Heilerziehungspflege

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Heilerziehungspfleger unterstützen Menschen mit Behinderung bei ihrer Teilhabe am gesellschaftlichen Leben im ambulanten oder stationären Bereich. Sie fungieren für diese und ihre Angehörigen sowie für andere Kontaktpersonen als Partner und Bezugspersonen. Schwerpunkt der Heilerziehungspflege ist die Mithilfe bei der Gestaltung des Alltags und der Beziehungen zu anderen Menschen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Heilerziehungspflege?

Aufgabengebiete eines/r Heilerziehers/in können die Arbeit mit psychisch Kranken, geistig Behinderten, körperlich Behinderten oder Suchtkranken sein.

Je nach Art der Behinderung sind Heilerziehungspfleger in unterschiedlichen Bereichen engagiert. Aufgabengebiete können die Arbeit mit psychisch Kranken, geistig Behinderten, körperlich Behinderten oder Suchtkranken sein. Häufig liegen bei Betroffenen Mehrfachbehinderungen vor. Im Mittelpunkt steht das Erkennen und Aktivieren von vorhandenen Ressourcen und Fähigkeiten sowie die notwendige unterstützende Hilfe bei der Bewältigung des Alltags und zwischenmenschlicher Beziehungen.

Ziel ist eine möglichst eigenständige und selbstbestimmte Lebensweise. Dabei werden pädagogische und pflegerische Aspekte miteinander verknüpft. Die Berufsgruppe ist geschult, die Bedürfnisse und Fähigkeiten von Menschen mit Behinderung zu erkennen und zu fördern. Daraus resultiert im Idealfall eine Betreuung, die die Persönlichkeit des Betroffenen und dessen Würde respektiert und ihn situationsgerecht begleitet. Heilerziehungspfleger sind Teil eines Kompetenz-Netzwerks bestehend aus Ärzten, Therapeuten etc. und arbeiten interdisziplinär.

Pflege, Lebensbegleitung, Assistenz, Pädagogik und Beratung sind die Kernkompetenzen. Bundesweit gibt es keine einheitliche Regelung für diesen Beruf. Deswegen existieren unterschiedliche Begrifflichkeiten: Es wird unterschieden zwischen Erzieher/in (Heilpädagogik), Heilerzieher/in und Pfleger/in - Heilerziehung.

Behandlungen & Therapien

Bei der Heilerziehungspflege handelt es sich um ein sehr differenziertes Berufsbild, da der Mensch mit Behinderungen in seiner Ganzheit im Fokus steht. Entsprechend ist das Behandlungsspektrum weit. Je nach Grad der Behinderung stehen pädagogische oder pflegerische Aspekte im Vordergrund. Handelt es sich um schwerstbehinderte oder bettlägerige behinderte Menschen, liegt der Schwerpunkt auf körperlicher Hygiene und angemessener Bekleidung.

Behinderte Menschen mit stärker ausgeprägten Fähigkeiten werden dabei unterstützt, selbstständig einen Haushalt zu führen. Sind Verhaltensstörungen Teil der medizinischen Diagnose, werden diese durch individuelle Betreuung möglichst abgebaut. Gleiches gilt für andere psychische Fehldispositionen. Heilerziehungspflegern obliegt es als Bezugspersonen, diese im alltäglichen Umgang nach Möglichkeit zu korrigieren und in gesündere Bahnen zu lenken. Gemäß dem Schweregrad der Behinderungen wirken Heilerziehungspfleger auch bei der Eingliederung in den zweiten oder ersten Arbeitsmarkt mit (Inklusion), wenn die vorhandenen Ressourcen der Betroffenen dies erlauben.

Ziel all dieser Maßnahmen ist es, Menschen mit Behinderungen ein sinnerfülltes, möglichst selbstbestimmtes Leben in Würde zu ermöglichen. Es gilt, eine Atmosphäre der Geborgenheit aufzubauen. Da Behinderungen völlig unterschiedliche Bereiche betreffen können (psychisch, körperlich, geistig, Behinderungen infolge von Suchtproblematiken) und häufig in Kombination auftreten, ist das Tätigkeitsfeld sehr weitgefächert. Heilerziehungspfleger arbeiten deswegen in unterschiedlichen Bereichen: in speziellen Wohnheimen für behinderte Menschen, in geschützten Werkstätten, im ambulanten Sektor (Unterstützung von Menschen mit Behinderungen, die weitgehend selbstständig leben können), in psychiatrischen Einrichtungen, in integrativen Kindergärten, in Seniorenheimen etc.

