Granulationsphase

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 20. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Granulationsphase ist die dritte Phase der sekundären Frakturheilung und ist von der Bildung eines weichen Kallus als Frakturüberbrückung gekennzeichnet. Der weiche Kallus wird in der Kallushärtungsphase mit Calcium mineralisiert. Wenn der betroffene Knochen nicht ausreichend ruhig gestellt wird, ist die Granulationsphase gestört.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Granulationsphase?

Die sekundäre Frakturheilung verläuft in fünf Phasen. Die dritte Phase ist die Granulationsphase.

Knochen können sich nach Brüchen vollständig regenerieren. Ein Knochenbruch ist entweder eine direkte oder indirekte Fraktur. Bei direkten Knochenbrüchen stehen die Bruchstellen miteinander in Kontakt oder liegen zumindest nicht weiter als einen Millimeter voneinander entfernt. Die direkte Frakturheilung wird auch als primäre Frakturheilung bezeichnet.

Davon zu unterscheiden ist die sekundäre Frakturheilung. Bei indirekten Knochenbrüchen liegen die Bruchstücke mehr als einen Millimeter auseinander. Bei der Heilung wird die Spalte zwischen den Knochenbruchstücken durch einen Kallus überbrückt, der zur Stabilisierung mineralisiert wird.

Die sekundäre Frakturheilung verläuft in fünf Phasen. Die dritte Phase ist die Granulationsphase. In dieser Phase bildet sich Granulationsgewebe im Frakturbezirk, sodass ein weicher Kallus entsteht. Osteoklasten tragen derweil nicht durchblutetes Knochengewebe ab. Der entstandene Kallus wird in der Phase der Kallushärtung mit Calcium mineralisiert. Der weiche Kallus besteht aus retikulärem Bindegewebe. Die Granulation ist in Form einer Hügelstruktur auf sämtlichen Wunden erkennbar und entspricht körnchenartigen Geflechten im Zytoplasma.

Funktion & Aufgabe

Unmittelbar nach einem Knochenbruch bildet sich an der Bruchstelle ein Hämatom. Immunologische Prozesse leiten eine Entzündungsreaktion ein. Die Immunzellen säubern die Bruchstelle von Bakterien und scheiden Substanzen aus, die Reparaturzellen zum Bruch führen. Bei der Entzündungsphase kommt es zu einer zunehmenden Vaskularisation. Die Sauerstoffversorgung der Zellen verbessert sich so und die Vaskularisation lockt neben den Blutzellen auch Zellen aus dem Gefäßendothel an. Fibroblasten werden durch Mediatoren angelockt und wandern in das Frakturhämatom. Dort bilden die Fibroblasten Kollagen, die das Frakturhämatom Schritt für Schritt organisieren. Dieser Schritt leitet die Granulationsphase ein, die auch als Phase des weichen Kallus bezeichnet wird.

Makrophagen bauen im Hämatom die Fibrinfäden ab und Osteoklasten entfernen nekrotisches Knochengewebe. So entsteht im Frakturbezirk das Granulationsgewebe. Dieses Gewebe enthält vor allem Entzündungszellen, Kollagenfasern und Fibroblasten und wird im weiteren Verlauf von Kapillaren durchzogen.

Die Angiogenese steigert sich und erreicht rund zwei Wochen nach dem Knochenbruch das Sechsfache der Norm. Zwischen den Kollagenfibrillen liegen schon jetzt Mineraldepots. Neben der verstärkten Vaskularisation geht die Granulationsphase mit einer intensiven Proliferation und der Einwanderung von Zellen aus dem Mesenchym einher.

Diese Zellen stammen ursprünglich aus dem Endost und dem Periost. Die mesenchymalen Zellen werden abhängig von der mechanischen Situation, von der Sauerstoffspannung und der Größe des Bruchspalts zu Chondroblasten, Fibroblasten oder Osteoblasten. Bei einer minderen Gefäßversorgung durch eine Kompression bildet sich auf diese Weise ein Knorpel.

