Kachexie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Eine Kachexie ist ein pathologischer Gewichtsverlust, wie er im Rahmen schwerer Erkrankungen eintreten kann. Neben den Fettdepots des Körpers wird bei dieser Erscheinung auch das Körperbaufett in den Organen angegriffen. Eine mögliche Behandlungsmaßnahme ist die künstliche Ernährung.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Kachexie?

Die Ursachen einer Kachexie sind meist Krankheiten oder ein gewisses Lebensalter. Insbesondere chronisch auszehrende Krankheiten wie Krebs, Diabetes Typ 1, die afrikanische Schlafkrankheit oder rheumatoide Arthritis gehen mit Kachexien einher.
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Der Begriff der Kachexie bezeichnet einen Gewichtsverlust mit Krankheitswert. Bei Tumorerkrankungen stellt sich zum Beispiel ausgeprägter Gewichtsverlust in Form einer Tumorkachexie ein. Der Body-Mass-Index fällt bei Kachexien unter einen Wert von 18. Der Körperfettanteil geht innerhalb von fünf Monaten um mindestens fünf Prozent zurück. Der allgemeine Gewichtsverlust beträgt in diesem Zeitraum mehr als zwei Prozent. Starke Kachexien werden oft als Ankündigung des unmittelbar bevorstehenden Todes interpretiert.

Eine refraktäre Kachexie liegt vor, sobald sich der pathologische Gewichtsverlust therapeutisch nicht mehr beeinflussen lässt, so zum Beispiel im Endstadium von Tumorerkrankungen. Die Lebenserwartung beträgt bei refraktären Kachexien nur noch wenige Monate. Von der Kachexie zu unterscheiden ist die Inanition, die als Abmagerung verstanden wird. Davon ist solange die Rede, wie das lebenswichtige Baufett des Körpers nicht von dem Gewichtsverlust betroffen ist. Bei einer Kachexie werden demzufolge nicht nur die Fettdepots des Körpers angegriffen, sondern auch die Muskulatur und die Organe.

Ursachen

Die Ursachen einer Kachexie sind meist Krankheiten oder ein gewisses Lebensalter. Insbesondere chronisch auszehrende Krankheiten wie Krebs, Diabetes Typ 1, die afrikanische Schlafkrankheit oder rheumatoide Arthritis gehen mit Kachexien einher. Dasselbe gilt für anhaltende Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts, so zum Beispiel für Enteritis oder Bauchspeicheldrüsenentzündungen.

Im Rahmen dieser Krankheiten kann die Nährstoffaufnahme im Magen-Darm-Trakt nicht mehr im gewohnten Maß stattfinden. Ebenso oft lösen chronische Herzinsuffizienz, Niereninsuffizienz oder Lungenerkrankungen Kachexien aus und schwächen damit den Organismus. Die Rede ist dann von kardialen, renalen oder pulmonalen Kachexien. Unter Umständen liegt einer Kachexie aber auch eine Mangelernährung oder sogar eine Essstörung wie Bulimie zugrunde.

Senile Kachexien sind dagegen eine Alterserscheinung, die oft in Zusammenhang mit der terminalen Sterbephase steht. Manchmal stehen Kachexien auch mit Intoxikationen in Verbindung. Alkoholismus, Drogensüchte und chronische Quecksilbervergiftungen können die Erscheinungen so zum Beispiel auslösen.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Erste Anzeichen für eine Kachexie gibt schon das Erscheinungsbild des Betroffenen. Die Konturen der Knochen werden Stück für Stück sichtbar. Die Augen liegen tief und die Wangen verformen sich zu Hohlwangen. Diese Erscheinungen hängen mit dem Abbau der retrobulbären Fettdepots und des strukturell vorgesehenen Wangenfettkörpers zusammen. Bald treten organische Störungen auf.

