Loge-de-Guyon-Syndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 5. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das Loge-de-Guyon-Syndrom ist eine äußerst seltene Erkrankung, welche vorwiegend den Nervus ulnaris betrifft. Auf Grund einer Einengung tritt eine Gefühlsminderung im Bereich des Klein- sowie Ringfingers aus. Neben der operativen Behandlung ist auch eine konservative Therapie möglich; die Prognose der Erkrankung ist gut.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Loge-de-Guyon-Syndrom?

Die ersten Symptome des Loge-de-Guyon-Syndroms sind Missempfindungen im Bereich der Hand. Die Betroffenen verspüren meist ein leichtes Kribbeln oder Taubheitsgefühl im kleinen Finger und im Ringfinger.
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Das Loge-de-Guyon-Syndrom ist eine sehr selten auftretende Erkrankung, die in die Kategorie der Kompressionssyndrome eingeteilt wird. Es handelt sich dabei um eine Kompression des Nervus ulnaris - dem Ellennerven. Die sogenannte Loge de Guyon befindet sich neben dem Karpaltunnel; in diesem befindet sich der motorische Ast des Nervus ulnaris.

Dieser Ast verbindet nicht nur die Muskulatur der Mittelhand, sondern auch den kleinen beziehungsweise den Ringfinger. Tritt eine Einengung auf, die primär durch Ganglien - also Zysten an der Handwurzel - hervorgerufen wird, treten in weiterer Folge die typischen Beschwerden des Loge-de-Guyon-Syndroms auf.

Ursachen

Die Ursache, weshalb das Loge-de-Guyon-Syndrom überhaupt entstehen kann, ist eine Einengung, die direkt den Nerv im sogenannten Guyon-Kanal betrifft. Diese Einengung wird auf Grund eines Ganglions (Zyste beziehungsweise Überbein) ausgelöst. Das Ganglion gilt (medizinisch gesehen) als gutartige Geschwulst.

Mitunter können aber auch längerfristige beziehungsweise oftmals wiederholte Kompressionen oder auch Überstreckungen des Nervs der Grund sein, warum das Loge-de-Guyon-Syndrom entsteht. Jene Faktoren werden etwa durch das Motorradfahren, das Radfahren oder etwa auch die Verwendung von Werkzeugen begünstigt. Ebenfalls kann eine „Krückenlähmung“ das Loge-de-Guyon-Syndrom auslösen. Weitere Ursachen sind mitunter auch Frakturen, welche die Strukturen des Guyon-Kanals beschädigt beziehungsweise eingeengt haben.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Die ersten Symptome des Loge-de-Guyon-Syndroms sind Missempfindungen im Bereich der Hand. Die Betroffenen verspüren meist ein leichtes Kribbeln oder Taubheitsgefühl im kleinen Finger und im Ringfinger. Die Beschwerden treten im Zusammenhang mit Überlastungen des Handgelenks auf, wie sie beispielsweise bei längerem Radfahren oder bei Liegestützen möglich sind.

Allerdings können auch andere Auslöser vorliegen, und dementsprechend variieren auch die Symptome. Im Verlauf der Erkrankung können chronische Schmerzen und Muskelschwächen der Handmuskulatur hinzukommen. Die betroffene Hand kann dann nicht mehr wie zuvor bewegt werden, woraus Einschränkungen im Alltag und langfristig auch Folgebeschwerden der Hand resultieren.

So kann eine permanente Schonhaltung zu Gelenkverschleiß, Muskelschmerzen und Verkrampfungen führen. Auch Durchblutungsstörungen sind denkbar. Bleibt die Kompression des Nervs über längere Zeit bestehen, kann es zu einer Verkümmerung der Muskeln und in der Folge zu Deformierungen im Gewebe des kleinen Fingers kommen.

Ausgeprägte Formen äußern sich durch vorübergehende Lähmungserscheinungen in der gesamten Hand und insbesondere in den Fingern. Die Symptome des Loge-de-Guyon-Syndroms stellen sich meist schleichend ein und werden oft erst bemerkt, wenn sie bereits stark ausgeprägt sind. In letzter Konsequenz kommt es zu einer bleibenden Versteifung oder Funktionsunfähigkeit der betroffenen Hand.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Der Mediziner führt im Rahmen der Diagnosestellung eine Anamnese sowie eine klinische Untersuchung des Patienten durch. Liegt der Verdacht einer Beschädigung des Nervs vor, wird im Regelfall eine elektrophysiologische Untersuchung durchgeführt. Bei jener Untersuchung wird die Nervenleitgeschwindigkeit des Patienten gemessen. Jener Test sorgt für die Bestätigung sowie auch für die Sicherheit, ob beim Patienten tatsächlich das Loge-de-Guyon-Syndrom vorliegt.

