Hypogonadismus

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 4. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Vom Hypogonadismus können sowohl Männer als auch Frauen betroffen sein. In den meisten Fällen ist die Erkrankung mithilfe einer hormonellen Substitutionstherapie erfolgreich zu behandeln.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Hypogonadismus?

Diagnostische Verfahren, die beim Verdacht auf Hypogonadismus zum Einsatz kommen, unterscheiden sich unter anderem in Abhängigkeit von der jeweiligen Erkrankungsform und der individuellen Symptomatik. Veränderte Hormonspiegel können beispielsweise mithilfe von Blutuntersuchungen festgestellt werden.
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Im Allgemeinen beschreibt der Begriff des Hypogonadismus eine Unterfunktion der Gonaden (Keimdrüsen). Im menschlichen Körper sind die Gonaden für die Produktion von Keimzellen (Eizellen bzw. Spermien) und Sexualhormonen verantwortlich.

Häufig bezieht sich die Bezeichnung des Hypogonadismus im medizinischen Sprachgebrauch aber lediglich auf eine Unterfunktion der männlichen Gonaden (der Hoden). Beim Hypogonadismus handelt es sich um eine endokrine (das Hormonsystem betreffende) Funktionsstörung.

Ein sogenannter primärer Hypogonadismus liegt dann vor, wenn die Gonaden selbst in ihrer Funktion beeinträchtigt sind. Vom sekundären Hypogonadismus ist die Rede, wenn die Hypophyse (eine Hormondrüse im Gehirn, die auch als Hirnanhangdrüse bezeichnet wird) von einer Funktionsstörung betroffen ist.

Liegt schließlich ein (sehr selten auftretender) tertiärer Hypogonadismus vor, so ist der Hypothalamus (ein Regulationszentrum endokriner Vorgänge, das im Gehirn lokalisiert ist) von einer Funktionsstörung betroffen.

Ursachen

Einem primären Hypogonadismus beim Mann liegen in der Regel fehlende oder beeinträchtigte Leydig-Zellen zugrunde, die zu den wichtigsten Zellen des Hodens zählen. In der Folge ist die Testosteronproduktion beim betroffenen Mann beeinträchtigt.

Bei verschiedenen Unterformen des primären Hypogonadismus kann eine niedrige Testosteronkonzentration auch auf Faktoren wie Traumata, Kastrationen oder Hodenentzündungen zurückzuführen sein. Ein primärer Hypogonadismus bei der Frau kann unter anderem begünstigt sein durch entzündliche Prozesse oder Tumore der Keimdrüsen. Auch angeborene Unterentwicklungen der Geschlechtsorgane können zum primären Hypogonadismus bei der Frau führen.

Schädigungen der Hypophyse als Ursache eines sekundären Hypogonadismus können beispielsweise durch Gewebeneubildungen (Tumore) oder Entzündungen hervorgerufen werden. Beeinträchtigungen des Hypothalamus, die sich hinter einem tertiären Hypogonadismus verbergen, können schließlich bereits angeboren oder durch Faktoren wie Traumata oder verschiedene Erkrankungen bedingt sein.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Hypogonadismus kann sowohl Männer als auch Frauen betreffen. Je nach Geschlecht und Alter manifestiert sich die Erkrankung auf andere Weise. Tritt Hypogonadismus bei Kindern auf, macht sich dieser vor allem durch das gänzliche Ausbleiben der Pubertät bemerkbar. Bei betroffenen Jugendlichen kommt es zu einem Stillstand der Pubertätsentwicklung.

Bei Mädchen bleibt die Regelblutung aus (primäre Amenorrhoe). Bei Jungen sind eine Vergrößerung der männlichen Brustdrüse (Gynäkomastie) und Hodenhochstand (Kryptorchismus) häufige Symptome. Jugendliche beider Geschlechter haben in der Regel wenig Interesse an Sexualität sowie unterentwickelte primäre sowie sekundäre Geschlechtsmerkmale.

Kommt es erst im Erwachsenenalter zu einem Hypogonadismus, können die klinischen Anzeichen der Erkrankung weniger ausgeprägt sein. Betroffene beider Geschlechter erleiden in der Regel einen Verlust der Libido. Weitere Symptome sind das Ausfallen der Sekundärbehaarung sowie Osteoporose.

Bei Frauen kommt es je nach Ausprägung zu einem deutlichen Abfall des Östrogenspiegels und damit einhergehend auch zu einer krankhaften Zurückbildung der Geschlechtsorgane (Genitalatrophie) und zum Ausbleiben der Regelblutung (sekundäre Amenorrhoe). Bei betroffenen Männern kommt es zu einer Schrumpfung der Hoden. Ein weiteres Symptom ist das Fehlen reifer männlicher Samenzellen (Azoospermie). Zumeist haben Betroffene auch Erektionsschwierigkeiten bis hin zur Impotenz.

