Flugangst (Aviophobie)

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 6. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Krankheiten Flugangst (Aviophobie)
Hilfreiche Videos: MedLexi.de auf YouTube

Als Flugangst wird allgemein eine Phobie gegen das Fliegen mit dem Flugzeug bezeichnet (Aviophobie). Sie kann jedoch bereits beim Betreten eines Flughafens oder beim Anblick eines Fluzeuges auftreten. Die Flugangst gehört zu den psychischen Krankheiten.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Flugangst?

Bei Menschen mit Flugangst treten immer dann, wenn diese mit einem Flugzeug oder dem Fliegen an sich konfrontiert werden, bestimmte körperliche Symptome, Verhaltensweisen und Gedanken auf.
© diy13 – stock.adobe.com

Eine Flugangst äußert sich mit panikartigen oder krankheitstypischen Symptomen meist dann, wenn ein Flug kurz bevorsteht. Die Betroffenen reagieren darauf mit erheblichem Stress, mit Kontrollverlust und Angstattacken bzw. Panikattacken.

Die Flugangst zeigt sich daneben in schweißnassen Händen, Magenverstimmungen, Erbrechen oder Kopfschmerzen. Auch das Herzrasen sowie ein weit erhöhter Puls gehören dazu, wenn sich die Betroffenen die vermeintlichen Gefahren eines Fluges vergegenwärtigen.

Die Flugangst gehört zu den am weitesten verbreiteten psychischen Erkrankungen, kann durch eine Therapie jedoch in vielen Fällen gänzlich geheilt werden. Dennoch wird das Leben der unter der Flugangst Leidenden stets erheblich negativ beeinflusst.

Ursachen

Worauf die Flugangst genau basiert, kann pauschal nicht gesagt werden. Gerade bei solchen Personen, die erstmalig ein Flugzeug betreten, können die Symptome eine Warnung vor dem Unbekannten sein. Eine weitere Furcht der Flugangst besteht in dem Durchleben von Notsituationen, die sich nicht beeinflussen lassen.

Zu ihnen zählen die Turbulenzen während des Fluges oder ein rapides Absinken der Flughöhe. Generell zeichnet sich die Flugangst durch einen Kontrollverlust in dem eng begrenzten Luftfahrzeug aus. Ebenso wird realisiert, dass Unfälle beinahe immer tragische Folgen zeitigen und regelmäßig in dem Tod der Passagiere enden.

Daneben kann die Flugangst jedoch ebenso auf psychischen Vorbelastungen beruhen. Gerade die Phobie vor dem Eingesperrtsein (z.B. Platzangst) oder der Höhe (z.B. Höhenangst) sind typische Merkmale der Flugangst.

Hilfreiche Videos für Ihre Gesundheit: MedLexi.de auf YouTube
Hier klicken

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Bei Menschen mit Flugangst treten immer dann, wenn diese mit einem Flugzeug oder dem Fliegen an sich konfrontiert werden, bestimmte körperliche Symptome, Verhaltensweisen und Gedanken auf. Die Symptome dieser Angststörung können von einem leichten Unbehagen bis hin zu Panikattacken gehen. Die auftretende Angst fühlt sich für die Betroffenen häufig als lebensbedrohlich an. Oftmals treten erste Anzeichen bereits auf, nachdem der Flug gebucht wurde.

Die jeweiligen Ängste der Betroffenen können sich dabei voneinander unterscheiden. So fürchten einige Aviophobiker die im Flugzeug vorherrschende Enge oder fehlende Fluchtmöglichkeiten, während andere Angst vor einem Flugzeugabsturz haben. Das Wissen darüber, dass ihre Mitmenschen die Situation nicht als bedrohlich empfinden, mildert die Furcht nicht. Bei vielen Betroffenen überwiegen die körperlichen Symptome.

So leiden Aviophobiker oftmals unter Schweißausbrüchen, feuchten und/oder kalten Händen, Herzrasen, Bauchschmerzen, Durchfall, starkem Harndrang, Übelkeit, Appetitlosigkeit oder Zittern. Viele Betroffene bekommen Herzrasen und in weiterer Folge Schwindel- und Erstickungsanfälle. Die Symptome tauchen in der Regel Wochen vor dem bevorstehenden Flug auf und werden bis dahin immer intensiver.

