Neuroborreliose

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Krankheiten Neuroborreliose

Gemäß den Aussagen von führenden Medizinern gehört die Zecke zu den gefährlichsten Tieren auf der ganzen Welt. So kann eine Zecke ihre Krankheitserreger mit einem einzelnen Biss auf den menschlichen Organismus übertragen. Aktuellen Studien zufolge erkranken immer mehr Menschen an einer mitunter lebensbedrohlichen Neuroborreliose.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Neuroborreliose?

Bei einer akuten Neuroborreliose treten die ersten Symptome wenige Wochen bis einige Monate nach dem Stich einer infizierten Zecke auf.
© JuergenL – stock.adobe.com

Bei einer Neuroborreliose handelt es sich um eine gefährliche Infektionskrankheit. Für das Auftreten der einzelnen Symptome zeichnet sich eine spezielle Bakterienart verantwortlich.

Da sich die einzelnen Bakterien relativ schnell im menschlichen Organismus ausbreiten, sind oftmals mehrere Organe gleichzeitig von der Infektion betroffen. So kann eine Neuroborreliose beispielsweise zu dauerhaften Schäden an den Augen führen.

Darüber hinaus kann auch das Herz der betroffenen Patienten an Leistungsfähigkeit verlieren. Damit das Auftreten einer Neuroborreliose verhindert werden kann, müssen die möglichen Ursachen zuverlässig bekämpft werden.

Ursachen

Wie bereits erwähnt, tritt eine Neuroborreliose als das Resultat eines Zeckenbisses in Erscheinung. Die verantwortlichen Bakterien werden während des Bisses auf den jeweiligen Körper übertragen.

In der Bundesrepublik Deutschland sind circa 35 Prozent aller Zecken mit dem gefährlichen Erreger infiziert. Da eine Vielzahl der Zeckenbisse von den betroffenen Personen nicht realisiert wird, bleibt eine frühzeitige Behandlung in den meisten Fällen aus.

Darüber hinaus entwickelt nur eine geringe Zahl der infizierten Personen eine klinische Symptomatik. Damit beispielsweise ein multiples Organversagen verhindert werden kann, muss eine Neuroborreliose möglichst schnell diagnostiziert werden.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Bei einer akuten Neuroborreliose treten die ersten Symptome wenige Wochen bis einige Monate nach dem Stich einer infizierten Zecke auf. Das Bakterium Borrelia burgdorferi löst eine Entzündung der Hirnhäute und der Nervenwurzeln des Rückenmarks aus, die mit starken Schmerzen entlang der betroffenen Nervenbahnen verbunden sind. Die vor allem nachts auftretenden Schmerzen gehen oft mit Sensibilitätsstörungen, Missempfindungen und Lähmungen einher.

Besonders häufig tritt eine Lähmung des Gesichtsnervs auf: Der Mediziner spricht dabei von einer ein- oder beidseitigen Fazialisparese. Typische Anzeichen dafür sind herabhängende Mundwinkel, der inkomplette Lidschluss und die Unfähigkeit, die Stirn zu runzeln. Gelegentlich können auch Geschmacksstörungen auftreten. Eine Entzündung weiterer Hirnnerven kann sich durch eine Hörminderung oder die Lähmung der Augenmuskeln bemerkbar machen.

Eine chronische Neuroborreliose entwickelt sich über Monate oder Jahre. Charakteristisch ist eine Entzündung von Gehirn und Rückenmark, die nur langsam voranschreitet und Koordinationsstörungen, Gangunsicherheit und Blasenentleerungsstörungen verursacht. Ebenso können die sprachlichen Fertigkeiten beeinträchtigt sein, auch das Hörvermögen kann abnehmen.

Gelegentlich treten infolge einer Neuroborreliose epileptische Anfälle auf, Konzentrationsschwäche, Bewusstseinstrübungen und Halluzinationen können auf ein hirnorganisches Psychosyndrom hinweisen. In manchen Fällen entwickeln Erkrankte nur sehr unspezifische Symptome wie starke Müdigkeit, verminderte Leistungsfähigkeit und Antriebslosigkeit, die leicht mit Depressionen verwechselt werden können.

Diagnose & Verlauf

Die Diagnose einer Neuroborreliose erweist sich in den meisten Fällen als äußerst schwierig. Dennoch kann eine entsprechende Untersuchung vom Hausarzt durchgeführt werden. Im Rahmen der Untersuchung wird unter anderem der bisherige Verlauf der Krankheit einer näheren Betrachtung unterzogen.

