Hyperphosphatämie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 11. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Krankheiten Hyperphosphatämie
Hilfreiche Videos: MedLexi.de auf YouTube

Eine Hyperphosphatämie bezeichnet eine zu hohe Phosphatkonzentration im Blut. Es gibt akute und chronische Formen dieser Störung. Eine akute Hyperphosphatämie ist ein medizinischer Notfall und lebensgefährlich, während die chronische Überbelastung mit Phosphat langfristig zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen führt.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Hyperphosphatämie?

Zur Abklärung der Hyperphosphatämie werden Laboruntersuchungen auf Phosphate und Kalzium durchgeführt.
© Ronald Rampsch– stock.adobe.com

Die Hyperphosphatämie stellt eine erhöhte Phosphatkonzentration im Blut dar. Die Erhöhung der Phosphatkonzentration kann sehr schnell oder über längere Zeiträume erfolgen. Ihre schnelle Erhöhung wird als akute Hyperphosphatämie bezeichnet. Dabei kommt es gleichzeitig zu einer starken Abnahme der Kalziumkonzentration (Hypokalzämie), die zu massiven Störung des Elektrolythaushaltes führt. Dieser Zustand ist äußerst lebensgefährlich.

Eine chronische Hyperphosphatämie ist meist die Folge von Nierenfunktionsstörungen und verursacht zunächst keine Symptome. Langfristig bilden sich bei dieser Form der Hyperphosphatämie Kalkablagerungen in den Blutgefäßen mit der Gefahr der Entstehung von Herzinfarkten und Schlaganfällen. Phosphat-, Kalzium- und Knochenstoffwechsel sind eng miteinander verknüpft.

Die Knochen bestehen zu über 80 Prozent aus Kalziumphosphat. Bei der chronischen Hyperphosphatämie kommt es neben der Blutgefäßverkalkung langfristig auch zum Abbau der Knochen. Die Niere ist das wichtigste Organ zur Regulierung der Phosphatkonzentration. Sie sorgt für die Ausscheidung von überschüssigen Phosphaten über den Urin.

Ursachen

Sowohl bezüglich der Ursache als auch der Wirkung müssen akute und chronische Hyperphosphatämien getrennt betrachtet werden. Bei einer akuten Hyperphosphatämie ist die Phosphatzufuhr so massiv, dass die Kapazität der Niere bei Weitem überschritten wird. Die Nierenfunktion ist dabei jedoch normal. Die Phosphatzufuhr kann wiederum sowohl exogen als auch endogen sein.

So können phosphathaltige Lösungen, die beispielsweise für die Darmreinigung verwendet werden, besonders bei älteren Personen zu einer akuten Hyperphosphatämie führen. Natürlich gilt das auch für das Trinken von Phosphatlösungen. Jedoch auch körpereigene Ursachen verursachen zuweilen eine akute Hyperphosphatämie. So werden bei der plötzlichen Nekrose von körpereigenem Gewebe oder einer Hämolyse die Phosphate der abgestorbenen Zellen freigesetzt.

Wenn die Nierenkapazität überschritten wird, tritt eine akute Hyperphosphatämie auf. Chronische Hyperphosphatämien entstehen fast immer durch eine mangelnde Leistungsfähigkeit der Nieren. Die Resorptionsleistung der Nieren für Phosphate ist dabei herabgesetzt. In der Folge steigt langsam ihre Konzentration im Blut an. Allerdings sind diese Vorgänge sehr komplex. Eine erhöhte Phosphatkonzentration bindet Kalzium unter Bildung von Kalziumphosphat.

Die erniedrigten Kalziumkonzentrationen lassen über einen Rückkopplungsmechanismus in verstärktem Ausmaß Knochen abbauen. Die Kalziumphosphate lagern sich als kalkähnliche Salze in den Blutgefäßen ab und führen langfristig zu Arteriosklerose, Herzinfarkt oder Schlaganfällen. Es gibt jedoch auch hormonelle oder genetisch bedingte Erkrankungen, die trotz einer normalen Nierenfunktion zu einer Hyperphosphatämie durch eine erhöhte Rückresorption von Phosphat aus dem Primärharn führen können.