Die Magnetresonanztomographie gibt hingegen einen Einblick, ob und gegebenenfalls welche strukturellen Ursachen aufgetreten sind, die das Loge-de-Guyon-Syndrom ausgelöst haben (etwa, ob eine Zyste beziehungsweise Ganglion vorliegt). Die Magnetresonanztomographie wird aber nur in den wenigsten Fällen angeordnet und zählt daher nicht zur klassischen Untersuchungsmethode, um das Loge-de-Guyon-Syndrom festzustellen.

Im weiteren Verlauf entscheidet der Mediziner, ob eine konservative oder operative Behandlung notwendig ist. Jedoch muss der Patient, wenn er sich in Behandlung befindet, Geduld haben. Erst nach wenigen Wochen treten erste Besserungsanzeichen auf; die endgültige Heilung kann mitunter mehrere Monate dauern. Liegt jedoch eine starke Ausprägung der Erkrankung vor oder ist der Nervus ulnaris derart stark beschädigt, kann auch eine operative Behandlung nicht den gewünschten Erfolg bringen. Somit bleiben Gefühlsminderungen zurück, die vorwiegend die Handmuskulatur betreffen.

Komplikationen

In der Regel kommt es durch das Loge-de-Guyon-Syndrom zu verschiedenen Lähmungen oder Gefühlsstörungen, die vor allem im kleinen Finger und im Ringfinger auftreten. Weiterhin kommt es nicht zu Beschwerden, wobei sich die Lähmungen und die Störungen der Sensibilität auch auf die Hand und den Handrücken ausbreiten können. Weitere Beschwerden oder Komplikationen treten in den meisten Fällen nicht auf.

Durch das Loge-de-Guyon-Syndrom ist der Alltag der Betroffenen eingeschränkt und es kommt zu Beschwerden und Schwierigkeiten bei verschiedenen Tätigkeiten oder bei der Ausübung von verschiedenen Berufen. Auch die Lebensqualität wird durch das Loge-de-Guyon-Syndrom verringert. Sollten die Beschwerden plötzlich oder spontan auftreten, so können viele Patienten auch an Angstzuständen oder an Schweißausbrüchen leiden. Nicht selten führen Lähmungen auch zu psychischen Beschwerden oder weiterhin auch zu Depressionen.

In der Regel wird die Behandlung durch eine Ruhigstellung der betroffenen Regionen durchgeführt. Dabei treten keine Komplikationen auf. In einigen Fällen sind auch danach verschiedene Therapien notwendig, damit die Beweglichkeit der Finger und der Gelenke wiederhergestellt werden können. Die Lebenserwartung wird durch das Loge-de-Guyon-Syndrom nicht beeinflusst. In der Regel kann die Hand nach einer erfolgreichen Behandlung wieder gewöhnlich belastet werden.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Bei Missempfindungen in den Fingern oder den Händen sollte ein Arztbesuch erfolgen. Ein Kribbeln oder ein Taubheitsgefühl in den Extremitäten sind Hinweise auf vorhandene Unregelmäßigkeiten, die untersucht und behandelt werden sollten. Halten die Störungen der Wahrnehmung über mehrere Tage oder Wochen an, wird ein Arztbesuch zur Abklärung der Ursache empfohlen. Im Anfangsstadium treten die Beschwerden bei Überlastungen der Hände oder Finger auf.

Auch wenn sich nach kurzer Zeit eine Rückbildung der Symptome einstellt, ist ein Kontrollbesuch bei einem Arzt zu empfehlen. Kommt es zu Auffälligkeiten der Durchblutung, kalten Fingern oder einem Verlust der gewohnten Muskelkraft in den Händen, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Stellen sich Verkrampfungen ein oder leidet der Betroffene unter Schmerzen in den Händen, ist ein Arztbesuch erforderlich. Deformierungen an den Fingern sind ein besonderer Warnhinweis des Organismus.