Im späten Verlauf kommen so zum Beispiel häufig atrophische Herzinsuffizienzen vor. Das Knochenmark wandelt sich in Gallertmark um. Im Rahmen dessen werden die Fettbausteine der anatomischen Struktur mit einer serösen Flüssigkeit ersetzt und nehmen eine gräuliche Farbe an. Der Betroffene wird zusehends schwächer. Die Kraftlosigkeit schwingt im späten Verlauf unter Umständen in eine Lethargie um, das heißt in eine Schläfrigkeit mit einer Erhöhung der Reizschwelle. Da im Rahmen einer Kachexie auch Muskeln schwinden, kann im Endverlauf unter Umständen der Herzmuskel angegriffen werden. Die Schäden an Organen sind irreversibel und können den Tod eintreten lassen.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Die Diagnose einer Kachexie stellt der Arzt im Rahmen der Blickdiagnostik und der BMI-Messung. Um das Ausmaß des pathologischen Gewichtsverlusts einzuschätzen, hilft die Anamnese. Unter Umständen werden aber auch die Organe und das Rückenmark auf Beteiligung untersucht, um das Bild zu vervollständigen. Der Krankheitsverlauf hängt bei dieser Erscheinung stark von der zugrunde liegenden Ursache und dem Zeitpunkt der Diagnosestellung ab.

Wenn die Kachexie bei der Diagnostizierung bereits die Organe angegriffen hat, dann bedeutet das eine eher schlechte Prognose. Solange noch keine organischen Schäden vorliegen und die Kachexie-Ursache theoretisch beseitigt werden kann, ist eine vollständige Genesung möglich. Die Prognose ist in diesem Fall also günstig. Oft werden auch der Eigenwille, der Hunger und die Mitarbeit des Patienten als prognostisch günstige Faktoren gewertet.

Komplikationen

Kachexie führt beim Patienten zu einem sehr starken Gewichtsverlust. Ein Untergewicht stellt für den Körper einen sehr ungesunden Zustand dar, der auf jeden Fall vermieden beziehungsweise behoben werden muss. Dabei können auch die inneren Organe beschädigt werden, sodass es zu irreversiblen Folgeschäden beim Patienten kommt.

Auch das äußere Erscheinungsbild ist von der Kachexie stark eingeschränkt, sodass sich die meisten Patienten mit ihrem Körper nicht wohl fühlen und sich für diesen schämen. Dabei kann es zu Minderwertigkeitskomplexen oder zu einem verringerten Selbstwertgefühl kommen. Auch die Muskeln schwinden, sodass es zu einer Verringerung der Belastbarkeit des Patienten kommt. Die Betroffenen wirken müden und erschöpft.

Sollten lebenswichtige Organe irreversibel geschädigt werden, kann es dabei auch zum Tode des Patienten kommen, wenn keine Behandlung eingeleitet wird. Auch das Herz kann dabei betroffen sein, sodass es zu einem Herztod kommt. In der Regel muss auf jeden Fall eine kausale Behandlung der Kachexie stattfinden. Dabei kann allerdings nicht allgemein vorausgesagt werden, ob es zu einem positiven Krankheitsverlauf kommt. Gegebenenfalls ist die Lebenserwartung verringert.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Ein ungewöhnlicher Gewichtsverlust sollte von einem Arzt untersucht werden. Personen, die eine Gewichtsabnahme bemerken, die möglicherweise mit einer Essstörung oder einer anderen Erkrankung einhergeht, sprechen am besten mit dem zuständigen Arzt. Spätestens, wenn weitere Warnzeichen wie eine zunehmende Kraftlosigkeit und Abgeschlagenheit hinzukommen, ist ärztlicher Rat gefragt. Der Betroffene sollte außerdem eine Arztpraxis aufsuchen, wenn psychische Beschwerden hinzukommen oder ein möglicher Auslöser für die Beschwerden sind.

