Lewy-Körperchen-Demenz

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 14. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Als Lewy-Körperchen-Demenz bezeichnet man eine Form der Demenz, die als eigenständige oder sekundäre Erkrankung auftreten kann. Im Rahmen dieser neurodegenerativen Erkrankung treten im Gehirn Lewy-Körperchen auf, wodurch die Bildung von Dopamin verringert wird.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Lewy-Körperchen-Demenz?

Die Betroffenen leiden an einer fortschreitenden Gedächtnisstörung.
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Die Lewy-Körperchen-Demenz ist nach dem Neurologen Friedrich H. Lewy benannt, der die Erkrankung in einem Kapitel seines Buches erstmals beschrieb. Die so genannten Lewy-Körperchen wurden zum ersten Mal im Rahmen der Parkinson-Krankheit entdeckt. Dabei handelt es sich um Einschlüsse, die in bestimmten Nervenzellen als des Hirnstamms zu finden sind.

Seit 1989 ist bekannt, dass auch bei Patienten, die keine Symptome von Parkinson zeigen, Lewy-Körperchen auftreten können. Die Lewy-Körperchen-Demenz ist nach Alzheimer die zweithäufigste Demenzerkrankung und kann nicht geheilt werden. Die Erkrankung beginnt normalerweise im höheren Lebensalter, meistens tritt eine Lewy-Körperchen-Demenz zwischen dem 50. und 83. Lebensjahr auf.

Ursachen

Mit fortschreitendem Alter kommt es bei manchen Menschen im Gehirn zu Eiweißverklumpungen, die im Laufe der Zeit zu Ausfallerscheinungen führen. Die Lewy-Körperchen sind aus dem Eiweiß alpha-Synuclein aufgebaut, allerdings ist noch nicht genau geklärt, welche Aufgabe sie im menschlichen Körper haben. Bei einer Lewy-Körperchen-Demenz bilden sich in den Gehirnzellen Verklumpungen aus diesem Eiweiß, wobei es vorwiegend zu Einschlüssen an den Nervenenden kommt. Da dort die Signalweitergabe erfolgt, treten aus diesem Grund Ausfallerscheinungen auf.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Die Betroffenen leiden an einer fortschreitenden Gedächtnisstörung, wobei Wachheit und geistige Fähigkeit im Laufe eines Tages sehr schnellen Schwankungen unterliegen. Des Weiteren leiden die Patienten an optischen Halluzinationen und sehen beispielsweise Tiere oder Menschen. Seltener treten akustische Halluzinationen wie das Hören von Geräuschen oder Stimmen auf.

Diese psychotischen Symptome können mit Antipsychotika nur sehr schwer behandelt werden, da diese von vielen Patienten äußerst schlecht vertragen werden. Häufig tritt dann das so genannte Pisa-Syndrom oder ein sehr stark ausgeprägtes Parkinson-Syndrom auf. Einige Patienten leiden aber auch ohne Antipsychotika-Behandlung an Parkinson-Symptomen. Dazu zählen Händezittern in Ruhe, Muskelsteifigkeit, kleinschrittiger und vornüber gebeugter Gang sowie eine Verminderung der Bewegungen des Gesichtsausdruckes.

Darüber hinaus kommt es zu Verhaltensstörungen im REM-Schlaf (Traumschlaf). Die Betroffenen leben dann ihre Träume sehr stark aus, da ihnen die motorische Hemmung fehlt. Sie schreien und sprechen im Schlaf, schlagen um sich und können auch aus dem Bett fallen. Viele Patienten leiden außerdem unter Depressionen, hypotonen Kreislaufstörungen sowie Urininkontinenz. Meistens stürzen sie häufig, wobei die Betroffenen auch das Bewusstsein verlieren können.

Auch die Fähigkeit, sich im Alltag zurechtzufinden, geht immer mehr verloren. Die Patienten haben große Schwierigkeiten Handlungen zu planen beziehungsweise auszuführen sowie Entscheidungen zu treffen. Das Arbeitstempo verlangsamt sich und es tritt eine Verminderung der Konzentrationsfähigkeit sowie der Aufmerksamkeitssteuerung auf.