Zudem ist die optische Veränderung ein Merkmal des Loge-de-Guyon-Syndroms und sollte von einem Arzt näher begutachtet werden. Leidet der Betroffene unter Lähmungserscheinungen oder Einschränkungen der üblichen Bewegungsmöglichkeiten in den Fingern, Händen oder dem Handgelenk, wird eine ärztliche Versorgung benötigt. Im weiteren Krankheitsverlauf kommt es ohne eine Therapie zu einer Versteifung der Finger. Können alltägliche Tätigkeiten nicht mehr wie gewohnt verrichtet werden, sollte der Betroffene einen Arzt aufsuchen.

Behandlung & Therapie

Die konservative Therapie kommt zur Anwendung, wenn die Diagnose des Loge-de-Guyon-Syndroms relativ früh gestellt wurde bzw. sich die Erkrankung noch in einem frühen Stadien befindet. Wichtig ist, dass der Patient auf jegliche Art von Betätigung verzichtet, die vorwiegend den Nerv belastet. Dazu gehören etwa Radfahren oder auch jegliche Arten von Kampfsport.

Tritt nach wenigen Wochen eine Besserung ein beziehungsweise konnte sich der Nerv erholen, sieht der Mediziner von einem operativen Eingriff ab. Dennoch muss der Patient etwaige Faktoren, die zum Loge-de-Guyon-Syndrom geführt haben, meiden oder vorbeugende Maßnahmen treffen, damit nicht wieder eine Einengung des Nervs erfolgt.

Liegt bereits eine fortgeschrittene Erkrankung vor oder hat die konservative Therapie keinen spürbaren Erfolg gebracht, führt der Mediziner den operativen Eingriff durch. Es handelt sich dabei um eine offene Operationstechnik. Der Mediziner setzt einen halbförmigen Schnitt im Handgelenk (im Bereich des Kleinfingers), sodass er den Ulnarisnerv und auch dessen Arterien freilegen kann. Die Freilegung und Behandlung des Nervs und dessen Arterien erfolgt mittels Lupenvergrößerung. Die Nähte werden nach etwa 14 Tagen entfernt.

Auch wenn eine Ruhigstellung mittels Gipsverband nicht notwendig ist, wird das Handgelenk beziehungsweise der Arm bei einem Großteil der Patienten eingegipst. Die Tragedauer des Gipsverbandes liegt aber nur drei bis höchstens fünf Tagen. In weiterer Folge muss der Patient rund drei Wochen jegliche körperliche Belastung vermeiden. Nachdem der Mediziner die Nähte entfernt hat, ist in weiterer Folge eine Narbenmasse notwendig, welche selbständig oder im Rahmen einer physiotherapeutischen Therapie erfolgen kann.

Es dauert jedoch mehrere Wochen, bis der Patient die ersten Verbesserungen feststellt. Nachdem der Gipsverband entfernt wurde, sind postoperative Übungen empfehlenswert. Jene sollten in der Physiotherapie durchgeführt werden. Der behandelnde Therapeut passt die Übungen der Schwere des Loge-de-Guyon-Syndroms an. Aus diesem Grund wird die Physiotherapie individuell geführt. Nach drei beziehungsweise sechs Monaten werden neuerliche neurologische sowie elektrophysiogische Untersuchungen durchgeführt.


Aussicht & Prognose

Die Prognose des Loge-de-Guyon-Syndroms ist insgesamt günstig. Es gibt verschiedene Behandlungsmöglichkeiten, um eine Linderung der Beschwerden oder eine Genesung zu erreichen. Der Krankheitsverlauf ist abhängig von den individuellen Gegebenheiten, dem Zeitpunkt der Diagnosestellung sowie der Mitarbeit des Patienten im Heilungsprozess. Je frühzeitiger ein Arzt bei Beschwerden aufgesucht wird, desto optimaler gestaltet sich der weitere Verlauf.

Besonders wichtig ist eine ausreichende Schonung des Gelenkes. Der Patient sollte bis zum Abschluss des Behandlungszeitraums jedwede Belastungen oder Überanstrengungen vermeiden. Die medizinische Ruhigstellung ist meist nicht notwendig, dennoch sollte der Betroffene im Alltag selbst eine ausreichende Ruhe des Gelenkes einhalten. Darüber hinaus werden physiotherapeutische Maßnahmen angewendet. Diese können für einen schnelleren Heilungserfolg auch außerhalb der Therapiesitzungen eigenverantwortlich durchgeführt werden.

