Lagophthalmus

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 11. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Lagophthalmus ist die Bezeichnung für einen unvollständigen Lidschluss des Auges. Mitunter führt das Symptom zur Verbreiterung der Lidspalte.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Lagophthalmus?

In manchen Fällen entsteht ein Lagophthalmus aber durch Narben, die eine Verkürzung der Augenlider zur Folge haben.
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Unter einem Lagophthalmus wird ein unvollständiger Schluss des Augenlids verstanden. Die Symptomatik fällt in den Bereich der Augen- und Nervenheilkunde. In manchen Fällen kann der Lagophthalmus das Verbreitern der Augenlidspalte zur Folge haben.

Der Begriff Lagophthalmus entstammt dem Griechischen und bedeutet in deutscher Übersetzung „Hasenauge“. So heißt Lagos „Hase“ während Ophthalmus „Auge“ bedeutet. Der Lagophthalmus zeigt sich in den meisten Fällen nur auf einem Auge. Er kann aber auch auf beiden Augen vorkommen.

Ab einem Abstand von drei Millimetern sowie bei einer Kombination mit einer starken Tränendrüsen-Hyposekretion besteht ohne eine entsprechende Therapie die Gefahr einer Keratitis (Hornhautentzündung). Im schlimmsten Fall drohen eine Ulzeration (Geschwürbildung) sowie der Verlust des betroffenen Auges.

Ursachen

Die Ursachen für einen Lagophthalmus sind unterschiedlich. Als häufigster Grund der Augenerkrankung gilt eine periphere Lähmung des Nervus facialis, der den 7. Hirnnerv bildet. In der Medizin ist dann von einer Fazialisparese die Rede. Davon betroffen ist der Augenmuskel Musculus orbicularis oculi, der die Form eines Ringes aufweist. Möglicher Urheber der Parese kann ein Schlaganfall sein.

In manchen Fällen entsteht ein Lagophthalmus aber auch durch Narben, die eine Verkürzung der Augenlider zur Folge haben. Das Gleiche gilt für die Deformation des betroffenen Augenlids aufgrund von traumatischen Schädigungen. Mitunter ist das Hervortreten des Augapfels (Exophthalmus) für den Lagophthalmus verantwortlich.

Weitere denkbare Ursachen für einen Lagophthalmus sind ein Ektropium (Fehlstellung des Auges), kongenitale Fehlbildungen wie ein Kolobom, eine endokrine Orbitopathie, die bei Morbus Basedow auftritt, Zoster oticus, eine Polyneuritis, eine Hirnhautentzündung (Meningitis), ein Kleinhirnbrückenwinkeltumor oder das Auftreten eines Komas. In seltenen Fällen führt zudem Lepra an den Augenlidern zu einem sogenannten Hasenauge.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Bei einem Lagophthalmus verspüren die betroffenen Personen das Gefühl, als hätten sie einen Fremdkörper im Auge. Darüber hinaus zeigt sich ein Augenbrennen, das oft als quälend empfunden wird. Außerdem fühlt sich das Auge trocken an. Grund dafür ist die Unfähigkeit des Augenmuskels, das Auge komplett zu schließen.

Nicht selten kommt es durch den Lagophthalmus zum Austrocknen der Hornhaut, was Ärzte als Xerophthalmie bezeichnen. Es besteht die Gefahr, dass sich die Hornhaut entzündet und es zur Bildung eines Geschwürs kommt. Unternimmt der Patient den Versuch, das betroffene Auge zu schließen, zeigt sich das Bell´sche Phänomen.

Dabei handelt es sich um eine temporäre Drehung des Augapfels in die obere Richtung. Weil sich bei einem Lagophthalmus außerdem der Lidschlag verringert, führt dies zu Behinderungen beim Tränenabfluss sowie zu Tränenträufeln. Liegt eine milde Form des Lagophthalmus vor, kommt es mitunter zu einem positiven Wimpernzeichen.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Besteht Verdacht auf einen Lagophthalmus, wird empfohlen, einen Augenarzt sowie einen Neurologen zu konsultieren. Der Neurologe klärt ab, ob die Symptomatik durch eine Lähmung des Nervus Facialis hervorgerufen wird. Beim Augenarzt findet eine gründliche Untersuchung des betroffenen Auges mit einer Spaltlampe statt.

