Ellenbogenverrenkung (Ellenbogenluxation)

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 2. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Ellenbogenverrenkung oder Ellenbogen-Luxation ist die vollständige Ausrenkung des Ellenbogengelenks. Zumeist wird sie durch Traumata ausgelöst und liegen zusätzlich Verletzungen der Seitenbänder, Nerven oder Knochenbrüchen vor. Bei Kindern ist die Ellenbogen-Luxation die häufigste Verrenkung, bei Erwachsen nach der Auskugelung des Schultergelenks die zweithäufigste.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Ellenbogenverrenkung?

Schematische Darstellung zur Anatomie und Aufbau des Ellenbogens. Klicken, um zu vergrößern.

Umgangssprachlich bezeichnet man die Ellenbogen-Luxation als "ausgerenkt" oder "ausgekugelt". Medizinisch bedeutet dies, dass das Ellenbogengelenk stark verschoben und nicht mehr in seiner ursprünglichen anatomischen Lage ist. Der Gelenkkopf befindet sich nicht mehr in der Gelenkpfanne.

In einigen Fällen kommt es zu begleitenden Verletzungen der Seitenbänder, zu Knochenbrüchen oder durch Überdehnung zu Verletzungen der Unterarmnerven Nervus ulnaris und Nervus medianus.

Symptomatisch macht sich die Ellenbogen-Luxation durch eine Fehlstellung des Ellenbogens, starke Schmerzen und erhebliche Bewegungseinschränkungen des Ellbogens bemerkbar. Treten zusätzlich Verletzungen, beispielsweise eine Dehnung des ellenseitigen Unterarmnervs, auf, so können Gefühlsbeeinträchtigungen in der Hand auftreten.

Befindet sich der Gelenkkopf noch teilweise in der Gelenkpfanne, so spricht man von einer Subluxation des Ellenbogens.

Ursachen

In seltenen Fällen ist die Ellenbogen-Luxation angeboren und besteht sie von Geburt an. Hierbei liegt eine unvollständige Ausbildung des Ellen- oder Oberarmknochens vor, die das Ellenbogengelenk instabilisiert. Die einzelnen Knochen verschieben sich nun leicht gegen einander.

Häufiger ist die habituelle, die gewohnheitsmäßige, Ausrenkung. Bei dieser renkt sich das Ellenbogengelenk wiederholt ohne von Außen ersichtlichen Grund spontan aus.

Die häufigste Ursache sind jedoch Stürze oder Gewalteinwirkungen auf den nach hinten überstreckten Ellenbogen. Durch die abrupte Gewalteinwirkung werden die Gelenkflächen von einander getrennt und gegeneinander verschoben. Diese abnorme Stellung behalten die Gelenkflächen auch nach Ende der Gewalteinwirkung bei. Nicht selten entstehen zusätzlich Kapselrisse im Gelenk und Bänderrisse.

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Symptome, Beschwerden & Anzeichen

In den meisten Fällen ist eine Ellenbogenverrenkung auch mit anderen Verletzungen oder Traumata verbunden und tritt dabei nicht alleine auf. Sie führt allerdings in erster Linie zu sehr starken Schmerzen in der betroffenen Körperregion. Die Schmerzen breiten sich häufig auch in die benachbarten Regionen aus und führt auch dort zu Beschwerden.

Vor allem in der Nacht kann es daher durch die Ellenbogenverrenkung zu Schmerzen und zu Schwierigkeiten beim Einschlafen kommen. Viele Betroffene sind daher gereizt oder auch leicht aggressiv und leiden an verschiedenen psychischen Verstimmungen oder sogar an Depressionen. Es kommt ebenso zu Einschränkungen in der Bewegung und im Allgemeinen zu einer Fehlstellung des Ellenbogens.

Sollte die Ellenbogenverrenkung nicht behandelt werden, so treten Taubheitsgefühle und Störungen der Sensibilität auf, die sich bis in die Arme und Hände ausbreiten können. In einigen Fällen sind die Patienten damit auf die Hilfe anderer Menschen in ihrem Alltag angewiesen und können viel Dinge des Alltages nicht alleine durchführen. Auch Schwellungen können durch die Ellenbogenverrenkung auftreten. Bei Kindern führt die Beschwerden zu einer verzögerten Entwicklung. Dabei wirkt sie sich jedoch nicht negativ auf die Lebenserwartung des Patienten aus.