Diagnose & Verlauf

Diagnostische Verfahren, die beim Verdacht auf Hypogonadismus zum Einsatz kommen, unterscheiden sich unter anderem in Abhängigkeit von der jeweiligen Erkrankungsform und der individuellen Symptomatik. Veränderte Hormonspiegel können beispielsweise mithilfe von Blutuntersuchungen festgestellt werden.

So werden geschlechtsspezifisch etwa die Spiegel von Prolactin (ein Hormon der Hypophyse), Testosteron und/oder Estradiol (ein Geschlechtshormon) bestimmt. In der Regel sind die meisten Formen des Hypogonadismus gut therapierbar. Zu den möglichen Komplikationen im Verlauf eines Hypogonadismus zählen beispielsweise Impotenz, Unfruchtbarkeit oder Herzkreislauferkrankungen.

Komplikationen

Sowohl männliche als auch weibliche Patienten sind vom Hypogonadismus betroffen. Durch den Hypogonadismus kommt es in den meisten Fällen zu einem sogenannten Androgenmangel. Der Mann kann durch diesen Mangel unfruchtbar und damit auch zeugungsunfähig werden. In den meisten Fällen führen diese Einschränkungen zu extrem psychischen Belastungen und zur Ausbildung von Depressionen.

Nicht selten leiden die Patienten auch an Minderwertigkeitskomplexen und an einem verringerten Selbstwertgefühl. Im schlimmsten Falle kann es sogar zu Selbstmordgedanken kommen. Auch der Partner ist durch den Hypogonadismus von psychischen Beschwerden betroffen und leidet an einer verringerten Lebensqualität. Die Geschlechtsorgane bilden sich oft zurück und können vor allem bei Kindern zu Mobbing und zu Hänseleien führen.

Weiterhin kann bei Kindern die Pubertät komplett ausbleiben, was zu starken Störungen der physischen und psychischen Entwicklung führt. Es kann ebenso zu Herzbeschwerden kommen, die zum Tode führen können. Die Behandlung des Hypogonadismus erfolgt in der Regel mit Hilfe von Hormonen und führt in den meisten Fällen zu einem Erfolg. Dabei treten keine besonderen Komplikationen auf. Sollte es zu depressiven Verstimmungen gekommen sein, so werden diese ebenfalls durch einen Psychologen untersucht. Die Lebenserwartung wird durch den Hypogonadismus meistens nicht verringert.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Wenn erstmals Anzeichen einer Unfruchtbarkeit auftreten, sollte ein Arzt konsultiert werden. Ein Hypogonadismus äußert sich selten durch eindeutige Symptome. Deshalb sollten bereits erste Anzeichen einer Erkrankung oder Störung abgeklärt werden, denn nur so können körperliche und seelische Folgebeschwerden vermieden werden. Männer und Frauen, die sich sexuell weniger aktiv fühlen oder seit längerer Zeit einen unerfüllten Kinderwunsch haben, sollten den Hausarzt oder einen Gynäkologen bzw. Urologen aufsuchen.

Der Arzt kann den Hypogonadismus eindeutig diagnostizieren und geeignete Gegenmaßnahmen vorschlagen. Geschieht dies frühzeitig, können bleibende Schäden vermieden werden. Grundsätzlich muss ein Hypogonadismus dann abgeklärt werden, wenn er sich negativ auf die körperliche und psychische Verfassung auswirkt. Sollten dann auch keine Hausmittel und Selbstmaßnahmen helfen, muss mit der Störung zum Arzt gegangen werden. Der Patient muss sich anschließend regelmäßigen Kontrolluntersuchungen unterziehen, denn nur so kann sichergestellt werden, dass es nicht erneut zu einem Mangel an Androgenen kommt, die verantwortlich für die sexuelle Gesundheit sind.

Behandlung & Therapie

Die Therapie des Hypogonadismus richtet sich zunächst nach der Form der Erkrankung: Die Behandlung eines primären Hypogonadismus erfolgt in der Regel durch die medikamentöse Gabe reduziert vorliegender oder fehlender Sexualhormone (beim Mann handelt es sich hierbei meist um Androgene wie Testosteron, bei der Frau um Östrogene oder Gestagene).

Diese Form der Behandlung wird in der Medizin auch als Substitutionstherapie bezeichnet. In vielen Fällen des Hypogonadismus ist eine lebenslange Hormongabe notwendig. Eine Substitutionstherapie kann auf verschiedene Weise erfolgen; so beispielsweise mithilfe von Tabletten oder Injektionen, aber auch spezifischer Pflaster. Die individuell verabreichte Hormonmenge richtet sich unter anderem nach Lebensalter und Körpergewicht des Patienten.

