Cystinose

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 21. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Als Cystinose wird eine erbliche Stoffwechselkrankheit bezeichnet. Dabei kommt es in zahlreichen Organen zu einer übermäßigen Anlagerung von Cystin.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Cystinose?

Da die Nieren durch die Cystinspeicherkrankheit in Mitleidenschaft gezogen werden, führt dies zum Verlust von Wasser und Elektrolyten sowie zu einer Azidose (Blutansäuerung).
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Bei der Cystinose handelt es sich um eine angeborene Stoffwechselerkrankung, die vererbt wird. Sie ist auch unter den Bezeichnungen Zystinose, Cystinspeicherkrankheit, Amindiabetes, Abderhalden-Fanconi-Syndrom oder Lignac-Syndrom bekannt. Die Krankheit zeigt sich in den meisten Fällen bereits im Kindesalter. Es gibt auch eine Erwachsenenform, die Bürki-Rohner-Cogan-Syndrom genannt wird.

Zu den typischen Merkmalen der Cystinose gehört die Ansammlung der Aminosäure Cystin in mehreren Organen. Dabei kann es sich um die Muskeln, die Nieren, die Bauchspeicheldrüse, die Augen sowie das Gehirn handeln. In verschiedenen Altersstufen kommt es zum Angriff auf unterschiedliche Organe. Die Cystinose gilt als sehr seltene Erkrankung. So kommt sie lediglich bei einem von 100.000 bis 200.000 neugeborenen Kindern vor. Auf der ganzen Welt ließen sich bislang nur rund 200.000 Krankheitsfälle registrieren.

Ursachen

Bei der Cystinose gilt es, zwischen drei Verlaufsformen zu differenzieren. So gibt es eine infantil-nephropathische, eine adoleszent-nephropathische und eine adult-benigne Form.

  • Die häufigste Form wird von der infantil-nephropathischen Variante gebildet. Dabei treten bereits im Alter von sechs Monaten Fehlfunktionen der Nieren bei dem betroffenen Kind auf.
  • Die adoleszent-nephropathische Form zeigt sich dagegen erst im Jugendalter.
  • Die adult-benigne Form tritt nur bei erwachsenen Menschen auf.

Die Cystinose zählt zur Gruppe der Erbkrankheiten. Sie wird autosomal-rezessiv vererbt. Das bedeutet eine Vererbung auf zwei Autosomen. Darüber hinaus werden zwei Gene sowohl vom Vater als auch von der Mutter benötigt. In jedem Elternteil, dessen Kind an Cystinose erkrankt, befindet sich ein normales Gen sowie ein defektes Gen. Bei den Eltern macht sich eine Cystinose nicht bemerkbar.

Verantwortlich für die Entstehung der Cystinose ist eine Mutation des CTNS-Gens. Diese lokalisiert sich auf Chromosom 17. Von diesem Gen wird Cystinosin codiert, bei dem es sich um einen lysosomalen Cystin-Transporter handelt. Die Transportstörung in den Cystin-Lysosomen hat das Anreichern von Cystin in mehreren Organen zur Folge.

Dies sind in erster Linie Leber, Milz, Nieren, das Knochenmark sowie die Bindehaut und die Hornhaut der Augen (Cornea). Da das Cystin nur geringfügig löslich ist, sorgt die Aminosäure für die Entstehung von Kristallen innerhalb der Zell-Lysosomen. Dies führt vermutlich zur Zerstörung der Zellen.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Die Symptome der Cystinose richten sich nach der jeweiligen Verlaufsform. Die infantil-nephropathische Form tritt in der Regel zwischen dem 6. und dem 18. Lebensmonat auf. Bemerkbar macht sie sich durch allgemeine Beschwerden wie Fieber, Erbrechen, Appetitlosigkeit, Gewichtsstillstand und chronische Verstopfung. Außerdem kommt es zu Polyurie (erhöhter Urinausscheidung), Polydipsie (krankhaftem Durst), Fehlwachstum und einer Rachitis. Auf die intellektuelle Entwicklung der betroffenen Kinder hat die Erkrankung meist keinen Einfluss.

Da die Nieren durch die Cystinspeicherkrankheit in Mitleidenschaft gezogen werden, führt dies zum Verlust von Wasser und Elektrolyten sowie zu einer Azidose (Blutansäuerung). Kommen noch Infekte hinzu, leiden die betroffenen Babys und Kleinkinder oft unter Kraftlosigkeit und erheblichen Entgleisungen des Stoffwechsels. Ebenso sind spontane Knochenfrakturen sowie Pseudofrakturen möglich.