Diagnose & Verlauf

Die akute Ellenbogen-Luxation erfordert die schnelle Behandlung durch einen kompetenten Experten, um das Risiko von Gefäß- und Nervenschäden zu minimieren. Der Arzt kann die gegen einander verschobenen Gelenke ertasten.

Durchblutung und Funktion von Unterarmmuskeln und Hautgefühls am Unterarm müssen ebenfalls untersucht werden, um Begleiterkrankungen auszuschließen. Wichtig ist die Röntgenuntersuchung, um eindeutig zwischen Brüchen und einer Ellenbogen-Luxation differenzieren zu können. Erst nach Ausschluss von Brüchen kann eine Therapie eingeleitet werden. Eine Kontrollaufnahme nach einigen Wochen dient der Beurteilung des Behandlungserfolges.

Da die Ellenbogen-Verrenkung mittels Anamnese und Untersuchung gut feststellbar ist, werden weitere Diagnoseverfahren wie Kernspintomographie und Computertomographie nur zur besseren Beurteilung von Verletzungsfolgen, beispielsweise Nervenschädigungen, eingesetzt.

Bei einer einfachen Ellenbogen-Luxation ohne Begleitverletzungen kann von einer sehr guten Prognose ausgegangen werden. Nach drei bis vier Monaten ist das Ellenbogengelenk wieder vollständig belastbar.

Komplikationen

Zu den Nebenwirkungen bei einer fehlenden knöchernen Stabilisierung und insbesondere bei einer gleichzeitig vorliegenden Speichenköpfchenfraktur sowie einer Fraktur des Proc. Coronoideus kann es zu einer Reluxationstendenz kommen. Weil bei einer Ellenbogenluxation fast immer Kapsel-Band-Anteile verletzt wurden, kann es unabhängig von einer operativen oder konservativen Behandlung zu einer seitlichen Instabilität mit bleibendem Status kommen.

Je schwerer die Luxation sich darstellt, umso höher ist die Gefahr eines kreisförmig zunehmenden Risses bezogen auf den Bandkomplex. Dieser würde sich von lateral nach medial darstellen. Darüber hinaus kann es zu osteochondralen Flakes (Knorpelknochenabschilferungen) kommen. Möglicherweise entsteht auch eine Osteochondrosis dissecans.

Auch freie osteochondrale Fragmente sind nicht auszuschließen. Zu den langfristigen Komplikationen gehört eine Ellenbogenarthrose. Kommen zur Ellenbogenluxation Gefäßnervenläsionen hinzu, besteht die Gefahr eines Gangräns der Hand beziehungsweise des Unterarms. Auch ein Unterarm-Kompartmentsyndrom ist dann nicht auszuschließen.

Zu den möglichen Komplikationen gehört auch eine Gelenkversteifung im enggradigen Bewegungsbereich. Eventuell kommt es auch zu einer funktionellen Einschränkung.

Sehr häufig kommt es zu periartikulären Ossifikationen, die erhebliche Bewegungseinschränkungen zur Folge haben. Bei einer einfachen Luxation ohne Begleitverletzungen sind Instabilitätsprobleme bekannt aber selten. Häufiger jedoch kommt es zu bleibenden Schmerzen und Steifheit.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Stellt der Betroffene fest, dass sich sein Ellenbogengelenk nicht mehr wie gewohnt beugen und strecken lässt, besteht Anlass zur Besorgnis. Ein Arzt ist aufzusuchen, sobald es zu Schmerzen oder Beeinträchtigungen der Bewegungsabläufe kommt. Können knackende Geräusche bei gängigen Bewegungen wahrgenommen werden, ist ein Arztbesuch ratsam. Sobald alltägliche Aufgaben nicht mehr wie gewohnt erfüllt werden können oder beruflichen Verpflichtungen nicht mehr nachgegangen werden kann, wird ein Arzt benötigt.