In besonders schweren Fällen wird ein operativer Eingriff vorgenommen. Dieser ist verbunden mit Risiken. Im Normalfall verläuft die Operation ohne weitere Komplikationen oder Zwischenfälle, da es sich um einen routinierten Eingriff handelt. Unter optimalen Bedingungen ist der Patient unabhängig von der Behandlungsmethodik innerhalb einiger Monate vollständig beschwerdefrei. Treten Komplikationen auf, kann es zu dauerhaften Einschränkungen der Gelenktätigkeit kommen. Sensibilitätsstörungen der Haut und eine Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit sind ebenfalls möglich. Der Alltag muss in diesen Fällen umstrukturiert werden und an die körperlichen Möglichkeiten angepasst werden.

Vorbeugung

Dem Loge-de-Guyon-Syndrom kann vorgebeugt werden. Vor allem sollten Radfahrer einen Rennrad-Lenker verwenden, welcher ein Umgreifen in verschiedenen Positionen ermöglicht. Ebenfalls kann die Verwendung von gepolsterten Handschuhen im weiteren Verlauf das Syndrom verhindern, da hier die mechanische Druckwirkung deutlich reduziert wird. Weitere vorbeugende Maßnahmen sind jedoch nicht bekannt.

Nachsorge

Das Loge-de-Guyon-Syndrom führt beim Betroffenen zu verschiedenen Beschwerden und Komplikationen, die im Alltag zu Einschränkungen bei der Bewegung des Betroffenen führen. In einigen Fällen kommt es dabei auch zu einer Muskelschwäche und weiterhin zu Störungen der Durchblutung. Auch Lähmungen oder starke Schmerzen in den Muskeln können dabei eintreten und den Alltag des Betroffenen erschweren.

Mitunter sind Betroffene auf die Hilfe ihrer Angehörigen oder Freunde angewiesen, um den Alltag zu meistern. Die Nachsorge konzentriert sich auf die Überwachung des Genesungsprozesses durch den begleitenden Arzt. Dazu empfiehlt sich einen schonende Lebensweise, um eine erneutes Aufflammen der Erkrankung zu vermeiden. Regelmäßige Anwendung der bei der Physiotherapie erlernten Übungen kann deutlich zur Stärkung des Handgelenks beitragen.

Das können Sie selbst tun

Das Loge-de-Guyon-Syndrom kann durch einige Mittel der Selbsthilfe behandelt werden. Allerdings ersetzen diese Mittel nicht eine vollständige Behandlung durch einen Arzt. Sollte sich daher keine Besserung einstellen, so muss auf jeden Fall ein Arzt aufgesucht werden.

Der Betroffene sollte dabei auf Sportarten verzichten, bei welchen der Nerv belastet wird. Dazu gehören vor allem Kampfsportarten oder das Fahrradfahren. Dadurch kann sich der Nervus ulnaris in vielen Fällen erholen, sodass ein operativer Eingriff nicht notwendig ist. Weiterhin kann die Ruhigstellung des Handgelenkes die Beschwerden lindern. Hierbei sollte der Betroffene den Arm ebenfalls nicht unnötig belasten, damit sich dieser erholen kann.

Auch nach einer erfolgreichen Behandlung sind viele Patienten des Loge-de-Guyon-Syndroms auf eine Physiotherapie angewiesen. Die Übungen aus dieser Therapie können dabei häufig auch im eigenen Zuhause durchgeführt werden, wodurch die Heilung beschleunigt wird. In der Regel werden dadurch die Beschwerden vollständig gelindert. Während der Ruhigstellung sind die Betroffenen häufig auf die Hilfe anderer Menschen in ihrem Alltag angewiesen. Dabei erweist sich vor allem die Hilfe von Freunden oder Angehörigen als ideal und kann die Heilung ebenfalls fördern.

Quellen

  • Berlit, P.: Basiswissen Neurologie. Springer, Berlin 2007
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Masuhr K., Masuhr, F., Neumann, M.: Duale Reihe Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013

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