Nierenzellkarzinom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 18. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das Nierenzellkarzinom ist ein bösartiger Tumor, der von den Tubuluszellen der Nieren ausgeht. Die Mehrzahl aller Nierentumore sind Nierenzellkarzinome.

Inhaltsverzeichnis

Was ist ein Nierenzellkarzinom?

Das Nierenzellkarzinom verursacht in der Regel erst dann Symptome, wenn der Tumor schon recht groß ist. Frühsymptome gibt es normalerweise nicht.
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Rund drei Prozent aller bösartigen Tumore im Erwachsenenalter sind Nierenkarzinome. Pro Jahr erkranken neun von 100.000 Einwohnern an einem Nierenzellkarzinom. Die meisten Menschen erkranken zwischen dem 40. und dem 70. Lebensjahr. Das Nierenzellkarzinom, das auch als Grawitz-Tumor bezeichnet wird, hat seinen Ursprung in den Tubuluszellen der Niere.

Je nach Ausgangsgewebe, zytogenetischem Befund und histologischem Bild können verschiedene Nierenzellkarzinome unterschieden werden. Am häufigsten tritt das klassische Nierenzellkarzinom auf. Es wird auch als Klarzellkarzinom bezeichnet. Weitere Formen des Nierenzellkarzinoms sind das chromophile beziehungsweise papilläre Karzinom und das chromophobe Karzinom. Eher selten entwickelt sich ein Ductus-Bellini-Karzinom. Es wird auch als Sammelrohrkarzinom bezeichnet.

Ursachen

Die genaue Ätiologie des Nierenzellkarzinoms ist noch unklar. Bekannt ist, dass Männer deutlich häufiger erkranken als Frauen. Patienten, die am Hippel-Lindau-Syndrom leiden, erkranken gehäuft. Das Hippel-Lindau-Syndrom ist eine autosomal-dominant vererbte Erkrankung, die mit Gefäßmissbildungen im Gesicht und im Zentralnervensystem einhergeht.

Risikofaktoren für ein Nierenzellkarzinom sind hohes Alter, eine chronische Niereninsuffizienz, Rauchen, Bleibelastung, Kadmiumbelastung, eine langjährige Therapie mit Schmerzmitteln, die angeborene tuberöse Sklerose und der Kontakt zu Trichloreten.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Das Nierenzellkarzinom verursacht in der Regel erst dann Symptome, wenn der Tumor schon recht groß ist. Frühsymptome gibt es normalerweise nicht. Die Tumorzellen wachsen zunächst zentral im Parenchym und haben somit keinen Anschluss an das Tubulussystem der Niere.

Ein Nierenzellkarzinom im Frühstadium ist somit häufig nur ein Zufallsbefund bei einer Ultraschalluntersuchung der Bauchorgane. Fast 70 Prozent aller Nierentumore werden zufällig bei bildgebenden Untersuchungen wie Sonografie, Computertomografie oder Magnetresonanztomografie gefunden. Ein charakteristisches und bedrohliches Spätsymptom des Nierenzellkarzinoms ist Blut im Urin. Diese sogenannte Hämaturie tritt plötzlich auf und ist schmerzlos.

Weitere Symptome des Nierenzellkarzinoms sind eher unspezifisch. So kann der Tumor Schmerzen in der Flanke hervorrufen. Besonders ausgeprägte Tumore sind im Flankenbereich tastbar. Im Rahmen der Krebserkrankung können sogenannte B-Symptome auftreten. Dazu gehören Gewichtsverlust, eine erhöhte Infektanfälligkeit, Nachtschweiß und Fieber. Die Betroffenen sind nicht mehr so leistungsfähig wie früher.

Eventuell kommt es zu einer Anämie mit Müdigkeit, Haarausfall, Atembeschwerden bei Belastung und starker Blässe. Wenn der Tumor in die linke Nierenvene einwächst oder die linke Nierenvene komprimiert, kann sich beim Mann eine Krampfader am Hoden entwickeln. Diese wird auch als Varikozele bezeichnet.