Bei diesem Verfahren kontrolliert der Augenmediziner die Bindehaut, die Hornhaut sowie das Innere des Auges auf mögliche Schäden. Bei rechtzeitiger Behandlung nimmt der Lagophthalmus einen günstigen Verlauf. Ohne eine entsprechende Therapie drohen jedoch Komplikationen wie ein Hornhautulcus. Bei einem sehr ungünstigen Verlauf kann es sogar zum Verlust des Auges kommen.

Komplikationen

In den meisten Fällen führt der Lagophthalmus zu einem relativ starken Fremdkörpergefühl im Auge des Patienten. Dadurch leiden die Betroffenen nicht selten an einem Brennen direkt im Auge oder an sehr trockenen Augen. Ebenso können sich die Augenschmerzen auch in andere Regionen ausbreiten und weiterhin auch zu Kopfschmerzen führen. Die Lebensqualität des Betroffenen wird durch den Lagophthalmus deutlich eingeschränkt.

Ebenso kann der Lagophthalmus zu Störungen der Konzentration und der Koordination beim Patienten führen. Das Sichtfeld der Betroffenen ist nicht selten eingeschränkt und es kann zur Ausbildung eines Geschwüres kommen. Ebenso kann eine Entzündung der Hornhaut auftreten, die auf jeden Fall von einem Arzt behandelt werden muss. In den meisten Fällen kommt es beim Lagophthalmus nicht zu einer Selbstheilung, sodass auf jeden Fall ein Arzt aufgesucht werden muss.

Die Behandlung dieser Krankheit erfolgt in den meisten Fällen mit Hilfe von verschiedenen Salben und Augentropfen. Dabei treten keine Komplikationen auf. In schwerwiegenden Fällen sind allerdings operative Eingriffe oder die Einnahme von Antibiotika notwendig. Auch dabei kommt es nicht zu Komplikationen. Die Lebenserwartung des Patienten wird durch den Lagophthalmus in der Regel nicht verringert.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Bei einem Fremdkörpergefühl im Auge sollte ein Arzt zur Abklärung der Ursache aufgesucht werden. Kann das Augenlid nicht vollständig geschlossen werden, ist es ratsam, wenn diese Beobachtung mit einem Arzt besprochen wird. Gelangen immer wieder kleine Partikel aus der unmittelbaren Umgebung trotz eines starken Lidschlags in das Auge, ist ein Arztbesuch erforderlich. Stellt sich eine Augentrockenheit ein oder tränt das Auge, sollte die Konsultation eines Arztes erfolgen. Schmerzen im Auge, Juckreiz, Unwohlsein und Veränderungen des Sehvermögens müssen von einem Arzt untersucht und behandelt werden. Störungen der Augenmuskulatur stellen ein Warnhinweis dar, dem nachgegangen werden sollte.

Kommt es aufgrund der Beschwerden zu Reibungen des Auges und dadurch zu Rötungen, benötigt der Betroffene medizinische Hilfe. Bei Entzündungen im Bereich der Augen, Gereiztheit oder einer inneren Unruhe sollte ein Arzt aufgesucht werden. Leidet der Betroffene unter Schlafstörungen, Kopfschmerzen oder Schwellungen am Auge, ist schnellstmöglich ein Arzt zu konsultieren. Veränderungen des Lidschlages, die Bildung eines Geschwürs sowie Verfärbungen der Netzhaut sollten unverzüglich untersucht und behandelt werden. Wird der Tränenabfluss beeinträchtigt oder bildet sich Eiter, ist ein Arztbesuch anzuraten. Der Betroffene muss ohne medizinische Versorgung mit einer Zunahme der Beschwerden rechnen.