Dazu zählt Hypoparathyreoidismus, Akromegalie oder die familiäre tumoröse Kalzinose. Auch intravenöse Ernährung, Bisphosphonat-Behandlung oder Vitamin-D-Vergiftung können zu einer Hyperphosphatämie führen. Des Weiteren fallen bei Chemotherapien, akuten Leukämien oder der diabetischen Ketoazidose vermehrt Phosphate an.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Eine akute Hyperphosphatämie ist ein sehr lebensbedrohlicher Zustand. Die stark erhöhten Phosphatkonzentrationen führen gleichzeitig zu einem starken Absinken der Kalziumkonzentration im Blut. Kalzium-Ionen und Phosphat-Ionen bilden sofort schwer lösliche Salze aus Kalziumphosphat. Die resultierende Hypokalziämie bringt den Elektrolythaushalt des Körpers durcheinander.

Es treten solche Symptome wie Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Krampfanfalle, Muskelkrämpfe, Kreislaufprobleme oder Herzrhythmusstörungen auf. In deren Folge kann es zum plötzlichen Herztod kommen. Die chronische Hyperphosphatämie bereitet zunächst keine Beschwerden. Langfristig bilden sich jedoch immer mehr Ablagerungen von Kalziumphosphat in den Arterien, Gelenken oder Organen.

Die Blutgefäße können verstopfen und versteifen. Mit der Zeit kann es zu Herzinfarkten und Schlaganfällen kommen. Eine seltene, aber sehr schmerzhafte und schwere Verlaufsform der chronischen Hyperphosphatämie ist die sogenannte Calciphylaxie. Hierbei kommt es aufgrund von schweren Mediaverkalkungen der Hautgefäße zum Absterben von Hautgewebe. Das Gewebe färbt sich dunkelblau bis schwarz, mumifiziert und fällt gegebenenfalls auch ab.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Zur Abklärung der Hyperphosphatämie werden Laboruntersuchungen auf Phosphate und Kalzium durchgeführt.

Komplikationen

Durch die Hyperphosphatämie kommt es zu unterschiedlichen Beschwerden bei den Patienten. In den meisten Fällen kommt es dabei zu relativ starken Belastungen und Beschwerden am Herzen, sodass sich auch Herz-Kreislauf-Beschwerden entwickeln können. Dadurch wird die Lebenserwartung des Patienten eingeschränkt und es kann durch einen plötzlichen Herztod zum Tode des Betroffenen kommen.

Im Allgemeinen fühlt sich der Patient krank und müde und leidet an einer starken Abgeschlagenheit. Auch die sozialen Kontakte werden eingeschränkt und die meisten Patienten ziehen sich durch die Hyperphosphatämie zurück und nehmen nicht mehr aktiv am Leben teil. An den Muskeln kann es zu Krämpfen kommen, sodass auch die Bewegung eingeschränkt ist. Weiterhin leiden die meisten Patienten an Erbrechen und an einer Übelkeit.

Nicht selten tritt auch starker Durchfall auf, welcher sich ebenfalls negativ auf den Alltag des Patienten auswirkt. Durch den Durchfall und das Erbrechen tritt ein hoher Verlust an Flüssigkeit auf. Falls dieser Verlust nicht ausgeglichen wird, kann es zu einer Dehydration kommen, welche für den Körper sehr ungesund ist. Die Behandlung findet in der Regel mit Hilfe von Infusionen und Medikamenten statt und kann die Beschwerden akut lindern. Dabei treten keine weiteren Komplikationen oder besonderen Beschwerden auf.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Wenn Symptome wie Übelkeit und Erbrechen, Durchfall und Krampfanfälle bemerkt werden, liegt womöglich eine Hyperphosphatämie zugrunde. Ein Arzt sollte konsultiert werden, wenn die Beschwerden länger als üblich bestehen bleiben. Die Erkrankung stellt einen lebensbedrohlichen Zustand dar, der in jedem Fall einer notärztlichen Behandlung bedarf. Darum sollte spätestens bei deutlichen Warnzeichen wie Kreislaufproblemen oder Muskelkrämpfen der Rettungsdienst alarmiert werden. Sollte der Betroffene das Bewusstsein verlieren, muss Erste Hilfe geleistet werden. Anschließend ist meist ein längerer Krankenhausaufenthalt angezeigt.