Damit eine zielgerichtete Therapie in Angriff genommen werden kann, muss der Patient unter anderem die bisher in Erscheinung getretenen Symptome benennen. So können beispielsweise Kopfschmerzen ein erstes Anzeichen auf eine Neuroborreliose darstellen. Nicht selten klagen die betroffenen Patienten auch über ein dominierendes Gefühl der körperlichen Schwäche. Im Anschluss an die Befragung tastet der behandelnde Arzt die Lymphknoten der betroffenen Person ab.

Eine Schwellung im Bereich der Lymphknoten kann ebenfalls als ein erstes Anzeichen auf eine Neuroborreliose angesehen werden. Im Rahmen der körperlichen Untersuchung kann der behandelnde Arzt auch mögliche Bissverletzungen ermitteln. Sofern ein erster Verdacht auf eine Neuroborreliose besteht, muss eine Blutuntersuchung in Angriff genommen werden. Erst im Anschluss an die Durchführung aller Untersuchungen kann eine Neuroborreliose zuverlässig behandelt werden.

Komplikationen

Die Neuroborreliose stellt bereits eine Komplikation der Lyme-Borreliose dar, bei welcher das Gehirn und die Nervenbahnen mit dem Borreliosebakterium befallen werden. Diese Komplikation tritt bei circa zehn Prozent der Borrelioseinfektionen auf. Aber auch innerhalb dieser besonderen Ausprägung der Borrelieninfektion gibt es noch unterschiedliche Verlaufsformen.

In der Regel ist die Neuroborreliose bei entsprechender Behandlung gut heilbar, wenn das Bakterium vollständig eliminiert wird. Allerdings kann wiederum bei circa fünf bis zehn Prozent aller von Neuroborreliose betroffenen Personen zusätzlich eine Infektion des Rückenmarks und des Gehirns dazukommen. In diesen Fällen gestaltet sich die Verlaufsform der Erkrankung noch komplizierter.

Die entzündlichen Prozesse dauern in diesen Fällen in der Regel länger als sechs Monate an. Aber auch hier bestehen bei vielen Erkrankten noch gute Chancen für eine vollständige Heilung. Es kann jedoch passieren, dass sich chronische Beschwerden einstellen, wenn das Nervensystem sehr stark beeinträchtigt ist. Das ist besonders dann der Fall, wenn in der Folge der Infektion Autoimmunreaktionen des Immunsystems dazukommen, die gegen das Nervensystem gerichtet sind.

Bekannterweise können zerstörte Nervenzellen nicht mehr ersetzt werden. So kann es vorkommen, dass sich dauerhafte spastische Gang- und Bewegungsstörungen sowie Harn- und Stuhlinkontinenz einstellen. Auch Wahrnehmungs-, Sprach- oder Hörstörungen werden beobachtet. In manchen Fällen treten sogar chronische psychiatrische Beschwerden oder ständige epileptische Anfälle auf.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Hat sich eine Zecke festgebissen, sollte das Insekt mit größter Sorgfalt aus dem Körper des Betroffenen entfernt werden. Wichtig ist dabei, dass der gesamte Zeckenkörper gelöst wird. Gibt es Komplikationen oder Unsicherheiten bei der richtigen Handhabung, ist ein Arzt aufzusuchen und mit der Entfernung der Zecke zu beauftragen.

Stellen sich Wochen oder Monate nach einem Biss des Insekts gesundheitliche Beschwerden ein, besteht Handlungsbedarf. Bei Lähmungen, Störungen der Sensibilität oder Taubheitsgefühle ist ein Arzt aufzusuchen. Klagt der Betroffene über Probleme der Geschmackswahrnehmung, eine verminderte Hörfähigkeit oder Unregelmäßigkeiten bei der Steuerung der Augenmuskulatur, ist ein Arztbesuch notwendig. Schmerzen, ein allgemeines Unwohlsein oder eine Gereiztheit sind Anzeichen einer Beeinträchtigung, die untersucht und behandelt werden muss. Bei Störungen der Koordination, Schwindel, Gangunsicherheiten oder Problemen des Bewegungsapparates ist ein Arzt um Hilfe zu bitten.

