Leistenbruch

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 2. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Ein Leistenbruch (Leistenhernie) ist eine physische Erkrankung an der Bauchinnenwand. Dabei bricht die Brauchwand im Bereich der Leiste, sodass die Bauchorgane nicht mehr im Bauchinnenraum gehalten werden. Auffälligstes Anzeichen bei einem Leistenbruch sind starke Bauchwölbungen und Bauchgeschwülste, sowie Schwellungen in der Leistengegend. Außerdem beklagen die Betroffenen ziehende und stechende Schmerzen in diesem Bereich. Ein Leistenbruch sollte unbedingt schnellstöglich von einem Arzt behandelt werden, da sonst schwerwiegende Komplikationen einsetzen können.

Inhaltsverzeichnis

Was ist ein Leistenbruch?

Bei einer abgeschwächten Form zieht es bei normalem Bewegungen in der Leistengegend. Sobald sich der Betroffene wieder ausruht, verschwindet dieses ziehende Gefühl.
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Der Leistenbruch (medizinisch Leistenhernie) ist ein Bruch der Weichteile im Bereich des Leistenkanals. Unterschieden werden die direkten (meist innen liegenden) und indirekten (meist außen durchbrechenden und nach innen ziehenden) Leistenhernien.

Der Unterschied liegt darin, dass die indirekten Brüche meist angeboren sind und in der Regel durch den ganzen Leistenkanal ziehen. Die direkten brechen dagegen mittig durch die Schwachstelle und sind meist erworbenen Brüche.

Diese Einteilung ist allerdings eher für das Verständnis wichtig, weniger für die Therapie. Der Leistenbruch tritt bei jung und alt auf. Das männliche Geschlecht ist auf Grund der Anatomie deutlich häufiger betroffen.

Ursachen

Der Leistenbruch entsteht meist auf dem Boden einer vorbestehenden Schwachstelle des Bindegewebes. Durch eine plötzliche Erhöhung des Drucks im Bauchraum (Husten, Toilettengang, schweres Heben, Schreien beim Säugling) kann eine Lücke entstehen, durch die meist Darmanteile oder auch nur großes Netz (dabei handelt es sich um Fett zwischen den Darmschlingen) durchtreten können.

Die indirekten, angeborenen Leistenbrüche zeigen sich durch eine schmerzlose Schwellung am mittigen Leistenkanal beim Säugling. Steigt der Druck im Bauchraum an, werden Darmschlingen durch einen offenen gebliebenen Kanal (processus vaginalis testis) gedrückt. Die Eingeweide sind bei dieser Leistenbruchart meist leicht zurück zu drücken.

Die erworbenen Leistenhernien zeigen ebenfalls selten ausgeprägte Symptome. Auch hier ist nur eine Schwellung und eventuell ein leichter Schmerz bzw. Druckgefühl wegweisend. Starke Schmerzen - vor allem wenn diese plötzlich auftreten - sind verdächtig für eine Einklemmung des Leistenbruches. Dabei treten Darmanteile durch die Bruchlücke, schwellen durch den abgequetschten Blutabfluss an und können dadurch nicht mehr zurück in den Bauchraum gedrückt werden.

Ein eingeklemmter Leistenbruch ist eine absolute chirurgische Notfallsituation, da der Darm nicht mehr durchblutet wird und ohne Therapie absterben würde. Die nicht durchbluteten Darmanteile können sich zudem leicht infizieren, was zu einer lebensgefährlichen Bauchfellentzündung führen kann.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Je nachdem, ob der Leistenbruch größer oder kleiner ist, treten heftigere bzw. abgeschwächte Beschwerden auf. Bei einer abgeschwächten Form zieht es bei normalem Bewegungen in der Leistengegend. Sobald sich der Betreffende wieder ausruht, verschwindet dieses ziehende Gefühl.

Handelt es sich um einen größeren Bruch (Hernie), kann eine nach außen gedrückte Wölbung erkennbar werden. Diese Wölbung kann in vielen Fällen wieder zurückgedrückt werden. Ebenso leidet der Betreffende an Schmerzen. Diese Symptome lassen ebenfalls wieder nach, sobald sich der Patient ausruht oder hinlegt. Liegt ein Bruch bis zu den Hoden vor, so ist ein geschwollener Hodensack ein typisches Anzeichen für diese Erkrankung.

