Reisekrankheit

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Viele Menschen haben im Leben bereits Situationen erlebt, in denen sie als Reaktion auf ungewohnte Bewegung Unwohlsein und Schwindel empfunden haben. Diesen sogenannten Bewegungsschwindel oder die Reisekrankheit bezeichnet man auch als Kinetose.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Reisekrankheit?

Besonders intensiv sind die Anzeichen aufgrund einer Seereise feststellbar. Im Vorstadium einer Reise empfinden Betroffene eine beginnende Nervosität, gelegentliches Unwohlsein und einen leichten Druck in der Magengegend.
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Die Reisekrankheit ist weit verbreitet und findet sich in unterschiedlich ausgeprägter Form oft im Verlauf von An- und Abreise mit ungewohnten Fahrzeugen. Im Folgenden soll ein Überblick über Begriffsbestimmung, Symptome, Diagnose, Ursachen, Behandlung und Vorbeugung der Kinetose geboten werden.

Als Kinetose oder Reisekrankheit bezeichnet man also im Allgemeinen körperliche Beschwerden, die bei ungewohnter Bewegung auf oder in einem Fahrzeug, bei Schwingungen in oberen Stockwerken hoher Gebäude oder simulierten Bewegungen durch interaktive Bilder auftreten können.

Die bekannteste Form der Kinetose ist die Seekrankheit, die bei starkem Seegang durch die wellenförmige Bewegung eines Schiffs ausgelöst werden kann. Dabei kann es auch vorkommen, dass Menschen, die jahrelang keine Probleme mit Seekrankheit gehabt haben, auch später eine Kinetose erfahren, während andere ihr Leben lang gegen die Reisekrankheit immun bleiben.

In schwereren Fällen kann eine Kinetose allerdings auch zu Herz-Kreislauf-Beschwerden führen, die mit Vorsicht zu behandeln sind, da sie in seltenen Fällen auch zum Tod führen können.

Ursachen

Eine Reisekrankheit kann auftreten, wenn ein Konflikt im Gehirn daraus entsteht, dass aufgenommene Sinneseindrücke nicht mehr in Zusammenhang gebracht werden können. Augen und Gleichgewichtssinn senden unterschiedliche Wahrnehmungen und sorgen für Übelkeit.

Während beispielsweise auf einem Passagierschiff die Bewegung wahrgenommen wird, aber nicht visualisiert, wird beim Auto Geschwindigkeit nur gesehen, nicht jedoch aktiv wahrgenommen. Diese Form der passiven Bewegung, die sich auch in Wolkenkratzern oder im Aufzug erfühlen lässt, können eine Kinetose verursachen.

Ängstliche und unsichere Menschen klagen häufiger über eine Reisekrankheit, Flugangst und eine negative Erwartungshaltung wirken sich auf die Anfälligkeit für die Reisekrankheit ebenso aus. Auch wer häufig von Migräne betroffen ist, gilt als anfälliger für die Kinetose.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Eine Reisekrankheit kann in unterschiedlichen Schweregraden ausgeprägt sein. Die Symptome können sich vor und während einer Reisebewegung einstellen. Besonders intensiv sind die Anzeichen aufgrund einer Seereise feststellbar. Im Vorstadium einer Reise empfinden Betroffene eine beginnende Nervosität, gelegentliches Unwohlsein und einen leichten Druck in der Magengegend.

Außerdem kann es zu einer kalten Schweißbildung sowie zum Frösteln kommen. Durch die ungewohnte Fortbewegung mit einem Verkehrsmittel kann sich eine Reisekrankheit (Kinetose) durch eine blasse Gesichtsfarbe und Schwindelgefühle äußern. Diese können sich bis zu Ernst zunehmenden Kreislaufstörungen entwickeln.

Typische Anzeichen für eine Kinetose sind Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen, die besonders häufig bei einer unruhigen Seereise Probleme bereiten. Die Magen- und Darmfunktion wird dabei eingeschränkt. Es kann zu Sodbrennen kommen. Die Atmungsschnelligkeit kann ansteigen, Schweißausbrüche können häufiger auftreten.