Die Ursache der Beschwerden muss ermittelt werden, damit eine Behandlung eingeleitet werden kann. Bei Auffälligkeiten des Sprachvermögens besteht Anlass zur Besorgnis. Ein Arzt ist unverzüglich aufzusuchen, wenn es zu einer Reduzierung der sprachlichen Fähigkeiten kommt, da dies ein besonderes Warnhinweis des Organismus ist. Kommt es zu einer Unregelmäßigkeit der Blasenentleerung, wird ebenfalls ein Arzt benötigt. Müdigkeit, eine herabgesetzte Stimmung sowie Antriebslosigkeit sind weitere Anzeichen, denen nachgegangen werden sollte.

Behandlung & Therapie

Die frühzeitige Behandlung einer Neuroborreliose erweist sich grundsätzlich von wesentlicher Bedeutung. Nur so können schwerwiegende Folgeerscheinungen verhindert werden.

Sollte sich die Neuroborreliose noch in einem frühen Stadium befinden, kann eine Behandlung mit einem entsprechenden Antibiotikum durchgeführt werden. In der modernen Medizin vertraut man in erster Linie auf Präparate, welche den Wirkstoff Penicillin enthalten. Sofern eine Unverträglichkeit gegenüber dem Wirkstoff Penicillin besteht, kann auch ein alternativer Wirkstoff eingesetzt werden.

So erfreut sich vor allem der Wirkstoff Azithromycin einer wachsenden Beliebtheit. Schwangere Frauen sollten ebenfalls auf eine Behandlung mit dem Wirkstoff Penicillin verzichten. Da eine Neuroborreliose oftmals erst sehr spät erkannt wird, schlagen die bereits erwähnten Wirkstoffe nicht mehr zuverlässig an. Aus diesem Grund muss eine Therapie mit einem speziellen Antibiotikum in Erwägung gezogen werden.

Die jeweils enthaltenen Wirkstoffe werden oftmals intravenös verabreicht. Damit ein möglichst optimales Ergebnis erzielt werden kann, sollten die jeweiligen Präparate über einen Zeitraum von mindestens vier Wochen eingenommen werden. In Bezug auf den Kontakt zu anderen Personen gibt es keine besonderen Verhaltensregeln. So kann eine Neuroborreliose grundsätzlich nicht von Mensch zu Mensch übertragen werden.


Aussicht & Prognose

Die Prognose bei Neuroborreliose ist gut, wenn sie in einem frühen Stadium diagnostiziert und behandelt wird. In etwa 90 Prozent der Fälle schlägt eine mindestens zweiwöchige antibiotische Therapie gut an und befreit den Betroffenen vollständig oder zumindest weitgehend von seinen Beschwerden. Restsymptome wie schnelle Ermüdbarkeit, Schmerzen, Gedächtnisstörungen oder neurologische Einschränkungen werden nach einer durchgemachten Infektion – je nach Studie – von 5 bis 30 Prozent der Erkrankten angegeben. Das Alltags- und Berufsleben ist dadurch in der Regel nicht oder nicht wesentlich beeinträchtigt, die Lebenserwartung wird durch eine früh erkannte und therapierte Neuroborreliose nicht herabgesetzt.

Eine im Rahmen der Erkrankung auftretende Gesichtslähmung bildet sich in den meisten Fällen nach ein bis zwei Monaten wieder zurück, bei fünf Prozent der Patienten bleibt sie länger oder dauerhaft bestehen. Einen schweren Verlauf kann die Erkrankung nehmen, wenn die Hirnhäute von der Entzündung betroffen sind (Meningitis). In diesem Fall können neben einem ausgeprägten Krankheitsgefühl auch Bewusstseinsstörungen bis zum Koma auftreten, unbehandelt kann die Meningitis zum Tod führen. Mögliche Langzeitfolgen einer überstandenen Hirnhautentzündung sind Sprach- und Bewegungsstörungen, Wahrnehmungsstörungen, Inkontinenz oder Krampfanfälle. Gelegentlich zieht eine Meningitis auch psychiatrische Störungen wie ausgeprägte Stimmungsschwankungen oder Depressionen nach sich.

Vorbeugung

Resultierend aus den möglichen Komplikationen muss einer Neuroborreliose stets vorgebeugt werden. Im Rahmen der Vorbeugung sollten Bisse von Zecken vermieden werden. Aus diesem Grund sollte bei Ausflügen möglichst lange Kleidung getragen werden. Eine Hose muss darüber hinaus über einen Hosenbund verfügen. Entsprechende Salben beugen einem Zeckenbiss in der Regel nicht vor.