Starke Schmerzen sind bei den Patienten zu beobachten, wo aufgrund des entstandenen Bruchs Gewebe oder Organe eingeklemmt wurden. Damit im Zusammenhang können Fieber, Übelkeit und [[Erbrechen9] zu beobachten sein. In einem solchen Fall muss unbedingt medizinische Hilfe geleistet werden, da sich der Darm verklemmen oder betroffenes Gewebe aufgrund von Unterversorgung absterben kann. Eine Operation ist lebenswichtig.

Bei Kindern kann die Erkrankung ebenfalls auftreten. Eltern erkennen Anzeichen in Form von einem geschwollenen Hodensack beziehungsweise geschwollenen äußeren Schamlippen. Weiterhin kann das Kind über Schmerzen klagen. Hier sollte ebenfalls sofort ein Arzt aufgesucht werden, da auch innere Organe betroffen sein können.

Komplikationen

Komplikationen zeigen sich bei einem Leistenbruch nur selten. Grundsätzlich sind jedoch Folgeerscheinungen möglich, die gravierende Auswirkungen auf die Gesundheit der Betroffenen haben können.

Zu den häufigsten und bedenklichsten Komplikationen der Leistenhernie zählt das Einklemmen des Bruchsackinhalts innerhalb der Bruchlücke. Dies führt dazu, dass die Blutzufuhr des Eingeweidebereichs im Bruchsack unterbrochen wird, was durch Strangulation erfolgt. Im weiteren Verlauf droht deswegen das Absterben des Eingeweideteils.

Eine weitere gravierende Folge ist das Entstehen einer Peritonitis (Bauchfellentzündung), die lebensbedrohliche Ausmaße annehmen kann. Findet jedoch rechtzeitig ein operativer Eingriff statt, lässt sich diese Gefahr unterbinden. Bei einer Notfalloperation beträgt die Sterblichkeit fünf bis zehn Prozent.

Komplikationen können aber auch durch eine Operation des Leistenbruchs hervorgerufen werden. So ist es dabei möglich, dass es zu einer Schädigung des Samenleiters kommt. Außerdem ist eine Verengung der Leistenkanalgefäße denkbar. Infolgedessen bildet sich bei Männern der Hoden zurück. Wird eine Beinvene eingeengt, droht das Risiko einer Thrombose.

Weitere mögliche Folgeerscheinungen der Leistenhernie-OP sind Schädigungen der Nerven, chronische Schmerzen, Verletzungen an der Harnblase oder am Darm, Entzündungen sowie Wundinfektionen. Aufgrund moderner Operationsmethoden zeigen sich diese Nachwirkungen jedoch nur selten.

Nach einer Leistenbruch-Operation besteht die Gefahr eines Rückfalls, was von dem jeweiligen Operationsverfahren und der Verfassung des Bindegewebes abhängt. Von einem Wiederauftreten des Leistenbruchs sind circa fünf bis zehn Prozent aller Patienten betroffen.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Beim Verdacht auf einen Leistenbruch sollte umgehend ein Arzt konsultiert werden. Wenn typische Symptome wie Übelkeit und Erbrechen oder Schmerzen in der Leistengegend auftreten, muss dies vom Hausarzt oder einem Gastroenterologen abgeklärt werden. Beim Auftreten der charakteristischen Beule wird am besten sofort ein Mediziner aufgesucht. Eltern, die bei ihrem Kind eine Ausstülpung im Leistenbereich feststellen, sollten den Kinderarzt hinzuziehen. Bei Warnzeichen wie stechenden Schmerzen oder Blut im Stuhl, die auf eine Einklemmung des Darms hindeuten, ist der Rettungsdienst zu rufen.