Sollte der Gewichtsverlust körperliche oder geistige Mangelerscheinungen hervorrufen, muss noch am selben Tag ein Arzt aufgesucht werden. Bei akuter Sturzgefahr oder Beschwerden des Herz-Kreislauf-Systems sollten die Angehörigen den Notarzt rufen. Eine Kachexie tritt vor allem bei chronischen Erkrankungen wie Krebs, Diabetes Typ eins oder rheumatoide Arthritis auch. Auch chronische Niereninsuffizienz, Herzinsuffizienz und Lungenerkrankungen sind mögliche Risikofaktoren. Betroffene Patienten sollten sofort einen Arzt aufsuchen. Neben dem Hausarzt ist ein Internist oder ein Therapeut für Essstörungen der richtige Ansprechpartner. Kinder sollten einem Kinderarzt bzw. einem Kinderpsychologen vorgestellt werden.

Behandlung & Therapie

Wenn Kachexien vorliegen, findet in der Regel eine Behandlung nach Ursache statt. Um eine Kachexie zu heilen, muss der Arzt letztlich die Ursache beseitigen. Bei Krankheiten meint das eine Heilung der ursächlichen Krankheit. Dieses Ziel wird über die krankheitsspezifischen Therapieschritte angenähert. Bei schwerwiegenden Erkrankungen wie Krebs oder Herzinsuffizienz stellt sich also auch die Behandlung der Kachexie als eher schwierig heraus.

Bei Kachexien aufgrund von Mangelernährung umfasst die Behandlung eine Ernährungsumstellung und langsame Annäherung an die gesunde Nahrungsaufnahme. Selbst verursachte Kachexien aufgrund von Essstörungen oder Alkoholismus können die Behandlung durch einen Psychotherapeuten erforderlich machen. Wenn die orale Nahrungsaufnahme nicht möglich ist oder eine Absorptionsstörung im Magen-Darm-Trakt vorliegt, leitet der Arzt dagegen parentale Ernährungsformen ein.

Dabei wird dem Patienten über eine Infusion kleinmolkular eine Lösung aus Nährstoffen in den Blutkreislauf gegeben. So lässt sich der Magen-Darm-Trakt umgehen und die lebenswichtigen Nährstoffe stehen dem Organismus wieder zur Verfügung. Bei refraktären Kachexien oder Kachexien in der terminalen Sterbephase lassen sich die Beschwerden des Patienten nicht mehr über Maßnahmen wie die künstliche Ernährung lindern. In dieser Phase kann also keine sinnvolle Behandlung mehr stattfinden.


Aussicht & Prognose

Da Kachexien lediglich Symptome von Grunderkrankungen sind, haben sie an sich keine Prognose. Allerdings wirken sie sich teilweise erheblich auf die Prognosen der Erkrankungen aus, die sie auslösen. Die sogenannte Tumor-Kachexie beispielsweise sagt viel darüber aus, ob die Prognose eines Krebspatienten gut oder eher schlecht aussieht. Häufig tritt diese Art der Kachexie im Laufe einer Krebsbehandlung mittels Chemotherapie auf und verschlechtert die Prognose, da sie dem betroffenen Patienten wichtige Energieressourcen raubt, die er braucht, um mit den Folgen seiner Therapie besser zurechtzukommen.

Kachexien können auch bei Essstörungen schnell auftreten, vor allem bei der Magersucht und der Bulimie. Diese Erkrankungen sind zunächst nicht lebensgefährlich, können es aber schnell werden, wenn bereits eine Kachexie beim betroffenen Patienten aufgetreten ist. Lässt er sich jetzt nicht professionell helfen, dann nehmen die inneren Organe Schaden zu. Diese Schäden können bleibend sein oder schlimmstenfalls tödlich enden.

Auch die meisten weiteren Formen der Kachexie bedeuten für die Gesundheit eines Menschen nichts Positives. Die Alters-Kachexie beispielsweise ist oft ein Hinweis auf schwindende Kräfte eines alternden Menschen. Kachexien in Ländern der dritten Welt, die aufgrund von Hungersnot auftreten, deuten ebenfalls auf gefährliche Gesundheitszustände hin, die schnell zu lebensbedrohlichen Problemen führen können.

