Exzessives Schreien im Säuglingsalter

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 26. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Exzessives Schreien im Säuglingsalter ist glücklicherweise für die meisten frischgebackenen Eltern kein Thema. Doch leider nimmt die Zahl der Kinder, die scheinbar unbegründet schreien, zu. Experten sind sich zu den Ursachen allerdings noch nicht ganz einig.

Inhaltsverzeichnis

Was ist exzessives Schreien im Säuglingsalter?

Die Ursachen für exzessives Schreien im Säuglingsalter werden meist in Anpassungsschwierigkeiten des Kindes gesehen.

Unter exzessivem Schreien im Säuglingsalter wird die "3er-Regel" verstanden. Das heißt, die betreffenden Kinder schreien täglich mehr als drei Stunden, an mindestens drei Tagen in der Woche und das über wenigstens drei Wochen.

Krankheitsanzeichen sind in den wenigsten Fällen erkennbar und schon nach kurzer Zeit sind die betroffenen Eltern oft verzweifelt: Wie können sie helfen? Was ist die Ursache? Fakt ist dabei, dass in der Regel nicht die Eltern schuld sind, zumal häufiger Kinder zum exzessiven Schreien neigen, die bereits Geschwisterkinder haben.

Die Eltern bringen daher eine gewisse Erfahrung im Umgang mit dem Säugling mit, somit ist auf ein falsches Verhalten elterlicherseits wohl kaum zu schließen.

Ursachen

Die Ursachen für exzessives Schreien im Säuglingsalter werden meist in Anpassungsschwierigkeiten des Kindes gesehen. Das heißt, es hat sich neun Monate lang im Bauch der Mutter wohlgefühlt und wurde dann in eine ihm fremde Welt geboren. Da es seinen Unmut nicht durch Sprechen deutlich machen kann, schreit es.

Andere Experten sehen körperliche Ursachen im exzessiven Schreien. Sie vermuten, dass der noch empfindliche Darmtrakt des Kindes noch nicht mit der Säuglingsnahrung klar kommt oder dass Unverträglichkeiten auf Speisen, die die Mutter zu sich nimmt, vorliegen.

Wieder andere gehen davon aus, dass dem Baby alles zu viel ist, es bemerkt den Stress der überforderten Eltern und steht damit selbst unter Stress. Um diesen abzubauen, schreit es.

Auch Regulationsstörungen können für kleinkindliche Schreianfälle ursächlich sein.


Krankheiten mit diesem Symptom

Diagnose & Verlauf

Zur Diagnose wendet der Arzt die oben genannte "3er-Regel" an. Er nimmt erst einmal sämtliche Daten auf, die das Kind und die Eltern betreffen. In der Regel wird empfohlen, ein Schreitagebuch zu führen, so dass deutlich wird, wie oft und wie lang die Schreiphasen tatsächlich sind. Dann kann eine auf die spezifische Situation abgestimmte Behandlung begonnen werden.

Oft schreien die Kleinen bereits direkt ab dem Tag der Geburt exzessiv. Dies steigert sich innerhalb der ersten Woche und bleibt dann auf einem kontinuierlichen Niveau bestehen. In den meisten Fällen ist zwischen der siebten und zwölften Lebenswoche alles vorbei und das Kind findet seine innere Ruhe.

Komplikationen

Exzessives Schreien im Säuglingsalter ist vor allem für die Eltern des Babys eine Belastung. Komplikationen kann es deswegen bei Eltern und Kind geben. Zunächst besteht die Gefahr, dass nicht sofort erkannt wird, was der Säugling hat, da er sich nur durch Schreien artikulieren kann. Es könnte sich um Schmerzen, Unwohlsein, Verspannungen und Verrenkungen oder auch einfach um ein harmloses, aber ausgeprägtes Bedürfnis nach Nähe handeln.

Selbst ein Kinderarzt kommt möglicherweise nicht sofort dahinter und muss den Säugling erst eingehend untersuchen. Die Eltern eines Säuglings wiederum, der exzessiv schreit, leiden ihrerseits an nervöser Anspannung, Ruhelosigkeit, meistens auch an extremem Schlafmangel mit allen Folgen und Risiken und sind dadurch auch körperlich anfälliger. Dadurch kommt es insbesondere bei Müttern auch leicht zu einer postpartalen Depression. Grundsätzlich kann natürlich auch ein Vater mit depressiven Verstimmungen zu kämpfen haben, wenn er exzessives Schreien im Säuglingsalter bei seinem Kind mitbekommt.

