Thrombolyse

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Thrombolyse weicht einen Thrombus mit Hilfe von Medikamenten (Fibrinolytika) auf. Dieses Vorgehen ist jedoch ausschließlich bei kleinen und frischen Thromben möglich. Das Synonym für Thrombolyse lautet Lyse-Therapie. Die medizinischen Fachgebiete für die Thrombolyse sind die Innere Medizin, die Neurochirurgie und die Kardiologie.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Thrombolyse?

Thrombolyse weicht einen Thrombus mit Hilfe von Medikamenten (Fibrinolytika) auf. Dieses Vorgehen ist jedoch ausschließlich bei kleinen und frischen Thromben möglich.

Eine Lungenembolie, ein Schlaganfall oder ein Herzinfarkt können durch verstopfte Blutgefäße Thromben auslösen. Diese Blutgerinnsel behindern den regulären Blutfluss im Körper. Eine Folge des Thrombus ist eine defizitäre Versorgung des Herz-Kreislaufsystems mit Blut und Sauerstoff. Zelluntergang und Gewebsschaden setzen Aktivatoren frei, die über komplexe Reaktionen zur Fibrinbildung führen.

Dabei können sowohl Gefäßverschlüsse als auch traumatische Läsionen entstehen, die Blutungen auslösen. Die Thrombolyse ist ein physiologischer Mechanismus, der Störungshindernisse in den betroffenen Organen beseitigt, indem er das Blutgerinnsel auflöst. Die Thrombolyse erfolgt mittels gewebespezifischer Plasminogen-Aktivatoren. Um folgenschweren und lebensgefährlichen Schädigungen der betroffenen Organe und des allgemeinen Gesundheitszustandes vorzubeugen, müssen diese Thromben so schnell wie möglich aufgelöst werden.

Dazu verabreichen die Mediziner den betroffenen Patienten Medikamente im Rahmen der medikamentösen Therapie, die als Thrombolyse bezeichnet wird. Die Mediziner leiten verschiedene Medikamente systemisch durch eine Infusion über den Blutkreislauf oder örtlich am Thrombus in den Körper des Patienten ein. Diese Medikamente enthalten Enzyme, die bestimmte Reaktionen in den Körperzellen des Patienten hervorrufen und Wirkstoffe zur Aktivierung spezieller körpereigener Enzyme freisetzen.

Funktion, Wirkung & Ziele

Schlaganfälle, Lungenembolien und Herzinfarkte sind die Folge verstopfter Blutgefäße. Diese entstehen durch das Zusammenklumpen des Blutes. Dieser Vorgang wird ausgelöst durch den Eiweißstoff Fibrin. Die Vorstufe von Fibrin ist Fibrinogen, das sich laufend im Blutkreislauf befindet. Dieser körpereigene Stoff an sich ist harmlos bis zu dem Zeitpunkt, an dem er zum Beispiel durch einen Schaden an einer Gefäßwand aktiviert wird und sich in Fibrin umwandelt.

Das Fibrin bildet nun ein feines und dichtes Netz, dass Blutkörperchen auffängt und diese in einen Pfropfen umwandelt, der schließlich die Blutgefäße der betroffenen Organe verstopft und einen Thrombus auslöst. In der Kardiologie ist die Thrombolyse heutzutage „Goldstandard“. Diese medikamentöse Therapie ist auch unter dem Kurzbegriff „Lyse“ bekannt. Zur Therapierung eines Herzinfarktes durch einen Thrombus setzen die Kardiologen drei Wirkstoffe ein: 1) den durch das Bakterium Streptokokken produzierten Eiweißstoff Streptokinase, 2) den körpereigenen Eiweißstoff Urokinase, der sich in Harn und Gewebe befindet, 3) die genetisch hergestellte Substanz Tissue Plasminogen Activator (tPA), die einem körpereigenen Anti-Gerinnungsstoff ähnelt.

Die tPA-Substanz wird insbesondere bei der Thrombolyse von Schlaganfallpatienten verwendet. Der Tissue Plasminogen Activator wird gentechnisch hergestellt. Daher erfolgt auch vielfach die Abkürzung rtPA, wobei der erste Buchstabe für rekombinant (gentechnisch) steht. In sehr geringen Mengen produziert der menschliche Körper regelmäßig tPA, der sozusagen als körpereigene Polizei im Kampf gegen die Einwirkung von Schadstoffen wirkt. Sobald die Gefahr einer Blutgerinnung oder Blutverklumpung besteht, sorgt das tPA bei gesunden Menschen für die Auflösung dieser unerwünschten Bluterscheinungen.