Im späteren Verlauf kommt es außerdem zu Beeinträchtigungen der Sprache, die Patienten werden bettlägerig und im Endstadium treten auch Schluckstörungen auf. Meistens sterben die Betroffenen dann an einer Lungenentzündung. Möglich sind auch Mischformen, das heißt, es treten auch Symptome einer Alzheimer-Erkrankung auf. Zu welchen Symptomen es dabei im Laufe des Krankheitsprozesses kommt, ist individuell verschieden und hängt davon ab, welche Gehirnbereiche betroffen sind.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Der Arzt stützt sich bei der Diagnose vor allem auf die typischen Symptome, die im Rahmen dieser Erkrankung auftreten. Wichtig dabei ist, an diese ganz spezielle Demenz-Form zu denken, da viele Fälle oftmals fälschlich als Alzheimer-Erkrankung diagnostiziert werden. Ohne die Kenntnis, dass bereits über einen längeren Zeitraum psychotische Symptome bestehen, kann es auch zu einer Verwechslung mit einem Delir kommen. Keine besonders große Hilfe stellen bei der Diagnostik der Lewy-Körperchen-Demenz technische Untersuchungsverfahren dar.

Beim Elektroenzephalogramm treten nur unspezifische Veränderungen auf, keine charakteristischen Befunde zeigen auch die Kernspinntomographie (MRT) beziehungsweise die Computertomographie (CT). Mit Hilfe einer Dopamintransporter-Untersuchung kann die Lewy-Körperchen-Demenz aber besser von anderen Formen abgegrenzt werden. Mittlerweie wird der Fokus auch zusätzlich auf alternative Therapien gerichtet, wie zum Beispiel kognitive oder mentale Trainings.

Wer Körper und Kopf stärkt, kann das Risiko, an einer Demenz zu erkranken, damit deutlich verringern. Nach der Diagnosestellung beträgt die durchschnittliche Krankheitsdauer zwischen sechs und acht Jahren, es gibt aber auch sehr schnelle beziehungsweise sehr langsame Verläufe.

Komplikationen

Bei der Lewy-Körperchen-Demenz leiden die Betroffenen an den gewöhnlichen Beschwerden der Demenz. Diese können dabei die Lebensqualität des Betroffenen erheblich einschränken und verringern. Nicht selten sind die Patienten dann auf die Hilfe anderer Menschen in ihrem Alltag angewiesen und stellen dabei häufig eine Gefahr für sich selbst dar.

Dabei kommt es vor allem zu Störungen im Gedächtnis und zu Halluzinationen. Die Betroffenen können dabei nicht unterscheiden, welche Geschehnisse in der Realität auftreten. Ebenso können die Patienten Stimmen von anderen Personen hören, die nicht vorhanden sind. Nicht selten führt die Lewy-Körperchen-Demenz auch zu Störungen des Kreislaufs und zu einer Inkontinenz. Die Patienten leiden weiterhin auch an Depressionen und an verschiedenen Verhaltensstörungen.

Auch der Schlaf der Betroffenen ist dabei nicht selten gestört und es kommt zu einer deutlichen Verringerung der Konzentrationsfähigkeit des Patienten. Weiterhin kann die Lewy-Körperchen-Demenz die Kommunikation beeinträchtigen und auch zu einer Lungenentzündung führen. Die Behandlung der Lewy-Körperchen-Demenz kann mit Hilfe von Medikamenten erfolgen. Dabei können allerdings nicht alle Beschwerden eingeschränkt werden, sodass es nicht zu einem vollständig positiven Krankheitsverlauf kommt.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Störungen der Gedächtnisleistung sind bereits bei kleineren Auffälligkeiten von einem Arzt näher untersuchen zu lassen. Kommt es zu Problemen beim Gedächtnisabruf, Merkfähigkeitsstörungen oder Gedächtnislücken, besteht Anlass zur Besorgnis. Können keine neuen Wissensinhalte erworben werden oder gibt der Betroffene objektiv falsche Erinnerungen wieder, wird ein Arzt benötigt. Ein Verlust des gewohnten Leistungsniveaus und Probleme bei der Bewältigung alltäglicher Verpflichtungen sind untersuchen und behandeln zu lassen. Bei zitternden Händen, einer inneren Unruhe oder Problemen der Muskulatur sollte ein Arzt aufgesucht werden.

