Glycerin

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 5. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Glycerin gehört zu den Zuckeralkoholen und ist an zahlreichen Stoffwechselprozessen beteiligt. Die Medizin setzt es unter anderem zur Therapie von Hirnödemen, als Abführmittel in Zäpfchen und versuchsweise zur Stabilisierung bei manchen Operationen ein.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Glycerin?

In verschiedenen biologischen Prozessen kommt Glycerin zur Anwendung oder kann in den Ablauf der Vorgänge eingreifen. Vor allem in Stoffwechselprozessen ist es zu finden.
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Bei Glycerin handelt es sich um einen Alkohol. Carl Wilhelm Scheele entdeckte den Stoff bereits 1779, als er ihn bei der Herstellung von Seife aus Olivenöl erhielt. Doch erst im nächsten Jahrhundert, im Jahr 1813, belegte Michel-Eugène Chevreul endgültig, dass Glycerin ein Bestandteil von Fetten ist – neben Fettsäuren. Es dauerte jedoch noch zehn weitere Jahre, bis Glycerin seinen Namen erhielt.

Heute ist der Stoff auch unter den Bezeichnungen Glycerol, Propantriol, Propan-1,2,3-triol oder 1,2,3-Propantriol bekannt. Die E-Nummer für Glycerin ist 422. In Reinform ist es farblos und flüssig; es hat einen Schmelzpunkt von 18 °C und einen süßlichen Geschmack. Erhitzen führt dazu, dass Glycerin verdampft. Dabei wandelt es sich in Propenal um.

Funktion, Wirkung & Aufgaben

In verschiedenen biologischen Prozessen kommt Glycerin zur Anwendung oder kann in den Ablauf der Vorgänge eingreifen. Vor allem in Stoffwechselprozessen ist es zu finden.

Die Verdauung von Fetten setzt Glycerin im Darm frei. Das Gewebe resorbiert den Stoff und er gelangt schließlich zur Leber. Das Enzym Glycerinkinase wandelt das Glycerin dort in Glycerin-3-phosphat um. Für diesen Vorgang benötigt das Enzym neben dem Substrat auch Adenosintriphosphat (ATP). Die Spaltung von ATP setzt Energie frei, welche die Glycerinkinase nutzt, um die biochemische Reaktion mit Glycerin-3-phosphat zu katalysieren. Nicht immer wandelt der Körper das aufgenommene Glycerin in Glycerin-3-phosphat um. Alternativ kann der Stoff auch oxidieren und phosphorylieren – das Produkt ist dann Glycerinaldehyd-3-phosphat oder Glycerinsäure-2-phosphat.

In dieser Form greift es in den Stoffwechsel ein und spielt zum Beispiel bei der Verarbeitung von Fetten und Kohlenhydraten eine Rolle. Der Körper kann Glycerinaldehyd bei der Glykolyse nutzen. Glykolyse ist der Prozess, in dem Zellen den Zucker Glukose auf eine bestimmte Art abbauen. Die Glykolyse folgt dabei dem Embden-Meyerhof-Schema, das noch weitere Moleküle mit Glycerin umfasst.

Auch für Biomembranen wie die Zellmembran spielt Glycerin eine Rolle. Phospholipide bilden die Lipiddoppelschicht, aus der die Membran besteht. Der Gehalt von Phospholipiden in der Membran hängt vom Typ der Zelle ab; Schwann'sche Zellen besitzen beispielsweise einen sehr hohen Gehalt. Phospholipide setzen sich aus Fettsäuren und Phosphorsäuren zusammen, die unter anderem mit einem Alkohol verestert sind. Neben Glycerin kann auch Sphingosin zu diesem Zweck dienen.

Bildung, Vorkommen, Eigenschaften & optimale Werte

Glycerin kommt vor allem in Fetten und Fettsäureestern vor. Die Biochemie bezeichnet letztere auch als Triglyceride, da sie dreifache Ester des Glycerins darstellen. Die Konzentration von Triglyceriden im Blut ist ein Indikator für die Gesundheit der Person. Ein Wert über 150 mg pro dl gilt als erhöht und kann zum Beispiel ein Anzeichen für eine Fettstoffwechselstörung (Hypertriglyceridämie).

