Hörbahn

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Hörbahn besteht aus speziell-somatosensiblen Fasern, die aufgenommene Impulse vom Corti-Organ aus in die primäre und sekundäre Hörrinde des Großhirns weiterleiten. Erste Instant der Hörbahn sind die Sinneszellen des Hörsinns, die Schall in elektrische Impulse verwandeln. Schwerhörigkeiten können auf gestörte Leitungsfähigkeit innerhalb der Hörbahnen zurückzuführen sein.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Hörbahn?

Beim Menschen und anderen Säugetieren beginnt die Hörbahn letztlich mit den Sinneszellen des Innenohrs, die mittels glutamaterger Synapsen einzelne Nervenzellen mit Zellkörpern im Ganglion spirale erregen.
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Das Corti-Organ bildet den Sitz des Gehörsinns. Angesiedelt in der Cochlea des menschlichen Innenohrs, entspricht das Organ einem komplexen System aus Rezeptoren, Stützzellen und Nervenfasern. Als Hörbahn sind dem Mediziner speziell-somatosensible Fasern innerhalb des Gehörsinnes bekannt. Sie verlaufen aus dem Corti-Organ im Innenohr zur primären und sekundären Hörrinde im Großhirn.

Auditive Eindrücke werden hier aufgenommen und über mehrere Neuronen verschaltet. Das erste Neuron der Hörbahn ist im Ganglion spirale cochleae lokalisiert. Seine zentralen Fortsätze zielen auf die Nuclei cochleares der Medulla oblongata. Das fünfte Neuron zielt auf den primär auditiven Cortex in den Gyri temporales transversi des Temporallappens und erreicht so die Hörrinde.

In den Hörbahnen findet zentrales Hören statt. Dabei handelt es sich um rein neuronales Hören, das auch als Hörwahrnehmung bekannt ist. Häufig wird im zweiten Neuron der Hörbahn ein direkter Teil von einem indirekten Teil unterschieden. Die Hörbahn enthält neben aufsteigenden (afferente)auch absteigende (efferente) Nervenbahnen mit eingeschalteten Kerngebieten, den sogenannten Hörkernen. Die zentrale Struktur beginnt mit den Sinneszellen des Innenohrs.

Anatomie & Aufbau

Das erste Neuron der Hörbahn entspricht einer bipolaren Nervenzelle im Ganglion spirale cochleae, deren zentrale Fortsätze auf die Nuclei cochleares der Medulla oblongata projizieren.

Die Sinneseindrücke werden an dieser Stelle auf das zweite Neuron umgeschaltet, dessen direkte Teil vom Nucleus cochlearis posterior aus unverschaltet durch den oberen Olivenkomplex und über den Lemniscus lateralis der Gegenseite zieht, um zur Colliculus inferior vorzudringen und auf das dritte Neuron umgeschaltet zu werden. Der indirekte Teil der Hörbahn verläuft an dieser Stelle vom Nucleus cochlearis anterior auf die entgegengesetzte Seite und umfasst Verschaltungen wie die Nuclei olivares superiores und den Nucleus corporis trapezoidei. Dieser indirekte Teil ist als Corpus trapezoideum bekannt.

Im dritten Neuron ziehen Hörbahnfasern in Form des Lemniscus lateralis zum Colliculus inferior und werden dort teils auf das vierte Neuron verschaltet. Vom Colliculus inferior aus erreichen die Fasern über das Brachium colliculi inferioris den Corpus geniculatum mediale und projizieren auf das fünfte Neuron. Die Fasern der Hörbahn verlaufen an dieser Stelle sublentikulär und kreuzen die Capsula interna. Das fünfte Neuron projiziert in den primären auditiven Cortex.

Funktion & Aufgaben

Als Teil des auditorischen Systems zählt die Hörbahn zu den Sinnessystemen und spielt für auditive Wahrnehmung eine Rolle. Bei Landlebewesen wie dem Menschen überträgt sich beim Hören Luftschall auf das flüssigkeitsgefüllte Innenohr. Die mechanische Energie der Schallwellen wird von den inneren Haarsinneszellen mittels mechano-elektrischer Signaltransduktion zu elektrischer Energie gewandelt. In den Axonen des Hörnerven wandert diese Energie in Form von Aktionspotentialen zum Gehirn.