Gangunsicherheiten, Schwindelgefühle oder eine erhöhte Unfallgefahr sind mit einem Arzt zu besprechen. Ein nach vorn gebeugter Gang gilt als besonderes Kennzeichen der Lewy-Körperchen-Demenz. Sobald Angehörige diese beim Betroffenen wahrnehmen, sollten sie auf einen Arztbesuch des Betroffenen hinwirken. Eine verminderte Bewegung, Einschränkungen der Mobilität oder ein soziales Rückzugsverhalten sind weitere Warnhinweise, denen nachgegangen werden sollte. Kommt es zu Inkontinenz, Verhaltensauffälligkeiten oder Problemen des Kreislaufs, wird ein Arzt benötigt.

Bei einem depressiven Auftreten, Stimmungsschwankungen oder Veränderungen der Persönlichkeit ist ein Arztbesuch anzuraten. Nehmen die genannten Auffälligkeiten allmählich über einen Zeitraum von mehreren Monaten zu, sollte unverzüglich ein Arzt konsultiert werden. Störungen der Konzentration, eine Abnahme des üblichen Arbeitstempos sowie Probleme beim aufrechterhalten der Aufmerksamkeit sind ebenfalls ärztlich abklären zu lassen.

Behandlung & Therapie

Wie bei den meisten Demenzformen können die Nervenzellverluste auch hier nicht aufgehalten werden. Da jedoch die psychotischen Symptome, die für die Patienten besonders belastend sind, infolge eines Acetylcholin-Mangels auftreten, werden ihnen Cholinesterasehemmer verabreicht. Dazu zählen beispielsweise Rivastigmin oder Donepezil Aricept. Verbessern sich die Symptome dadurch nicht, so werden auch die Antipsychotika Clozapin beziehunsgweise Quetiapin eingesetzt.

Für Clozapin bedarf es dabei besonderer Vorsichtsmaßnahmen wie beispielsweise ständiger Blutbildkontrollen. Die motorischen Parkinson-Symptome sind sehr schwer behandelbar, da Patienten, die an einer Lewy-Körperchen-Demenz leiden, äußerst schlecht auf Medikamente gegen Parkinson ansprechen und die psychotischen Symptome dadurch noch verstärkt werden. Relativ gut vertragen werden geringe Dosen von L-Dopa. Die Behandlung der Depression erfolgt mit so genannten Selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI).


Aussicht & Prognose

Im weiteren Verlauf prägen sich jedoch nicht alle Symptome aus. Im Fortschreiten ist die Lewy-Körper-Demenz vor allem durch enorme Schwankungen der geistigen Leistungsfähigkeit und Aufmerksamkeit des Patienten gekennzeichnet. Es treten vermehrt optische Halluzinationen auf, die immer detaillierter werden. Am Anfang der Lewy-Körper-Demenz können die Patienten noch Realität und Halluzinationen unterscheiden. Dies gelingt ihnen jedoch im fortgeschrittenen Stadium nicht mehr.

Außerdem werden später dann auch leichte Symptome der Parkinson-Erkrankung sichtbar, die vor allem im Zittern der Hände, in den versteiften Bewegungsabläufen und im unsicheren Gang ihren Niederschlag finden. Lewy-Körper-Demenz führt häufig zu einer ausgeprägten Insomnie und Hyposomnie. Dadurch wird der Schlaf-Wach-Rhythmus erheblich gestört. Im weiteren Verlauf der Erkrankung des Patienten treten dann zumeist Harn- und Stuhlinkontinenz auf.

Das Sturzrisiko des Patienten steigt durch die zunehmende Einschränkung der Bewegungen entscheidend an. Durch Stürze kommt es vermehrt zu Bewusstseinsstörungen und Bewusstseinsverlusten. Ferner treten gehäufter Frakturen und sonstige folgenschwere Verletzungen auf, die wiederum zu weiteren Einschränkungen des Patienten führen. Im späteren Verlauf nimmt die Schwächung des Patienten häufig durch derartige Begleiterkrankungen zu. Dies führt zur weiteren Verschlechterung des Immunsystems.