Glycerin setzt sich aus Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff zusammen und hat die Summenformel C3H8O3. Es ist der einfachste dreiwertige Alkohol. Glycerin taucht häufig im Verbund mit Carbonsäuren auf, die organische Verbindungen sind und über mindestens eine Carboxylgruppe verfügen. Zusammen mit Carbonsäuren bildet Glycerin organische Ester, die in vielen Molekülen mit weiteren Bausteinen Verbindungen eingehen.

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Krankheiten & Störungen

Eine Erhöhung der Triglyceride im Blut kann auf eine Fettstoffwechselstörung hinweisen. Die Medizin bezeichnet dieses Krankheitsbild als Hypertriglyceridämie. Für die Erkrankung kommen verschiedene Ursachen in Frage. Eine Variante der Hypertriglyceridämie ist genetisch bedingt. Betroffene leiden unter einem Mangel an bestimmten Enzymen. Lipoproteinlipase ist ein solches Enzym.

Es wandelt die Triglyceride und Wasser in Diacylglycerol und Fettsäure um. Körperzellen benötigen die Fettsäuren, um Fette zu synthetisieren und beispielsweise als Reserve einzulagern. Durch eine Mutation kommt es zu Fehlern bei der Bildung des Enzyms Lipoproteinlipase, was die Fettsynthese stört. In diesem Fall ist eine Veränderung im LPL-Gen für die Hypertriglyceridämie verantwortlich.

Eine weitere Ursache für die Krankheit ist im Apolipoprotein C2 zu finden. Es stellt einen Bestandteil der Lipoproteine dar, mit deren Hilfe der Transport von Lipiden durch das Blut möglich ist. Infolge einer Mutation im entsprechenden DNA-Abschnitt kann es nicht nur zu Hypertriglyceridämie kommen; der gestörte Fettstoffwechsel erhöht auch das Risiko für Arterienverkalkung, die die Medizin als Arteriosklerose bezeichnet. Die Arteriosklerose kann auf Blutfette wie Triglyceride zurückgehen, die sich in den Blutgefäßen ablagern und die Adern dadurch verengen. Auch vollständige Gefäßverschlüsse sind möglich.

Die Ablagerungen können sich darüber hinaus lösen und feinere Adern verstopfen. Mögliche Folgen sind Schlaganfall, Herzinfarkt und Lungenembolie. Lebensstil-Faktoren wie schlechte Ernährung, Tabakkonsum, mangelnde Bewegung und hoher Blutdruck erhöhen das Risiko für solche Komplikationen weiter. Darüber hinaus findet Glycerin auch als Grundstoff für Salben und Cremes Verwendung. Es ist auch als Medikament im Einsatz: In Zäpfchen hat Glycerin eine abführende Wirkung und es treibt Gallen- und Harnsteine ab. Zur Behandlung von Hirnödemen (Wasseransammlungen im Gehirn) setzen Ärzte ebenfalls Glycerin ein.

Des Weiteren gibt es erste Versuche, Glycerin während langer Operationen zu nutzen: Dadurch könnten Ärzte die Körpertemperatur während der OP weiter senken, was möglicherweise die Erfolgswahrscheinlichkeit der Intervention steigert. Oral zugeführtes Glycerin ist in größeren Mengen möglicherweise schädlich für die Gesundheit, wenn die Einnahme nicht aus medizinischen Gründen erfolgt und ohne ärztliche Überwachung stattfindet.

Quellen

  • Gressner, A. M., Arndt, T.: Lexikon der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik. Springer Verlag, Berlin 2007
  • Kohse, K. P., Dörner, K.: Taschenlehrbuch Klinische Chemie und Hämatologie. Thieme, Stuttgart 2019
  • Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch. 266. Auflage. De Gruyter, Berlin 2015

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