Besonders gefährdet sind Menschen, die an einer Vitamin-D-Vergiftung, einer akuten Leukämie, diabetischer Ketoazidose oder einerAkromegalie leiden. Auch im Zusammenhang mit einer intravenösen Ernährung oder einer Biphisphonat-Behandlung besteht die Gefahr einer Hyperphosphatämie. Wer sich zu diesen Risikogruppen zählt, sollte bei genannten Symptomen umgehend ein Krankenhaus aufsuchen. Im Zweifelsfall kann zunächst der behandelnde Arzt kontaktiert werden. Die Erkrankung bedarf einer Abklärung und Behandlung durch einen Facharzt für innere Medizin. In schweren Fällen ist eine intensivmedizinische Versorgung in einer Fachklinik angezeigt.

Behandlung & Therapie

Die Behandlung einer Hyperphosphatämie richtet sich zunächst danach, ob sie akut oder chronisch ist. Bei einer akuten Hyperphosphatämie muss sofort gehandelt werden. Hier wird die Phosphat-Ausscheidung durch eine Infusion von physiologischer Kochsalzlösung beschleunigt. Es kann auch eine Dialysebehandlung durchgeführt werden.

Bei der chronischen Hyperphosphatämie muss neben der Behandlung der zugrunde liegenden Erkrankung durch verschiedene Maßnahmen die Phosphataufnahme und die Phosphatfreisetzung gehemmt oder die Phosphatbindung gefördert werden. Die chronische Hyperphosphatämie tritt bei Nierenerkrankungen erst in einem späten Stadium auf, sodass hier eine ursächliche Behandlung nicht mehr möglich ist.

Deshalb werden Maßnahmen getroffen, die Phosphatkonzentration durch andere Behandlungsmethoden so gering wie möglich zu halten. Eine phosphatarme Kost und verschiedene Phosphatbinder vermindern die Aufnahme von Phosphat aus der Nahrung. Durch die Einnahme von Vitamin D kann der verstärkte Knochenabbau und damit die Phosphatfreisetzung gehemmt werden. Dabei hat sich gezeigt, dass bei Behandlung mit Phosphatbindern und Vitamin D die Lebenserwartung bei Dialysepatienten deutlich gesteigert werden kann.


Aussicht & Prognose

Die Aussicht auf eine Verbesserung der Gesundheit richtet sich bei der Hyperphosphatämie nach der vorliegenden Grunderkrankung sowie der Intensität der Beschwerden. In einer akuten Situation droht ohne eine sofortige intensivmedizinische Behandlung Lebensgefahr für den Betroffenen. Eine Dialysebehandlung ist notwendig, damit eine Linderung der Beschwerden eintreten kann. Wird die Behandlung vom Organismus angenommen, verbessert sich zumindest vorübergehend der Zustand des Betroffenen. In den nächsten Schritten sind eine Ursachenklärung und die Erstellung eines Behandlungsplans notwendig.

Bei einer chronischen Grunderkrankung ist die Prognose zumeist ungünstig. Da die Hyperphosphatämie lange Zeit symptomfrei bleibt, erschwert dies eine Diagnosestellung und Behandlung. Dennoch nehmen Kalkablagerungen im Organismus kontinuierlich zu und führen letztlich zu einem akuten gesundheitlichen Zustand. Neben der Lebensgefährdung kann es zu lebenslangen Beeinträchtigungen und Störungen kommen. Die Erkrankung bewirkt einen Abbau der Knochensubstanz und führt damit zu einer Abnahme der körperlichen Leistungsfähigkeit. Die Schäden sind irreparabel, lediglich der Krankheitsfortschritt kann beeinflusst werden. Die Lebensqualität ist insgesamt herabgesetzt und eine Umstrukturierung des Alltags notwendig. Durch den Allgemeinzustand des Patienten kann es zu Folgeerscheinungen und weiteren Erkrankungen kommen.