Behandlung & Therapie

Die Therapie eines Lagophthalmus richtet sich nach dem Ausmaß der Schädigungen an der Hornhaut. Eine wichtige Rolle bei der Behandlung der Erkrankung spielt eine ausreichende Befeuchtung der Augenoberfläche. Zu diesem Zweck können eine Augensalbe oder ein Augengel zur Anwendung gelangen. In manchen Fällen wird auch ein spezieller Uhrglasverband eingesetzt.

Dabei handelt es sich um eine durchsichtige Klappe aus Plexiglas, die mit einem Heftpflaster ausgestattet ist, das sie umfasst. Der Uhrglasverband bewahrt die Hornhaut vor Fremdeinwirkung und Austrocknung. Als weitere Schutzmaßnahme vor dem Austrocknen eignen sich weiche Kontaktlinsen.

Bei reversiblen Lagophthalmus-Formen wird seit 1993 auch eine Oberlidbeladung durch Bleigewichte vorgenommen. Durch ihre effizientere funktionelle Wirkung und ihre bessere Kosmetik sind sie dem Uhrglasverband überlegen und sorgen dafür, dass der Patient fahrtüchtig bleibt. Darüber hinaus kann weiterhin die Applikation von Augentropfen erfolgen.

Führen die konservativen Behandlungsmethoden nicht zu einer Besserung und bilden sich die Lähmungen nicht zurück, muss ein operativer Eingriff erfolgen. Das Gleiche gilt, wenn größere Schäden am Auge auftreten. Im Rahmen der Operation erfolgt ein partieller Verschluss von Augenoberlid und Unterlid. Der Patient erhält vor dem Eingriff eine lokale Betäubung. Die Wimpernreihe bleibt in der Regel bei diesem Vorgehen erhalten.

Durch das Verfahren lässt sich eine chirurgische Wiedereröffnung vornehmen. Bei irreversiblen Formen des Lagophthalmus ist zudem das dauerhafte Implantieren eines Gewichts aus Metall im Oberlid möglich, das für den Verschluss des Auges sorgt. Dies gilt besonders nach einem Akustikusneurinom oder einem Parotistumor.

Diese Methode kam bereits in den 50er Jahren zur Anwendung, geriet dann aber zeitweilig in Vergessenheit, bis sie ab 1990 auch in deutschen Augenkliniken wieder zum Einsatz gelangte. Liegen bereits eine Hornhautentzündung (Keratitis) oder ein Geschwür vor, erfolgt deren Behandlung mithilfe von Antibiotika.


Aussicht & Prognose

Die Prognose des Lagophthalmus ist günstig. Dennoch wird die Zusammenarbeit mit einem Arzt benötigt, da es zu keiner Spontanheilung kommt und die Möglichkeiten der Selbsthilfe nicht ausreichen. Ohne eine Behandlung ist mit einer Zunahme der Beschwerden zu rechnen. Das Sichtfeld schränkt sich weiter ein, Lähmungen nehmen an Umfang zu und das Sehvermögen ist insgesamt verschlechtert. Dadurch erhöht sich im Alltag die allgemeine Unfallgefahr und das Wohlbefinden des Betroffenen ist dauerhaft herabgesetzt.

Die diversen Beschwerden lindern sich innerhalb kurzer Zeit durch die Gabe von Medikamenten. Diese sind mit wenigen Nebenwirkungen verbunden, so dass eine gute Verträglichkeit der Präparate bescheinigt wird. In seltenen Fällen wird ein operativer Eingriff benötigt, um den Heilungserfolg zu verbessern. Verläuft dieser ohne weitere Komplikationen, kann nach Abschluss des Wundheilungsprozesses eine Beschwerdefreiheit dokumentiert werden.