Ein wichtiges Anzeichen der Aviophobie ist ein ausgeprägtes Vermeidungsverhalten. Betroffene umgehen ihre Furcht vor dem Fliegen, indem sie keine Flugreisen buchen. Manche Aviophobiker bekämpfen ihre Angst mit Alkohol oder Betäubungsmitteln.

Verlauf

Auch der Verlauf der Flugangst ist immer einzelfallabhängig. Häufig wird jedoch bereits das Realisieren eines anstehenden Fluges mit Unwohlsein und Angstgefühlen einhergehen. Je näher der Abreisetag kommt, umso mehr Symptome treten bei dem Betroffenen der Flugangst auf.

Ersten Schweißausbrüchen folgen meist Magenverstimmungen und Kopfschmerzen. Die letzten ein bis zwei Tage vor dem Flug steigt die Intensität der Panikattacken. Sie beginnen mit erhöhtem Stress, schlagen dann jedoch in nackte Flugangst um.

Der Leidende hat dabei das Gefühl, unweigerlich auf die größte denkbare Bedrohung zuzusteuern und von dieser regelrecht aufgesogen zu werden. Auswege sieht er bei der Flugangst somit nicht. Am Tag der Reise und während des Sitzens im Flugzeug ist die Person in vielen Fällen nicht ansprechbar, stark verkrampft und scheint beinahe völlig außer sich zu stehen. Ein Kontrollverlust symbolisiert somit die Flugangst.

Komplikationen

Bei der Flugangst können unterschiedliche Komplikationen eintreten. Diese sind in der Regel psychologischer Natur und führen zu keinen gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Nachteilen. Allerdings kann sich die Flugangst stark auf das soziale Leben negativ auswirken. Durch die Flugangst ist die Mobilität des Betroffenen eingeschränkt.

Es gibt zwar andere Möglichkeiten, um sich fortzubewegen, allerdings sind Reisen auf andere Kontinente nur erschwert möglich. Dadurch kann es zum Abbruch sozialer Kontakte oder Beziehungen kommen. Dies führt bei vielen Menschen zu psychischen Problemen und Depressionen. Nicht selten wird die Flugangst von anderen Menschen nicht verstanden und als harmlos bezeichnet.

Auch hier kann es zu sozialen Nachteilen kommen. Eine gezielte Behandlung der Flugangst kann nicht durchgeführt werden. Allerdings können sich Patienten mit dem selben Symptom zu Gesprächen treffen. Auch helfen Gespräche mit Menschen, die die Flugangst überwunden haben.

In vielen Fällen kann der Patient seine Flugangst nicht komplett überwinden, traut sich allerdings trotzdem in ein Flugzeug. Dadurch sind zum Teil kurze Flüge möglich. Ob die Flugangst geheilt werden kann, kann leider nicht universell vorausgesagt werden. Bei der Behandlung werden keine Medikamente eingesetzt und es kommt zu keinen Komplikationen.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Flugangst muss nicht in jedem Fall behandelt werden. Eine Therapie ist jedoch sinnvoll, wenn der Betroffene unter der Flugangst stark leidet. Ein Angstpatient, der beruflich häufig mit dem Flugzeug reist, leidet unter der Phobie in der Regel stärker als eine Person, die ein- oder zweimal in ihrem gesamten Leben mit dem Flugzeug fliegt.

Flugangst kann gemeinsam mit anderen Ängsten oder anderen psychischen Symptomen auftreten. Auch in diesem Fall ist es empfehlenswert, einen Arzt oder Therapeuten auf die Angstsymptome anzusprechen. Darüber hinaus sollte geklärt werden, ob die Symptome tatsächlich auf eine Flugangst zurückgehen oder ob sie körperlich bedingt sind. Angststymptome wie Schwitzen, Herzrasen, Palpitationen oder Hyperventilation können auch auf eine organische Ursache zurückgehen und beispielsweise auf eine Herz-Kreislauf-Erkrankung hindeuten.

