Lichen sclerosus

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 28. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Lichen sclerosus stellt eine seltene Erkrankung der Haut mit entzündungsbedingten Veränderungen des Bindegewebes dar, deren Ursache in einer Fehlregulation des Immunsystems vermutet wird. Frauen sind in aller Regel 5 bis 10-mal häufiger von Lichen Sclerosus betroffen als Männer.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Lichen sclerosus?

Lichen sclerosus macht sich bei den betroffenen Jugendlichen und Erwachsenen im Normalfall durch einen schubweise auftretenden Juckreiz oder ein Brennen und Stechen im Genitalbereich bemerkbar.
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Als Lichen sclerosus wird eine seltene chronisch-entzündliche Bindegewebserkrankung bezeichnet, die vermutlich auf eine Fehlregulation des Immunsystems (Autoimmunerkrankung) zurückzuführen ist.

Lichen sclerosus manifestiert sich in aller Regel im Genitalbereich, seltener in extragenitalen Arealen wie Händen, Armen oder am Rücken (etwa 10-15%). Während bei Frauen vorwiegend Labien (Schamlippen), Klitoris, Klitorisvorhaut sowie der perianale Bereich (um den Anus gelegene Region) betroffen sind, äußert sich ein Lichen sclerosus bei Männern an Vorhaut (Praeputium), Eichel (Glans penis) und nur gelegentlich in perianaler Region.

Charakteristisch für Lichen sclerosus sind porzellanartige, weiße Hautverfärbungen mit einer reaktiven Verdickung der Oberhaut (Verhornung), die durch eine Sklerosierung (entzündungsbedingte Vermehrung) des darunter liegenden Bindegewebes verursacht wird.

Infolge der sklerotischen Atrophie (Gewebsverdünnung) der betroffenen Hautareale kann sich bei Männern eine Phimose (Vorhautverengung) und bei Frauen eine Schrumpfung der Labien oder Klitoris entwickeln, die zu Schmerzen beim Geschlechtsverkehr führen. Pruritus (Juckreiz), Harnröhrenstrikturen mit schmerzhaftem Wasserlassen sowie Vaginalstenosen sind weitere mögliche Symptome eines Lichen sclerosus.

Ursachen

Die Ätiologie des Lichen sclerosus ist bisher weitestgehend ungeklärt. Vermutet wird eine multifaktorielle Genese der Erkrankung bei Vorliegen einer genetischen Prädisposition, wenngleich keine familiären Häufungen beobachtet werden können.

Zurückzuführen ist ein Lichen sclerosus aller Wahrscheinlichkeit nach auf eine Fehlregulierung des Immunsystems (Autoimmunerkrankung). Im Rahmen mehrerer Studien konnte bei der Mehrzahl der Betroffenen im Serum eine Reaktivität gegen ECM1, einem extrazellulärem Matrixprotein, nachgewiesen werden. Welche Faktoren diese fehlregulierten Prozesse auslösen, ist bislang unbekannt. Traumata (u.a. sexueller Missbrauch, Kratzen) gelten als mögliche Triggerfaktoren.

Zudem wird Lichen sclerosus in beinahe 30 Prozent der Fälle mit anderen Autoimmunerkrankungen wie Hashimoto-Thyreoiditis, Diabetes mellitus Typ 1, Asthma, Lupus erythematodes, Autoimmungastritis, kreisrundem Haarausfall (Alopecia areata) sowie Vitiligo (Weißfleckenkrankheit) assoziiert. Ebenso werden Borrelien (Borreliose verursachende Bakterien) als Krankheitsauslöser für Lichen sclerosus diskutiert.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Lichen sclerosus macht sich bei den betroffenen Jugendlichen und Erwachsenen im Normalfall durch einen schubweise auftretenden Juckreiz oder ein Brennen und Stechen im Genitalbereich bemerkbar. Zusätzlich können Hautveränderungen auftreten, die äußerlich zunächst an eine Pilzinfektion erinnern. Charakteristisch sind auch Probleme beim Geschlechtsverkehr, insbesondere bei der Penetration.

Bei einigen Frauen entwickelt sich im Anschluss an den Geschlechtsverkehr ein starkes Wundgefühl im Intimbereich. Dieses kann einige Tage anhalten und mit Blasenproblemen, Schmerzen und Entzündungen verbunden sein. Bei Männern bilden sich im Bereich des Penis weiße, schleimige Beläge, die unangenehm riechen.