Selten entwickelt sich beim Nierenzellkarzinom ein paraneoplastisches Syndrom. Als paraneoplastisches Syndrom werden die Begleitsymptome einer Krebserkrankung bezeichnet, die nicht durch den Tumor entstehen. Beim Nierenzellkarzinom kann das paraneoplastische Syndrom durch Tumorzellen hervorgerufen werden, die Hormone wie Renin, Erythropoetin, ACTH oder Parathormon bilden.

Mögliche Symptome eines solchen paraneoplastischen Syndroms sind Bluthochdruck, Hyperthermie und Kachexie. Es besteht die Möglichkeit, dass sich durch den erhöhten ACTH-Wert ein Cushing Syndrom entwickelt. Die Betroffenen haben ein Vollmondgesicht, nehmen an Gewicht zu, weisen einen sogenannten Stiernacken auf und leiden unter Muskel- und Herzschwäche.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Bei der klinischen Untersuchung mit Palpation, Auskultation und Perkussion werden nur große und weit fortgeschrittene Tumoren der Nieren auffällig. Eine Hämaturie zeigt sich durch eine Rosafärbung des Urins. Mithilfe eines Urinsticks können Erythrozyten im Urin nachgewiesen werden. Im Labor zeigt sich eventuell eine Anämie, die durch den großen Blutverlust über die Niere hervorgerufen wird.

Zur Sicherung der Diagnose muss aber eine Ultraschalluntersuchung durchgeführt werden. Mithilfe der Sonografie werden verdächtige Raumforderungen in der Niere diagnostiziert. Anschließend werden die auffälligen Bereiche punktiert. Das gewonnene Gewebematerial wird von einem Pathologen histologisch untersucht. Die meisten Nierenzellkarzinome weisen ein lipidreiches und glykogenreiches Zytoplasma auf.

Um das Wachstum des Tumors, das sogenannte Staging, beurteilen zu können, wird eine Computertomografie des Abdomens durchgeführt. Anhand des CTs kann auch die Operabilität des Krebstumors bestimmt werden. Mithilfe von Röntgenaufnahmen der Brust, mit einer Skelettszintigrafie und mit einer Gehirn-MRT können Fernmetastasen nachgewiesen werden.

Im Röntgenbild werden allerdings nur Metastasen erfasst, die im Durchmesser größer als ein Zentimeter sind. Die 5-Jahre-Überlebensrate für Patienten mit einem Nierenzellkarzinom liegt bei etwa 50 Prozent.

Komplikationen

Ein Nierenzellkarzinom kann zu starken Komplikationen führen, was für Tumore typisch ist. So kommt es bei einer Vielzahl von Patienten zu einer voranschreitenden Metastasierung weiterer Organe. Denn bösartige (maligne) Nierentumore neigen dazu, sich über die Lymph- und Blutgefäße im Körper auszubreiten und Tochtergeschwulste zu bilden. Insbesondere Lunge, Leber, Gehirn und Haut können von weiteren Tumoren befallen werden.

Auch eine Metastasierung der Knochen bewegt sich innerhalb des typischen Spektrums. In der Folge können bei einem Nierenzellkarzinom lebensbedrohliche Komplikationen entstehen, etwa durch Gerinnsel (Embolien), verstopfte Blutgefäße oder eine Lungenentzündung. Die Wahrscheinlichkeit einer Metastasierung weiterer Organe steigt wesentlich an, wenn das Nierenzellkarzinom nicht oder nur sehr spät behandelt wird. Der Früherkennung kommt nicht zuletzt deshalb eine bedeutende Rolle zu.

Im Zuge der medizinisch indizierten Behandlung kann es außerdem zu Komplikationen kommen, die auf die eingenommenen Substanzen zurückzuführen sind. So kommt es gelegentlich vor, dass der antiangiogenetisch wirksame Antikörper Bevacizumab zu thromboembolischen Ereignissen und Perforationen im Gastrointestinaltrakt führt.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Die Symptome eines Nierenzellkarzinoms sind in der Anfangsphase der Erkrankung häufig stumm. Kommt es zum Fortschreiten der Erkrankung können sich einzelne Symptome bemerkbar machen. Mit einem grundlosen Gewichtsverlust oder stärker werdenden Flankenschmerzen, sollte ein Arzt aufgesucht werden.