Bildet sich im Falle eines Herzinfarktes oder eines Schlaganfalles ein größeres Blutgerinnsel mit der Gefahr der Blutverklumpung, aktiviert das mittels Thrombolyse injizierte rtPA den körpereigenen Stoff Plasminogen. Dieser greift das Fibrogennetz und den dadurch entstehenden Thrombus an und löst ihn auf. Die Lyse wird auf zwei Arten durchgeführt. Bei der örtlichen Therapie wird das rtPA so dicht wie möglich an das in der Blutbahn befindliche Gerinnsel herangeführt.

Durch eine Infusion wird das rtPA systemisch im ganzen Körper verteilt. Welche der beiden Methoden die Mediziner einsetzen, hängt davon ab, in wieweit der Thrombus zugänglich ist. Auch bei Schlaganfällen ist die Lyse die erste Akutmaßnahme, da sich die Patienten bei erfolgreicher Anwendung innerhalb eines Zeitfensters von drei bis vier Stunden schneller von den Folgen erholen, als Patienten, bei denen diese medikamentöse Therapie nicht durchgeführt wurde. Das Zeitfenster für eine Thrombolyse beträgt vier Stunden, um lebensbedrohliche Folgeschäden auszuschließen. Dies zeigt, dass der Grundsatz „time equals brain“ einmal mehr seine Berechtigung hat.

Um eine Thrombolyse erfolgreich durchzuführen, zählt jede Viertelstunde. Jede fünfzehn Minuten Zeitverlust erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Patienten gesund nach Hause entlassen werden können um drei Prozent. Je früher die Thrombolyse erfolgreich durchgeführt wird, desto weniger leiden die Patienten an den Folgen einer Hirnblutung, eines Herzthrombus oder einer Lungenembolie. Die Sterberate sinkt um vier Prozent (amerikanische NINDS Studie zur Thrombolyse, US-amerikanisches Ärzteblatt JAMA (2013; 309: 2480-2488).


Risiken, Nebenwirkungen & Gefahren

Die Thrombolyse ist ausschließlich ein Instrument für akute Notfallsituationen. Sie eignet sich nicht für einen regelmäßigen Einsatz, weil die entsprechenden Medikamente mit einem hohen Risiko von Blutungen einhergehen. Trotz dieser Behandlungsgefahren hat sich die Thrombolyse in den letzten Jahren als Notfallmaßnahme durchgesetzt, nachdem groß angelegte Studien bewiesen haben, dass der Nutzen dieser Therapie die mit den Risiken verbundenen Nachteile bei weitem übertreffen.

Bei der Lyse liegen einige Kontraindikationen vor. Sie darf nicht angewendet werden bei Allergien gegen die eingesetzten Medikamente. Liegen die Symptome mehr als drei Stunden zurück oder können diese nicht eindeutig zugeordnet werden, darf die Lyse keinesfalls angewendet werden. Weitere Gegenanzeigen sind ein Schlaganfall innerhalb der letzten drei Monate und ein Herzinfarkt innerhalb der letzten drei Wochen. Eine große Gefahr von Blutungen liegt zum Beispiel bei der Einnahme blutgerinnender Medikamente bei Herzpatienten vor. Weitere Gegenanzeigen sind ein zu hoher oder zu niedriger Blutzuckerspiegel und ein erhöhter Blutdruck.

Vor dem Einsatz der Thrombolyse muss bei einem Verdacht auf Schlaganfall unbedingt eine Computertomographie durchgeführt werden, um festzustellen, ob dieser auf einen Ischämischen Insult, eine Minderdurchblutung, zurückzuführen ist. Die Lyse-Therapie muss innerhalb der ersten drei Stunden nach Auftreten der Symptome eingeleitet werden. Innerhalb dieser Zeit wird der Patient in den Stroke-Unit des Klinikums gebracht, wo die Möglichkeit eines craniellen Notfall-CTs (Aufnahme des Schädels) ständig zur Verfügung steht.

Diese Therapie erfolgt ausschließlich unter Aufsicht eines erfahrenen Mediziners in der neurologischen Intensivmedizin. Der durchführende Radiologe muss in der Auswertung cranieller Computertomographien in der Frühphase des Ischämischen Insults qualifiziert sein. Außerdem muss eine interdisziplinäre Zusammenarbeit mit einem in der Nähe befindlichen neurochirurgischen Zentrum gewährleistet sein.

Quellen

  • Debus, S., Gross-Fengels, W.: Operative und interventionelle Gefäßmedizin. Springer Verlag, Berlin 2012
  • Encke, A., Breddin, H. K.: Die venöse Thrombose. Prophylaxe und Therapie. Schattauer, Stuttgart 2000
  • Renz-Polster, H., Krautzig, S. (Hrsg.): Basislehrbuch Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2012

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