Vorbeugung

Bislang ist es nicht möglich, sich vor einer Lewy-Körperchen-Demenz zu schützen. Es gibt aber einige Faktoren, die das Risiko, an dieser Form der Demenz zu erkranken, verringern. Dazu zählen körperliche, geistige beziehungsweise soziale Aktivität sowie eine ausgewogene Ernährung, die reich an Vitamin E, C beziehungsweise Beta-Karotin ist. Dabei liegt das Augenmerk auf einer Cholesterin- und fettarmen Nahrungsaufnahme. Zu den präventiven Maßnahmen zählen ebenfalls die Behandlung von Herzrhythmusstörungen, Bluthochdruck sowie Diabetes mellitus.

Nachsorge

Bei Betroffenen einer Demenzerkrankung besteht die Nachsorge aus der Rückführung nach einem stationären Aufenthalt zurück in das häusliche Umfeld. Die Herausforderung zeigt sich vor allem in dem Angewiesensein auf pflegende Angehörige, welche sich erst in ihre neue Rolle einfinden müssen. Die Nachsorge betrifft demnach nicht nur den Patienten, sondern viel mehr auch deren Angehörige, welche aufgeklärt und betreut werden müssen, um einer Überforderung zu entgehen.

Zur Erleichterung kann ein teilstationärer Aufenthalt in einer Klinik sinnvoll sein, denn hier werden die Erkrankten schrittweise in den Alltag entlassen. Durch therapeutische Angebote kann eine gewisse Autonomie wiedererlangt werden, je nach Stadium der Demenz. Wichtig ist es, dass die Betroffenen nicht von den Therapeuten überfordert werden, da dies einen erneuten Ausbruch der Krankheit zur Folge haben kann. Die Bedürfnisse jedes Einzelnen müssen sensibel beachtet werden.

Begibt sich der Patient dann vollends in das häusliche Umfeld, so ist es auch hier hilfreich, regelmäßige Arztbesuche zu empfangen oder eine professionelle Pflegekraft einzustellen, welche in der schweren Anfangszeit unterstützt. Eine gute Alltagsplanung spielt eine große Rolle, damit der Patient gefordert wird und keine Leere eintritt, in welcher sich die Krankheit ausbrechen kann. Teilhabe am sozialen Leben, das Aufgreifen alter Hobbys und regelmäßiges Training von Körper und Geist sind nur einige Empfehlungen.

Das können Sie selbst tun

Die Erstellung eines Wochenplans sorgt für Struktur und somit für Sicherheit. Hier können die zu erledigenden Arbeiten und wichtige Termine eingetragen werden. Schilder an Schränken, die auf den jeweiligen Inhalt hinweisen, helfen bei der Orientierung in der Wohnung. Gegenstände wie der Schlüssel und die Geldbörse sind durch die Zuweisung fester Plätze leichter auffindbar. Ein Zettel mit wichtigen Nummern direkt neben dem Telefon sorgt für mehr Sicherheit in Notfällen. Auch ein Hausnotruf-System verschafft Abhilfe. Zum Einkaufen eignen sich klar strukturierte Einkaufszettel mit dem Namen und der benötigten Menge des Produktes. Ist das Kochen durch Defizite in der Handlungsplanung erschwert, verschafft die Nutzung von Rezepten Erleichterung.

Da die Demenz unter anderem die Reaktionsfähigkeit beeinflusst, sollte auf Autofahren verzichtet werden. Stattdessen können Fahrgemeinschaften gebildet, öffentliche Verkehrsmittel genutzt oder Angehörige involviert werden. War die betroffene Person sportlich aktiv empfiehlt es sich, Informationen über Gruppenangebote einzuholen.

Gewohnte Interessen und Abläufe so lange wie möglich beizubehalten wirkt sich auf Körper und Geist gleichermaßen positiv aus. Bei fortgeschrittenen Verläufen empfiehlt sich die Erstellung einer Vorsorge-Vollmacht. Für den Fall, dass die betroffene Person dazu nicht mehr in der Lage ist wird eine Vertrauensperson bevollmächtigt, Entscheidungen in medizinischen Belangen zu treffen, finanzielle Angelegenheiten zu regeln oder Verträge zu unterschreiben.

Quellen

  • Beyreuther, K., Einhäupl, K.M., Förstl, H. und Kurz, A.: Demenzen. Grundlagen und Klinik. Thieme, Stuttgart 2002
  • Förstl, H.: Demenzen in Theorie und Praxis. Springer, Berlin 2011
  • Wallesch, C.W., Förstl, H.: Demenzen. Thieme, Stuttgart 2012

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