Fieber, das eine längere Zeit andauert, ist immer ärztlich abzuklären. Eine deutliche und länger anhaltende Leistungsminderung kann das Symptom einer schwerwiegenden Erkrankung sein. In so einem Fall sollte ein Arzt kontaktiert werden. Auch Blut im Urin ist Anlass für einen Arztbesuch. Das frühe Aufsuchen eines Arztes kann einen positiven Effekt auf die Prognose haben. Bei Unsicherheiten sollte zeitnah ein Arzttermin vereinbart werden.

Behandlung & Therapie

Goldstandard in der Therapie von nicht metastasierten Nierenzellkarzinomen ist die chirurgische Entfernung. Tumore, die nicht größer als sieben Zentimeter sind, werden normalerweise nierenerhaltend entfernt. Bei größeren Tumoren muss die gesamte Niere zusammen mit der Nebenniere, dem Harnleiter, der Nierenkapsel und dem Fettgewebe der Umgebung operativ entfernt werden.

Wenn der Tumor in die Nierenvene oder sogar in die untere Hohlvene eingewachsen ist, müssen auch diese Tumorzapfen entfernt werden. Eventuell ist der Einsatz einer Herz-Lungen-Maschine erforderlich. Neue Operationsverfahren wie die laparoskopische radikale Nephrektomie oder minimal-invasive Verfahren wie die Radiofrequency interstitial tumor ablation (RITA) werden derzeit erforscht und erprobt.

Bei metastasierten und lokal inoperablen Nierenzellkarzinomen kommen medikamentöse Therapien zum Einsatz. Medikamentöse Therapien sind beim Nierenzellkarzinom in der Regel palliativ, eine Heilung ist meist nicht mehr möglich. Klassische Zytostatika wie Antimetaboliten, Alkylanzien, Anthracycline und Mitosehemmer sind beim Nierenzellkarzinom unwirksam.

Das Nierenzellkarzinom gilt deshalb als chemotherapieresistent. Anstelle von Chemotherapien werden Krebsimmuntherapien durchgeführt. Auch orale Tyrosinkinase-Inhibitoren, Bevacizumab und mTOR-Inhibitoren kommen zum Einsatz.


Aussicht & Prognose

Die Prognose bei einem Nierenzellkarzinom ist maßgeblich vom Zeitpunkt der Erkennung und dem Stadium des Krebses abhängig. Metastasierter Nierenkrebs hat grundsätzlich eine ungünstigere Prognose als ein reines, isoliertes Nierenzellkarzinom.

Gut operable Nierenzellkarzinome, die in einem Stück auf der Oberfläche der Niere wachsen, haben eine besonders gute Prognose. Werden diese operativ rechtzeitig entfernt, ist von einer Genesung auszugehen. Auch papilläre und chromophobe Typen sind häufiger auf die Niere begrenzt (streuen also nicht) und bringen eine gute Prognose mit sich.

Je mehr Lymphknoten befallen sind, desto schlechter wird die Prognose. Bei Metastasen ist sie insgesamt ungünstig. Während ein nicht gestreuter, lokaler Tumor noch eine mittlere Fünf-Jahres-Überlebensrate von 90 Prozent mit sich bringt, ist es bei Beteiligung der Lymphknoten nur noch eine von circa 60 bis 70 Prozent. Bei Fernmetastasen, etwa im Gehirn oder der Lunge, sind es nur noch 15 Prozent.

Es ist festzuhalten, dass die frühzeitige Erkennung noch immer der beste Einfluss auf eine günstige Prognose bei einem Nierenzellkarzinom ist. Gerade Menschen mit Risikofaktoren (genetische Erkrankungen, Nierenschwäche etc.) profitieren durch Kontrolluntersuchungen. Tritt schließlich ein Karzinom in der Niere auf, kann es in der Regel schnell behandelt werden.