Kommt es zu Schwellungen in der Region des Gelenks, sind Hautveränderungen erkennbar oder bilden sich Blutergüsse, muss ein Arzt aufgesucht werden. Die Konsultation eines Arztes ist ebenfalls bei emotionalen und psychischen Problemen zu empfehlen. Stimmungsschwankungen, depressive Phasen oder auffällige Verhaltensänderungen sollten von einem Arzt abgeklärt werden. Treten Schlafstörungen ein, kommt es zu Abgeschlagenheit oder einem allgemeinen Unwohlsein, ist ein Arzt aufzusuchen.

Vor der Einnahme eines Medikamentes ist grundsätzlich die Rücksprache mit einem Mediziner zu halten, um mögliche Nebenwirkungen oder Risiken zu besprechen. Sinkt das gewohnte Leistungsniveau oder kommt es durch die Beschwerden zu einer einseitigen körperlichen Belastung, sollte ein Arzt konsultiert werden. Bei Muskelschmerzen, Verspannungen in den Armen, Schultern oder im Rücken, ist es ratsam, eine ärztliche Versorgung in Anspruch zu nehmen. Eine Schliefhaltung des Oberkörpers ist ebenfalls untersuchen zu lassen.

Behandlung & Therapie

Wichtig ist in jedem Fall die schnelle Behandlung. Experten empfehlen sie binnen sechs Stunden, um das Risiko von Nerv- und Gefäßschäden zu minimieren. Als Erstmaßnahmen bis zur Erreichung eines Arztes empfehlen sich Schonung und Kühlung des Gelenks, denn je geringer die Schwellung ausfällt, desto leichter ist das Einrenken möglich.

Nach der eingehenden Anamnese, Diagnose und Komplexitätsbeurteilung richtet sich die individuelle Versorgung der Ellenbogen-Verrenkung. Da die konservative Behandlung mit Wiedereinrenkung des Gelenks sehr schmerzhaft ist, wird diese meist unter Narkose durchgeführt. Auch wenn Weichteile mitbetroffen sind, ist eine Operation nicht immer erforderlich.

Unabdingbar ist die operative Therapie jedoch bei offenen Verrenkungen, Gefäß- und Nervenverletzungen, erneut aufgetretener Verrenkung nach Einrenkung und Knochenbruch. Bei dieser Operation näht der behandelnde Arzt verletzte Weichteilstrukturen und stabilisiert er Knochenverletzungen mit Drähten oder Schrauben. Eine komplette Ruhigstellung des Gelenks mit Metalldrähten wird bei starker Band-Zerreißung durchgeführt.

Abhängig von der durchgeführten Therapie erfolgen krankengymnatische Übungen kurz nach der Wiedereinrenkung und Schienung oder erst nach der Heilung der Operationswunde. Ziel der Physiotherapie sind die Kräftigung der Muskulatur und die Wiederherstellung der vollständigen Gelenkbeweglichkeit. Eine Bewegungsorthese kann unterstützend wirken.

Aussicht & Prognose

Liegen keine weiteren Verletzungen der Knochen oder umliegenden Gefäße vor, ist die Prognose bei einer Ellenbogenverrenkung günstig. Innerhalb weniger Monate kann die Ellenbogenluxation bei ausreichender Ruhe und Schonung vollständig ausheilen.

In einer ärztlichen Behandlung wird das Gelenk mit wenigen Handgriffen wieder eingerenkt. Nach ungefähr 3-4 Monaten können der Arm sowie der Ellenbogen im Normalfall wieder vollständig und wie gewohnt belastet werden. Einige Patienten berichten dennoch im weiteren Verlauf von einer Belastbarkeit, die von der Tagesform abhängig ist. Überanstrengungen sollten daher für eine gute Prognose dauerhaft vermieden werden. Mit einer Spontanheilung ist bei einer Verrenkung nicht zu rechnen. Eine medizinische Versorgung ist notwendig, um eine Linderung der Beschwerden zu erreichen.

Kam es durch die Ursache der Ellenbogenverrenkung zu Knochenabsplitterungen, ist oftmals ein operativer Eingriff notwendig. In diesem werden notwendige Korrekturen vorgenommen. Eine Heilung ist ebenfalls in den meisten Fällen möglich, muss jedoch nach den individuellen Verletzungen beurteilt werden.

Kommt es durch die Beschwerden zu einer chronischen Erkrankung der Knochen, verschlechtert sich die Prognose. Die Symptome nehmen im weiteren Verlauf an Intensität zu. Als letzte Möglichkeit bleibt der Austausch des Gelenks. Damit kann der Patient seinen Arm nutzen und im Alltag eine gute Funktionstätigkeit erreichen.