Sekundärer Hypogonadismus wird oft mit sogenannten Gonadotropinpräparaten behandelt. Bei Gonadotropinen handelt es sich um Sexualhormone, die zur Stimulation der Keimdrüsen beitragen. Entsprechende Präparate können die verschiedenen Hypophysenhormone ergänzen. Die Gabe von Gonadotropinpräparaten erfolgt bei sekundärem Hypogonadismus vor allem auch dann, wenn ein Kinderwunsch besteht, denn das Sexualhormon regt die Bildung von Spermien- bzw. Eizellen an.

Vor allem bei Männern fortgeschrittenen Lebensalters kann der Hypogonadismus mit Symptomen wie depressiver Verstimmung und/oder Anämie (Blutarmut) einhergehen. In der Regel werden hier Therapieschritte zur Behandlung des Hypogonadismus ergänzt durch therapeutische Maßnahmen, die sich auf die individuell begleitende Symptomatik richten.


Vorbeugung

Inwiefern Hypogonadismus vorzubeugen ist, hängt vor allem von den individuellen Ursachen der Erkrankung ab; sekundärem Hypogonadismus kann beispielsweise durch eine ausgewogene Ernährung entgegengewirkt werden, die auftretende Mangelerscheinungen verhindert. Formen des Hypogonadismus, die sich etwa aufgrund von Hodenentzündungen entwickeln können, ist vor allem durch eine frühzeitige Behandlung der entzündlichen Erkrankung vorzubeugen.

Nachsorge

Zur Behandlung des Hypogonadismus gehört eine gezielte Nachsorge. Diese soll sicherstellen, dass die Patienten nicht zu Depressionen oder anderen Folgeerkrankungen wie Blutarmut neigen. Abhängig von dem individuellen Krankheitsverlauf und den Symptomen kann es empfehlenswert sein, die Ernährung umzustellen.

Vitaminreiche, ausgewogene Kost wirkt den typischen Mangelerscheinungen beim sekundären Hypogonadismus entgegen. Bei einer Anämie helfen eisenhaltige Nahrungsmittel. Damit sich die Betroffenen langfristig besser fühlen und um Komplikationen zu vermeiden, ist die hormonelle Therapie konsequent einzuhalten. Die verschriebenen Medikamente sind genau nach Plan einzunehmen.

Der Alltag im Anschluss an die Therapie verläuft relativ normal. Die Patienten sind grundsätzlich kaum eingeschränkt, allerdings kann es durch die sexuelle Störung zu psychischen Problemen kommen. Aus diesem Grund empfiehlt der Arzt im Rahmen der Nachsorge eine psychotherapeutische Betreuung. Manchen Personen hilft es bereits, sich in der Familie oder unter Freunden auszusprechen.

Durch die Teilnahme an einem Selbsthilfekurs fühlen sich die Betroffenen nicht mehr so ausgegrenzt. Das verbesserte Selbstwertgefühl wirkt sich positiv auf die Stimmung und den Krankheitsverlauf aus. Des Weiteren helfen die Informationen dabei, die Situation richtig einzuschätzen und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.

Das können Sie selbst tun

Beim Auftreten des Hypogonadismus sind die Patienten in jedem Fall auf eine medizinische Behandlung angewiesen. Nur durch eine hormonelle Behandlung können die Beschwerden dauerhaft gelindert und Komplikationen vermieden werden. Aus diesem Grund sollten die Patienten darauf achten, die Hormone regelmäßig einzunehmen. Die Therapie kann dabei in vielen Fällen auch durch Injektionen oder durch das Aufkleben eines Pflasters stattfinden.

Weitere Maßnahmen der Behandlung sind damit nicht notwendig. In der Regel führt die Behandlung auch zu keinen besonderen Einschränkungen im Alltag des Patienten. Bei Männern kann der Hypogonadismus auch zu Depressionen führen, sodass diese ebenfalls behandelt werden müssen. Hierbei können sich Gespräche mit den engsten Freunden, der Familie oder mit dem eigenen Partner sehr positiv auf den Verlauf der Erkrankung auswirken und weitere Komplikationen vermeiden. Auch der Kontakt zu anderen Patienten des Hypogonadismus kann sich positiv auf den Krankheitsverlauf auswirken, wenn es hierbei zu einem Informationsaustausch kommt.

Im Falle einer Anämie kann eine ausgewogene Ernährung die Beschwerden lindern, wobei vor allem Lebensmittel eingenommen werden sollten, die viel Eisen enthalten. Allerdings kann die Anämie auch durch Nahrungsergänzungsmittel oder mit Hilfe von Transfusionen eingeschränkt werden.

Quellen

  • Goerke, K., Steller, J., Valet, A.: Klinikleitfaden Gynäkologie. Urban & Fischer, München 2003
  • Feige, A., Rempen, A., Würfel, W., Jawny, J., Rohde, A. (Hrsg.): Frauenheilkunde – Fortpflanzungsmedizin, Geburtsmedizin, Onkologie, Psychosomatik. Urban & Fischer, München 2005
  • Kleine, B., Rossmanith, W.G.: Hormone und Hormonsystem. Springer Verlag, Berlin 2010

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