Bei einer frühen Diagnosestellung kann bei einigen Patienten eine ursächliche Behandlung eingeleitet werden. Der Phosphathaushalt wird reguliert und überwacht. Hier besteht die Aussicht für eine dauerhafte Linderung oder Heilung.

Vorbeugung

Die Hyperphosphatämie ist immer ein Folgezustand einer zugrunde liegenden Erkrankung oder Störung. Bei der chronisch hohen Phosphatkonzentration liegt meist eine Niereninsuffizienz zugrunde. Nierenerkrankungen können viele Ursachen haben. Häufig sind sie jedoch auch die Folge einer falschen Lebensweise. Eine Niereninsuffizienz tritt oft zusammen mit Diabetes mellitus, Herz-Kreislauf-Störungen, Fettstoffwechselstörungen und Adipositas auf. Deshalb ist eine Vorbeugung vor diesen Erkrankungen durch eine gesunde Lebensweise, viel Bewegung sowie der Verzicht auf Alkohol und Rauchen wichtig.

Nachsorge

Bei einer Hyperphosphatämie stehen dem Betroffenen in vielen Fällen nur sehr wenige oder gar keine direkten Möglichkeiten einer Nachsorge zur Verfügung. Der Betroffene ist dabei in erster Linie auf eine schnelle Diagnose angewiesen, da es durch die Hyperphosphatämie im schlimmsten Fall zum Tod des Patienten kommen kann. Je früher die Krankheit erkannt wird, desto besser ist meistens auch der weitere Verlauf der Erkrankung.

Schon bei den ersten Symptomen und Anzeichen der Krankheit sollte ein Arzt aufgesucht werden. In den meisten Fällen können die Beschwerden durch das Trinken einer Kochsalzlösung relativ gut gelindert werden. Dabei ist jedoch häufig auch eine Dialyse notwendig. Die Betroffenen sind dabei auf die Hilfe und die Unterstützung der eigenen Familie angewiesen, die das Leben deutlich erleichtern kann.

Weiterhin kann auch die Einnahme von Medikamenten notwendig sein. Die Betroffenen sollen dabei auf eine regelmäßige Einnahme mit einer richtigen Dosierung achten, um die Beschwerden zu lindern. Auch die Aufnahme von Phosphat über die Nahrung sollte dabei reguliert werden. Trotz Behandlung kommt es durch die Hyperphosphatämie meistens zu einer deutlich verringerten Lebenserwartung des Patienten.

Das können Sie selbst tun

Sollte die Hyperphosphatämie akut und schwerwiegend sein, so stehen dem Betroffenen in der Regel keine Möglichkeiten der Selbsthilfe zur Verfügung. In diesem Falle ist eine sofortige medizinische Hilfeleistung notwendig, um den Tod des Betroffenen zu vermeiden. Die Behandlung wird dabei durch einen Notarzt oder in einem Krankenhaus durchgeführt, indem eine Kochsalzlösung als Infusion gegeben wird. Die Zufuhr an Phosphat muss dabei auf jeden Fall unterbrochen werden. In Notfällen kann auch eine Dialyse durchgeführt werden, um den Körper zu unterstützen.

Sollte es sich bei der Hyperphosphatämie um eine chronische Erkrankung handeln, so sollte der Betroffene darauf achten, nicht zu viel Phosphat durch seine Ernährung aufzunehmen. Hierbei kann ein Diätplan oder ein Gespräch mit einem Ernährungsberater sehr hilfreich sein. Auch wirkt sich die Einnahme von Vitamin D sehr positiv auf den Verlauf der Hyperphosphatämie aus und kann dabei den Abbau der Knochen lindern.

Weiterhin müssen auch Phosphatbinder regelmäßig eingenommen werden, wobei allerdings in erster Linie eine Konsultation mit einem Arzt stattfinden sollte. Im Allgemeinen kann sich auch der Kontakt mit anderen Betroffenen positiv auf die Erkrankung auswirken. Dabei kommt es zu einem Informationsaustausch, welcher vor allem zu einer richtigen Diät beitragen kann.

Quellen

  • Arasteh, K., et. al.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Keller, C.K., Geberth, S.K.: Praxis der Nephrologie. Springer, Berlin 2010
  • Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013

Das könnte Sie auch interessieren