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Vorbeugung

Es ist schwer, einer Ellenbogen-Luxation vorzubeugen, da sich Stürze nicht immer vermeiden lassen. Wer an einer angeborenen Schwäche des Ellebogengelenks oder habitueller Luxation leidet, sollte das Gelenk jedoch besonders schonen und auf Risikofaktoren verzichten.

Nachsorge

Durch die Ellenbogenverrenkung wird die Lebenserwartung des Betroffenen in der Regel nicht negativ beeinflusst. In den meisten Fällen stehen dem Patienten jedoch keine besonderen Maßnahmen und Möglichkeiten einer Nachsorge zur Verfügung, sodass der Patient zuerst auf eine vollständige Heilung der Beschwerden angewiesen ist. Da es dabei auch nicht zu einer Selbstheilung kommen kann, sollte immer eine frühe Diagnose mit einer frühzeitigen Behandlung durchgeführt werden.

Nur dadurch können weitere Komplikationen möglichst vermieden oder eingeschränkt werden. Die Behandlung selbst erfolgt dabei entweder durch das Einrenken des Gelenkes oder durch einen operativen Eingriff. Der Betroffene sollte nach dem Eingriff seinen Körper nicht belasten und auf jeden Fall schonen. Dabei ist auch Bettruhe zu beachten, wobei von anstrengenden oder von stressigen Aktivitäten abzusehen ist.

In vielen Fällen sollte das betroffene Gelenk bei einer Ellenbogenverrenkung geschont und nicht belastet werden. Durch Maßnahmen einer Physiotherapie oder einer Krankengymnastik kann die Bewegung des Gelenkes meist relativ gut wiederhergestellt werden. Dabei können viele Übungen auch in Eigenregie durchgeführt werden, wodurch die Heilung der Ellenbogenverrenkung eventuell begünstigt wird. Auch die Unterstützung und die Pflege durch Freunde und durch die Familie fördern die Heilung dieser Beschwerde.

Das können Sie selbst tun

Eine Ellenbogenverrenkung, auch Ellenbogenluxation genannt, ist häufig Folge von Gewalteinwirkungen oder Stürzen auf den Ellenbogen. Diese Verletzung erfordert eine genaue Diagnose und fachgerechte Behandlung durch einen Experten.

Als Erste-Hilfe-Maßnahme bis zum Eintreffen des Arztes empfiehlt sich die Kühlung des betreffenden Ellenbogengelenkes. Es muss so bald wie möglich wieder eingerenkt werden, was häufig unter Narkose geschieht, da es ansonsten zu schmerzhaft wäre.

In der Regel muss der Patient nach der Einrenkung sieben bis zehn Tage einen Oberarmgips tragen. Der Arm benötigt absolute Ruhe und muss in einer rechtwinkligen gekreuzten Position gehalten werden.

Wird der Gips abgenommen, kann eine Bewegungsorthese angelegt werden. Sie stabilisiert das Gelenk und ermöglicht gleichzeitig ein langsames Heranführen an normale Bewegungen. In dieser Zeit ist es sehr wichtig, die verschriebenen physiotherapeutischen Behandlungen wahrzunehmen und aktiv zu unterstützen.

Wie dies am besten geschieht, teilen die behandelnden Ärzte und Physiotherapeuten dem Patienten mit. Es dauert einige Zeit, bis der Arm und das Ellenbogengelenk wieder voll belastet werden können. Bis dahin gilt es, das Gelenk zu aktivieren, ohne es zu überfordern.

Vorbeugende Maßnahmen, die eine Ellenbogenverrenkung oder Ellenbogenluxation von vornherein verhindern können, gibt es nicht. Es sollte allerdings versucht werden, risikoreiche Situationen, die zu Stürzen mit entsprechenden Folgen führen können, zu meiden.

Quellen

  • Grifka, J., Krämer, J.: Orthopädie, Unfallchirurgie. Springer, Heidelberg 2013
  • Spornitz, U. M.: Anatomie und Physiologie. Springer Medizin Verlag, Berlin Heidelberg 2004
  • Wirth, C.J. et al.: Praxis der Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme, Stuttgart 2013

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