Vorbeugung

Da die genaue Entstehung von Nierenzellkarzinomen bisher ungeklärt ist, ist eine Prävention nur schwer möglich. Risikofaktoren wie dauerhafte Einnahmen von Schmerzmitteln oder das Rauchen sollten gemieden werden.

Nachsorge

Eine Verlaufskontrolle beziehungsweise Nachsorge ist nach jeder Krebstherapie dringend erforderlich. Das geht darauf zurück, dass sich viele Tumore nach einiger Zeit neubilden. Zudem besteht das Risiko des Metastasenwachstums, was regelmäßig zu einer Verkürzung der Lebenserwartung führt.

Die Nachsorge wird in der Regel vor dem Ende der Ersttherapie abgesprochen. Arzt und Patient legen den Ort und den Rhythmus fest. Üblich ist eine quartalsweise Nachsorge im ersten Jahr. Anschließend weitet sich der Abstand von Termin zu Termin. Ab dem fünften Jahr der Beschwerdefreiheit reicht eine jährliche Vorstellung aus.

Diese Art der Nachsorge zielt auf eine engmaschige Überwachung des Patienten, um Komplikationen erst gar nicht aufkommen zu lassen und eine Diagnose im Frühstadium zu ermöglichen. Letztes bringt die besten Heilungsaussichten mit sich. Die Nachsorge umfasst ein ausführliches Gespräch sowie eine körperliche Untersuchung.

Zudem findet meist auch eine Blutuntersuchung statt. Bildgebende Verfahren wie ein CT oder MRT werden nach Bedarf eingesetzt. Die Nachsorge kann auch palliativen Charakter annehmen. Dann besteht bei dem Nierenzellkarzinom keine Heilungschance mehr. Ärzte versuchen dem Patienten ein beschwerdefreies Leben zu ermöglichen. Medikamente und Hilfestellungen im Alltag bilden dafür ein wichtiges Fundament.

Das können Sie selbst tun

Reine Selbsthilfemaßnahmen, die einen medizinischen oder gar therapeutischen Effekt auf ein Nierenzellkarzinom haben, sind nicht existent. Es gibt keine Hausmittel, Übungen oder sonstige Maßnahmen, die Betroffene sinnvollerweise ergreifen können. Vielmehr ist von der experimentellen Einnahme nicht verschriebener Mittel und Substanzen abzuraten. Maßnahmen zur Schmerzbewältigung können allerdings ergriffen werden, wenn dies nötig ist. Wichtig ist, dass die verwendeten Mittel die Niere nicht belasten.

Es kann dem Patienten helfen, wenn er sich sehr ausgiebig über das Nierenzellkarzinom informiert. Diese Krebsart ist sehr gut erforscht und die Informationen sind leicht verfügbar. Ein Wissen um die eigene Krankheit macht die Behandlung sowie den eigenen Zustand verständlicher und kann entsprechend dabei helfen, Ängste zu überwinden. Es gibt den Patienten zudem mehr Sicherheit bei Gesprächen mit Ärzten an die Hand, wenn sie selbst gut informiert sind.

Da ein Nierenzellkarinom auch die gesunden Teile der Niere oder Nieren belastet, ist zudem angeraten, die Ernährung nierenschonend zu gestalten. Dies bedeutet eine deutliche Reduzierung der zugeführten Salzmenge sowie eine Erhöhung der Trinkmenge. Die Salzmenge sollte bei circa fünf Gramm und weniger am Tag liegen, die Trinkmenge sollte auf circa 2,5 bis 3 Liter erhöht werden. Der Fleischanteil in der Ernährung kann zudem reduziert werden, um die Nieren zusätzlich zu entlasten.

Quellen

  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Keller, C.K., Geberth, S.K.: Praxis der Nephrologie. Springer, Berlin 2010
  • Preiß, J. et al.(Hrsg.): Taschenbuch Onkologie. Zuckschwerdt, München 2014

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