Depressionen bei Eltern führen in der Folge häufig zur Vernachlässigung des Kindes, hinterlassen aber natürlich auch bei den Eltern selbst schlimme Folgen und sollten schnellstmöglich erkannt und behandelt werden. Da ein gewisser Babyblues aber normal ist und dadurch Depressionen durch exzessives Schreien im Säuglingsalter oft nicht erkannt werden, bleiben Eltern oft lange mit ihrem Problem alleine.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Eltern sind häufig verunsichert: Ist das Schreien ihres Babys noch im Rahmen des Normalen oder handelt es sich bereits um „Exzessives Schreien im Säuglingsalter"? Insbesondere junge und noch unerfahrene Eltern machen sich hier oft Sorgen, scheuen sich aber oft, deswegen gleich einen Arzt aufzusuchen. Manche erhalten sogar Ratschläge, ausgiebiges Schreien ihres Babys kräftige seine Lungen oder es sei nicht gut, einem schreienden Baby deswegen extra Aufmerksamkeit zu schenken. Exzessives Schreien im Säuglingsalter ist jedoch unbedingt ein Grund, das Kind einem Kinderarzt vorzustellen.

Für exzessives Schreien im Säuglingsalter gibt es die klar definierende 3er-Regel: Dabei schreien die Babys

  • mehr als 3 Stunden täglich
  • mindestens 3 Tage wöchentlich
  • über wenigstens 3 Wochen

Exzessives Schreien im Säuglingsalter kann am Charakter des Babys liegen und somit harmlos sein. Es kann aber ebenso auf einer für das Kind unangenehmen Befindlichkeitsstörung oder sogar einer ernst zu nehmenden gesundheitlichen Beeinträchtigung beruhen. Schließlich kann sich ein Säugling nicht in Worten dazu äußern, was ihm fehlt. Lautes Schreien ist daher zunächst als Alarmsignal des Kindes zu werten. Eltern sollen daher bei exzessivem Schreien im Säuglingsalter mit ihrem Kind umgehend die Praxis eines Kinderarztes aufsuchen – lieber einmal zu viel als zu wenig.

Behandlung & Therapie

Direkte Behandlungsmöglichkeiten gibt es für das exzessive Schreien nicht. Nachdem herausgefunden wurde, zu welchen Zeiten das Baby besonders häufig schreit, kann eine weitere Ursachenforschung und eventuell eine Vermeidung der betreffenden Situation versucht werden.

Teilweise ist es einfach nur Stress durch viele Besuche und Unternehmungen mit dem Neugeborenen, was das Schreien verursacht. In weniger eindeutigen Fällen kann die Hebamme helfen, sie wird dem Baby meist das homöopathische Mittel Nux vomica verabreichen. Diese Medikation soll bewirken, dass das Kind zur Ruhe kommt und den bisherigen Stress vergisst. Ob es wirklich hilft, weiß niemand genau, aber es ist einen Versuch wert. Zuvor sollte diesbezüglich aber der Rat des Kinderarztes eingeholt werden.

Viele Ärzte überweisen die Eltern direkt in eine Schreiambulanz. Solche Einrichtungen gibt es inzwischen in vielen größeren Städten. Dort werden unter anderem die Hirnströme des Kindes gemessen, so dass eventuell anormale Vorgänge in den Hirnabläufen und -strukturen erkannt werden können. Teilweise werden auch Computertomographien gemacht, damit neurale Störungen ausgeschlossen werden können.

Ansonsten sind die Behandlungsmöglichkeiten des exzessiven Schreiens begrenzt, hier hilft die alte Regel: Abwarten und Tee trinken. Im wahrsten Sinne des Wortes werden hier die Eltern mit Tee behandelt, sie können Beruhigungstees trinken, um der wenigen ruhigen Zeit des Tages mit innerer Ruhe und Schlaf zu begegnen.

