Knochenmarktransplantation

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Bei der Knochenmarktransplantation werden Knochenmark und somit Stammzellen zur Wiederherstellung einer geregelten Blutbildung übertragen. Eine Knochenmarktransplantation ist in aller Regel indiziert, wenn das blutbildende Zellsystem infolge einer Tumorerkrankung oder einer vorangegangenen Therapie (insbesondere Hochdosis-Chemotherapie) stark beeinträchtigt wurden.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Knochenmarktransplantation?

Bei der Knochenmarktransplantation werden Knochenmark und somit Stammzellen zur Wiederherstellung einer geregelten Blutbildung übertragen.

Als Knochenmarktransplantation (kurz: KMT) wird der Austausch geschädigten blutbildenden Knochenmarks (Medulla ossium) durch gesunde Knochenmarkzellen bezeichnet, der in aller Regel nach malignen Tumorerkrankungen und/oder hochdosierten Chemo- oder Strahlentherapien erforderlich werden kann.

Allgemein wird zwischen einer autologen, bei welcher das transplantierte Knochenmarkmaterial von den zu transplantierenden Betroffenen selbst stammt (Eigenspende), und einer allogenen Knochenmarktransplantation, die in den meisten Fällen zum Einsatz kommt und bei welcher Spender und Empfänger nicht dieselbe Person darstellen (Fremdspende), differenziert.

Im Idealfall kann eine sogenannte isologe Knochenmarktransplantation durchgeführt werden, die dadurch gekennzeichnet ist, dass die zu transplantierenden Zellen von einem Zwilling des Betroffenen stammen.

Funktion, Wirkung & Ziele

Generell ist eine Knochenmarktransplantation immer dann erforderlich, wenn das Knochenmark, in welchem sämtliche Blutzellen gebildet werden, durch Erkrankungen oder bestimmte Therapiemaßnahmen so geschädigt ist, dass es dieser Funktion nicht mehr nachkommen kann.

Eine deutliche Beeinträchtigung der Knochenmarkfunktion können in erster Linie maligne Tumoren wie Lymphome (Lymphdrüsenkrebs) oder Leukämie (Blutkrebs) sowie solide Tumorerkrankungen nach sich ziehen. Ebenso können ausgeprägte Autoimmunerkrankungen, die infolge eines fehlregulierten Immunsystems zu einer Zerstörung körpereigener Strukturen führen, eine Knochenmarktransplantation erforderlich machen. Zudem weisen hochdosierte chemo- oder strahlentherapeutische Maßnahmen ein erhöhtes Risiko für eine Schädigung des Knochenmarks auf.

Im Vorfeld der Knochenmarktransplantation werden in der Regel die Blut- und Urinwerte analysiert, der Thorax (Brustkorb) geröntgt, Abdomen und Herz sonographisch untersucht und ein EKG (Elektrokardiogramm) und EEG (Elektroenzephalographie) zur Messung der Hirnströme durchgeführt. Darüber hinaus sind ein Lungenfunktionstest und unter Umständen eine Computertomographie üblich. Anhand einer Knochenmarkpunktion wird in vielen Fällen eine Gewebeprobe entnommen und auf Übereinstimmungen bestimmter Gewebemerkmale wie den humanen Leukozytenantigene (HLA) überprüft.

Vor der Substitution des geschädigten Knochenmarks sollte dieses, insbesondere bei malignen Tumorerkrankungen, zur Vermeidung von Rezidiven vollständig zerstört werden. In aller Regel gelingt dies durch eine hochdosierte Chemotherapie mit Zytostatika bzw. durch eine Kombinationsbehandlung aus chemo- und strahlentherapeutischen Maßnahmen. Im Anschluss an diese als Konditionierung bezeichnete Vorbehandlung, die durchschnittlich vier bis zehn Tage dauert, erfolgt die Knochenmarktransplantation.

Im Rahmen der allogenen Knochenmarktransplantation wird das Knochenmarkmaterial aus dem Knochenmark bzw. die Knochenmarkstammzellen aus dem Blut des Spenders gewonnen (periphere Stammzellentnahme) und dann über eine Vene in das Blutsystem des Empfängers infundiert. Die infundierten gesunden Knochenmarkzellen gelangen über das Blutsystem in das Knochenmark, siedeln sich an und teilen sich. Bei Therapieerfolg beginnen die neu angesiedelten Knochenmarkzellen nach einigen Wochen, eigenständig Blutzellen zu synthetisieren.

Eine autologe Knochenmarktransplantation (Eigenmarkspende) kommt in aller Regel dann zum Einsatz, wenn kein geeigneter Spender gefunden werden kann. Hierzu wird dem Betroffenen in einer Remissionsphase ohne Bildung neuer Tumorzellen körpereigenes Knochenmark entnommen, aufbereitet und anschließend eingefroren. Im Anschluss an die chemo- und strahlentherapeutische Vorbehandlung wird das körpereigene Knochenmark dem Betroffenen wieder zugeführt.


Risiken, Nebenwirkungen & Gefahren

Eine Knochenmarktransplantation stellt einen stark belastenden und schweren operativen Eingriff dar, der lebensbedrohliche Komplikationen nach sich ziehen kann. Entsprechend wird eine Knochenmarktransplantation in der Regel lediglich bei Ausschöpfung sämtlicher Behandlungsalternativen und bei Vorliegen einer lebensbedrohlichen Grunderkrankung mit guten Heilungsaussichten durch den Eingriff durchgeführt.

Im Rahmen des operativen Eingriffs können eine Vielzahl von Komplikationen auftreten. So siedeln sich beispielsweise in seltenen Fällen die transplantierten Knochenmarkzellen nicht im Knochenmark des Empfängers an. In einigen Fällen markieren die transplantierten Zellen Gewebestrukturen des Empfängers als fremd und greifen dieses an. Betroffen sind insbesondere Haut, Leber und/oder Darm des Empfängers. Die Reaktion kann allerdings durch Immunsuppressiva medikamentös kontrolliert und bei Überreaktionen gegebenenfalls gegengesteuert werden.

Zudem ist das Risiko für Infektionserkrankungen in den ersten drei Monaten nach dem chirurgischen Eingriff, in denen das Blut- und Immunsystem wieder aufgebaut werden, stark erhöht und bereits ein simpler Schnupfen kann lebensbedrohlich für den Betroffenen sein. Infolge der chemotherapeutischen Vorbehandlung ist das immunologische Wissen des Abwehrsystems zerstört, so dass dieses neu angeeignet werden muss.

Schutzimpfungen gegen Tetanus, Diphtherie oder Polio müssen entsprechend wiederholt werden. Darüber hinaus besteht für den Spender bei einer Knochenmarktransplantation lediglich ein geringes Risiko, das sich aus dem üblichen Gefahren, die mit einer Narkose einhergehen, ableitet.

Quellen

  • Pfeifer, B., Preiß, J., Unger, C. (Hrsg.): Onkologie integrativ. Urban & Fischer, München 2006
  • Preiß, J. et al.(Hrsg.): Taschenbuch Onkologie. Zuckschwerdt, München 2014
  • Sauer, R.: Strahlentherapie und Onkologie. Urban & Fischer, München 2009

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