Gestik

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. April 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Körperprozesse Gestik

Gestik ist die nonverbale Kommunikation durch Arme, Hände und Kopfbewegungen. Sie tritt häufig begleitend zur verbalen Kommunikation auf und unterstützt die Eigenschaften von Sprache.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Gestik?

Gestik ist die nonverbale Kommunikation durch Arme, Hände und Kopfbewegungen.

Gesten haben in der Evolution des Menschen eine enorme Bedeutung und trugen zur Entwicklung von Sprache bei. Sie waren sogar zur Entwicklung des aufrecht gehenden Menschen (Homo erectus) und später die Entwicklung des schaffenden Menschen, des Homo Faber, beeinflusst. Der benutzte fortan die Hand als Werkzeug.

Die Hand setzte der Mensch zur Kommunikation mittels Gesten ein, woraus sich die Sprachorgane und die akustische Verständigung entwickeln konnten. Unter Gestik verstehen die meisten Wissenschaftler das semiotische Ausdruckspotenzial des menschlichen Körpers mithilfe von Kopf, Armen und Händen. Körperhaltung und Körperbewegungen sind also nicht damit gemeint.

Einige Wissenschaftler fassen den Begriff weiter und nehmen die unbewussten Körperbewegungen noch hinzu. Andere verstehen unter Gestik die gesamte Körperhandlung nichtsprachlicher Art, mit der jemand etwas absichtlich zum Ausdruck bringen möchte. Auch rituelle Gesten, Mimik und Gebärdensprache sind bei dieser Definition integriert.

Funktion & Aufgabe

Sprache und Gestik haben sich in der Menschheitsgeschichte parallel entwickelt. Bis heute besteht eine enge Verbindung zwischen sprachlicher und gestischer Kommunikation. In den religiösen und sozialen Riten spielen Gesten eine große Rolle, werden aber in anderer Funktion eingesetzt als Alltagsgesten.

Gesten in der zwischenmenschlichen Kommunikation sollen Beziehungen knüpfen, bestätigen, verändern oder wiederherstellen. Bereits im 17. Jahrhundert entstanden Bücher mit Verzeichnissen von Illustrativen Gesten. Ab dem 19. Jahrhundert gab es umfangreiche Instruktionen, wie die Kommunikation in öffentlichen Reden durch nonverbale Gesten unterstrichen werden kann.

Gesten werden in zwei Gruppen eingeteilt, in autonome und redebegleitende Gesten. Autonome Gesten können die Sprache ersetzen, beispielsweise, wenn man auf einen vorhandenen Sitzplatz hinweist, also eine Zeigegeste anwendet.

Gesten in Verbindung mit der Sprache sollen das Gesagte betonen. Diese so genannten Illustratoren haben das Ziel, der Umgebung etwas noch deutlicher mitzuteilen. Mithilfe der Geste vermittelt sich so ein klares Bild der Szene im Kopf, was allein durch Sprache nicht immer gegeben ist.

Die Geste ist oft eine vereinfachte Form der Sprache, vermittelt aber genau wie diese ein Bild, einen Gedanken oder eine Erinnerung des Erzählers. Die Gemeinsamkeit von Gesten und Sprache: Sie haben die gleiche Funktion zur gleichen Zeit, drücken es nur auf unterschiedliche Art aus. Mithilfe der Geste vermittelt sich ein klares Bild der Szene im Kopf, was bei Sprache nicht immer gegeben ist.


Krankheiten & Beschwerden

Eine eingeschränkte Ausdrucksfähigkeit im Bereich Gesten stellt sich in erster Linie nach Unfällen ein, wenn Hände nicht mehr richtig funktionieren. Auffälligkeiten in der Gestik zeigen sich aber auch bei psychosomatischen Störungen. Dann kann es zu Antriebsminderungen oder Antriebssteigerungen kommen. Oft gibt es dabei stereotype Bewegungsabläufe.

Auch im Zuge einer Aphasie ist die Gestik gestört. Die Sprachstörung tritt infolge einer Erkrankung der linken Gehirnhälfte auf, hauptsächlich nach einem Schlaganfall. Je nach Ausprägung beeinflusst eine Aphasie nicht nur das Sprechen und Verstehen, sondern auch Lesen, Schreiben und Rechnen. Mimik und Gestik sind ebenfalls oft gestört.

Nach Unfällen oder Gehirnerkrankungen müssen Betroffene den Verlust der Sprache oder des Sprechens bewältigen. Die Geste wird dann zur Kompensation eingesetzt, leistet aber nicht das, was die gesprochene Sprache leisten würde. Je stärker die Sprachstörung, desto mehr diverse Gesten produziert der Betroffene. Die Gesten sind dann Kompensation und Ersatz für die eingeschränkte verbale Kommunikation. Bei einem gesunden Menschen ist das Regelwerk der Gesten allgemein verständlich und richtet sich nach gesellschaftlichen Normen.

Bereits unter psychischer Belastung kommt es zu Veränderungen, die sich ganz unterschiedlich zeigen. Der eine reduziert seine Kommunikation erheblich, schränkt also auch die Gestik ein, der andere zeigt verstärkte Nervosität mit übertriebenen Gesten und unpassenden Bemerkungen.

Eine schwere Krankheit, bei der sich Gestik auffällig verändert, ist das Tourette-Syndrom. Das Fehlverhalten wird von der Umwelt als höchst sonderbar wahrgenommen, der Kranke setzt es jedoch nicht bewusst ein. Naserümpfen, Grimassen, Augenblinzen und obszöne Gesten sind festzustellen. Zum ersten Mal konfrontiert reagiert das ahnungslose Umfeld verstört. Der Betroffene wird oft stigmatisiert und zieht sich immer mehr in die Isolation zurück.

Quellen

  • Poeck, K., Hacke, W.: Neurologie. Springer, Heidelberg 2010
  • Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch. 266. Auflage. De Gruyter, Berlin 2015
  • Reuter, P.: Springer Lexikon Medizin. Springer, Berlin 2004

Das könnte Sie auch interessieren