, Stuttgart 2015

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