In dieser Verfassung ist ein beschleunigter Herzschlag feststellbar. Gleichzeitig fällt der Blutdruck ab. In Einzelfällen fühlen sich Erkrankte besonders schlapp und fast apathisch. Es besteht eine allgemeine Müdigkeit und Lustlosigkeit. Als Symptome für eine Reisekrankheit gelten außerdem übermäßiges Gähnen, ein flaues Gefühl im Magen sowie ein vermehrtes, nahezu zwanghaftes Schlucken.

Die Betroffenen sprechen weniger, reagieren langsamer und wirken desinteressiert. Es stellt sich Antriebsarmut ein. Ein weiteres Anzeichen für eine Reisekrankheit ist Appetitlosigkeit. Als Symptom für eine Reisekrankheit gilt außerdem in schweren Fällen Herzrasen. Neben einer blassen Gesichtsfarbe kann es in Einzelfällen auch zu deutlichen Rötungen im Gesicht kommen.

Diagnose & Verlauf

Eine Reisekrankheit kann immer dann diagnostiziert werden, wenn die oben beschriebenen Symptome als Reaktion auf eine ungewohnte Bewegung und plötzlich und ohne körperliche Ursachen auftritt. Wer selten Bahn fährt, fliegt oder mit der Fähre reist, ist dabei möglicherweise jedes Mal erneut von der Reisekrankheit betroffen.

Im Normalfall legt sich die Kinetose nach ein paar Tagen bei Fernreisen auf einem Schiff bzw. mit der Gewöhnung bei einer ungewohnten Wohnsituation, regelmäßigen Flügen oder langen Autofahrten. Die Reisekrankheit äußert sich in Symptomen wie Übelkeit, Schwindel, Erbrechen oder Unwohlsein, Kopfschmerzen oder Blässe.

Komplikationen

Die Reisekrankheit kann eine Reihe von Komplikationen hervorrufen. Zunächst führt die Erkrankung zu Magen-Darm-Beschwerden – es kann zu Dehydration und Mangelerscheinungen kommen. Bei älteren Menschen, Kindern und Erkrankten kann ein übermäßiger Flüssigkeitsverlust lebensbedrohlich sein. Des Weiteren kann die Reisekrankheit zu Hyperventilation und Atemnot führen.

Begleitend dazu fällt meist auch der Blutdruck ab und der Herzschlag beschleunigt sich. In seltenen Fällen führt die Erkrankung zu einem Kreislaufkollaps. Ganz allgemein kommt es zu einer starken Abnahme des Wohlbefindens – ein Symptom, dass bei Menschen mit psychischen Vorerkrankungen zu Problemen führen kann. Auch bei der Behandlung kann es zu unerwünschten Ereignissen kommen.

Das typischerweise verordnete Medikament Scopolamin ruft häufig vorübergehende Mundtrockenheit, Herzrasen und Sehstörungen hervor. Gelegentlich kommt es nach der Einnahme zu Schläfrigkeit, Blutdrucksenkung und Reizungen des Augenlids. Selten können Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen, Halluzinationen und Gleichgewichtsstörungen auftreten, vereinzelt auch vorübergehende Psychosen und akute Glaukom-Anfälle.

Ähnliche Neben- und Wechselwirkungen sind nach der Einnahme von Meclozin, Dimenhydrinat und anderen Medikamenten denkbar. Muss der Betroffene intravenös mit Flüssigkeit versorgt werden, können gelegentlich Infektionen, Ödeme und andere Beschwerden auftreten.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Die Reisekrankheit muss im Normalfall nicht ärztlich behandelt werden. Die Beschwerden treten im Zusammenhang mit Bewegungen oder einem inneren Stresserleben auf Reisen auf. In den meisten Fällen sind die Unstimmigkeiten vorübergehend und es kommt zu einer Spontanheilung. Bei regelmäßig auftretenden Symptomen, die im unmittelbaren Zusammenhang mit einer Reise stehen, sollte bereits im Vorfeld rechtzeitig ein Arzt oder Therapeut konsultiert werden. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die vor einem Reiseantritt genutzt werden können. Zusätzlich können Maßnahmen der Selbsthilfe Anwendung finden, um eine Verbesserung der Gesundheit zu bewirken.