Es können sich schmerzhafte Hautveränderungen bilden, die zunächst auf der Vorhaut auftreten und sich dann auf die Eichel und den gesamten Penis ausbreiten. Bei Kindern macht sich Lichen sclerosus durch eine symmetrische Rötung der Genitalien bemerkbar. Die Symptome der Erkrankung treten meist ganz plötzlich auf und nehmen im Verlauf der Erkrankung an Intensität zu.

Schließlich stellen sich starke Schmerzen und auffällige Hautveränderungen ein. Wird Lichen sclerosus frühzeitig behandelt, klingen die Beschwerden meist nach einigen Tagen bis Wochen wieder ab. Erfolgt keine ausreichende Therapie, können sich Geschwüre und Narben im betroffenen Bereich entwickeln.

Diagnose & Verlauf

Ein Erstverdacht auf Lichen sclerosus resultiert in aller Regel aus der charakteristischen Symptomatik (v.a. der porzellanartigen, weißen Hautvernarbungen) sowie einer gynäkologischen Untersuchung mit dem Kolposkop (Mikroskop zur Kontrolle von Vagina und Muttermund).

Abgesichert wird die Diagnose durch eine Biopsie (Probeentnahme aus dem betroffenen Hautareal mit dem Stanzzylinder) mit anschließender histologischer (feingeweblicher) Analyse. Der histologische Befund dient auch dem Ausschluss einer malignen Entartung sowie der differenzialdiagnostischen Abgrenzung des Lichen sclerosus von partiell vergleichbaren Erkrankungen wie Genitalmykose oder zirkumskripte Sklerodermie (auch Morphea).

Ein Lichen sclerosus wird als chronische Erkrankung als nicht heilbar eingestuft und verläuft schubweise, wobei zwischen den Schüben symptomfreie Intervalle liegen können. Untherapiert führt ein Lichen sclerosus zu Atrophie, chronischem Juckreiz sowie Synechien (Verwachsung von Gewebeschichten) bis hin zu Entartungen der betroffenen Hautareale.

Komplikationen

Durch diese Krankheit leiden die Patienten an verschiedenen Beschwerden, die alle sehr unangenehmen sind und zu einer verringerten Lebensqualität führen können. Die Betroffenen leiden dabei an Juckreizen und an juckenden Wunden. Auch die Wundheilung ist durch diese Erkrankung verzögert, sodass es öfter zu Infekten oder zu Entzündungen kommen kann.

Ebenso treten nicht selten Schmerzen beim Wasserlassen auf. Diese sind brennend und führen dabei nicht selten zu psychischen Beschwerden oder zu Depressionen. Ebenso treten nicht selten Einblutungen auf der Haut auf. Bei Männern kann es durch die Krankheit auch zu Beschwerden an den Genitalien und vor allem an der Vorhaut kommen. Dabei kann es auch zu Einschränkungen im Geschlechtsverkehr kommen.

Die Behandlung dieser Krankheit wird in der Regel mit Hilfe von Medikamenten durchgeführt. Komplikationen treten dabei in der Regel nicht auf und es kommt zu einem positiven Krankheitsverlauf. Ein erneuter Ausbruch dieser Krankheit wird durch die Behandlung allerdings nicht verringert. Die Lebenserwartung des Betroffenen wird dabei nicht verringert. Ebenso muss der Betroffene auf verschiedene Pflegeprodukte verzichten, um die Haut an den betroffenen Stellen zu stabilisieren.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Auffälligkeiten im Genitalbereich sind in den meisten Fällen Hinweise auf eine vorliegende Erkrankung. Ein Arztbesuch ist anzuraten, wenn vorhandene Beschwerden über mehrere Tage oder Wochen unvermindert anhalten. Nehmen die Symptome an Intensität zu oder breiten sie sich weiter aus, ist unverzüglich ein Arztbesuch erforderlich. Bei Schmerzen oder einer brennenden Hautwahrnehmung wird ein Arzt benötigt. Kommt es zu Juckreiz oder offenen Wunden, ist die Konsultation eines Arztes notwendig. Über die offenen Wunden können Krankheitserreger und Keime in den Organismus gelangen und weitere Erkrankungen auslösen.