Nachsorge

Trotz erheblicher neurologischer Probleme ist der Verlauf einer Neuroborreliose bei entsprechender Therapie fast immer gutartig. Nach einer erfolgreichen Behandlung mit Antibiotika sollten jedoch über einen längeren Zeitraum Nachsorgeuntersuchungen erfolgen. Diese bestehen hauptsächlich in der regelmäßigen Kontrolle der klinischen Symptomatik. Sollte diese sich verschlechtern, wird oft eine erneute Untersuchung des Liquors erforderlich.

Detaillierte Differenzialdiagnosen können zudem aufklären, ob es sich noch um die Nachwirkungen der Lyme-Borreliose oder um eine andere neurologische Erkrankung handelt. Im Zusammenhang mit der Neuroborreliose wird in der medizinischen Literatur oft vom sogenannten Post-Lyme-Disease-Syndrom berichtet. Allerdings zeigen wissenschaftliche Studien, dass solche Beschwerden nichts mit der überstandenen Lyme-Borreliose zu tun haben.

Entsprechende Nachsorgemaßnahmen beziehen sich in diesen Fällen auf andere Erkrankungen, die in jedem einzelnen Fall spezifisch diagnostiziert werden müssen. Jedenfalls hat sich erwiesen, dass eine verlängerte Behandlung mit Antibiotika meist nichts an den bestehenden Krankheitssymptomen ändert. Im Gegenteil, oftmals sind diese Maßnahmen eher schädlich für den Organismus. In Einzelfällen können sie sogar tödlich enden.

Möglicherweise handelt es sich jedoch um neurologische Symptome wie Depressionen, die nach der Neuroborreliose erstmalig aufgetreten sind und daher mit dieser in Zusammenhang gebracht werden. In seltenen Fällen treten im Rahmen einer Neuroborreliose jedoch Komplikationen wie Schlaganfall auf. Die Nachsorge richtet sich hier immer nach der Schwere der Komplikation.

Das können Sie selbst tun

Wenn Anzeichen einer Borreliose bemerkt werden, sollte ein Arzt konsultiert werden. Hat sich bereits eine Neuroborreliose entwickelt, können meist keine effektiven Selbsthilfemaßnahmen mehr angewendet werden. Allerdings können die Erkrankten die ärztliche Therapie unterstützen, indem sie die Vorgaben des Mediziners bezüglich Körperhygiene und körperlicher Anstrengung einhalten.

Meist wird der Arzt einen stressfreien Lebensstil mit einer gesunden und ausgewogenen Diät empfehlen. Wenn körperliche Beschwerden wie Bewegungsstörungen oder neurologische Probleme auftreten, benötigt der Patient entsprechende Hilfsmittel. Neben den ärztlich verordneten Medikamenten können außerdem verschiedene Naturheilmittel angewendet werden. Bewährt haben sich zum Beispiel schmerzlindernde Teufelskralle sowie Aloe Vera. Diese Mittel werden in Form von Salben auf die Bissstelle aufgetragen und helfen in erster Linie gegen die Schmerzen am Ausgangspunkt der Erkrankung. Infektionen im Körper lassen sich nur durch Arzneimittel behandeln. Der Erkrankte sollte die Signale des Körpers sorgfältig beobachten, damit die Medikation regelmäßig an neu hinzukommende Symptome angepasst werden kann.

In den späteren Stadien der Erkrankung konzentriert sich die Therapie darauf, das Leiden und seine möglichen Folgen auf die Gesundheit zu akzeptieren. Vor allem jüngere Menschen leiden nach einer Infektion oft an Depressionen und Ängsten, die im Rahmen einer psychologischen Behandlung aufgearbeitet werden müssen.

Quellen

  • Darai, G., Handermann, M., Sonntag, H.-G., Zöller, L. (Hrsg.): Lexikon der Infektionskrankheiten des Menschen. Springer, Berlin 2012
  • Suttorp, N., et al.: Infektionskrankheiten. Thieme, Stuttgart 2004
  • Suttorp et al.: Infektionskrankheiten verstehen, erkennen, behandeln. Thieme, Stuttgart 2003

Das könnte Sie auch interessieren