Hohe Sauerstoffspannung mit intensiver Gefäßversorgung führt zur Ausbildung von retikulärem Bindegewebe. Faseriges Bindegewebe und der Faserknorpel werden im weiteren Verlauf zu Faserknochen umgebaut, sodass ein dreidimensionaler Geflechtknochen entsteht. Auf der Oberfläche nimmt dieses Geflecht an Dicke zu. So hebt sich das Stratum fibrosum vom Periost ab. Die Osteoblasten bilden diesen Knochen mittels einer Verknöcherung in Form von intramembranöser Ossifikation. Weil der Knorpel wenig an tatsächliche Blutgefäße gebunden ist, entsteht er vor allem in den Bereichen mit direkter Nachbarschaft zum Frakturspalt. Eine Knorpelstruktur überbrückt in der späten Granulationsphase also den Frakturspalt, bis die Verhärtung des Kallusgewebes stattgefunden hat und die Blutversorgung des Gewebes gesichert ist.

Für die Granulationsphase werden vor allem Kollagen des Typ II benötigt, die von den Chondrozyten bereitgestellt werden. Die Phase des weichen Kallus spielt sich innerhalb von zwei bis drei Wochen ab. Die Fraktur ist danach über einen Knorpel verbunden, der in der darauffolgenden Phase zu einem Knochen mineralisiert wird.


Krankheiten & Beschwerden

Ossifikationsstörungen können die sekundäre Frakturheilung beeinträchtigen, verzögern oder sogar unmöglich machen. Einige Ossifikationsstörungen sind angeboren und hängen mit abnormen Mesenchymzellen zusammen. Andere sind erworben und haben mit Umständen wie einer falschen Ernährungsweise zu tun. Die sekundäre Frakturheilung und die Granulationsphase sind so zum Beispiel bei Primärerkrankungen wie der Osteoporose oder der Glasknochenkrankheit gestört.

Neben Ossifikationsstörungen kann auch schlechte Durchblutung die Granulationsphase der sekundären Frakturheilung verzögern. Eine verminderte Durchblutung kann im Rahmen verschiedener Primärerkrankungen vorliegen. Durchblutungsstörungen im Rahmen von Diabetes mellitus können bei der Frakturheilung so mehr oder weniger starke Komplikationen hervorrufen. Auch eine verminderte Aktivität des Immunsystems kann der Granulationsphase hinderlich sein. Bei unzureichender Immunaktivität wird die Frakturstelle nicht zureichend von Bakterien gesäubert. Die Entzündungsphase der Frakturheilung findet dann nur unzureichend statt und die Vaskularisation ist als Basis der Granulationsphase gestört. Schlimmstenfalls tritt wegen einer verminderten Immunaktivität eine Infektion der Frakturstelle ein, die sich über das Blutsystem im Körper ausbreiten und so eine Sepsis hervorrufen kann.

Bei normaler Immunkonstitution kann die Granulationsphase außerdem durch eine unzureichende Ruhigstellung des betroffenen Knochens unterbrochen oder erschwert werden. Der weiche Kallus reißt durch eine Belastung des betroffenen Knochens schlimmstenfalls wieder ein und die Frakturheilung verzögert sich. Eine der häufigsten Folgen einer verzögerten Frakturheilung ist die Pseudarthrose, die mit Schwellungen und Funktionseinschränkungen der betroffenen Extremität verbunden ist.

Quellen

  • Breusch, S., Clarius, M., Mau, H., Sabo, D. (Hrsg.): Klinikleitfaden Orthopädie, Unfallchirurgie. Urban & Fischer, München 2013
  • Netter, F.H. et. al.: NETTERs Allgemeinmedizin. Thieme, Stuttgart 2006
  • Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch. 266. Auflage. De Gruyter, Berlin 2015

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