In schweren Fällen droht ein Blutvergiftung und damit ein lebensbedrohlicher Zustand. Ein Arztbesuch ist daher bei einer Bildung von Eiter, Fieber oder einem allgemeinen Unwohlsein anzuraten. Entsteht nach dem Geschlechtsverkehr ein Gefühl von Wundsein sollte das beobachtet werden. Bei schleimigen Belägen oder einem unangenehmen Körpergeruch im Intimbereich ist ein Arztbesuch erforderlich. Rötungen der Haut, Schwellungen oder Blutungen sind untersuchen und behandeln zu lassen. Kommt es bei Frauen zu Unregelmäßigkeiten des Monatszyklus, ist ein Arzt zu konsultieren. Stellen sich bei Männern oder Frauen sexuelle Funktionsstörungen ein, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Ebenso, wenn ein Mann Veränderungen der Vorhaut wahrnimmt. Entwickeln sich Geschwüre oder Narben, sind die Beobachtungen mit einem Arzt zu besprechen.

Behandlung & Therapie

Die therapeutischen Maßnahmen zielen bei einem Lichen sclerosus vor allem auf eine Linderung der Beschwerden. Hierzu kommen in aller Regel hochpotente topisch applizierte Kortikosteroide (u.a. Clobetasolpropionat) im Rahmen einer Stoßtherapie mit hohen Anfangsdosierungen zum Einsatz.

Eine weitere Therapiemöglichkeit stellt die Behandlung mit Calcineurinantagonisten wie Pimecrolimus oder Tacrolimus zur Immunsuppression dar. Wenngleich eine fortgeschrittene Atrophie durch die genannten Medikamente nicht rückgängig gemacht werden kann, wird die Progression der Erkrankung verlangsamt und im günstigsten Fall gestoppt. Während die früher angenommene Wirksamkeit von Testosteron nicht belegt werden konnte, werden topische Progesteronbehandlungen bei Lichen sclerosus im Rahmen klinischer Studien getestet.

Zudem werden fetthaltige Cremes (Wasser-in-Öl-Cremes), Salben oder Öle zur zusätzlichen Pflege der betroffenen Hautareale sowie Stabilisierung der Hautbarriere bei gleichzeitigem Verzicht auf reizende Duschlotionen, Seifen oder Parfums empfohlen. Liegen darüber hinaus Infektionserkrankungen vor, sollten diese entsprechend antiinfektiv therapiert werden (u.a. durch Antimykotika oder Antibiotika).

Während bei Frauen die inflammatorischen Prozesse lediglich kontrolliert und restringiert werden können und heute aufgrund der hohen Rezidivrate auf operative Maßnahmen wie Vulvektomie oder Hauttransplantationen verzichtet wird, kommt bei Männern mit Lichen sclerosus und Vorliegen einer Phimose in den meisten Fällen eine Zirkumzision (Beschneidung) zum Einsatz, durch welche die Erkrankung oftmals gestoppt werden kann.

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Aussicht & Prognose

Bei Lichen sclerosus handelt es sich um eine – vor allem bei Mädchen und Frauen - chronisch verlaufende Erkrankung, die in den meisten Fällen nicht heilbar ist. Dadurch besteht sie lebenslang und es lassen sich mit einer gut eingestellten Therapie lediglich die typischen Symptome der Erkrankung lindern. Je früher mit der Behandlung begonnen wird, umso leichter kann sich die Erkrankung kontrollieren lassen. Wird Lichen sclerosus spät diagnostiziert, dann erweist sich die Therapie als schwieriger, denn in den meisten Fällen ist es dann schon zu Komplikationen wie inneren Verwachsungen gekommen. Bis zum aktuellen Zeitpunkt ist vor allem bei erwachsenen Frauen keine Heilung möglich. Bei Jungen sowie Männern ist eine Heilung durch Beschneidung denkbar.

Grundsätzlich handelt es sich bei Lichen sclerosus um eine gutartige Erkrankung. Dennoch ist das Risiko für die Entstehung von Hautkrebs erhöht. Allein deshalb sollten Betroffene regelmäßig den Hautarzt aufsuchen, um bösartige Veränderungen der Haut frühzeitig erkennen und behandeln zu lassen.

