Ganglion mesentericum inferius

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 18. Januar 2022
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das Ganglion mesentericum inferius liegt im Bauchraum und sammelt Fasern aus dem Nervus splanchnicus major und dem Nervus splanchnicus minor, die weiter als Plexus mesentericus inferior verlaufen und für die sympathische Regulation einiger Darmabschnitte zuständig sind. Fehlende Zellen im Ganglion mesentericum inferius können zur Entstehung von Morbus Hirschsprung beitragen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Ganglion mesentericum inferius?

Das Ganglion mesentericum inferius spielt unter anderem bei der Entstehung von Morbus Hirschsprung eine wichtige Rolle. Die Krankheit ist auch als (intestinale) Aganglionose, congenitales aganglionäres Megacolon oder Megacolon congenitum bekannt.
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Beim Ganglion mesentericum inferius handelt es sich um eine Anhäufung von Nervenzellkörpern (Somata) im peripheren Nervensystem, von denen aus Nervenfasern abgehen, die als Nervus splanchnicus major und Nervus splanchnicus minor durch den Rumpf ziehen.

Das Ganglion mesentericum inferius liegt im Bauchraum und gehört damit zu den prävertebralen Ganglien („Nervenknoten vor dem Wirbeln“). Auf Höhe des dritten Lendenwirbels befindet es sich an dem Punkt, wo die untere Eingeweidearterie (Arteria mesenterica inferior) von der Bauchaorta (Aorta abdominalis) abzweigt. Auch die anderen drei prävertebralen Ganglien liegen entlang der Wirbelsäule; bei ihnen handelt es sich um die Ganglia coeliaca, die Ganglia aorticorenalia sowie das Ganglion mesentericum inferius.

Anatomie & Aufbau

Einige Fasern aus dem Grenzstrang ziehen zunächst ohne Umschaltung auf andere Neurone weiter; am Ganglion mesentericum inferius und den anderen prävertebralen Ganglien geben sie ihre Signale dementsprechend erstmals – seit den Grenzstrangganglien – über eine Synapse an eine nachfolgende Nervenzelle weiter.

Das Ganglion mesentericum inferius gehört zum sympathischen Nervensystem, das überwiegend eine leistungssteigernde Wirkung (Ergotropie) auf den Organismus ausübt. Die Fasern, die im Ganglion mesentericum inferius zusammenlaufen, stammen überwiegend aus dem großen Eingeweidenerv (Nervus splanchnicus major) und dem kleinen Eingeweidenerv (Nervus splanchnicus minor). Vom Ganglion aus verlaufen sie als Plexus mesentericus inferior entlang der Arteria mesenterica inferior. Beim Plexus mesentericus inferior handelt es sich um ein Geflecht aus Nerven, das vor allem viszerosensible und motorische Fasern umfasst, wobei Letztere neben Darmbewegungen auch die Absonderung von Sekreten aus Drüsen steuern.

Funktion & Aufgaben

Die Aufgabe des Ganglions besteht darin, ankommende Neurone (präganglionäre Nervenzellen) auf andere (postganglionäre Nervenzellen) zu verschalten. Die Verschaltung erfolgt mithilfe von Synapsen, die sich an der Verbindungsstelle zwischen zwei Nerven befinden. Eine Synapse besteht aus den Endknöpfchen der präganglionären Nervenzellen, in denen sich Bläschen (Vesikel) befinden, die mit biochemischen Botenstoffen (Neurotransmittern) gefüllt sind.

Erreicht der elektrische Reiz das Ende der Nervenfaser, schütten die Endknöpfchen ihre Neurotransmitter aus; je mehr Aktionspotenziale das präganglionäre Neuron empfängt, desto mehr Neurotransmitter setzt es frei. Der wichtigste Botenstoff im sympathischen Nervensystem ist Acetylcholin. Die Moleküle gelangen so in den synaptischen Spalt und können auf der anderen Seite die Membran der postganglionären Nervenzelle erreichen. In der Membran liegen Rezeptoren, an welche sich die Botenstoffe vorübergehend binden und dadurch die Reaktion des nächsten Neurons hervorrufen: In der postsynaptischen Membran öffnen sich Ionenkanäle und depolarisieren die Zelle.