Aussicht & Prognose

Exzessives Schreien im Säuglingsalter ist für alle Beteiligten anstrengend, sowohl für den Säugling selbst als auch für die Eltern. Tritt es schon in den ersten Lebenstagen auf, muss es bereits jetzt untersucht werden, denn es kann sein, dass sich dahinter ein ernstes Problem verbirgt. Da die meisten Säuglinge in ihren ersten Lebenstagen ohnehin noch in der Klinik sind und bei Bedarf behandelt werden können, stehen ihre Chancen gut, dass gesundheitliche Probleme erkannt werden und das Schreien infolgedessen aufhört.

Exzessives Schreien im Säuglingsalter kann allerdings auch ohne körperlichen Hintergrund auftreten, manche Babys schreien mehr als andere. Das kann sich über mehrere Monate hinweg ziehen, ohne dass die Eltern viel dagegen unternehmen können, außer ihren Säugling in den Arm zu nehmen und zu trösten. In diesen Fällen von exzessivem Schreien im Säuglingsalter müssen für eine gute Aussicht auf die weitere Entwicklung der Familie auch die Eltern einbezogen werden. Andernfalls übersteht zwar der Säugling die Schreiphase ohne weitere Schäden, die Beziehung der Eltern zu ihrem Kind kann allerdings empfindlich geschädigt sein.

Wenn gegen das Schreien selbst nichts unternommen werden kann, müssen die Eltern entlastet werden und sollten auf die Schreiambulanzen der Krankenhäuser in größeren Städten hingewiesen werden, an die sie sich wenden können, wenn sie nicht mehr weiterwissen.


Vorbeugung

Dem exzessiven Schreien kann nicht vorgebeugt werden. Es wird davon ausgegangen, dass die Vermeidung von Stress und einer ungesunden Lebensweise in der Schwangerschaft dazu beitragen kann, das spätere Schreien zu mildern. Gänzlich verhindert werden kann es aber nicht, solange die tatsächlichen Ursachen für Schreikinder nicht geklärt sind. Ruhe und das Bleiben in einer vertrauten und gepflegten Umgebung werden allgemein als Möglichkeit gesehen, Schreien zu verhindern.

Das können Sie selbst tun

Sofern eine organische Ursache hinter dem exzessiven Schreien des Säuglings ausgeschlossen werden kann, muss sich langsam an den Hintergrund herangetastet werden. Zunächst sollte das Baby nicht aufgeregt werden. Besuche sollten auf ein Minimum beschränkt werden. Auch Ablenkungen wie Fernsehen oder für das Kind stressige Unternehmungen zu vermeiden, kann Abhilfe verschaffen.

Exzessives Schreien beim Baby kann auch auf chronische Übermüdung zurückzuführen sein. Es empfiehlt sich, das Kind in regelmäßigen Abständen zum Schlafen zu bringen. Auf eine Wachphase von einer bis eineinhalb Stunden sollte eine Ruhepause folgen, in welcher sich der Säugling erholen kann. So wird eine Reizüberflutung vermieden. Ein gut durchstrukturierter Tag gibt dem Kind Sicherheit. Sollte sich auch das Einschlafen schwierig gestalten, kann ein warmes Bad oder eine sanfte Massage zur Beruhigung des Babys beitragen.

Sogenannte Schreikinder benötigen viel Aufmerksamkeit und positiven Zuspruch. Betroffene Kinder sollten mit einer möglichst ruhigen und monotonen Stimme angesprochen werden. Das sollte auch aufrechterhalten werden, wenn sich keine unmittelbare Besserung einstellt und das Kind weiter exzessiv schreit. Phasen, in denen das Baby nicht schreit, sollten ebenfalls genutzt werden. Betroffene Eltern sollten in den ruhigen Perioden dafür sorgen, dass viel Körperkontakt besteht. Sehr hilfreich kann es sein, sich das das nackte Baby auf die ebenfalls nackte Brust zu legen.

Quellen

  • Kerbl, R., Kurz, R., Roos, R., et al.: Checkliste Pädiatrie. Thieme, Stuttgart 2011
  • Reinhardt, D., Reinhardt, G.: Kinderkrankheiten. Hirzel, Stuttgart 2009
  • Sitzmann, F. C.: Pädiatrie. Thieme, Stuttgart 2007

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