Bei der adoleszent-nephropathischen Verlaufsform zeigt sich die Cystinose erst zwischen dem 10. und dem 12. Lebensjahr. Die Krankheit verläuft dann schneller, wodurch es rasch zu Nierenschäden kommt. Die adult-benigne Form lässt sich erst im Erwachsenenalter entdecken. Als einziges Symptom bei Erwachsenen zeigen sich in der Regel nur Ablagerungen von Kristallen in den Augen.

Diagnose & Verlauf

Da es sich bei der Cystinose um eine äußerst seltene Krankheit handelt, fällt ihre Diagnose nicht immer leicht. Es ist jedoch möglich, die Cystineinlagerung in den Lymphknoten, der Rektumschleimhaut, den Fibroblasten und den Leukozyten (weißen Blutkörperchen) nachzuweisen.

Werden die Augen mit einer Spaltlampe untersucht, lassen sich in der Cornea Cystinkristalle entdecken. Wird der Augenhintergrund gespiegelt, ist eine Retinopathie erkennbar. Auch eine Pränataldiagnostik lässt sich bei Familien, bei denen ein Cystinose-Risiko besteht, durchführen. Dabei erfolgt zwischen der 8. und 9. Schwangerschaftswoche eine Chorionbiopsie. Zwischen der 14. und 16. Schwangerschaftswoche lässt sich zudem eine Fruchtwasseruntersuchung vornehmen.

Ohne eine spezielle Behandlung hat die Cystinose bei den betroffenen Kindern tödliches Nierenversagen zur Folge. In der Regel büßen sie ihre Nierenfunktion im 9. Lebensjahr ein. Erfolgt eine Nierentransplantation, wird die neue Niere im Erwachsenenalter nicht mehr geschädigt. Ohne eine Behandlung mit Cysteamin drohen allerdings erhebliche Komplikationen wie Diabetes mellitus, Schluckstörungen und Muskelabbau, was jedoch nicht in jedem Fall vorkommt.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Bei Verdacht auf Cystinose sollte umgehend ein Arzt konsultiert werden. Je nach Verlaufsform äußert sich die Erkrankung durch unterschiedliche Symptome. Bei der infantil-neprhopathischen Form treten die typischen Beschwerden – unter anderem Fieber, Erbrechen, Appetitlosigkeit, Gewichtsstillstand und chronische Verstopfung – meist zwischen dem 6. und dem 18. Lebensmonat auf. Eltern, die in diesem Zeitraum entsprechende Symptome feststellen, sollten mit dem Kind umgehend zum Hausarzt gehen.

Ähnliche Symptome, die allerdings erst zwischen dem 10. und dem 12. Lebensjahr auftreten, deuten auf die adoleszent-nephropathische Form hin. Auch in diesem Fall gilt: direkt zum Kinderarzt und eine Untersuchung des Kindes veranlassen. Im Erwachsenenalter äußert sich die Erkrankung in der Regel nur durch auffällige Ablagerungen von Kristallen in den Augen. Eine gezielte Diagnose gestaltet sich deshalb als schwierig.

Ein Arztbesuch empfiehlt sich, wenn eine schleichende Abnahme der Lebensqualität verspürt wird, für die keine eindeutige Ursache gefunden werden kann. Wer bereits unter einer anderen Stoffwechselerkrankung leidet, sollte bei genannten Symptomen umgehend mit dem zuständigen Arzt sprechen.

Behandlung & Therapie

Eine Therapie der Ursachen der Cystinose ist bislang nicht möglich. Daher beschränkt sich die Behandlung auf die Symptome der Krankheit. Zu diesem Zweck erhalten die betroffenen Kinder Phosphat und Vitamin D. Auf diese Weise lässt sich eine Rachitis vermeiden. Ebenfalls wichtig ist die Einnahme von Cysteamin, das zur Verlangsamung der Nierenschäden dient. So hemmt das Mittel die Ablagerung des Cystins in den Zellen.

Das Cysteamin wirkt sich zudem positiv auf das Wachstum der erkrankten Kinder aus. Verabreicht wird das Mittel zumeist in der Form von Kapseln. Um Cystinablagerungen in der Cornea des Auges zu behandeln, werden cysteaminhaltige Augentropfen verabreicht. Auch eine Korrektur der Elektrolytstörungen findet statt. Zur Behandlung der Niereninsuffizienz erfolgt eine Hämodialyse. Mitunter kann eine Transplantation der Nieren erforderlich sein. Diese Behandlungsform erwies sich als sehr wirkungsvoll.

Aussicht & Prognose

Die Prognose ist ungünstig und richtet sich nach der Form der Cystinose. Diese wird nach dem Manifestationsalter des Patienten festgelegt und kann im schlimmsten Fall tödlich verlaufen. Die Erbkrankheit wird symptomatisch behandelt, da mit den vorhandenen Möglichkeiten keine Heilung möglich ist. Dennoch sind in den vergangenen Jahren deutliche medizinische Fortschritte erfolgt, die eine Linderung der Symptome bewirken sowie die vorhandene Lebenszeit verlängern.