Der Betroffene muss anschließend intensivmedizinisch versorgt werden, um ernste Komplikationen zu vermeiden. Durch eine frühzeitige Behandlung lassen sich Gewebe- und Organschäden meist ausschließen. Übergewichtige, Schwangere und Jungen mit einem Hodenhochstand sind besonders anfällig für einen Leistenbruch. Auch Sportler und Menschen mit einer angeborenen Bindegewebsschwäche gehören zu den Risikogruppen und sollten bei genannten Beschwerden mit einem Spezialisten konferieren. Patienten, die bereits einmal einen Leistenbruch erlitten haben, informieren bei wiederkehrenden Symptomen den zuständigen Arzt.

Behandlung & Therapie

Um einer Einklemmung zuvor zu kommen, wird auch ein symptomloser Leistenbruch zu einem frei wählbaren Zeitpunkt (elektiv) operiert. Die viel umworbene alternative Therapie mit einem Bruchband ist nur sinnvoll, wenn eine Operation aus verschiedensten Gründen nicht durchgeführt werden kann. Problematisch ist, dass die Bruchbänder zusätzliche Haltearbeit der Muskeln abnehmen und diese dadurch geschwächt werden. Folglich nimmt die Gegenkraft ab, welche die Eingeweide im Bauchraum hält.

Je nach Ansprüchen an die Belastbarkeit sind verschiedene Operationstechniken möglich. Wünscht der Betroffene ein minimal-invasives Verfahren (mittels Bauchspiegelung), wird bei erwachsenen Patienten immer ein Kunststoff-Netz eingelegt. Die Operation kann auf zwei Wegen durchgeführt werden. Entweder wird das Bauchfell nicht eröffnet (TEPP) oder es wird durch die Bauchhöhle operiert (TAPP). Größter Vorteil dieser so genannten "spannungsfreien Techniken" ist vor allem die frühe Belastbarkeit.

Schnitt-Operationen können mit und ohne Einlage von Fremdmaterial erfolgen. Klassische Verfahren sind die Lichtenstein-Operation (dabei wird ebenfalls ein Kunststoff-Netz eingelegt) und die Shouldice-Operation (Bruchlücken-Verschluss durch eine direkte Naht. Für mehr Stabilität wird bei dieser Technik zusätzlich die Muskelfaszie gedoppelt). Hier ist der größte Vorteil, dass diese Verfahren in lokaler Anästhesie möglich sind. Vor allem ältere Menschen können durch reduzierte Operations-Risiken davon profitieren.


Aussicht & Prognose

Die Prognose hängt hauptsächlich davon ab, ob rechtzeitig operiert wird oder nicht. Werden die Beschwerden ignoriert oder nicht behandelt, vergrößert sich der Leistenbruch. Eine Selbstheilung ist ausgeschlossen. Es kann zu lebensbedrohlichen Komplikationen kommen. Chirurgen haben mittlerweile viel Wissen um die Operation eines Leistenbruchs angehäuft. Es stehen drei bewährte Verfahren zur Wahl. Eine Operation verläuft meist unkompliziert, sodass sich anschließend Beschwerdefreiheit einstellt. Diese günstige Prognose kann sich bei alten Patienten und einer schwierigen Lage verschlechtern.

Mögliche Komplikationen beziehen sich hauptsächlich auf eingeklemmte Eingeweide. Eine Ausweitung der Erkrankung auf den gesamten Bauchraum oder eine Schädigung der Fortpflanzungsorgane können sich dadurch einstellen. Solche Gegebenheiten sind allerdings sehr selten. In fünf bis zehn Prozent aller erfolgreichen Operationen tritt der Bruch erneut auf, was Ärzte als rezidiv bezeichnen. Es ergibt sich nach einem wiederholten Eingriff aber ebenso eine günstige Aussicht.

Patienten verhindern einen erneuten Leistenbruch, indem sie bis zu sechs Monate nach einer Operation nicht schwer heben und eine leichtverdauliche Kost zu sich nehmen. Eine medizinische Behandlung nach europäischem Standard verspricht eine lebenslange Beschwerdefreiheit.