Beim Menschen und anderen Säugetieren beginnt die Hörbahn letztlich mit den Sinneszellen des Innenohrs, die mittels glutamaterger Synapsen einzelne Nervenzellen mit Zellkörpern im Ganglion spirale erregen. Die erregten Nervenzellen gehören zum Hörnerven, der Fasersysteme zu den Schneckenkernen der Medulla oblongata führt. Im oberen Olivenkernkomplex werden unter anderem Laufzeitunterschiede und Intensitätsunterschiede zwischen den beiden Ohren ausgewertet, um die Richtung von Schallquellen zuordnen zu können. Seitenkreuzungen und Seitenkopplungen auditorischer Fasern ermöglichen Richtungshören. Unvollständige wahrgenommene Informationen der Einzelohren lassen sich dank der Seitenkopplungen außerdem vervollständigen.

Die Hörbahn spielt speziell für das zentrale Hören eine Hauptrolle. Diese Form des neuronalen Hörens umfasst zwei Stufen: die Verarbeitung auf unbewusster Ebene und die anschließend bewusste Wahrnehmung. Zentrales Hören als unbewusste Verarbeitung ist ein permanenter Prozess, der auch im Schlaf stattfindet. Die bewusste Wahrnehmung bleibt dagegen auf den Wachzustand begrenzt. Die Bedeutung des zentralen Hörens im Vergleich zum peripheren Hören ist für den Menschen erst in jüngerer Zeit erkannt worden.

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Krankheiten

Lange wurde altersphysiologische Defizite bei der Hörverarbeitung mit einer generellen Beeinträchtigung des Hörvermögens gleichgesetzt. Mittlerweile hat die Medizin erkannt, dass altersphysiologische Schwerhörigkeit nicht nur an Haarzellschäden des Innenohres, sondern außerdem an Veränderungen der zentral neuronalen Hörverarbeitung liegen.

Zentrale Schwerhörigkeit kann zum Beispiel auf eine Alzheimererkrankung zurückzuführen sein, die zur falschen Auswertung des Gehörten führt. Dieses Phänomen tritt nicht nur im Rahmen von altersphysiologischen Demenzerkrankungen auf, sondern kann auch mit Entzündungen oder Schlaganfällen in Zusammenhang stehen. Auch bei Wucherungen am Hörnerv tritt nervenleitbedingte Schwerhörigkeit auf. Die Schallleitung durch das Hörorgan im Innenohr verläuft bei solchen Wucherungen ordnungsgemäß. Allerdings kann die Raumforderung Nerven der Hörbahn komprimieren, sodass die elektrischen Potenziale nicht mehr einwandfrei das Gehirn erreichen. Die Rede ist bei dieser Art von Gehörverlusten auch von neuraler Schwerhörigkeit.

Komplizierte Tonfolgen wie die Sprache werden in einer Konsequenz nur noch anteilig erkannt. Die Patienten neuronaler Schwerhörigkeit hören, dass etwas gesagt wird, können das Gesagte allerdings nicht verstehen. Auch Innenohrerkrankungen mit Hörnervenbeteiligung behindern die neuronale Weiterleitung von Impulsen. Die Folge ist eine sensorineurale Schwerhörigkeit, die mit Schädigungen der Hörbahnen in Zusammenhang stehen kann. Auch bei standardmäßiger Hörwahrnehmungsfähigkeit kann durch diese Zusammenhänge eine Störung des Höreindrucks auftreten, die mit neuronalen Störungen der Hörbahnleitung in Zusammenhang steht.

Quellen

  • Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013
  • Reia, M.: Facharztwissen HNO-Heilkunde. Springer, Heidelberg 2009
  • Zilles, K. et al.: Anatomie. Springer Medizin Verlag Heidelberg 2010

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