Ganglion oticum

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 25. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das Ganglion oticum wird auch als Ohrnervenknoten bezeichnet und verschaltet parasympathische Nervenfasern, die anschließend die Ohrspeicheldrüsen sekretorische innervieren. Die Nervenkörperansammlung ist außerdem eine Verteilerstation für motorische und sympathische Nervenfasern des Kopfbereichs. Bei einem otobasalen Schädelbasisbruch kann das Ganglion oticum beschädigt werden und sekretorische Einschränkungen hervorrufen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Ganglion oticum?

Das Ganglion oticum trägt parasympathische Nerven, die für die Funktion der Ohren relevant sind. Diese Fasern werden innerhalb des Ganglions verschaltet.
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Als Ganglion bezeichnet der Mediziner Anhäufungen von Nervenzellkörpern im Bereich des peripheren Nervensystems. Die Ganglien treten als Nervenknoten in Erscheinung, die bei der Präparation als knotenartige Verdickungen imponieren. Die Basalganglien sind von den Ganglien des peripheren Nervensystems abzugrenzen, da sie unter der Großhirnrinde innerhalb des zentralen Nervensystems angesiedelt sind.

Anders als im peripheren Nervensystem werden Nervenzellkörperanhäufungen im zentralen Nervensystem als Kerne oder Nuklei bezeichnet. Eine Nervenzellkörperansammlung des peripheren Nervensystems ist das Ganglion oticum, der sogenannte Ohrknoten. Dabei handelt es sich um ein parasympathisch gesteuertes Ganglion mit Lokalisation am Nervus mandibularis innerhalb der Schädelbasis. Das Ganglion liegt unterhalb des Foramen ovale und ist damit in der Fossa infratemporalis angesiedelt. Motorische, sympathische und parasympathische Fasern ziehen durch das Ganglion oticum. Verschaltet werden im Ganglienbereich allerdings nur parasympathische Fasern, die für die Ohrspeicheldrüse relevant sind.

Anatomie & Aufbau

Das Ganglion oticum steht in anatomisch-topografischer mit Beziehung mit der Tuba auditiva (Pars cartilaginea), dem Musculus tensor veli palatini, der Arteria meningea media und dem Nervus mandibularis. Durch den Ganglienbereich ziehen motorische, sympathische sowie parasympathische Fasern. Für die motorischen und sympathischen Nervenfasern bildet das Ganglion allerdings nur eine Durchgangsstation.

Die parasympathischen Fasern des Ganglions stammen aus dem Nervus glossopharyngeus und haben ihre Nervenzellkörper im Nucleus salivatorius inferior, von wo aus sie gemeinsam mit dem Nervus tympanicus den Plexus tympanicus erreichen und zusammen mit dem Nervus petrosus minor ins Ganglion oticum vorstoßen. Die motorischen Fasern des Nervus mandibularis oder Nervus pterygoideus medialis ziehen unverschaltet durch das Ganglion oticum. Die sympathischen Fasern des Ganglions sind postganglionär und erreichen die Struktur vom Ganglion cervicale superius aus, das sie über den Plexus caroticus verlassen.

Funktion & Aufgaben

Das Ganglion oticum trägt parasympathische Nerven, die für die Funktion der Ohren relevant sind. Diese Fasern werden innerhalb des Ganglions verschaltet. In diesem Zusammenhang erfüllt das Ganglion oticum eine vermittelnde Funktion und wird aus diesem Grund auch als Ohrnervenknoten bezeichnet. Die parasympathischen Fasern werden innerhalb der Struktur auf das postganglionäre Neuron geleitet.

Von dort aus nutzen sie den Nervus auriculotemporalis als Leitungsbahn, um zur Ohrspeicheldrüse (Glandula parotis) sowie den Wangenspeicheldrüsen (Glandulae buccales) vorzustoßen. Die Speicheldrüsen werden von den parasympathischen Nervenfasern des Ganglion oticum sekretorisch innerviert. Durch die Verschaltung ist das Ganglion oticum damit an der sekretorischen Aktivität von Ohr- und Wangenspeicheldrüse beteiligt. Die Ohrspeicheldrüse produziert ununterbrochen Speichel, der durch das Ausführungsgangsystem an solitäre Drüsen in der Schleimhaut des Rachens, der Mundhöhle und der Lippen abgegeben wird. Speichel reinigt den Rachenraum und erfüllt innerhalb des Mundraums Schutz- und Abwehrfunktionen.