Vorbeugung

Da die angeborene Bindegewebsschwäche nicht zu verändern ist, ist eine direkte Vorbeugung schwierig. Lediglich durch sportliche Betätigung kann der Muskelmantel gestärkt werden. Wechselduschen vermögen das Bindegewebe etwas zu straffen. Der Schwerpunkt in der Prävention liegt in der Vermeidung von erhöhtem Druck im Bauchraum. Dies kann z.B. durch eine Gewichtsreduktion, stuhlgangregulierende Maßnahmen oder richtiges Heben von schweren Lasten realisiert werden.

Nachsorge

Da ein Leistenbruch mit einem operativen Eingriff therapiert wird, ist eine sorgfältige Nachsorge notwendig. Auch nach erfolgreicher Operation muss der Patient zahlreiche Kontrolluntersuchungen wahrnehmen, die der Nachsorge dienen. Dabei wird in der Regel der Zustand der Leisten sowie des Bauchraums untersucht. Auch die Narbenpflege ist Bestandteil dieser Untersuchungen.

Ein einmaliger und mit Erfolg behandelter Leistenbruch ist jedoch keine Garantie dafür, dass nicht erneut ein Leistenbruch auftreten kann. Deshalb gehört zur Nachsorge dieser Erkrankung auch, einem weiteren Leistenbruch aktiv vorzubeugen. Diese Nachsorgemaßnahmen schließen die Minimierung von Risikofaktoren ein, wobei eine ärztliche Begleitung teilweise angebracht ist.

Leiden die Betroffenen beispielsweise an starkem Übergewicht, kann ein Mediziner die Gewichtsreduktion betreuen und den Gesundheitszustand des Patienten überwachen. Ein generelles Element der Nachsorge bei Leistenbruch besteht darin, sportliche Aktivitäten mit dem Arzt abzusprechen. Bestimmte Sportarten, Bewegungsabläufe und Belastungen steigern den Druck, der im Bauchraum herrscht und begünstigen dadurch einen Leistenbruch.

Diese Faktoren gilt es im Rahmen der Nachsorge zu verringern, damit kein erneuter Leistenbruch entsteht. Nach einer operativen Behandlung des ersten Leistenbruchs ist es außerdem ratsam, das Rauchen aufzugeben oder den Nikotinkonsum zumindest stark einzuschränken. Auch dabei ist eine ärztliche Begleitung empfehlenswert. Durch Rauchverzicht wird die Wahrscheinlichkeit eines weiteren Leistenbruchs ebenfalls reduziert.

Das können Sie selbst tun

Ein schwach ausgeprägter Leistenbruch muss nicht unbedingt operiert werden. Meistens gelingt es, die Ausweitung des Bruchs durch eine angepasste Verhaltensweise zu verhindern.

Betroffene sollten keine schweren Lasten heben und belastungsintensiven Sport wie Fußball oder Krafttraining meiden. Außerdem darf beim Stuhlgang nicht zu stark gepresst werden. Wird begleitend dazu auf ein Normalgewicht geachtet, kann der Leistenbruch auf dem ursprünglichen Niveau gehalten werden. Dennoch können Schmerzen auftreten, die am besten durch Bettruhe und Entspannung gelindert werden. Verkrampfungen und Einklemmungen lassen sich durch aufrechtes Gehen und regelmäßiges Strecken reduzieren. Ergänzend dazu hilft Kälte in Form von Kühl-Akkus, Eispackungen oder gefrorenen Gemüsepackungen aus der Tiefkühltruhe. Bei Verspannungen helfen Wärmflasche und Kirschkernkissen.

Bei einem stark ausgeprägten Leistenbruch gilt es einen Arzt aufzsuchen und einen Termin für die Operation auszumachen. Nach dem Eingriff ist Schonung angezeigt. Kinder sollten mindestens einige Tage im Bett verbringen, für Erwachsene empfiehlt sich eine Pause von zwei bis drei Tagen. Danach sollte zunächst auf größere Anstrengungen verzichtet werden. Gegen Schmerzen helfen sowohl klassische Schmerzmittel als auch Naturheilmittel wie Baldrian oder Passionsblume. Begleitend zur symptomatischen Behandlung müssen die Ursachen für den Leistenbruch ermittelt und gezielt angegangen werden, um eine erneute Hernie zu vermeiden.

Quellen

  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013

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