Betroffene können sich mit ihrem Problem direkt an einen Psychotherapeuten wenden. Dazu ist in Deutschland keine Überweisung erforderlich. Wenn neben der Flugangst keine andere psychische Störung vorliegt, lässt sich die Flugangst in der Regel gut therapieren. Die kognitive Verhaltenstherapie gilt bei der Behandlung von Angststörungen als besonders effektiv.

Ein Arzt oder Psychotherapeut muss gemeinsam mit dem Betroffenen herausfinden, ob die Angst sich spezifisch auf das Fliegen bezieht oder auf einen anderen Faktor. Insbesondere die Höhenangst, die Agoraphobie und die soziale Phobie kommen als Differentialdiagnosen infrage.

Behandlung & Therapie

Wie eine Flugangst zu therapieren ist, hängt vom Verlauf der Krankheit und ihrer Stärke ab. Bei leichten Symptomen kann bereits die Einnahme von Medikamenten und Beruhigungsmitteln eine Besserung bewirken. Sitzt die Phobie jedoch tiefer, wird nur eine Psychotherapie die Leiden lindern. So ist die Flugangst zunächst von einem Psychologen überhaupt als solche zu diagnostizieren.

Im weiteren Verlauf sind ihre Ursachen zu ergründen. Hierbei ist es unterschiedlich, worauf die Hemmschwelle basiert, ein Flugzeug zu betreten. In vielen Fällen sind allerdings unbewusste und bereits in jungen Lebensjahren gemachte negative Erfahrungen ein Kennzeichen der Flugangst. Denn das Ausgesetzt-Sein in unkontrollierbaren Situationen zeigt sich häufig auch beim Einsperren in ein Zimmer, beim Beschneiden der Möglichkeiten oder sogar beim Hänseln durch Freunde.

Ebenso folgt die Phobie vor großen Höhen diesem Muster. Auch hier ist die der Flugangst typische Denkweise charakteristisch: Wenn es zum Unfall kommt, ist die Überlebenschance gering. Daher sollte in jedem Falle der fachärztliche Rat beim Erkennen der Flugangst eingeholt werden. Nur durch eine Therapie, die nicht selten einige Jahre erfordert, kann die Flugangst geheilt werden.

Aussicht & Prognose

Die Flugangst hat als solche gute Chancen, durch eine Therapie überwunden zu werden. Die meisten Menschen, die unter Aviophobie leiden, machen allerdings von der Therapiemöglichkeit keinerlei Gebrauch. Dies mag darin begründet sein, dass er sehr leicht ist, das Fliegen völlig zu umgehen. Entsprechend bleibt die Flugangst bei Menschen, die diese nicht behandeln lassen, meist ein Leben lang bestehen. In sehr vielen Fällen bedeutet dies praktisch kaum Einschränkungen für die Betroffenen.

Eine umfassende Therapie der Aviophobie, die sich vor allem auf die Kognitive Verhaltenstherapie und die Konfrontationstherapie stützt, hat eine Erfolgsquote von bis zu 95 Prozent. Entsprechend sind die Heilungschancen als sehr gut zu bewerten. Fast alle Therapierten sind somit dazu in der Lage, angstfrei ein Flugzeug zu besteigen und auch zu fliegen. Auch Teilnehmer eines Seminars zu Flugangst und wie man dieser begegnen kann, scheinen zu einem kleinen Teil bereits von ihrer Phobie geheilt zu sein.

Zudem hat sich gezeigt, dass große Flugzeugkatastrophen die Anzahl der Fluggäste stets für einen gewissen Zeitraum zurückgehen ließen. Menschen, die unter Aviophobie leiden, beziehen sich zuweilen auf einzelne Ereignisse, die sie nur indirekt erlebt haben können. Entsprechend scheint die Ausbildung dieser Phobie auch an die tatsächliche Flugsicherheit (höher als bei allen anderen Verkehrsmitteln) gekoppelt zu sein.

Hilfreiche Videos für Ihre Gesundheit: MedLexi.de auf YouTube
Hier klicken

Vorbeugung

Ein Vorbeugen der Flugangst wird ein Teil der Therapie sein. Hier lassen sich durch Atemübungen, Muskellockerungen oder die Vorstellung eines solchen Fluges häufig Anspannungen lösen und Ängste kontrollieren. Autogenes Training kann sich hier als sehr wirksam erweisen.