Vorbeugung

Selbst verursachten Kachexien im Rahmen von Essstörungen oder Substanzmissbrauch lässt sich vorbeugen. Kachexien im Rahmen von schweren Erkrankungen sind dagegen nicht direkt zu vermeiden.

Nachsorge

Bei der Kachexie besteht die Nachsorge in erster Linie darin, ein gesundes Körpergewicht zu erreichen und zu halten. Da auch die Therapie der Kachexie darin besteht, den ausgezehrten Ernährungszustand zu beheben, sollte die Nachsorge unmittelbar daran anknüpfen, dass das Körpergewicht stabil bleibt und zwischenzeitlich nicht wieder absinkt.

In der Nachsorge ist es wichtig, weiterhin ausreichend Nahrung aufzunehmen. Am besten eignet sich hier hochkalorische Nahrung, in manchen Fällen kann auch hochkalorische Trinknahrung ergänzend oder ersatzweise getrunken werden. In jedem Falle sollte die optimale Nährstoffversorgung und das Erreichen und Halten eines Normalgewichts angestrebt werden.

Da Kachexie oft als Folge einer anderen Grunderkrankung und selten isoliert auftritt, ist es wichtig, diese Grunderkrankung zu diagnostizieren und zu behandeln. Daher bedarf es einer gründlichen ärztlichen Untersuchung auf alle möglichen Ursachen. Ferner sollte die Nachsorge darin bestehen, regelmäßig das Gewicht zu kontrollieren und das Blut auf Mängel zu untersuchen. Da es aufgrund der Kachexie auch zu einer Abnahme der Muskeln kommt, kann es sinnvoll sein, mit Hilfe von Sport, langsam wieder Muskeln aufzubauen.

Nicht zuletzt sollte auch daran gedacht werden, möglicherweise eine psychologische Beratung in Betracht zu ziehen, denn oft leiden Kachexie-Patienten auch psychisch unter ihrem äußeren Erscheinungsbild. Der stark ausgezehrte Körper kann belastend sein und sogar zu Depressionen führen.

Das können Sie selbst tun

Die Störung ist lebensgefährlich und muss unbedingt ärztlich behandelt werden. Meist geht die Kachexie auf eine schwere Grunderkrankung wie Krebs zurück, die sich in einem weit fortgeschrittenen Stadium befindet. In diesen Fällen kann der Patient selbst nur wenig zur Besserung seines Zustandes beitragen. Sehr häufig ist dann eine künstliche Ernährung erforderlich.

Raum für Selbsthilfemaßnahmen gibt es aber dort, wo die Kachexie auf eine Mangel- oder Fehlernährung zurückzuführen ist. Besonders gefährdet sind Personen, die an Magersucht oder Bulimie leiden. Da die Betroffenen selbst aufgrund der Krankheit meist ein schwer gestörtes Selbstbild haben und die äußeren Anzeichen einer Kachexie nicht erkennen können oder wollen, ist es Sache des sozialen Nahfeldes, die erforderlichen Maßnahmen zur Selbsthilfe zu ergreifen. Betroffene die an einer Essstörung leiden, versuchen dies oft zu verheimlichen. Starker Gewichtsverlust wird dann durch vermeintlich gesunde Aktivitäten wie viel Sport oder Heilfasten erklärt. Die Familien der Betroffenen sollten im Falle eines anhaltenden starken Gewichtsverlustes hellhörig werden und sensibel, aber konsequent darauf dringen, dass der Betroffene sich in ärztliche Behandlung begibt.

Für die Eltern magersüchtiger und an Bulimie leidender Kinder und Jugendliche gibt es spezielle Beratungsstellen, die Familienangehörige aufklären und dabei unterstützen, die Maßnahmen zu ergreifen, die bei Verdacht auf eine schwere Ernährungsstörung angezeigt sind.

Quellen

  • Biesalski, H.-K., et al.: Ernährungsmedizin. Thieme, Stuttgart 2010
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Ledochowski, M.: Klinische Ernährungsmedizin. Springer, Wien 2009

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