Die elektrische Spannung des Neurons verändert sich und erzeugt in der postganglionären Zelle ein neues Aktionspotenzial, das sich wieder über die Nervenfaser ausbreiten kann. Im Ganglion mesentericum inferius treffen nicht nur zwei Neurone aufeinander, sondern viele; sie können sich deshalb beeinflussen, indem sie sich gegenseitig hemmen oder verstärken. Diesem Prozess kommt eine große Bedeutung für die Filterung von Informationen zu. Sehr schwache Signale oder Spontanaktivität der Nervenzellen führt dadurch mit geringerer Wahrscheinlichkeit zu einer Reaktion des Endorgans, weil es auf dem Weg dorthin verloren gehen kann.

Umgekehrt können Ganglien auf diese Weise beispielsweise sensorische Informationen bündeln, die für das Gehirn bestimmt sind. Nervenfasern aus dem Ganglion mesentericum inferius beteiligen sich an der Regulation dreier Darmabschnitte. Das absteigende Colon descendens gehört wie der Colon sigmoideum, der direkt an ihn anschließt, zum Grimmdarm. Schließlich mündet das Verdauungsorgan im Mastdarm, der auch als Rektum bekannt ist und zum After bzw. Darmausgang führt.


Krankheiten

Das Ganglion mesentericum inferius spielt unter anderem bei der Entstehung von Morbus Hirschsprung eine wichtige Rolle. Die Krankheit ist auch als (intestinale) Aganglionose, congenitales aganglionäres Megacolon oder Megacolon congenitum bekannt. Der Kinderarzt Harald Hirschsprung beschrieb die angeborene Obstruktion 1888 zum ersten Mal.

Bei der Hirschsprung-Krankheit sind die Ganglienzellen zwischen der Ring- und Längsmuskulatur von Colon und Rektum nicht (ausreichend) vorhanden. Gleichzeitig sind die parasympathischen Bahnen überentwickelt, die sich in der Lamina propria mucosae sowie der Lamina muscularis mucosae des Darmabschnitts befinden. Infolgedessen steht mehr Acetylcholin zur Verfügung: Die dauerhafte Reizung lässt die Darmmuskulatur verkrampfen, wodurch sich der Darm stark erweitert. Die Fehlbildung beeinträchtigt die Funktionsweise des Verdauungsorgans bei betroffenen Neugeborenen und zeigt sich meist in Form eines geschwollenen Abdomens.

Morbus Hirschsprung kann einen Darmverschluss (Ileus) zur Folge haben, wenn der erste Stuhl nicht künstlich ausgeleitet wird, was wiederum zur nekrotisierenden Enterokolitis führen kann. Dabei handelt es sich um eine Darmentzündung, für die ein aufgetriebenes Abdomen, fehlende Darmbewegung, erkennbare Darmschlingen, Erbrechen sowie Schleim und Blut im Stuhl charakteristisch sind. Darüber hinaus kann die nekrotisierende Enterokolitis Atemstillstand (Apnoe), Bradykardie, Schwankungen der Körpertemperatur, Trinkschwäche und gräuliche Haut verursachen.

Schwere Fälle von Morbus Hirschsprung können Ärzte oft bereits kurz nach der Geburt erkennen, doch auch nach dem Abstillen und dem damit verbundenen Nahrungswechsel können sich erstmals Symptome manifestieren. Als Behandlung kommt eine Operation in Betracht, bei der ein Arzt einen künstlichen Darmausgang anlegt und den betroffenen Darmabschnitt entfernt. Besonders häufig tritt die Hirschsprung-Krankheit bei Kindern mit Trisomie 21, Waardenburg-Syndrom, Laurence-Moon-Biedl-Syndrom, Smith-Lemli-Opitz-Syndrom und anderen kongenitalen Fehlbildungen auf.

Quellen

  • Arasteh, K., et. al.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Frotscher, M., et al.: Taschenatlas Anatomie, Band 3: Nervensystem und Sinnesorgane. Thieme, Stuttgart 2018
  • Schwegler, J., Lucius, R.: Der Mensch – Anatomie und Physiologie. Thieme, Stuttgart 2016

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