Jedoch sollte auch diese Vorbeugung gegen die Flugangst nur unter ärztlicher Anleitung geschehen. Inwieweit eine Medikation gegen erste Symptome hilfreich ist, muss dabei ebenfalls dem Spezialisten überlassen werden. Mit ihm kann der Betroffene die Flugangst allerdings unter Kontrolle bekommen.

Nachsorge

Nachdem Flugangst erfolgreich behandelt wurde, sind in der Regel keine weiteren Beschwerden zu erwarten. Die Erkrankung verschwindet vollständig. Damit gibt es auch keine Rechtfertigung für eine Nachsorge. Entsprechendes bedeutet allerdings nicht, dass eine Immunität entsteht.

Betroffene können durch äußere Einflüsse immer wieder an der Aviophobie leiden. Eine Diagnose findet in einem ausführlichen Arztgespräch statt. Zur Therapie eignen sich Entspannungstechniken und eine Thematisierung der Angstzustände. Ein Psychotherapeut hilft in mehreren Sitzungen weiter. In einer Vielzahl der Fälle verzichten Betroffene auf die Konsultation eines Arztes.

Alkohol, Nikotin und Beruhigungsmittel sollen dann die Beschwerden lindern, was aber nachweislich zu keinem dauerhaften Erfolg führt. Vielmehr können sich die Anzeichen dadurch noch verschlimmern. Eine Therapie visiert immer an, dem Patienten Verhaltenstipps mitzugeben. Die Einstellung vor und während des Flugs lässt sich kognitiv steuern.

Wesentlich ist es daher, das erlangte Wissen aus der Erstbehandlung in der Praxis anzuwenden. Hierzu zählen unter anderem Atemtechniken. Auf keinen Fall sollten Betroffene, Flughäfen meiden. Dieses erscheint den meisten Ärzten eine falsche Strategie zu sein. Beschwerden verfestigen sich dadurch weiter und können auch in anderen als bedrohlich wahrgenommenen Situationen hervortreten.

Das können Sie selbst tun

Die wichtigste Grundlage zur Bekämpfung der Aviophobie bildet die Wissenserweiterung. Ausführliche Informationen über die Funktionsweise von Flugzeugen, das Flugverhalten und vor allem die Sicherheitsmaßnahmen können helfen, aufkommende Ängste vor Antritt eines Fluges zu verringern. Es ist hilfreich, den Flug mehrmals im Kopf zu durchleben, bevor er tatsächlich stattfindet. So fällt der Umgang mit Turbulenzen oder Fluggeräuschen leichter.

Ein Sitzplatz am Gang wirkt einem Gefühl der Enge und des Kontrollverlustes entgegen. Auf einem Platz direkt über den Tragflächen sind die Bewegungen des Flugzeugs weniger deutlich zu spüren.

Während des Fluges spielt die bewusste Entspannung eine große Rolle. Dazu empfiehlt es sich, am Tag des Flugantritts Stressfaktoren zu meiden und bequeme Kleidung zu tragen. Bereits im Vorfeld sollte eine Atemtechnik erlernt werden, die während des Fluges eingesetzt werden kann. Ebenfalls sinnvoll sind Affirmationen, d.h. positiv bestärkende Sätze, mit denen der Fokus von der Angst weg und auf einen entspannten Zustand gelenkt wird. Auch Bewegung - soweit möglich - sorgt für Ablenkung.

Von der Nutzung von Alkohol oder Tabletten zur Beruhigung ist hingegen abzuraten, da diese unerwünschte Nebenwirkungen haben können und keine langfristige Lösung bieten.

Quellen

  • Arolt, V., Reimer, C., Dilling, H.: Basiswissen Psychiatrie und Psychotherapie. Springer, Heidelberg 2007
  • Dilling, H., Mombour, W., Schmidt, M.H.(Hrsg.): Internationale Klassifikation psychischer Störungen – ICD 10, Kapitel V (F), klinisch-diagnostische Leitlinien. Huber, Bern 2011
  • Morschitzky, H.: Angststörungen – Diagnostik, Konzepte, Therapie, Selbsthilfe. Springer, Wien 2009

Das könnte Sie auch interessieren