Kommt es zu starken gesundheitlichen Beeinträchtigungen, wird ein Arzt benötigt. Schwindel, Erbrechen, ein blasses Erscheinungsbild sowie Durchfall sollten beobachtet werden. Nehmen die Beschwerden zu oder halten sie über einen längeren Zeitraum an, sind sie einem Arzt vorzustellen. Lustlosigkeit, Müdigkeit sowie Veränderungen des Verhaltens sind ebenfalls Anzeichen einer Reisekrankheit. In schweren Fällen wird ein Arzt benötigt.

Störungen des Bewusstseins, Schweißausbrüche sowie Unregelmäßigkeiten der Gedächtnistätigkeit gelten als besorgniserregend. Ein Arzt wird benötigt, wenn sich keine Besserung einstellt oder zusätzlich Störungen des Herz-Kreislaufs einstellen. Muss die Reise aufgrund der Beschwerden abgesagt oder unterbrochen werden, ist dies ein Hinweis, dem nachgegangen werden sollte. Schlafstörungen, Orientierungslosigkeit und Apathie sollten mit einem Arzt besprochen werden.

Behandlung & Therapie

Bei akuten Beschwerden durch eine Reisekrankheit wird dem Patienten in erster Linie geraten, die aus dem Gleichgewicht geratenen Eindrücke von Gleichgewichtsorganen und Sehkraft wieder in Einklang zu bringen und sich die Bewegung bildhaft zu verdeutlichen.

Im Auto hilft somit konkret der Blick hinaus auf die Straße oder einen festen Punkt am Horizont, wer anfällig ist für Kinetose beim Auto-, Bahn- oder Busfahren sollte zudem weitmöglichst vorn sitzen, wo das Gefährt am wenigsten schwankt und die Bewegung am geringsten ausfällt. Das Risiko, reisekrank zu werden ist zudem höher auf Sitzplätzen entgegen der Fahrtrichtung.

Auch geschlossene Schiffskabinen sollten bei Kinetose gemieden werden. Am besten ist die Sicht durch ein Fenster oder auf das Deck auf die umgebende Wellenbewegung, die der Übelkeit zugrunde liegt.

In manchen Fällen kann auch bewusste Entspannung und Meditation der Kinetose entgegenwirken. Wenn keine Besserung erzielt werden kann, sollte der Patient auf dem Rücken gelagert werden, optimal zur Linderung der Krankheit ist zudem Schlaf, während dem der Gleichgewichtssinn nicht stimuliert wird.

Medikamentöse Behandlungsformen sind umstritten und sollten nur dann zum Tragen kommen, wenn die Symptome nicht anderweitig gemindert werden konnten. Hierbei sollte gegebenenfalls ein Arzt mit der Behandlung der Kinetose betraut werden.

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Vorbeugung

Einer Reisekrankheit bei Kindern vorbeugen kann man unter Umständen, wenn man die Reise auf die Nacht verlegt und der Schlaf somit mögliche Symptome unterbindet. Wer selbst betroffen ist, sollte am Vortag auf Genussmittel wie Kaffee oder Alkohol, sowie auf schwer im Magen liegende Speisen verzichten. Vielen Menschen hilft das Kauen von Kaugummi oder die gleichmäßige Einnahme von Zwieback oder Salzgebäck auf den gereizten Magen gegen die Kinetose.