Der genaue Aufgabenbereich richtet sich aus diesem Grunde jeweils nach der konkret vorhandenen Problematik. Kernaufgabe ist aber immer die Begleitung des Menschen mit Behinderung in seinem gesamten Leben. Die Ausbildung zum Heilerziehungspfleger ist aufgrund dieser Komplexität sehr umfassend und kann je nach Bundesland bis zu fünf Jahre dauern. Im europäischen Ausland handelt es sich sogar um akademische Ausbildungsgänge, da medizinische, psychologische, psychiatrische, pflegerische und andere Aspekte berücksichtigt werden müssen.


Diagnose & Untersuchungsmethoden

Der Heilerziehungspflege obliegt es nicht, medizinische Diagnosen zu stellen und ärztliche Untersuchungen vorzunehmen. Allerdings sind sie als Bezugspersonen von Menschen mit Behinderungen in den Behandlungsprozess eng eingebunden. Um diese komplexe Tätigkeit ausfüllen zu können, stehen ihnen verschiedene Instrumentarien zur Verfügung. Im Rahmen der Machbarkeit organisieren sie zum einen Freizeitaktivitäten und unterstützen musisch-künstlerische Fähigkeiten wie Basteln, Singen und Tanzen.

Die kunsttherapeutischen Ansätze sind in ihrer heilsamen Wirkung unbestritten und deswegen ein wichtiger Bestandteil in der Pflege von Menschen mit Behinderungen und deren pädagogischer Förderung. Die soziale Integration durch gemeinsame Aktivitäten ist als menschliches Grundbedürfnis ebenfalls ein essentieller Aspekt des Behandlungsprozesses. Dadurch treten Menschen mit Behinderungen enger in Kontakt mit Außenstehenden, ebenfalls Betroffenen und anderen Personengruppen. Dazu gehört auch die Organisation von Tagen der offenen Tür, bei denen Kontakte hergestellt werden und Außenstehende fundierte Informationen erhalten, die Hemmschwellen abbauen.

Auch wirken Heilerziehungspfleger bei der Erstellung von Förderplänen, die die musisch-künstlerischen und lebenspraktischen Bereiche umfassen, mit. Da sie in engem Kontakt mit den Betroffenen stehen und deswegen einen guten Einblick in aktuelle Problematiken haben, regen sie häufig therapeutische Maßnahmen an und arbeiten mit anderen Berufsgruppen wie Ärzten, Psychologen, Arbeitstherapeuten etc. zusammen. Bei ärztlicher Medikamentenverordnung werden diese durch Heilerziehungspfleger verwahrt, bestellt und sachgerecht ausgegeben. Die Verordnung von Medikamenten obliegt aber ausschließlich Ärzten. Doch auch hier kann diese Berufsgruppe Medizinern wertvolle Hinweise geben.

Heilerziehungspfleger erstellen außerdem Entwicklungs- und Verlaufsberichte über die Betroffenen und führen, soweit notwendig, die Aufsicht. Entwicklungs- und Verlaufsberichte geben anderen involvierten Berufsgruppen Einblicke in den Zustand des Menschen mit Behinderung und liefern Anhaltspunkte für eine weitere bestmögliche Förderung. Liegen körperliche Behinderungen vor, die spezielle pflegerische Fähigkeiten erfordern, obliegt es Heilerziehungspflegern auch, medizinisch einzugreifen.

Bei bettlägerigen Betroffen kann dies zum Beispiel bedeuten, ein Wundliegen zu verhindern oder andere körperliche Schädigungen abzuwenden. Betroffene, die aufgrund einer psychischen Fehldisposition dazu neigen, sich selbst oder andere zu verletzen (zum Beispiel durch Kratzen), müssen fachgerecht versorgt werden. Medizinisch-pflegerisches Wissen ist deswegen ebenfalls ein elementarer Bestandteil der Heilerziehungspflege.

Quellen

  • Bentele, P., Metzger, T.: Didaktik und Praxis der Heilerziehungspflege: Ein Lehrbuch. Lambertus, Freiburg 2008
  • Doll, E.: Praxisorientierte Heilerziehungspflege. Bausteine des Rechts. Bildungsverlag EINS, Köln 2005
  • Stricker-Jannan, D.: Psychiatrie für Pflegeberufe. Bildungsverlag EINS, Köln 2006

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