Darüber hinaus trägt das Speichelsekret der Ohrspeicheldrüse Speichelenzyme zur Einleitung des Verdauungsprozesses. Vor allem komplexe Zuckermolekülen wie Stärke sind auf die Anverdauung mittels Speichel angewiesen. Einfache Proteine werden wiederum von den Proteasen des Ohrspeichels gespalten. Um den Schluckakt zu erleichtern, verflüssigt der Speichel außerdem die Festnahrung. Die Verschaltung von parasympathischen Fasern im Ganglion oticum ermöglicht all diese Vorgänge. Darüber hinaus übernimmt das Ganglion Verteilerfunktionen für seine motorischen und sympathischen Fasern.

Verschiedene motorische und sensible Anteile des Nervus mandibularis nutzen das Ganglion oticum als Verteilerstation, ohne mit der Struktur eine funktionale Beziehung einzugehen. Die motorischen Fasern erreichen über die Verteilerstation in Form des Nervus tensoris tympani den Musculus tensor tympani. In Form des Ramus musculi tensoris veli palatini laufen sie wiederum zum Musculus tensor veli palatini.


Krankheiten

Schädigungen des Ganglion oticum wirken sich auf motorische, sympathische sowie parasympathische Nervenfunktionen aus. Ein derartiges Szenario kann zum Beispiel Tumore zur Ursache haben, die nahe des Ganglion oticum einzelne Nervenstrukturen verdrängen und damit eine Nervenkompression herbeiführen. Vor allem Störungen der Speichelproduktion können auf Nervenschädigungen im Bereich des Ganglion oticum verweisen.

Verminderte oder ausfallende Speichelproduktion kann neben solchen Schädigungen allerdings auch mit starkem Flüssigkeitsmangel, Medikamentenwirkung, Erkrankungen wie dem Sjögren-Syndrom, Bestrahlungen im Kopfbereich oder altersphysiologischen Veränderungen zusammenhängen. Normalerweise machen sich Schädigungen des Ganglion oticum nicht als isolierte Speichelproduktionsstörungen bemerkbar, sondern ziehen außerdem motorische Störungen der Gaumenmuskulatur und der Mittelohrmuskulatur nach sich. Einschränkungen der Sensibilität können begleitend auftreten.

Schädelbasisbrüche führen häufig zu Läsionen im Bereich des Ganglion oticum. Ein Schädelbasisbruch stellt sich meist nach extrem starker Gewalteinwirkung im Kopfbereich ein. Am häufigsten werden die Traumata im Rahmen von Verkehrsunfällen beobachtet. Bei dem Bruch handelt es sich um eine potenziell lebensbedrohliche Verletzung, bei der die knöchernen Strukturen der mittleren, vorderen oder hinteren Schädelgrube verletzt werden. Die Bruchformen können in diesem Zusammenhang einem rhinobasalen, frontobasalen, laterobasalen oder otobasalen Bruch entsprechen. Vor allem bei letzterer Bruchform ist neben der Schädelbasis die Ohrenstruktur verletzt. Typischerweise treten Blut und Gehirnflüssigkeit aus den Ohren aus.

Neben den neurologischen Ausfallserscheinungen treten meist Störungen der Wahrnehmung und des Bewusstseins auf. Auch eine Schocksymptomatik ist beim Schädelbasisbruch häufig zu beobachten. Der Schädelbasisbruch erfordert in der Regel Notoperationen und eine anschließende Überwachung auf der Intensivstation.

Quellen

  • Arasteh, K., et. al.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Frotscher, M., et al.: Taschenatlas Anatomie, Band 3: Nervensystem und Sinnesorgane. Thieme, Stuttgart 2018
  • Schwegler, J., Lucius, R.: Der Mensch – Anatomie und Physiologie. Thieme, Stuttgart 2016

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