Nachsorge

Da die Symptome meist kurz nach dem Wegbleiben der auslösenden Reize von selbst zurückgehen, ist eine umfassende Nachsorge nicht erforderlich. Bis die Beschwerden vollständig abgeklungen sind, sollten sich Betroffene jedoch schonen und sich körperlich nicht zu stark beanspruchen. Eine ausreichende Flüssigkeits- und Nährstoffversorgung trägt im Allgemeinen zur schnellen Genesung bei und kann damit die natürliche Regenerationsfähigkeit des Körpers unterstützen.

Zu empfehlen sind hier neben Wasser leichte Speisen mit ebenfalls hohem Wasseranteil, die den Magen nicht zusätzlich belasten. Abzuraten ist hingegen von fetthaltiger Kost, Kaffee und Alkohol. Wurde die Reisekrankheit medikamentös oder anderweitig behandelt, sind zudem eventuelle Nachwirkungen der eingenommenen Substanzen zu beachten. So beeinträchtigen einige gängige Präparate das Konzentrationsvermögen und lösen Müdigkeit aus.

Stellen Patienten diese Nebenwirkungen fest oder sind der Packungsbeilage entsprechende Hinweise zu entnehmen, sollte bis zum vollständigen Abklingen der Beeinträchtigungen auf das selbstständige Autofahren verzichtet werden. Hielt die Reisekrankheit infolge einer längeren Belastung über mehrere Stunden oder Tage an, ist bei der Beurteilung des Allgemeinzustands besondere Umsicht nötig.

Insbesondere große Flüssigkeitsverluste durch Erbrechen müssen schrittweise ausgeglichen werden, um Kreislaufproblemen vorzubeugen. Umfassendere Nachsorgemaßnahmen sind gegebenenfalls auch bei Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen nötig, deren Gesundheitswerte durch die Krankheit beeinträchtigt sein könnten. In diesem Fall ist eine Kontrolle der Blutdruck- oder der Insulinwerte zu empfehlen.

Das können Sie selbst tun

Die Reisekrankheit ist ein lästiges Übel, das nicht selten in Erscheinung tritt. Die Selbsthilfe ist bei dieser Erkrankung jedoch gut möglich, vor allem dann, wenn die Disposition dazu im Vorfeld bereits bekannt ist. Vorbeugung und Hilfe im Akutfall sind der Selbsthilfe zugänglich.

Wer weiß, dass er unter der Reisekrankheit leidet, kann sich auf Fahrten mit dem Auto oder Schiff sowie Flüge gezielt vorbereiten. Homöopathische Wirkstoffe sind in diesem Zusammenhang oft hilfreich und freiverkäuflich in Drogerien oder Apotheken erhältlich. Auch auf die Ernährung sollte geachtet werden. Speisen sollten nicht schwer im Magen liegen, aber ein komplett nüchterner Zustand ist ebenfalls zu vermeiden. Wer nach draußen schaut, sollte dies immer durch ein Frontfenster tun. Das Vorbeigleiten von Gegenständen an seitlichen Fenstern kann die Reisekrankheit verstärken.

Ist die Reisekrankheit ausgebrochen, ist ein Pause an der frischen Luft oft hilfreich. Am besten wird sie mit leichter Bewegung verbunden. Ist dies zum Beispiel im Flugzeug nicht möglich, kann Übelkeit durch pflanzliche Mittel gelindert werden. Bei Erbrechen ist verlorene Flüssigkeit rasch zu ersetzen, falls Trinken möglich ist. Das Schließen der Augen kann die Symptome, die häufig durch den Blick nach außen entstehen, verringern. Oft hat auch die Stewardess in Flugzeugen die Möglichkeit, von Reisekrankheit Betroffenen einen ruhigen Platz anzubieten.

Quellen

  • I care Krankheitslehre. Thieme, Stuttgart 2015
  • Kochen, M.M.: Duale Reihe. Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Thieme, Stuttgart 2012
  • Kretschmer, H., Kusch, G., Scherbaum, H. (Hrsg.): Reisemedizin. Beratung in der ärztlichen Praxis. Urban & Fischer, München 2005

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