Die Aussichten auf ein verbessertes Wohlbefinden sowie ein Anstieg der Lebensqualität konnten maßgeblich durch die neuen Therapiemöglichkeiten erreicht werden. Je älter der Patient bei den ersten Anzeichen der Erkrankung ist, desto besser sind seine Chancen.

Es gibt drei Arten der Cystinose, die wesentlich an das Alter des Patienten geknüpft sind. Bei der infantil-nephropathischen Cystinose kommt es bereits nach wenigen Monaten der Geburt zu Fehlfunktionen der Niere. Dies ist die häufigste Form der Cystinose und sie tritt bereits bei Säuglingen im Alter von 6 Monaten auf. Ohne eine medizinische Versorgung verschlechtert sich der gesundheitliche Zustand und es kommt zu einem Nierenversagen.

Die Prognose verbessert sich, sobald es die Möglichkeit einer Nierentransplantation gibt. Sie kann das Überleben des Betroffenen sichern, es treten jedoch zahlreiche Nebenwirkungen oder Folgeerscheinungen auf. Daher wird auch mit einer Spenderniere keine Heilung erreicht.


Vorbeugung

Die Cystinose zählt zu den angeborenen Krankheiten, die vererbt werden. Aus diesem Grund sind keine Vorbeugemaßnahmen möglich.

Nachsorge

Ob dem Betroffenen bei einer Cystinose besondere Maßnahmen einer Nachsorge zur Verfügung stehen, kann in der Regel nicht im Allgemeinen vorhergesagt werden. Diese hängen dabei stark von der Ursache und auch von der Behandlung der Cystinose ab, wobei der Betroffene schon bei den ersten Symptomen und Anzeichen dieser Krankheit einen Arzt kontaktieren sollte. Je früher ein Arzt aufgesucht und die Behandlung eingeleitet wird, desto besser ist in der Regel auch der weitere Verlauf der Erkrankung.

Die Behandlung selbst erfolgt meist durch die Einnahme von Medikamenten und anderen Ergänzungsmitteln. Der Betroffene sollte auf eine regelmäßige Einnahme und auch auf eine richtige Dosierung achten. Bei Kindern müssen dabei vor allem die Eltern die angemessene Einnahme kontrollieren. Weiterhin kann auch eine geregelte Ernährung die Beschwerden der Cystinose gut lindern.

Hierbei kann auch der behandelnde Arzt dem Betroffenen einen Ernährungsplan erstellen, welcher die Beschwerden lindern kann. Da die Krankheit zu einer Schädigung der inneren Organe führen kann, sind auch regelmäßige Untersuchungen durch einen Internisten sehr sinnvoll. Dabei sollten vor allem die Nieren untersucht werden. Eventuell kommt es durch diese Krankheit zu einer verringerten Lebenserwartung des Betroffenen.

Das können Sie selbst tun

Cystinose ist eine Erbkrankheit und kann nicht kausal behandelt werden. Betroffene können also nichts tun, um die Ursachen der Krankheit zu bekämpfen. Auftretende Symptome müssen unbedingt von einem Arzt untersucht werden.

Die häufigste Form der Cystinose stellt die infantil-nephropathische Form dar, die bei Säuglingen im Alter ab etwa sechs Monaten auftritt und meist mit einer Fehlfunktion der Nieren einhergeht. Zwecks Milderung der Symptome sollten betroffene Kinder Phosphat und Vitamin D erhalten. So wird einer Rachitis vorgebeugt.

Junge Eltern fühlen sich in dieser Situation aber häufig überfordert. Sie finden Unterstützung bei Selbsthilfevereinen, die auch online aktiv sind. Cystinose-Selbsthilfegruppen informieren betroffene Eltern über den aktuellen Stand der Forschung, versuchen Fragen aus dem Alltag zu beantworten und stellen außerdem den Kontakt zu anderen Familien mit Kindern, die an Cystinose leiden, her.

Auf Wunsch begleiten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Vereine Eltern auch zu Gesprächen mit Ärzten, Erzieherinnen oder der Schulleitung. Einige Selbsthilfegruppen stellen auch Videos und andere Infomaterialien zur Verfügung, mit deren Hilfe das soziale Umfeld der betroffenen Kinder über die Krankheit aufgeklärt werden kann. Darüber hinaus bieten auch viele Krankenhäuser spezielle Cystinose-Sprechstunden an.

Quellen

  • Deschka, M.: Laborwerte A-Z. Kohlhammer, Stuttgart 2011
  • Murken, J., Grimm, T., Holinski-Feder, E., Zerres, K. (Hrsg.): Taschenlehrbuch Humangenetik. Thieme, Stuttgart 2011
  • Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013

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