Die momentanen Therapiemöglichkeiten wirken nicht bei allen Patienten gleich, weshalb der allgemeine Leidensdruck von Patient zu Patient sehr individuell ist. Eine sorgfältige Pflege der betroffenen Hautareale während und auch außerhalb der Krankheitsschübe ist sehr wichtig für eine günstige Prognose.

Vorbeugung

Da die Ursachen und Triggerfaktoren für Lichen sclerosus bisher nicht geklärt sind, kann der Erkrankung nicht vorgebeugt werden. Allerdings gelten bestimmte Formen des Lichen sclerosus (u.a. die hyperplastische Variante) als nicht infektionsassoziierte Risikofaktoren für maligne Entartungen (Plattenepithelkarzinom), weshalb Betroffene, insbesondere Frauen, sich regelmäßig ärztlich untersuchen lassen sollten.

Nachsorge

Die Maßnahmen einer Nachsorge hängen bei Hautkrankheiten in der Regel sehr stark von der genauen Krankheit ab, sodass dabei in der Regel keine allgemeine Voraussage erfolgen kann. Auch bei der Erkrankung Lichen sclerosus gilt: Je früher diese Krankheit von einem Arzt erkannt und behandelt wird, desto besser ist auch der weitere Verlauf, weswegen der Betroffene schon bei den ersten Symptomen und Anzeichen einen Arzt aufsuchen sollte.

Die Nachsorge konzentriert sich darauf, das geschwächte Immunsystem zu stärken und damit den Genesungsprozess voranzutreiben. Entspannungsübungen können dabei helfen, ebenso wie das Vermeiden von Stress. Ein hoher Standard der Hygiene kann sich positiv auf den Verlauf von solchen Krankheiten auswirken. In den meisten Fällen erfolgt die Behandlung durch die Anwendung von Cremes oder Salben und durch die Einnahme von Medikamenten.

Der Betroffene sollte dabei auf eine regelmäßige Anwendung und auch auf die richtige Dosierung achten, um die Beschwerden dauerhaft zu lindern. Dabei sind regelmäßige Kontrollen durch einen Arzt sehr wichtig.

Das können Sie selbst tun

Bei der Behandlung einer Lichen sclerorus liegt der Fokus auf einer Linderung der Beschwerden. Hierzu kommen neben verschiedenen Medikamenten auch konservative Mittel aus dem Haushalt und der Natur sowie einige Maßnahmen zur Selbsthilfe zum Einsatz.

Die wichtigste Maßnahme besteht darin, Anfällen vorzubeugen. Dies gelingt, indem etwaige Ursache und Trigger erkannt und vermieden werden. Eine Umstellung der Ernährung ist besonders wichtig. Die Patienten sollten hierfür mit einem Spezialisten sprechen und auch andere Betroffene zurate ziehen. So kann schnell festgestellt werden, welche individuellen Auslöser vorliegen. Personen, die an einer Lichen sclerosus leiden, sollten insgesamt einen gesunden Lebensstil pflegen. Regelmäßige sportliche Betätigung, ausreichend Schlaf, die Vermeidung von Stress und andere Maßnahmen, die das Immunsystem stärken, können die Beschwerden der seltenen Hautkrankheit erheblich reduzieren.

Da bestimmte Formen des Lichen sclerosus ein erhöhtes Krebsrisiko bergen, sollten sich Betroffene regelmäßig ärztlich untersuchen lassen. Es empfiehlt sich, frühzeitig einen Facharzt hinzuzuziehen und gemeinsam mit diesem eine geeignete Therapie auszuarbeiten. Begleitend dazu müssen die genannten Maßnahmen regelmäßig durchgeführt werden, um einen Anfall und die damit verbundenen Beschwerden zu vermeiden.

Quellen

  • Haag, P., Harnhart, N., Müller, M. (Hrsg.): Gynäkologie und Urologie. Für Studium und Praxis 2014/15. Medizinische Verlags- und Informationsdienste, Breisach 2014
  • Kaufmann, M., Costa, S.-D., Scharl, A. (Hrsg.): Die Gynäkologie. Springer, Berlin 2013
  • Weyerstahl, T., Stauber, M.: Gynäkologie und Geburtshilfe, duale Reihe. Thieme, Stuttgart 2013

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