Die Lidöffnung wird chirurgisch wiederhergestellt und damit die Funktionsfähigkeit des Auges korrigiert. Kommt es während des Eingriffs zu Verletzungen des umgebenden Bereiche, muss das Ausmaß für die Stellung einer Gesamtprognose berücksichtigt werden. Bei einer Eiterbildung im Bereich des Auges ist das Risiko für eine Sepsis erhöht. Hierbei handelt es sich um eine potentielle Gefährdung des menschlichen Lebens. Eine intensivmedizinische Betreuung ist notwendig, da es sonst zu einem vorzeitigen Ableben kommen kann.

Vorbeugung

Um einen Lagophthalmus vorzubeugen, bedarf es der Prävention der auslösenden Grunderkrankungen. Bei einer Fazialisparese oder Fehlbildung ist dies allerdings nicht möglich.

Nachsorge

Bei einem Lagophthalmus stehen dem Patienten in den meisten Fällen nur wenige bis gar keine besonderen Maßnahmen der Nachsorge zur Verfügung. Hierbei sollte der Patient schon früh einen Arzt aufsuchen, damit es zu keinen weiteren Komplikationen und auch nicht zu einer weiteren Verschlechterung der Beschwerden kommt. Eine Selbstheilung kann beim Lagophthalmus in der Regel nicht eintreten, sodass der Patient idealerweise schon bei den ersten Symptomen und Anzeichen der Krankheit einen Arzt aufsuchen sollte.

In der Regel kann die Krankheit selbst durch einen geringen operativen Eingriff gut gelindert werden. Nach einem solchen Eingriff sollten Betroffene die Augen besonders gut schützen und pflegen. Im Allgemeinen sollten dabei stressige oder körperliche Aktivitäten vermieden werden, um den Körper nicht unnötig zu belasten.

Ebenso können Kontaktlinsen die Beschwerden des Lagophthalmuss deutlich lindern, sodass Betroffene diese tragen sollten, sofern sie von einem Arzt verordnet wurden. Sollte der Lagophthalmus durch einen Tumor auftreten, so sollten nach der Entfernung des Tumors noch weitere regelmäßige Untersuchungen und Kontrollen durch einen Arzt durchgeführt werden, um das Ausbreiten der Tumore zu verhindern. In der Regel verringert diese Krankheit jedoch nicht die Lebenserwartung des Betroffenen.

Das können Sie selbst tun

Patienten, die an einem Lagophthalmus leiden, verspüren in der Regel starke Schmerzen im Bereich des betroffenen Auges. Die wichtigste Selbsthilfe-Maßnahme besteht deshalb darin, das Auge sorgsam zu pflegen und vor weiteren Reizen zu schützen. Dies gelingt zum Beispiel mit Hilfe einer Schlafmaske, die von dem Erkrankten in der Nacht getragen werden kann.

Der Arzt wird dem Patienten außerdem spezielle Augensalben verschreiben. Diese müssen regelmäßig aufgetragen werden, und manchmal können sie um natürliche Heilmittel ergänzt werden. Nach Rücksprache mit dem Arzt kann beispielsweise das Mittel Arnika angewendet werden, welches Entzündungen und Schmerzen lindert.

Im Falle eines operativen Eingriffs gelten Schonung und Bettruhe. Der Patient sollte das Auge nach dem Eingriff keiner zusätzlichen Belastung aussetzen und auch den Körper schonen, um das Risiko für Folgeinfektionen zu senken. Begleitend dazu müssen die ärztlich verordneten Arzneimittel eingenommen werden. Es empfiehlt sich, etwaige Neben- oder Wechselwirkungen aufzuschreiben und den Arzt darüber zu informieren. So kann die Medikation optimal auf die Bedürfnisse des Betroffenen eingestellt werden. Generell sollte mit einem ausgeprägten Lagophthalmus regelmäßig zum Arzt gegangen werden.

Quellen

  • Augustin, A.J.: Augenheilkunde. Springer, Berlin 2007
  • Burk, A. et al.: Checkliste Augenheilkunde. Thieme, Stuttgart 2011
  • Dahlmann, C., Patzelt, J.: Basics Augenheilkunde. Urban & Fischer, München 2014

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